Ich starrte hinaus in den grauen Hamburger Märzmorgen. Vor mir lag der gähnende Abgrund eines einsamen Sonntags. Normalerweise versuchte ich sonntags wenigstens für den Vormittag irgendeinen Termin zu machen. Frühstücken mit Bekannten, ein Spaziergang an der Alster mit einem Freund, ein Flohmarktbesuch, irgendwas. Heute hatte ich mich eigentlich mit Henriette treffen wollen. Wir hatten vorgehabt, gemeinsam zur HafenCity zu spazieren und dort einen Kaffee zu trinken. Mit von der Partie Anton, ihr Sohn. Er war jetzt vier Monate alt und hatte die vorzügliche Angewohnheit, im Kinderwagen ausgiebig zu schlafen. Aber als ich um acht Uhr die Augen aufschlug, wartete schon eine Nachricht von Henriette auf dem Handy. Anton hatte die ganze Nacht gespuckt. Sie selbst hatte kein Auge zugemacht und musste dementsprechend unser Treffen absagen.
Ich seufzte tief und spürte ein enttäuschtes Ziehen in der Magengegend. Natürlich war das nicht ganz fair. Immerhin hatte meine Freundin die ganze Nacht nicht geschlafen, während ich tief und fest geschlummert hatte, und würde auch den restlichen Tag nicht dazu kommen.
Nun lag der ganze lange Sonntag ohne eine Verabredung vor mir. Ohne einen Termin, ohne eine Struktur. Glatt und weiß und unberührt würden sich die Stunden strecken. Natürlich könnte ich auch alleine in die Stadt spazieren, mich in einem der Cafés ans Fenster setzen, bei einem Milchkaffee die Leute beobachten und dann gemütlich zurückschlendern, um mich erfrischt und voller Tatendrang meinen Übersetzungen zu widmen. Schlussendlich würde es aber wohl doch darauf hinauslaufen, dass ich in der Wohnung herumtigerte, alle meine Sitzgelegenheiten ausprobierte, lustlos in einer Zeitung blätterte und irgendwann darüber nachdachte, doch eine Yoga-Session einzulegen, nur um dann um halb sechs eine verdammte Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben, ohne überhaupt die Yogamatte ausgerollt zu haben. Ein ganz normaler Sonntag bei Lucy Bradford. Ein Sonntag, um den mich meine Freundinnen, die mittlerweile nahezu alle entweder Mütter waren oder doch mindestens eine feste Beziehung hatten, beneideten. Weil sie keine Zeit für sich hatten. Und ich hatte so viel davon.
Gegen Mittag schaffte ich es endlich, aus dem Bett zu klettern, mit der festen Absicht, mal die Wohnung aufzuräumen. Zwischen Bett und Kleiderschrank ergoss sich ein stetiger Strom an Klamotten, aber statt sofort anzufangen, stieg ich nur darüber hinweg und schlurfte in meine klitzekleine Küche. Ich kochte mir einen Kaffee und betrachtete meinen Esstisch, der unter Papieren, Büchern, Notizblöcken und meinem Laptop vergraben war. Vielleicht sollte ich mich hinsetzen und arbeiten. Ich musste noch zwei Übersetzungen fertig machen.
Vampirromane. Ich hasste Vampirromane. Aus tiefstem Herzen. Ständig das viele Blut, und dann der Sex. Diese Vampire vögelten herum, kaum dass sie aus ihrer nächtlichen Gruft geklettert waren. Mir gingen langsam die deutschen Vokabeln für diese Orgien aus.
