→ Ich war schon länger wach und voll motiviert. Es war Vormittag, schon recht warm draußen, und Luis besuchte uns mal wieder. Heute wollten wir draußen bissel Action machen. Wir machten gerade den Garten fit, jäteten Unkraut und frischten das Wasser im Teich auf, als Luis sich eine Harke aus der Scheune holen wollte. Er hatte vor, die Blätter, die letzten Herbst rings um den Teich heruntergefallen waren, aufzurechen. In der Scheune hinter unserem Haus bewahrte ich mein ganzes Imkerzeug auf: alte Bienenkästen, Waben, Stockmeißel und noch 'ne Menge anderes Zeug. Plötzlich hörte ich es aus der Scheune wild schreien. »Auuuuee! Mann, ey!« Luis kam angerannt und hielt sich das Gesicht. »Da sind voll viele Bienen drin! Ich glaube, es ist ein Bienenschwarm. Die haben mich direkt attackiert!« Ich war überrascht. Was machen die Bienen dort?
»Schnell, mach dir mal 'ne Zwiebel drauf.« Er verschwand in der Küche. Ich legte meinen Spaten zur Seite und ging zur Scheune. Als ich die Tür öffnete, flogen mir gleich um die 20, 30 Bienen entgegen. Was haben die hier verloren? Ich ging weiter in die Scheune hinein und sah einen Haufen alter Waben. Ahhh, Mist … die hatten den Rest Honig in den alten Waben gefunden und machten sich jetzt darüber her. Nach der letzten Schleuderaktion hatte ich sie einfach in die Scheune gestellt. Wenn Bienen Honig riechen und rauskriegen, wo er ist, sagen sie ihren ganzen Kolleginnen Bescheid und dann gibt’s ’ne riesige Räuberei.
Mir flogen gleich 20, 30 Bienen entgegen …
In die Scheune kamen sie jetzt aus allen Bienenvölkern, die ich auf unserem Hof herumstehen hatte. Die Bienen waren ziemlich aggressiv, weil jede so viel wie möglich abbekommen wollte. Honig ist eben Gold in Bienenkreisen. Nach kurzem Check der Lage ging ich zu Luis in die Küche.
Als wir es den anderen erzählt hatten, wollten alle sehen, wie es in der Scheune abging. Aber sie trauten sich schon gar nicht mehr hinein, weil es immer wärmer wurde und dadurch immer mehr Bienen, Wespen, Wildbienen und andere Insekten dazukamen. »Aber so kannst du das nicht lassen. Das wird ja immer schlimmer«, meinte meine Mutter. »Ja, ich glaub', ich muss die Scheune aufräumen. Und vor allem den Honig in den Rahmen, damit sie das nicht mehr so krass riechen.« Gesagt, getan. Ich schnappte mir den Quad-Anhänger, um die Waben transportieren zu können, und öffnete die Tür. Drin war die Hölle los. Alle flogen hektisch durcheinander. So dicht, dass ich mir Sorgen machte, eine Biene einzuatmen. Die meisten Bienen saßen auf den Rähmchen und schleckten den süßen Honig aus den Waben. Ich ging ein paar Schritte in die Scheune hinein, aber keine Chance, sie attackierten mich direkt, der Honig war einfach zu verlockend. Mit den Händen über dem Kopf rannte ich aus der Scheune. Luis stand in sicherem Abstand vor der Tür, hatte mittlerweile einen dicken Verband mit Zwiebeln um den Kopf gewickelt und lachte mich herzlich aus. »Das können wir vergessen! Die würden mir ja hundert Stiche verpassen!« Ich schob den Anhänger wieder zur Seite. »Ich muss es heute Abend noch mal probieren, wenn es kälter ist und die Bienen wieder in ihren Stöcken sind.«
Die Bienen flogen hektisch durcheinander, es war die Hölle los.
Wir machten im Garten weiter, und als es am Abend kühler wurde, wagte ich noch einmal einen Vorstoß. Die Scheune stand ruhig im roten Abendlicht und nur noch ein paar Bienchen flogen hier und da herum. »Was machst du jetzt mit den ganzen alten Waben?« Luis schlich hinter mir in die Scheune. Hier war es jetzt wieder ruhig. »Ich weiß es auch noch nicht so genau. Ich habe keinen Platz, wo ich sie hinstellen könnte. Und die sind auch wirklich schon sehr alt und nicht mehr zu gebrauchen.« Ich hob ein paar Kisten von hier nach da. Die Scheune war schon sehr zugemüllt und brauchte dringend eine Putzaktion.
Zuerst schaffte ich mit dem kleinen Anhänger die Waben runter in den Garten. Dann holte ich die Massen an alten Brettern, Kisten und anderes Zeug aus der Scheune heraus. Es dauerte mal wieder ewig und ich fühlte mich echt wie eine Putzbiene, die ihren Stock saubermachen musste. Tja, das gehört auch dazu. Nachdem ich die gesamte Scheune gefegt hatte, sodass der Staub nur so wirbelte, machte ich unten im Garten ein Lagerfeuer. Es dauerte eine Weile, bis die Flammen groß genug waren. Dann legten Luis und ich die ersten Waben hinein. »Das ist schon ein trauriger Anblick, als Imker!«, murmelte ich gedankenverloren. Waben, die noch halbwegs gut waren, hatte ich in meinen Sonnenwachs-Schmelzer gelegt, in dem ich das Wachs immer einschmelze, damit wir im Winter fett Kerzen draus machen können. Mein Bruder kam mit einem Stockbrotteig an. »Stockbrot – geil, dazu noch den leckeren Käse«, meinte Luis hungrig. Wir aßen erst mal und dann kam auch noch Noah vorbei. »Yo, was ging bei euch so?«, wollte er wissen und Luis erzählte mit geschwollenem Gesicht, was los war. Er hatte immer noch Spinnweben in den Haaren und ich meinte nur so »Du bräuchtest auch mal 'ne Putzbiene.« Noah schaute zu mir. »Wie, 'ne Putzbiene? Was machen denn Putzbienen so?« Mein kleiner Bruder lachte: »Putzen vielleicht?!« Jetzt lachten alle. »Ja, die Putzbienen sorgen dafür, dass der ganze Stock sauber bleibt. Sie schauen zum Beispiel auch, dass solche Feinde wie die Varroamilben sich nicht auf die Bienen draufsetzen und sie aussaugen.« Wir gingen zum Bienenhaus und schauten uns die Kästen vorne an. Unter vielen Fluglöchern lagen kleine Dreckhäufchen, die die Bienen aus dem Stock gezogen hatten. »Schon krass, so viele Bienen, die einfach nur die ganze Zeit aufräumen«, meinte Luis und hielt sich die Wange. Er war zum Glück der Einzige, der heute gestochen wurde.
Wir chillten noch eine ganze Weile am Lagerfeuer und erzählten uns die wildesten Storys über Bienen und die Stiche, die wir schon kassiert hatten, und was wir eigentlich für harte Typen sind … haha.
Video zur Geschichte