24. JARMO
Die Dunkelheit zog über das Land. Die südliche Waldgrenze um Tra’Keh vermischte sich mit den schwarzen Schatten der Nacht. Der magische Ort selbst blieb dabei eine leuchtende Insel in der Finsternis. Es war zwar merklich dunkler geworden, aber kein Vergleich zu der rabenschwarzen Nacht außerhalb.
Cia saß auf einem breiten Ast, der sich parallel zum Boden in einem Meter Höhe befand. Sie hatte die Beine bis zur Brust gezogen und sie mit den Armen umschlungen. Gedankenverloren starrte sie in die Nacht.
„Es ist so friedlich hier“, meinte Jarmo. Lautlos hatte er sich genähert und stand jetzt mit verschränkten Armen hinter ihr.
„Ja“, flüsterte das Mädchen. „Man kann kaum glauben, dass es ab morgen vielleicht nie wieder so sein wird.“
„Es tut mir leid, dass ich einfach so davongelaufen bin. Ich dachte, ich könnte alles selbst ändern. Ich habe mich geirrt.“
„Deine Absichten waren gut. Doch für einen allein ist die Königin einfach zu mächtig.“
Die gesamte Zeit über, die Jarmo hinter Cias Rücken stand, rang er mit sich. Es war nur ein kleiner Schritt, den er zu gehen hatte und doch fiel er ihm unendlich schwer. Vielleicht würde sich auch gar nichts ändern, außer, dass ihm das Herz gebrochen würde. Doch woher sollte er wissen, wie es ausging? Er konnte nicht in die Zukunft sehen und es möglicherweise niemals erfahren, wenn er weiter zögerte. Dennoch zögerte er und fuhr mit dem Gespräch fort.
„Meinst du wir werden sie besiegen?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie. „Wenn nicht, ist Iphosia morgen tot. Dann sind wir alle tot!“
Die letzten Worte überzeugten ihn, nicht mehr viele Möglichkeiten zu bekommen. Er nahm all seinen Mut zusammen und legte seine Arme um sie. Cia ließ es sich gefallen und schmiegte ihren Kopf an seine Brust. Die Gefühle überwältigten Jarmo. Er hätte seine Freude am liebsten laut herausgeschrien.
Er rückte ein wenig zur Seite und sie bog ihren Kopf etwas zurück. Sekundenlang blickten sie sich in die Augen. Er senkte den Kopf, seine Lippen berührten die ihren und verschmolzen zu einem innigen Kuss.
Es war der erste in Jarmos Leben und er hoffte inständig, es möge nicht der letzte gewesen sein.