Als ich den leeren Kaffeebecher zurück in die Küche trug, fiel mein Blick auf die vier pinkfarbenen Klebezettel an meinem Kühlschrank – das aktuelle Ergebnis meiner WG-Suche. Vier Termine nächste Woche, alles WGs mit Kerlen. Keiner von ihnen hatte am Telefon sonderlich freundlich geklungen. Alle waren irgendwie genervt, so als wäre einen neuen Mitbewohner zu finden eine furchtbar lästige Angelegenheit, die man möglichst schnell hinter sich bringen musste. Vermutlich waren die Wohnungen allesamt hässliche Verschläge, das WG-Zimmer so klein wie eine Streichholzschachtel und das Klo so dreckig, dass man es nur mit Gummistiefeln betreten wollte. Aus dem Kühlschrank floh der Schimmel in Horden, und das selbstständig, sobald man es wagte, die Tür zu öffnen. Drei WG-Zimmer hatte ich mir diese Woche bereits angesehen. Zusammengewürfelte Zweckgemeinschaften. Alle hatten sich sehr erfreut gezeigt, dass ich vorhatte, von zu Hause aus zu arbeiten, und mich gefragt, ob ich es nicht total geil fände, das Klo zu putzen und für alle Essen zu kochen?
In dieser Stadt ein anständiges WG-Zimmer zu finden, war wirklich hohe Kunst.
»Vielleicht musst du einfach mal deine Ansprüche runterschrauben, Lucy Bradford«, brummte ich, kochte mir noch einen Kaffee, schob dann das ganze Gerümpel vom Sofa und legte mich selbst darauf. Ich starrte an die Decke und nippte hin und wieder an meinem Kaffee. Das Wetter war schlecht. So wie es in Hamburg nun mal die meiste Zeit war. Vor dem Fenster waberte eine graue Suppe, und um halb drei machte ich die kleine Lampe neben meinem Sofa an, um die Zimmerdecke besser anstarren zu können. Ich sollte wenigstens arbeiten. Doch kaum war dieser Gedanke gefasst, verflog er auch schon wieder. Stattdessen griff ich mir mein Handy und scrollte mich durch meine persönliche Depressionsauslösehölle. Instagram. Keine Ahnung, warum ich mich da nicht schon längst abgemeldet hatte. Vielleicht war ich süchtig. Süchtig nach den schönen Bildern, nach den perfekten Menschen mit ihren perfekten Tagen, ihren perfekt gedeckten Frühstückstischen, Familien und Freizeitaktivitäten. Ich wusste, dass das alles fake war. Ich war ja nicht blöd. Aber irgendeine Instanz in mir wusste das nicht und wollte es auch nicht wissen. Sie fiel gnadenlos darauf rein. Als dann auch noch eine sehr schlanke Frau einen Lobgesang auf das Muttersein verfasste, während sie voll inbrünstiger Liebe ihr Baby an ihren enormen Busen drückte, fühlte ich mich noch mieser. Natürlich benutzte diese Supermom irgendeinen Filter, Lark oder so, und sie hatte definitiv dieses Wimpernfülligkeitsdings über ihr Gesicht gelegt, denn kein Mensch konnte so lange Wimpern haben, aber diese dumme Instanz in mir schnallte das nicht und glaubte ihr jedes Pixel. Es war so schlimm, dass ich mein Handy kraftlos neben mir auf den Boden plumpsen ließ. Egal welcher Filter, alle schienen ein Leben zu haben. Ein Leben, das nicht nur aus einer Person bestand. Nur ich war eine One-Woman-Show. Ein One-Woman-Life. Da half auch kein Filter.
Ergeben seufzend blieb ich auf der Couch liegen und gab mich diesem grässlichen Gefühl hin.
Bis mein Handy klingelte.
Ich angelte blind mit dem Arm nach unten und ging ran, ohne nach dem Anrufer zu schauen. »Hallo?«
»Ben hier.«
»Hallo Ben«, antwortete ich und richtete mich auf.
»Sag was!«, forderte er mich auf.
»Äh. Wozu? Weltgeschehen? Politik?«
Er schnaubte. »Du hast deine Post nicht aufgemacht.«
»Öh …« Ich schielte zu dem Stapel Briefe, der seit gut einer Woche neben meinem Laptop lag. Ich brauchte immer Mut, um meine Briefe zu öffnen. Mut und Geld, denn bei allem was in meinem Briefkasten landete, handelte es sich ausschließlich um Rechnungen. Hin und wieder kam noch ein Brief von meinem Vermieter dazu, aber den machte ich vorsichtshalber auch nicht auf.
