2. Inhaltsübersicht

Erster Akt

In der Szene Anmutige Gegend liegt Faust inmitten von Blumen unruhig schlafend auf der Erde. Der Luftgeist Ariel ruft die Tätigkeit der helfenden Elfen auf, die den Menschen, gleichgültig ob er gut oder böse ist, im Schlafe von den »Schäden« des Tages heilen und für kommende Tätigkeit kräftigen. Faust erwacht und erlebt den Aufgang der Sonne als »feierlichste Stunde« (4696), die ihn in der ringsum erwachenden Natur ins Leben zurückführt, als Wiedergeburt, die ihm Mut zu einem Neuanfang verleiht.

Inzwischen ist Mephisto in die Kaiserliche Pfalz vorgedrungen und hat sich in dem Saal des Thrones umgesehen. In einer Versammlung des Staatsrats dient er sich dem Kaiser als Narr an. In der völlig aussichtslosen Situation, in der sich das Reich des Kaisers finanziell, sozial und moralisch befindet, gibt er vor, finanzielle Abhilfe schaffen zu können. Und als Geist der Täuschung erfindet er das Papiergeld: Ein Wertpapier mit der kaiserlichen Unterschrift sichert den Besitzern als Gegenwert im Erdboden verborgene, vielleicht vorhandene und vielleicht einmal zu findende Schätze zu (vgl. 6057 ff.).

Der junge, lebensunerfahrene und vergnügungssüchtige Kaiser täuscht sich nur allzu gerne über die schlimme Lage seines Reiches und ist, ohne die Unterschrift zu leisten, mit den Vorschlägen Mephistos zufrieden. Wichtig für ihn ist allein, endlich Karneval feiern zu können.

Dazu ist ein Weitläufiger Saal mit Nebengemächern herausgeputzt worden, in dem nun die Mummenschanz, das Maskenfest, stattfindet. Jeweils angekündigt und kommentiert vom Herold, zieht ein großer Zug der unterschiedlichsten Masken vorüber, der sich in einzelne Gruppen gliedert. Hier wird die Welt, das heißt der Mensch in den Karikaturen seiner Schwächen, in seinen Bedrohungen, aber auch in seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten gezeigt. Höhepunkt in diesem ersten Teil der Mummenschanz ist der Auftritt von Viktoria, der Göttin aller Tätigkeit. Sie reitet auf einem mächtigen Elefanten, der von der Klugheit geleitet wird. An der Seite des Tieres sind Furcht und Hoffnung angekettet, »zwei der größten Menschenfeinde« (5441). Beide sind lähmende Mächte, wobei mit Hoffnung die Illusion gemeint ist.

Dann erscheint Faust auf einem von Flügeldrachen gezogenen Prunkwagen in der Maske des Plutus, Gott des Reichtums. Hinter ihm Mephisto hockend als der Geiz. Dieser Wagen wird vom »Knaben Lenker« geführt. Er besitzt im Gegensatz zur Goldfülle in der Schatzkiste des Plutus das Gedankengold der dichterischen Phantasie und bezeichnet sich als die Verschwendung, die Poesie. In diese Gruppe drängt sich schließlich eine derbe Schar von Faunen, Satyrn, Gnomen und Nymphen. Mit ihnen erscheint der Kaiser in der Maske des griechischen Naturgottes Pan (in der Überlieferung: gehörnt, bärtig, krummnasig, rauhbehaart, geschwänzt, ziegenfüßig).

Als der Kaiser sich neugierig-gierig über Plutus’ flammende Goldtruhe beugt, entzündet sich sein künstlicher Bart. Durch einen Zauberregen, den Plutus-Faust auslöst, wird der Kaiser gerettet.

Am nächsten Tag, im Lustgarten, gibt der Kaiser zu verstehen, dass er »dergleichen Scherze« (5988) durchaus genießt, vor allem da von überall gemeldet wird, wie durch Mephistos trügerische ›Geldschöpfung‹ das Reich gerettet scheint und Wohlstand winkt. Und so verlangt er nach mehr Unterhaltung. Faust soll Helena und Paris vor ihm erscheinen lassen (vgl. 6183–85), die Urbilder menschlicher Schönheit.

