Kapitel 44

Auren

S chneeverwehungen umgeben mich.

Dieser Ort wirkt vertraut und gleichzeitig fremd. Ich blicke mich stirnrunzelnd um, die Augen zusammengekniffen.

Soweit ich sehen kann, gibt es nur hellen, weißen Schnee, vom Wind geformt wie die Sanddünen des Zweiten Königreichs. Die vielen Schneewehen erinnern mich in ihrem Aussehen an Gänsehaut, doch ich spüre keine Kälte.

Der Himmel über mir ist beinah so hell und farblos wie der Boden. Ich grabe die Hände in den Schnee, hebe eine Handvoll hoch und lasse ihn durch die Finger rieseln. Als ich den Blick senke, glänzt meine Haut – leuchtet fast –, obwohl es keine Sonne gibt.

Finster dreinschauend versuche ich, aus diesem Schnee aufzustehen, der weder kalt noch feucht ist. Doch bevor ich mich aufrichten kann, höre ich ein Geräusch.

Ich reiße den Kopf nach rechts und entdecke Digby, der vielleicht drei Meter von mir entfernt auf dem Rücken liegt. Sein Gesicht ist ein einziger Bluterguss, seine Lippen so geschwollen, dass ich ihre Bewegungen kaum erkennen kann. «Pass auf sie auf», sagt er.

Ich blinzele verwirrt. «Was?», frage ich. Meine Stimme hallt, wird zurückgeworfen, als hätte ich in eine tiefe Höhle gerufen.

«Pass auf sie auf.» Seine Stimme ist fest, doch er wirkt matt neben meinem Glänzen.

«Digby, geht es dir gut?»

Aber er sagt nur erneut: «Pass auf sie auf», gibt denselben mürrischen Befehl, mit demselben wilden Blick in den Augen.

Und da erinnere ich mich.

Das war das Letzte, was er gesagt hat, bevor er ins Ödland geritten ist, vor dem Angriff der Roten Räuber. Das war der letzte Befehl, den er Segl gegeben hat: mich zu bewachen.

«Dig…»

«PASS AUF SIE AUF

Der Schrei kommt so unerwartet, dass ich vor Schreck zurückzucke, tiefer im Schnee lande, doch anstatt gar keine Temperatur zu haben, ist er plötzlich brennend heiß.

Mit einem Aufschrei reiße ich die Hände vom Boden. Als ich erneut zu Digby sehe, ist er jemand anderes.

«Segl ?», stoße ich hervor.

Himmelblaue Augen richten sich auf mich. So strahlend blau wie ein anderes Segel.

Ich spüre einen schmerzhaften Stich im Herzen. Ich glaube, dieser Verlust wird immer wehtun. Das Gefühl wird mich nie verlassen.

Das ist der Fluch der Überlebenden. Wir müssen mit unseren Toten leben.

Lus Worte hallen in meinem Kopf wider, und ich spüre, wie mir eine Träne entkommt. «Es tut mir leid», flüstere ich.

Alles wird gut , formt er mit den Lippen.

Eine Sekunde später erscheinen Falten auf seiner Stirn, und er senkt den Kopf, gerade als ein Blutfleck auf seinem Hemd aufblüht.

Ich versuche, auf die Beine zu kommen, um zu ihm zu gehen, versuche, meinen Körper zu bewegen, aber der Boden scheint mich festzuhalten. Ich schließe fest die Lider, zappele im schweren, heißen Schnee. Frustrierte Tränen rinnen aus meinen Augen, als Segl langsam verblasst.

«Segl!», kreische ich, aber er schüttelt nur den Kopf. Formt mit den Lippen die Worte Alles wird gut.

Diese Worte sind ein Requiem, das für immer in meinen Ohren erklingen wird.

Wie ich das alles hasse. Ich hasse es, dass ich ihn schon wieder nicht retten kann, dass ich Digby nicht retten kann. Doch da dringt ein Keuchen aus meiner Kehle, und ich reiße die Augen wieder auf.

Ich blinzele mit schweren Lidern, und mir wird klar, dass es keinen Schnee gibt, keine Hitze, keinen Digby und keinen Segl. Das Aufwachen fühlt sich an, als würde ich versuchen, Rauch mit den Händen wegzuwedeln … aber der bedrückende Schleier hebt sich nicht.

