Schon mal was von Stoner Cats gehört? Von Chubbies, Mekaverse und Super Yetis? Oder auch von »My Fucking Pickle«? Alles Profile-Pic-Projekte, die in ihrer Entstehungsphase massiv gehypt und sogar von bekannten Influencern empfohlen wurden, um bald darauf in sich zusammenzufallen wie das Käse-Soufflé im kalten Ostwind. Und um es gleich vorwegzunehmen: Auch ich habe mich teilweise von anfänglicher Begeisterung anstecken lassen. Was du daraus lernen kannst, erfährst du in diesem Abschnitt.
1. Stoner Cats: Promis als Erfolgsgarant?
»Stoner Cats« ist eine Zeichentrickserie für Erwachsene. Fünf Hauskatzen bewahren ihren Besitzer darin vor allen möglichen Gefahren, und wer sich das ansehen will, braucht ein Stoner-Cat-NFT. Auf diese Weise wird die Serie finanziert, und sie glänzt mit prominenten Sprechern wie Ashton Kutcher, Mila Kunis (ebenfalls Schauspielerin und Kutchers Ehefrau) sowie Vitalik Buterin (Erfinder der Ethereum-Blockchain). Eine innovative Geschäftsidee, diverse Promis und eine nette Story – da kann nicht viel schiefgehen, sollte man meinen. In meinem Bestseller Reich mit NFTs habe ich auch dieses Projekt vorgestellt, das tatsächlich rasant startete – so rasant, dass im Sommer 2021 zeitweise ein »Gas War« ausbrach, bei dem zahlreiche Stoner-Cat-Interessenten die Gebühren für den NFT-Kauf in die Höhe trieben, um ihre Transaktion durchzubekommen. Etliche mussten daraufhin mit Gas-Verlusten aufgrund von gescheiterten Kaufversuchen (»failed transactions«) leben.179 Leider erlahmte das Interesse an der Serie ziemlich schnell. Der Durchschnittspreis der NFTs, der bis auf über 3,7 Ether stieg (am 22.08.2021, damals über 10.000 Euro), dümpelte ein Jahr später um 0,1 Ether (rund 170 Euro). Merke: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und eine Promi-Besetzung noch keine Erfolgsstory.
2. Chubbies: Alles nur geklaut?
Angeblich sind die Chubbies die »niedlichsten NFTs auf der Ethereum Blockchain«, so jedenfalls deren Eigenwerbung. Dennoch ist die Preiskurve nach ein paar zackigen Ausschlägen im Mai 2021 so flach wie das Holsteiner Wattenmeer. Dabei war sogar Gary Vee angetan und twitterte im März 2021 »Excited to see which chubbies I got tonight«.181
Warum dann der Absturz? Es liegt nicht etwa daran, dass die kleinen Pummel (»chubby« heißt pummelig) einem Bilderbuch für Zweijährige entwischt zu sein scheinen. Der Hauptgrund ist, dass schon im April 2021 der begründete Verdacht aufkam, die Macher (ein Künstlerehepaar) hätten sich bei der Gestaltung großzügig anderswo bedient.182 Einen Vertrauensverlust wie den, der darauf folgte, verzeiht die NFT-Community nur schwer. Und so ist die Zahl der Chubbies-Anhänger heute überschaubar: 10.600 Follower bei Twitter, 3.700 bei Discord. Das sind bei Discord praktisch nur die Chubbies-Käufer und reicht kaum, um nachhaltig für Aufmerksamkeit (und Nachfrage!) zu sorgen. Theoretisch kann sich das – wie bei jedem Crash – wieder ändern, wenn ein neues Team und/oder eine engagierte Fangemeinde dem Projekt neues Leben einhaucht. Es kann also klüger sein abzuwarten, statt teuer gekaufte NFTs zu einem Spottpreis weiterzureichen. Vielleicht wird die Crashgeschichte in ein paar Jahren sogar als cool vermarktet. Ich jedenfalls habe viel Geld in NFTs investiert, die nach derzeitigem Stand bedeutend weniger wert sind, doch wer weiß. Merke: Auch Influencer können irren. Und in NFTs solltest du wirklich nur Geld stecken, dessen Verlust du verschmerzen könntest.
3. Super Yeti: Von FOMO verführt
Nur zwei Monate nach den Bored Apes und damit im Juni 2021 gingen die Super Yetis an den Start – zottelige Pelzwesen in schrillen Outfits. Das Projekt wurde als mögliches »nächstes großes Ding« gehypt. Wer keinen Bored Ape mehr bekommen hatte, wollte dieses Mal auf jeden Fall mit dabei sein. Mit FOMO (Fear of Missing Out) erkläre ich mir jedenfalls einen Teil des Runs auf die Yetis. Außerdem sehen sie ganz witzig aus und wurden noch dazu als »World’s First 3D 10k NFT« angepriesen, also als weltweit erste Zehntausender-NFT-Serie in 3D.184 5 Prozent der Einnahmen gehen übrigens an Projekte in Nepal und Indien, die sich gegen Menschenhandel engagieren. All dem zum Trotz läuft das Projekt mehr schlecht als recht, auch wenn es immer mal wieder Ausschläge nach oben gibt. Die Ursachen sind vielfältig. Die Geschichte rund um die Yetis wirkt nicht ganz so stark wie die beim großen Vorbild Bored Apes, es gibt keinen Club, zu dem jeder gehören will, die Weiterentwicklung ist nicht so fantasievoll. Jedenfalls waren die Reaktionen in den sozialen Medien gleich nach dem »Reveal«, also der Offenlegung der blind geminteten NFTs, eher verhalten. Dennoch erholt sich das Projekt möglicherweise, zumal es inzwischen mit einem Play-to-Earn-Spiel im »Yetiverse« verknüpft wird.185 Die Community ist mit knapp 15.000 Followern bei Twitter und 11.000 bei Discord allerdings mittelprächtig, und von Spitzenpreisen bis zu 5 Ether für rare Yetis ist man heute weit entfernt.186 Merke: FOMO ist ein schlechter Ratgeber. Und was Kult wird, lässt sich nicht vorhersagen.