Faust zieht sich mit Mephisto in eine Finstere Galerie zurück. Die Erfüllung des kaiserlichen Wunsches ist für beide eine gewaltige Aufgabe. Höchst ungern beschreibt Mephisto einen Lösungsweg. Faust muss ins Reich der Mütter, wo er, »umschwebt von Bildern aller Kreatur« (6289), mit Hilfe eines goldenen Schlüssels, den er von Mephisto erhält, einen Dreifuß finden soll. Es gelingt Faust, in dieses geheimnisvolle Reich des Schöpferischen, des Werdens und Vergehens, der Urbilder einzudringen.

Währenddessen schlendert die Hofgesellschaft durch Hell erleuchtete Säle, und Mephisto muss ihr bis zu Fausts Rückkehr mit allerlei Hokuspokus und Quacksalberei die Zeit vertreiben. Dann versammeln sich alle im Rittersaal, um die versprochene Vorführung »Helena und Paris« zu genießen. Faust bringt im Gewand eines antiken Priesters den Dreifuß mit. Als er diesen mit dem Schlüssel berührt, erscheinen die beiden antiken Gestalten, begleitet von Bewunderung und Häme der Hofgesellschaft. Doch als Paris sich anschickt, Helena zu entführen, berührt der von ihr hingerissene Faust ihn mit dem Schlüssel. Die darauf folgende Explosion wirft Faust bewusstlos zu Boden, und die beiden beschworenen Gestalten verschwinden. Mit höhnischen Worten schleppt Mephisto den Bewusstlosen fort.

Zweiter Akt

Mephisto bringt den bewusstlosen Faust in dessen Hochgewölbtes enges gotisches Zimmer, Schauplatz zu Beginn von Faust I. Doch im Traum kreisen Fausts Wünsche weiter um Helena. Währenddessen sieht Mephisto sich um und trifft auf bekannte Gestalten. Da ist zunächst der Famulus Nikodemus, der für Professor Wagner arbeitet. Dann der Schüler, den er in Faust I mit seiner ›Studienberatung‹ an der Nase herumgeführt hat und der sich jetzt als Baccalaureus ihm gegenüber sehr kritisch-arrogant aufführt. Es folgt ein Besuch im benachbarten Laboratorium von Fausts einstigem Famulus Wagner, der inzwischen ein angesehener Professor geworden ist. Er ist damit beschäftigt, ein künstliches Menschlein, einen Homunculus, zu schaffen und meint kurz vor dem Erfolg zu stehen. Doch ist es Mephisto, der schließlich unbemerkt den Erfolg dieses ›Schöpfer-Spielens‹ herbeiführt. Als der Homunculus in seinem Glaskolben zu leben beginnt, begrüßt er Mephisto als seinen »Vetter« (6885) und erweist sich sogleich als äußerst intelligent, ja sogar hellsichtig. Er vermag in Fausts Traum zu schauen. Dort sieht er Leda mit dem Schwan, in dessen Gestalt Zeus sich verbirgt: es ist die Zeugung Helenas. Doch er erkennt auch, dass Faust aus diesem Zustand befreit werden muss, und schlägt vor, mit ihm auf Mephistos Zaubermantel nach Griechenland zu fliegen, »zu seinem Elemente« (6943). Er weiß, dass dort Klassische Walpurgisnacht ist, eine Zusammenkunft historischer und antiker mythologischer Wesen.

Der Landeplatz der drei »Luftfahrer« in der folgenden Szene sind die Pharsalischen Felder. Hier schlägt jeder der drei seinen eigenen Weg ein. Faust sucht Helena, gemäß dem ersten Satz, den er nach der Ankunft spricht: »Wo ist sie?« Er fühlt in dieser Umgebung, die ihm vertraut erscheint, wie ihm neue Kräfte zuwachsen.

Mephisto geht etwas hilflos durch die Welt der urtümlich-tierhaften Sagengestalten des antiken Griechenland, einer vergangenen Welt, in der Mensch und Tier noch nicht getrennt waren. Sie ist ihm zutiefst fremd.