Ich stoße die Decken von mir, die auf meinem Körper liegen, und setze mich in einem Bett auf, das ich nicht erkenne. Mein Rücken schmerzt. Im Kamin mir gegenüber brennt ein großes Feuer, dessen Hitze mich noch mehr stört als die Decken, unter denen ich gefangen war. Sekunden fließen ineinander, Rauch sammelt sich in meinem Kopf.

Habe ich geträumt? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich meine, Tränenspuren auf den Wangen zu spüren, weiß aber nicht, warum. Mein Kopf fühlt sich an, als wäre er mit Daunenfedern gestopft, und ich nehme ein Pulsieren zwischen meinen Beinen wahr, eine feuchte Wärme.

Ich versuche, mich zu bewegen, zu reden, aber ich schaffe es nicht.

Sorge drängt sich in mein Bewusstsein, und ich nehme wieder dumpfen Schmerz an meiner Wirbelsäule wahr. Ich weiß, dass da etwas Wichtiges ist, etwas Wesentliches, an das ich mich erinnern muss, aber ich habe keine Ahnung, was das sein soll.

Wo bin ich?

Bevor meine Emotionen mir die Luft abschneiden können, spüre ich erneut die Verlockung dieses Schleiers, seinen leisen Ruf. Ich lege mich auf die Seite, umarme die Ruhe, lasse mich wohlig summend in die köstliche Hitze sinken, die meinen Körper umgibt.

Ich schwebe, schwerelos.

Geräusche, Stimmen, die ich nicht deuten kann. Verschwommene Bilder. Da ist Scofeld, mit dem Rücken zu mir. Ein anderer Wachmann, den ich nicht kenne. Eine Zofe, die ein Tablett bringt. Polly sitzt auf dem Stuhl neben meinem Bett, ein vertrautes kleines Kästchen in den Händen, in dem ein Stapel weiße Blütenblätter ruht.

So warm …

Ich presse die Schenkel zusammen, weil meine Mitte pulsierend nach Reibung verlangt, die ich allerdings nicht finden kann. Mein Magen verkrampft sich leicht, und meine Brüste fühlen sich schwer an, empfindlich.

Jedes Mal, wenn das Seidenlaken über meine Haut gleitet, fühlt es sich an wie eine Liebkosung. Alle Nerven in meinem Körper brennen. Ich versuche, meine Handschuhe auszuziehen und mein Nachthemd zu heben, damit ich die Luft auf meiner Haut spüren kann, aber meine Hände verweigern den Dienst.

Frustriert schließe ich die Augen und fühle einfach nur. Ich fühle, wie Hände mich auf einem Treppengeländer festhalten. Fühle einen Mund, der über die Seite meines Halses gleitet, Lippen und den leisen Druck von Zähnen. Mein Körper brennt, und die Flammen füllen meinen Kopf mit noch mehr Rauch.

Ich brauche mehr.

Etwas gleitet über meinen Arm, dann spüre ich, wie sich auch dort Feuchtigkeit sammelt, wie von einer Zunge. Ich hebe die Lider und entdecke Midas neben meinem Bett. Die Berührung stammt von einer Pelzstola, das feuchte Gefühl ist meine Goldmagie, die aus meinem Arm fließt.

Er zieht die Stola zurück, dann drückt er eine zierliche Krone an meine Haut. Gefolgt von Muscheln, die auf einer silbernen Halskette aufgefädelt sind. Jeder Gegenstand, der mich berührt, fühlt sich so gut an, dass ich fast laut gestöhnt hätte. Mein Körper sehnt sich nach Berührungen.

Braune Augen mustern mein Gesicht, und ein Lächeln verzieht seinen Mund. «Bereit für den Ball, mein Schatz?»

Ein Ball? Ich stelle mir schöne Kleider vor und Honigwein und süße Kuchen. Sinnliche Musik und meinen Körper, der beim Tanzen gehalten wird.

Ich nicke träge. Ja. Ein Ball.

«Gut. Setz dich auf, damit du dich anziehen kannst.»

Es kostet mich unglaublich viel Kraft, seiner Aufforderung zu folgen und mich nach oben zu stemmen, meine Beine über die Bettkante zu schieben. In dieser Zeit trägt Midas die Gegenstände, die er an meine Haut gepresst hat, zur Tür und reicht sie an jemand außerhalb des Raums weiter.