4. My Fucking Pickle: Keine Versprechungen!
Man hätte gewarnt sein können: »We didn’t promise you anything except to buy a fucking pickle... 🥒«, heißt es in der Projektbeschreibung des anonymen Teams Miinded, das hinter den »verdammten Gewürzgurken« steckt.188 Und auf Twitter heißt es unverblümt: »No utility except make people laugh and create memories.« Viele NFT-Fans fanden die unverhohlen anzügliche Idee offenbar zunächst witzig. Auf Twitter folgen dem Projekt knapp 40.000 Menschen, bei Discord sind es fast 29.000. Entstanden sind die Fucking Pickles aus einem Twitter-Scherz (Motto: »Wer hat Lust, mit mir ein Gurken-NFT-Projekt zu machen?«). Das Projekt beschreibt sich daher bei Twitter als »First Meme NFT«189 und wurde im Juni 2021 binnen weniger Tage gelauncht. Das Ergebnis ist ... nun ja, was kann man aus Gurken schon Tolles machen, außer Salat zum Wiener Schnitzel? Das Ganze wurde kurz gehypt, auch weil Beanie, ein damals bekannter und noch nicht als anscheinend halbseiden enttarnter Influencer190 sich dafür stark machte. Die Idee trug aber nicht dauerhaft, der Witz ist endlich und die Preiskurve dümpelt seitdem irgendwo zwischen Durchschnittspreisen um 0,01 Ether und einem einsamen Maximum von 0,24 Ether. Da muss den Machern etwas echt Cooles einfallen, um das Projekt wiederzubeleben! Merke: Ein Gag allein reicht nicht.
5. Mekaverse: Große Erwartung, große Enttäuschung
Eins der meistgehypten Projekte 2021, das in nur einer Woche 147 Millionen Dollar Umsatz erzielte, ist Mekaverse. Dabei handelt es sich um 8.888 NFTs, die Roboter-Krieger darstellen. Die »Mekas« wurden in Anlehnung an einen berühmten japanischen Trickfilm (Anime)-Helden der Achtzigerjahre gestaltet: »Mechanic Warrior Gundam«. Die Erwartungen an das Projekt waren groß, die Fangemeinde bereits zum Start riesig: Nur 48 Stunden nach der ersten Ankündigung knackte der Discord bereits die Marke von 100.000 Teilnehmern, bei Twitter waren es im Nu 220.000.192 Leider gab es bereits kurz nach dem Launch im Oktober 2021 Betrugsvorwürfe, die mit dem besonderen Procedere bei diesem Projekt zusammenhingen. Es wurde, wie bei solchen Serien üblich, blind gemintet, doch bis zum »Reveal« der eigentlichen Bilder vergingen nach dem Mint noch einmal drei Tage, in denen die verdeckten Mekas bereits auf dem Zweitmarkt gehandelt wurden. Auch die Käufer wussten also nicht, ob sie einen wertvollen oder einen weniger wertvollen Meka erstanden – abhängig von der Zahl der seltenen Merkmale. Dann kam der Verdacht auf, dass einige Käufer sehr wohl Bescheid wussten, weil Traits »geleakt« worden waren. Das ist in etwa so, als ob man einem arglosen Bauern die Wiese für einen Spottpreis abkauft, weil der nicht weiß, dass dort ein Freizeitzentrum gebaut werden soll. Wirklich entkräftet werden konnte der Betrugsverdacht nicht. Und dann war auch noch die Enttäuschung groß, als die eigentlichen Krieger sichtbar wurden: Mit der Einzigartigkeit der Figuren war es nicht immer weit her, manche sahen sich zum Verwechseln ähnlich.193 Von dieser Kritik hat sich das Projekt bis heute nicht erholt. Bei Discord halten ihm gerade noch knapp 14.000 Fans die Treue. Merke: Forrest Gump hat recht: »Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt.« Es sei denn, man arbeitet in der Schokoladenfabrik.
Abschließend zum Vergleich hier noch die Kurve des Durchschnittspreises der Bored Apes seit Erscheinen im April 2021. Auch hier gibt es Ausschläge, aber die Entwicklung ist erstaunlich stabil. Und vor allem: Die Skala links geht in 100-Ether-Schritten von 0 bis 300, während die Beispiele oben in 1-Ether-Schritten oder sogar in Zehntel-Ether messen. Zwischen dem Branchenführer und der Konkurrenz liegen Welten.