Homunculus hingegen sucht nach Möglichkeiten, in eben dieser Welt sich als Mensch zu verkörpern (vgl. 7830 ff.). Dabei zeigt er sich sehr kontaktfreudig.

Alle drei treffen nach mancherlei zunächst ›unfruchtbaren‹ Begegnungen auf Gestalten, die ihnen dienlich sind für ihr Ziel – das Streben nach Verwandlung.

Für Faust ist es am Peneios der weise Halbmensch Chiron. Er bringt ihn zu der Seherin Manto, die ihn in die Totenwelt zu Helena führt – wie einst Orpheus zu Eurydike. Damit verlässt Faust die Handlung des II. Aktes.

Am Obern Peneios wird Mephisto von den lüsternen Lamien gefoppt und trifft kurz wieder mit Homunculus zusammen. Der schließt sich, erfüllt von seinem Wunsch nach Verkörperung, ebenfalls einem kundigen Führer an. Es ist jedoch im Gegensatz zu Chiron eine historische Gestalt, der antike Philosoph Thales.

Der herumirrende Mephisto gerät schließlich an die Phorkyaden, die Urbilder der Hässlichkeit, in denen er endlich Verwandte aus dem Chaos findet. Indem er ihre Gestalt annimmt, wird er zum Gegenbild von Helenas Schönheit – und verlässt ebenfalls die Handlung.

Felsbuchten des Ägäischen Meeres ist die Szene, die ganz Homunculus gehört. Thales hat ihn hierhergeführt und macht ihn mit den Meeresgöttern Nereus und Proteus bekannt. Proteus verhilft ihm schließlich zur Begegnung mit Nereus’ schöner Tochter Galatee und ihrem Gefolge, darunter besonders die Kabiren, die geheimnisvollen Schöpfungsgötter aus Samothrake. Seine aufflammende Liebe zu Galatee, die hier für die Liebes- und Schönheitsgöttin Aphrodite steht, führt dazu, dass er seine gläsernen Grenzen sprengt und sich im Meer verströmt.

Dritter Akt

Die drei Szenen dieses Aktes bilden das Zentrum von Faust II. Sie konzentrieren sich ganz auf eine erneute Begegnung von Helena und Faust.

Die historische Helena steht mit einer Schar gefangener Trojanerinnen Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta. Sie ist nach dem Sieg der Griechen über Troja mit ihrem Gemahl Menelaos wieder heimgekehrt und wird von Mephisto in der hässlichen Gestalt der Phorkyas empfangen, die sich als Hausverwalterin ausgibt. Diese geht mit Helena wegen ihrer Vergangenheit ins Gericht und ängstigt sie und ihre Begleiterinnen mit der Ankündigung, Menelaos werde sie nach seiner Ankunft als Opfer töten. Phorkyas verheißt Helena Rettung: die Flucht auf die nahe gelegene Burg eines Fremdlings, der sich ihrer gewiss annehmen werde.

Ein Innerer Burghof zeigt mittelalterliche Gebäude. Faust als Herrscher in »ritterlicher Hofkleidung« (nach 9181) übergibt der Ankommenden, überwältigt von ihrer Schönheit, seine Burg als ihr Eigentum und teilt mit ihr als Mitherrscherin seinen Thron.

In die sich nun anbahnende Verwandlung der griechischen Königin in eine mittelalterliche Fürstin an Fausts Seite wird plötzlich ein Angriff von Menelaos mit seinem Heer angekündigt. Fausts Truppen schlagen jedoch den Angriff überlegen zurück.

Einen Schattigen Hain mit Felsenhöhlen und Lauben haben sich Faust und Helena als Ort ihrer Liebe ausgesucht. Aus dieser Vereinigung geht der frühreife Knabe Euphorion hervor. Er gleicht einem Genius ohne Flügel, der mit der Leier wunderbare Lieder singt und sogar von Phorkyas-Mephisto als künftiger »Meister alles Schönen« (9626) gepriesen wird.