Als er zum Bett zurückkehrt, hat er ein Kleid über dem Arm, weißer Stoff, der so glatt und weich wirkt wie Butter.

«Zieh das an.»

Ich will es an meiner Haut spüren, also packe ich das Nachthemd, das ich trage, und ziehe es aus. Als ich nach dem neuen Kleid greife und es über den Kopf stülpe, färbt meine Haut es golden. Diesmal kann ich ein Stöhnen nicht unterdrücken. Das Korsett presst sich gegen meine nackten Brüste, stimuliert meine empfindlichen Nippel. Der enge Schnitt der Taille hält mich wie die Hände eines Liebhabers, und der Rock streichelt meine glatten Schenkel.

Köstlich .

Auf das wohlige Geräusch aus meiner Kehle folgt ein Moment der Stille. «Ich habe dafür gesorgt, dass du dich gut fühlst, nicht wahr, mein Schatz?», murmelt Midas.

«Ja», hauche ich, fast verloren in den Empfindungen, die der weiche Stoff in meinem Körper auslöst.

Er stößt ein kurzes Lachen aus. «Als Nächstes die hier.»

Strümpfe, Handschuhe, Schuhe. Ich ziehe alles an, eins nach dem anderen. Als ich fertig bin, schließe ich die Augen und lasse den Kopf in den Nacken sinken, weil jede Berührung der Kleidung an meinem erhitzten Körper sich so … sinnlich anfühlt.

Vage wird mir bewusst, dass meine Hand sich bewegt, dass ich mir das Haar kämme, auch wenn ich mich nicht erinnern kann, wann man mir eine Bürste gereicht hat.

Ich erinnere mich auch nicht, aufgestanden zu sein, aber die Bürste ist verschwunden und Midas steht vor mir. Ich erinnere mich nicht, dass Polly den Raum betreten hat, doch hier ist sie. Sie trägt ein fast durchsichtiges goldenes Kleid, der Stoff umschmeichelt elegant ihren Körper, zusammengehalten von einer Spange an ihrer Kehle, genau wie bei mir. Die Kleidung betont jede Kurve, enthüllt ihre Silhouette als sinnlichen Schatten unter den Stofflagen. Ich frage mich, ob ich wohl auch so aussehe …

Midas spricht mit ihr, aber obwohl ich ihn höre, kann ich die Worte nicht wirklich verarbeiten.

«… jederzeit. Niemand darf sie berühren. Gib ihr noch eines, bevor ihr geht. Du weißt, wo ihr hinsollt. Ich erwarte euch.»

«Ja, mein König.»

«Du wirst dir heute ein volles Kästchen verdienen», erklärt er und tätschelt ihr den Kopf. Sie schnurrt förmlich.

Midas kommt dorthin, wo ich mich schwankend auf den Beinen halte. «Wir sehen uns bald wieder, mein Schatz.»

Mehr Zeit vergeht – oder zumindest glaube ich das –, denn irgendwann wird mir bewusst, dass ich an der Balkontür stehe und den leisen Schneefall betrachte. Das Licht hat eine graue Färbung angenommen, und tristes Silber tränkt den Himmel.

Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich in den Schnee starre, doch meine Füße prickeln, als hätte ich geraume Zeit gestanden. Die Reflexion einer Bewegung im Glas sorgt dafür, dass ich mich umdrehe. Ich sehe Polly, die die Tür öffnet. Sie spricht mit einem Wachmann, aber ich verstehe die Worte nicht.

Stattdessen bleibt mein Blick an ihren blonden Locken hängen, die auf ihrem Kopf aufgetürmt und mit einem goldenen Seidenband befestigt sind. Etwas rührt sich in meinem vernebelten Gehirn, als ich die gebundene Schleife anstarre.

Aus Gründen, die ich selbst nicht nachvollziehen kann, hebe ich die Hand und greife hinter mich.

Meine Finger gleiten über den geschlossenen Stoff meines Kleides. Etwas stimmt nicht. Statt meinen Bändern finde ich dort nur Schmerz.

Ich ziehe die Brauen zusammen, bis sich eine steile, verwirrte Falte dazwischen bildet. Etwas stimmt nicht. Etwas fehlt.