»Lucy. Mach deine Post auf und ruf mich zurück«, sagte Ben und legte wieder auf. Hatten wir einen Strafzettel bekommen? Gemeinsam?
Ich stand auf und ging zum Schreibtisch. Fünf der acht Briefe identifizierte ich als Rechnungen, zwei waren Werbung, der dritte hatte einen Stempel von einem Amtsgericht. Mir wurde flau im Magen. Amtsgerichte waren hochoffizielle Institutionen. Mit so was hatte ich sonst nichts zu tun.
Ich riss den Umschlag so hastig auf, dass der Brief gleich mit in fünf Teile geteilt wurde, die ich erst mühsam aufklauben und dann zusammensetzen musste. Als es mir mit zittrigen Fingern endlich gelang, blieb mir kurz das Herz stehen. Bebend drückte ich auf Rückruf. Ben war nach einem halben Klingeln dran.
»Ist das ein Scherz?«, fragte ich.
»Nein. Ich habe da schon angerufen. Das ist kein Scherz.«
»Aber sie hat doch einen Sohn.«
»Der will es nicht. Er hat zwei Villen – eine in Miami und eine in Boston –, ungefähr sieben Autos, und seine drei Kinder besuchen die besten Schulen der USA.«
»Ich muss mich setzen. Und … es kurz auf mich wirken lassen. Ich melde mich gleich wieder.«
»Lucy. Ich setze mich jetzt ins Auto und komme zu dir. Wir müssen reden«, drängte er.
»Okay«, erwiderte ich schwach. Mein depressiver Sonntagnachmittag hatte unerwartet eine sehr interessante Wendung genommen.
Keine zwanzig Minuten später war Ben da. In seinem Blick lag ein gehetzter Ausdruck. Wir hatten nach unserem weihnachtlichen Abenteuer noch einmal ein Bier zusammen getrunken, aber Klinikärzte gehörten ganz offensichtlich zu den Menschen, die ihre Menschenrechte und ihre Freiheit gegen einen Arztkittel eingetauscht hatten. Ben hatte noch weniger Zeit als meine Freundinnen mit Kind. Und er schien auch deutlich weniger zu schlafen. Was eigentlich schier unmöglich war.
»Was machen wir jetzt?«, fragte ich, kaum dass er in meinem Wohnzimmer stand, seinen eigenen Brief fest in der Hand.
»Ich will das machen«, antwortete er so nachdrücklich, dass ich erschrocken zusammenzuckte. Zögernd griff ich nach meinem Schreiben, das ich notdürftig mit Tesafilm wieder zusammengeklebt hatte.
»Das geht nicht«, sagte ich schließlich. Das war doch völlig abstrus.
»Warum denn nicht?«, fragte er. »Was ist dein Plan, Lucy? Du fliegst hier doch auch raus. Und du kannst von überall arbeiten.«
Als ich ein zweifelndes Gesicht machte, redete er schnell weiter, als wollte er mir keine Gelegenheit geben, über Einwände nachzudenken. »Sie hat ganz genau aufgeschrieben, was sie möchte. Daran gibt es keinen Zweifel. Die Frage ist nur, ob du mitziehst.«
»Ben.« Ich machte ein paar Schritte auf ihn zu. »Das ist ethisch bestimmt total verwerflich!«
»Ethisch verwerflich?« Ben zog eine Augenbraue hoch und gab schon wieder dieses Schnauben von sich. »Ich hatte gerade einen Vierundzwanzig-Stunden-Dienst. Und ich habe in diesen vierundzwanzig Stunden ungefähr eine halbe Stunde geschlafen, und die nicht mal am Stück. Aber ich habe es geschafft, eine demente Achtzigjährige anzuschnauzen, weil sie in der Notaufnahme auf die Bahre gepullert hat. Danach hat sie schrecklich geweint. Was daran liegt, dass ich mich nach vierundzwanzig Stunden Arbeit fühle, als wäre ich auf Droge. Und keine gute Droge. Das ist ethisch verwerflich, nicht, dass Dorle Dormann uns ihren Hof hinterlassen hat.« Er hatte mir die Worte förmlich entgegengeschleudert und sah mich jetzt herausfordernd an, die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben.