Dieser Knabe kann jedoch nicht Maß halten. Er fühlt sich Flügel wachsen und sieht plötzlich seine Aufgabe nicht mehr in Gesang und Tanz, sondern in der Tat, im kriegerischen Kampf. Er wirft sich vom höchsten Felsen in die freie Luft und stürzt dann tot zu Füßen der entsetzten Eltern. Sein Körper verschwindet, und seinem klagenden Ruf folgt die Mutter – zurück ins Totenreich.

Die Vereinigung Fausts mit Helena scheint nur ein vorübergehender Zustand gewesen zu sein. Kleid und Schleier der von Faust so sehnsüchtig gesuchten Frau verwandeln sich in eine Wolke, von der er sich forttragen lässt.

Die Begleiterinnen Helenas verschwinden als Elementargeister in die Bäume, die Felsen, die Gewässer, die Weinberge, in die Natur, aus der sie stammen. Mephisto legt am Schluss die Phorkyas-Maske ab und gibt sich als ›Regisseur‹ des beendeten Helena-Dramas zu erkennen.

Vierter Akt

Im schroffen Hochgebirg, absoluter Kontrast zum Schattigen Hain, landet Faust auf der Wolke, die aus Helenas Schleier und Gewand gebildet ist. In einer Art Prolog ist er mit seinen Gedanken bei dem Erlebten, und zugleich erinnert er sich plötzlich an das, was Gretchen für ihn war und ist. Dann schaut er auf die Schönheiten der Erde hin, und Mephisto erscheint, mit der größten aller Versuchungen: Macht und Ruhm zu erwerben. Faust hält dagegen: »Die Tat ist alles, nichts der Ruhm« (10188).

Diesen Tatendrang fasst er Mephisto gegenüber in einem großen Plan: das Meer zurückdrängen, ihm neues fruchtbares Ackerland abtrotzen. Es ist für ihn eine Auseinandersetzung mit der Gewalt der Elemente. Mephisto ist damit einverstanden, zumal die Gelegenheit günstig ist, einen dafür geeigneten Küstenstreifen zu erlangen. Der Kaiser ist wieder in Not, ihm wird man ›helfen‹ und dafür belohnt werden.

Auf dem Vorgebirg ist des Kaisers Zelt aufgeschlagen. Er hat das Reich trotz oder wegen des Papiergeldes weiter heruntergewirtschaftet und steht vor dem Krieg mit einem Gegenkaiser. Das gibt Faust die Gelegenheit, als Obergeneral mit einem gigantischen Zauberaufwand Mephistos an ›Kriegsmaterial‹ für den Kaiser zu siegen.

Des Gegenkaisers Zelt ist der Ort, wo nach dem Sieg und dem Beutemachen Faust als Dank für seine Hilfe, gegen die heftigen Einwände der Kirche, so viel Land zugesprochen bekommt, wie er dem Meer abzugewinnen vermag.

Fünfter Akt

Eine Offene Gegend. Zu Philemon und Baucis, dem in einer Landschaft am Meer in friedlicher Zurückgezogenheit lebenden alten Ehepaar, kommt ein Wanderer, der vor Jahren von ihnen aus Seenot gerettet worden war. Er staunt über viele Veränderungen: Wo einst das Meer war, sind jetzt Felder und Wiesen, Gärten und Wälder und viele Siedlungen. Es scheint ein Wunder geschehen zu sein. Von den beiden Alten hört er, dass ein kluger Mann all das mit großem Aufwand bewirkt hat. Doch die sensible Baucis äußert, ähnlich wie Gretchen in Faust I (vgl. 3469 ff.), auch gleich einen Verdacht:

11111

BAUCIS. Wohl! ein Wunder ist’s gewesen!

Lässt mich heut noch nicht in Ruh;

Denn es ging das ganze Wesen

Nicht mit rechten Dingen zu.