Aber es ist, als versuche ich, einen Löwenzahnsamen im Wind zu fangen. Jedes Mal, wenn ich näher komme, schwebt er wieder davon, wirbelt aus meiner Reichweite.

Ich blinzele, und plötzlich steht Polly vor mir. Auf ihren Wangen leuchtet Rouge, das farblich zu ihren geröteten Augen passt. Das graue Tageslicht taucht ihre Schönheit in düsteren Schein. «Zeit, zum Ball aufzubrechen», sagt sie und winkt mich zu sich.

Meine Brauen bleiben zusammengezogen, aber ich trete einen Schritt vor. Und bevor ich weiß, wie mir geschieht, folge ich ihr aus dem Raum und gleite den Flur entlang.

Blinzeln und Schritte.

Schritte und Blinzeln.

Etwas stimmt nicht.

Etwas fehlt.

Auf der Treppe stolpere ich, umklammere das Geländer mit behandschuhten Fingern, um nicht zu fallen. Polly wirbelt herum, auch wenn sie mich nicht ansieht. «Berührt sie nicht», zischt sie – in Richtung der Wachen, vermute ich, aber mir ist zu schwindelig, um den Kopf zu drehen.

«Etwas stimmt nicht», murmele ich, und für einen Moment lüftet sich eine Erinnerung.

Habe ich das schon mal gesagt?

Polly sieht zu mir zurück und schnaubt abfällig. «Du verdienst keinen Tau. Er ist an dich nur verschwendet.»

Tau?

Als sie sich umdreht, um weiterzugehen, lenkt mich erneut dieses Band ab, das aus ihrem Haar hängt.

Band …

Eine Hand bricht einen Stängel. Lippen blasen auf den Löwenzahn.

«Hier entlang, Fräulein.»

Polly hebt die Röcke, dann steigen wir wieder auf, über eine andere Treppe, durch eine schmale Tür. Sofort kneife ich angesichts des Trommelfeuers aus Wahrnehmungen, das mich empfängt, die Augen zusammen.

Musik und das Murmeln von Hunderten Stimmen. Die Wärme von Körpern, Kerzenlicht von vergoldeten Kronleuchtern in Eiszapfenform. Ich trete vor und verstehe, dass ich auf einem der Balkone im ersten Stock des Ballsaals stehe, der Galerie, die über den Raum hinwegblickt.

«Du sollst dich in den Stuhl da drüben setzen und warten», erklärt mir Polly, aber ihre Worte gehen zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Meine Sinne sind gefesselt von den sich wiegenden Körpern auf der Tanzfläche, dem Klang der Instrumente, die die Luft mit Melodien füllen, den Wolken aus Parfüms. Mein Blick wandert weiter, sucht in der Menge nach etwas, was ich nicht genau benennen kann.

Doch meine Suche bleibt erfolglos. Meine Aufmerksamkeit richtet sich auf die langen goldenen Vorhänge, die hinter dem Podium hängen, auf dem vier thronähnliche Stühle aufgestellt wurden.

Ich starre die Stoffbahnen an und erinnere mich … erinnere mich …

Ich balle die Hände zu Fäusten, fange ein paar dieser schlüpfrigen Löwenzahnsamen-Erinnerungen ein.

Als ich diesmal die Hand an den Rücken führe, betaste ich meine Wirbelsäule.

Etwas stimmt nicht.

Etwas fehlt.

Meine Finger treffen auf Haut, Schmerz blüht auf, und plötzlich sehe ich vor meinem inneren Auge ein Schwert, das nach unten fährt.

Ich keuche leise. «Meine Bänder …»

«Was?», fragt Polly.

Ich schlage die Hand über den Mund, als ein verwirrtes Schluchzen in mir aufsteigt, wirbele herum, und Schwindel reißt mich mit wie ein Wellenstrudel.

«Was stimmt nicht mit dir?», fragt Polly. Mit gerümpfter Nase beobachtet sie, wie ich mich zitternd zusammenkrümme, weil die Erinnerungen zurückkehren.

Ich erinnere mich.

Die grausamen Hiebe eines Schwerts. Blütenblätter, die gewaltsam in meinen Mund gestopft werden. Ein abgehacktes Band, das zu Boden sinkt.