Himmel! Während ich depressiv verstimmt herumgelungert hatte, hatten sich in seinem Leben Dramen abgespielt. Die arme alte Frau in der Notaufnahme.
Ben warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Hast du Tee? Es ist fünf Uhr. Ich trinke um fünf Uhr immer einen Tee. Also, wenn ich nicht arbeite.«
Der plötzliche Themenwechsel überraschte mich zwar, aber Tee war immer eine gute Idee. Also ging ich in die Küche, um das Gewünschte herzustellen. Ben rührte sich nicht von der Stelle. Erst als das Wasser kochte, hockte er sich endlich auf die Kante meines Sofas, blieb aber sprungbereit. Zumindest schien es so. Ich brühte uns jeweils eine Tasse schwarzen Tee auf und trug beide Becher zurück ins Wohnzimmer. Dann hockte ich mich aus Platzgründen ebenfalls auf die Sofakante dicht neben ihn. Mein Sofa war für Zwerge gebaut.
»Ben, wir kennen uns doch überhaupt gar nicht.«
Ben rieb sich die Nasenspitze, und sein Fuß fing wieder an zu wippen. »Du suchst doch eh eine WG«, sagte er dann. »Deine zukünftigen Mitbewohner kennst du auch nicht. Dann sind wir eben eine WG.« Er nippte an seinem Tee, verbrannte sich prompt die Zunge und presste die Lippen aufeinander.
Ich pustete auf meinen Becher. Hatte er recht? Konnte ich mir tatsächlich vorstellen, mit diesem schönen Mann zusammenzuwohnen? Den ich gar nicht wirklich kannte? Gerade die schrulligen Eigenheiten eines Menschen zeigten sich ja bekanntlich erst mit der Zeit. Aber immerhin hatten wir schon Weihnachten miteinander verbracht. Und gemeinsam einer Schneekatastrophe getrotzt.
»Ich weiß noch nicht mal, wie der Ort heißt«, sagte ich endlich, nippte an meinem Tee und verbrannte mir ebenfalls die Zunge. Ich versuchte, sie selbst zu bepusten, was nur bedingt gelang.
»Bredenhofe. Steht im Brief.« Ben wippte immer noch mit dem Fuß, als hätte sein linkes Bein ein Eigenleben entwickelt.
»Ben. Das würde unser Leben völlig verändern. Ich dachte immer, solche Dinge gibt es nur im Film. Und was ist überhaupt mit deinem Job? Willst du pendeln? Jeden Tag eine Stunde bis Hamburg?«
Ich legte die Hand auf sein Bein, woraufhin das Gezappel aufhörte. Er sah mich von der Seite an. »Du hast schon gelesen, was in dem Brief steht?«
»Kann man einfach so eine Praxis eröffnen?«, fragte ich zurück. »Dafür braucht man doch bestimmt viel Kapital.«
»Da steht ›medizinische Versorgung‹ von Bredenhofe. Ich habe nicht vor, eine Praxis zu eröffnen. Aber ich habe eine gute Berufshaftpflichtversicherung. Womit ich in der Lage bin, eine medizinische Grundversorgung für die zweiunddreißig Einwohner in Bredenhofe sicherzustellen. Ein Stethoskop und ein Blutdruckmessgerät habe ich auch. Was ich nicht selber kann, wie ein EKG, schicke ich in die nächstgelegene Hausarztpraxis.«
»Und dein Job?«
Ben fing wieder an mit dem Fuß zu wippen. »Hab ich gerade gekündigt.«
»Oh«, sagte ich schwach. Da Ben ein Gesicht machte, als wollte er nicht darüber sprechen, griff ich erneut nach dem Brief vom Amtsgericht.