Der inzwischen hundertjährige Faust, Ingenieur, weit planender Unternehmer und wohlhabender, global operierender Großkaufmann mit ausgedehntem Grundbesitz, hat all dies durch Ausbeutung und Gewaltanwendung geschaffen. Trotz seines Wohlstandes sieht er in seinem prächtigen Palast das zufrieden-beschauliche Leben der Alten in ihrer Hütte mit einem gewissen Neid. Ihr Anwesen auf dem Hügel, mit den schönen Linden, das sie um nichts in der Welt gegen ein anderes eintauschen wollen, möchte er gerne selbst als Ruheplatz haben, mit Aussicht über sein Werk. Mephisto löst dieses Problem mit seinen »drei Gesellen« auf vorhersehbare Weise: Philemon und Baucis finden bei der ›Umsiedlungsaktion‹ zusammen mit dem Wanderer einen gewaltsamen Tod. Hütte und Linden gehen in Flammen auf. Tiefe Nacht herrscht, und Faust scheint erschüttert über das, was in seinem Auftrag geschehen ist. Den Fluch über Mephisto noch auf den Lippen, sieht er um Mitternacht vier graue Schattengestalten, wie aus dem Rauch der verbrannten Hütte aufsteigend: Mangel, Schuld, Sorge und Not. Die Sorge schickt ihre drei Schwestern fort, sie sind im Hause eines Reichen fehl am Platz. Sie selbst dringt in den Palast ein. In einem Streitgespräch scheint Faust eine selbstkritische Lebensbilanz zu ziehen. Zwar weigert er sich standhaft, die Macht der Sorge anzuerkennen, doch er bekommt sie unmittelbar zu spüren. Sie haucht ihn an – er erblindet.

Die Szene Großer Vorhof des Palasts zeigt den blinden und an der Schwelle des Todes stehenden Faust noch einmal als den großen Planer. Er möchte einen Sumpf trockenlegen, freilich wieder unter Einsatz unzähliger gezwungener Arbeiter. Dort will er dann glückliche Menschen wohnen sehen, ein freies Volk auf freiem Grund. Im Vorgefühl des Glücks, solches geschaffen zu haben, stirbt er, den höchsten Augenblick seines Lebens in Gedanken vorwegnehmend.

Nun meint Mephisto, der Augenblick seines lang ersehnten Triumphes sei gekommen, immerhin anerkennend, dass Faust ihm doch »kräftig widerstand« (11591).

Bei der Grablegung gelingt es Mephisto trotz Aufbietung aller seiner Hilfskräfte, der Lemuren und der Dürr- und Dickteufel, jedoch nicht, Fausts Unsterbliches an sich zu bringen. Es bleibt ihm, dem Geist des Materiellen, nur der Körper. Ein Chor von Rosen streuenden Engeln, denen er nicht zu widerstehen vermag, entführt ihm den »großen, einzigen Schatz« (11829).

Jetzt ist es an ihm, sich zu beklagen und nach seinem Recht zu verlangen. Doch niemand steht ihm bei, und ihm bleibt nur, sich selbst als »ausgepichten Teufel« (11839) zu schelten und – abzutreten.

Der Schluss dieses Aktes führt wie der Prolog von Faust I in himmlische Höhen. Aus Bergschluchten, in denen fromme Einsiedler in mystischer Versenkung leben, steigt Fausts Unsterbliches, seine Entelechie, auf. Sie wird von Engeln getragen und begleitet. Für sie ist Faust »das edle Glied der Geisterwelt« (11935 f.), das sie vom Bösen gerettet haben.

Sein Aufstieg geschieht stufenweise. Aus den Händen der jüngeren und der vollendeteren Engel gelangt Faust in den Kreis der seligen Knaben, die das als Flocken noch anhaftende Irdische von ihm lösen. Im Vergleich zu ihnen besitzt er die Erfahrung eines irdischen Lebens, deshalb wächst er rasch über sie hinaus und kann ihnen selbst Lehrer sein. Entscheidend für seinen Aufstieg ist jedoch die liebende Fürbitte Gretchens, die als eine Büßerin erscheint. Sie wendet sich an die Mater Gloriosa, die göttliche Himmelskönigin, um für den Geliebten zu bitten, und darf den bereits Geläuterten, der aber noch vom neuen Tag geblendet ist, in höhere Sphären führen und belehren: »Wenn er dich ahnet, folgt er nach« (12095).