Meine Bänder …

Mein Herz füllt sich mit einem martialischen Schmerz, der alles überschreitet, was mein Körper empfindet. Die Droge muss die physischen Qualen betäuben, denn ich spüre nur ein stetiges Pulsieren, das der Wölbung meiner Wirbelsäule folgt. Es ist, als hätte ich einen Arm verloren. Als wollte ich mit Fingern wackeln, die es nicht länger gibt. Meine Muskeln verspannen sich angestrengt, in dem Versuch, etwas zu bewegen, was nicht mehr existiert.

Weg.

Weg weg weg weg weg …

Meine Atemzüge beschleunigen sich, werden zu schnell. Keuchend schnappe ich nach Luft, die nie meine Lunge erreicht, ersticke an meinem eigenen Atem. Schreckliche Hitze ergreift Besitz von mir, umklammert mich, während mein Magen sich hebt und mein Geschlecht pulsiert.

Oh Göttin … Ich stehe unter Drogen.

Mein Geist versucht verzweifelt, den zeitlichen Ablauf zu rekonstruieren; herauszufinden, wie lange es her ist, dass ich hier im Ballsaal Dinge vergoldet habe. Aber ich schaffe es nicht. Meine Gedanken sind zu formlos. Ich kann an nichts anderes denken als daran, wie mein Kleid sich anfühlt … wie sonnenwarme Blütenblätter auf meiner Haut.

«Entspann dich. Der König kommt bald hoch, um seine Demonstration durchzuführen», blafft Polly mich an und zieht damit meine Aufmerksamkeit auf sich. «Wieso er dich hier oben haben will, werde ich nie verstehen.»

«Ich muss weg. Ich muss weg.» Die panischen Worte sind nur ein Krächzen, aber Polly kneift die Augen zusammen.

«Du kannst noch nicht gehen. Er will genau dich hier oben.» Sie greift in ihren Ausschnitt und holt einen kleinen Stoffbeutel hervor. Sie fischt zwei Blütenblätter heraus und schiebt eines davon in ihren Mund. Das andere streckt sie mir entgegen. «Hier. Das wird dafür sorgen, dass du dich gut fühlst.»

Gut fühlen … Mein Körper bebt in lustvoller Vorfreude, aber ich schüttele den Kopf, um den Nebel zu vertreiben, der mich immer noch gefangen hält. «Nein.»

Polly schürzt die Lippen. «Der König will, dass du hierbleibst und ruhig bist. Und ich werde meine Belohnung nicht riskieren, weil du überschnappst. Also wirst du das schlucken und verdammt noch mal dankbar dafür sein, du goldene Fotze!», zischt sie.

Mein Innerstes erbebt vor Wut, aber meine Gedanken taumeln. «Nein

Ihr Blick wird scharf wie Glasscherben. «Schön, dann zwinge ich dich.»

Sie hebt die Hand zu meinem Mund, aber meine behandschuhte Hand schießt vor, wenn auch ungeschickt. Es gelingt mir, das Blütenblatt zu packen und zwischen unseren Fingern zu zerquetschen. Ein wilder Ausdruck flackert in ihren Augen, als ich den Tau zerstöre und die Reste zu Boden fallen lasse.

«Du Miststück!» Die laute Musik übertönt Pollys zornentbrannten Schrei, doch ich höre nichts anderes als den Hass in ihrer Stimme.

Die Welt scheint sich in Lichtsplittern um mich zu drehen. Der Tau fließt immer noch durch meine Adern, verwirrt mich, lässt mich vergessen, entfacht erneut eine Hitze in mir, die mir ein Stöhnen entreißt. Ich muss mich einfach hinlegen. Ich brauche Ruhe. Ich brauche …

Flüche sprudeln über Pollys angemalte Lippen, als sie sich auf die Knie sinken lässt und versucht, das zerstörte Blütenblatt aufzuheben. Ich höre sie kaum. Mein gesamter Körper pulsiert vor Lust, im Streit mit meinem Bewusstsein, das um Klarheit kämpft. Göttin, mir ist so heiß .

Warum ist mir so heiß? Warum ist mir schwindelig, warum schreit Polly, warum tut mein Rücken weh, warum …

Warum, warum, warum.

Polly versucht, die Reste des Blütenblattes aufzusammeln, ich versuche, mich selbst zu sammeln, dann schwingt die Tür auf.

Und Midas erscheint.