Dorle Dormann war Anfang Januar gestorben und hatte uns ihren Hof vermacht – wir, das waren Ben und ich, die vermeintliche Frau Doktor –, und zwar unter der Bedingung, dass wir sofort gemeinsam dort einzogen und dem Anwesen neues Leben einhauchten. Allerdings konnten wir das Erbe nur antreten, wenn wir auch tatsächlich zusammen auf den alten Hof zogen. Ben sollte zudem als Arzt im Ort tätig werden, denn Ärzte waren ja auf dem Land, wie sie uns schon erklärt hatte, so wertvoll wie ein Barren Gold im Keller. Sie hatte uns außerdem genug Geld hinterlassen, um das Haus und den Hof gut ein Jahr zu bewirtschaften und die Erbschaftssteuer zu begleichen. Und dann stand da noch mal bekräftigt, dass es keine emotionale Entscheidung im Überschwang der Gefühle gewesen sei, sondern wohlüberlegt. Die zweiunddreißig Einwohner von Bredenhofe seien ihr über die Jahre zur Familie geworden, und sie wolle für sie sorgen. Nette Menschen könne der Ort gut gebrauchen, und nette Menschen mit besonderen Fähigkeiten ganz besonders. Außerdem seien wir ein so schönes Paar. Ihr Sohn sei mit ihrer Entscheidung einverstanden.
»Sie hat doch gesagt, sie hätte alles erledigt und vorgesorgt. Und dann das? Hat sie noch Heiligabend ihr Testament geändert?«, fragte ich und ließ den Brief wieder sinken.
»Scheint so«, antwortete Ben. Er hatte sich wieder ein wenig gefangen, zumindest hielt sein Fuß still. »Aber das geht alles nur, wenn du mitkommst. Ohne dich geht es nicht«, fuhr er fort. »Probier’s doch wenigstens aus! Wenn es nicht klappt, kannst du ja immer noch nach Hamburg zurückziehen. Außerdem bist du doch auf der Suche nach Abenteuer.« Er sah mich von der Seite an.
Ich hatte bei Abenteuer eigentlich mehr an das Kochen eines exotischen Gerichts, einen Ausflug an die Alster oder einen blutigen Thriller gedacht. Der Umzug in ein klitzekleines Dorf im Nirgendwo war in meinen gedanklichen Abenteuer-Eskapaden bisher nicht vorgekommen. Und dann auch noch mit einem Mann, den ich rein gar nicht kannte, von dem ich nur wusste, dass er Arzt war – seit heute ohne Job – und frisch getrennt von einer gewissen Alex. Okay, und dass er nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen war – jedenfalls nicht durch einen Schneesturm. Aber ich hatte auch die Angst in seinen Augen gesehen, als wir an Heiligabend bei Dorle am Bollerofen gesessen hatten.
»Erinnerst du dich, wie Dorle gesagt hat, man müsse mutig sein?« Ben nahm meine Hand, was ein komisches Gefühl war. »Ich glaube ihr. Ich glaube fest, dass sie nicht nur eine Ahnung vom Leben hatte, sondern es wirklich verstanden hat.«
Ich lachte auf. Mut gehörte jetzt wirklich nicht zu meinen herausragenden Eigenschaften. Ich hatte keine Ahnung vom Mutigsein. Aber … Nachdenklich rührte ich in meinem Tee. Aber ich wusste auch, dass mein Leben immer einfach so weiterplätschern würde, wenn ich es nicht endlich in die Hand nahm. Wenn ich kein WG-Zimmer fand, würde es halt bei meinen Eltern weiterplätschern.
»Ich möchte es wenigstens versuchen. Wenn es nicht klappt, können wir den Hof ja immer noch verkaufen. Sagen wir: ein Jahr. Wir geben uns ein Jahr, um herauszufinden, ob es funktioniert. Danach sehen wir weiter.«
Und als wir beide so dasaßen, quasi Händchen haltend, wurde mir wieder einmal bewusst, wie einsam ich eigentlich war. Und dass diese Einsamkeit mein größter Feind war, weil sie mir so viel Kraft raubte. Aber wenn ich mit Ben nach Bredenhofe zog, war ich nicht mehr alleine. Das war doch eigentlich genau die WG, die ich gesucht hatte. Nur nicht in Hamburg.
»Ich muss darüber nachdenken.«