DER BÜCHERSKORPION

SO KLEIN UND UNBEMERKT

… oder könnte dieser kleine Held die Rettung sein?

Vor ungefähr vier Jahren bekam ich mein erstes Bienenvolk. Damals war ich noch nicht so erfahren wie heute, trotzdem wollte ich immer das Beste für die Bienen. Einmal war ich beim Imker im Dorf und hatte ihm beim Einzug eines neuen Bienenschwarms geholfen. Es war Anfang Sommer und ein richtig schöner, sonniger Tag, der gefangene Schwarm saß noch in der Kiste und wir bereiteten den neuen Bienenstock vor. Der Imker wollte versuchen, die Bienen über ein Brett selbst in den Kasten laufen zu lassen. Das war einerseits natürlicher, andererseits gewöhnten sich die Bienen auf diese Weise schon an ihre Umgebung.

Ich wollte immer das Beste für die Bienen. :)

Der Imker benutzte zwar Standardkästen, war aber trotzdem offen für Neues. Wir waren bestimmt schon eine halbe Stunde damit beschäftigt, das Brett an dem Kasten zu befestigen, als mein Bruder mit seiner Freundin kam, um nach uns zu sehen. Der Imker ging zum Schwarmfangkasten, der noch in der Wiese stand, und hob ihn behutsam hoch. »So, und jetzt tu ich den Schwarm einfach auf das Brett kippen, oder was?« Ich nickte. »Ja, genau.« Er begann, und wir sahen alle gespannt zu. Die Bienen summten stark. Und als sie aus dem Kasten herausrutschten, schwirrten alle ein bisschen überrumpelt durcheinander. Als die Aufregung sich wieder legte und sich alle Bienen auf das Brett gesetzt hatten, begannen sie eifrig, in das Flugloch zu krabbeln. Es war einfach nur unglaublich schön, dabei zuzuschauen: so viele kleine Lebewesen, die alle durcheinanderliefen, um ins neue Haus zu gelangen.

Plötzlich rief der Imker. »Schaut mal hier! Ich habe die Königin gefunden.« Er zeigte mit seinem Finger mitten hinein. Tatsächlich. Zwischen einigen Leibwächterbienen krabbelte die etwas größere und prachtvoll gestreifte Bienenkönigin. »Wow, ist die schön!« Gleich lief der Imker los und holte einen Stift, um die Königin zu markieren. Als er wiederkam, rief er begeistert: »Sie ist echt ein Prachtexemplar. So eine findet man nicht so schnell.« Der Imker war sichtlich stolz und grinste übers ganze Gesicht. »Häää, wo ist sie denn jetzt hin?« Die Königin war wieder in der Bienenmasse verschwunden – zum Glück, dachte ich, diese fette Farbschicht auf dem Rücken vom Markieren kann doch nicht cool für die Bienen sein.

Ich schaute wieder gedankenverloren in die Bienen. Es war schon fast ein bisschen hypnotisierend. Plötzlich fiel mein Blick auf etwas Kleineres. Es bewegte sich langsamer als alle anderen. Es war nur ein winzig kleiner Punkt. »Was ist das denn da?«, rief ich und der Imker kam zu mir gelaufen. Eine Weile schaute er sich das kleine Tierchen an, dann meinte er: »Das hab ich schon öfter mal gesehen.« Es hatte einen dicklichen, runden Körper, an dem kleine Krabbelbeine hingen, und vorne hatte es zwei große Zangen, wie sie ein Skorpion normalerweise hat. »Merkwürdig! Es scheint, als ob es die Bienen gar nicht stört.« Ich stand auf und sagte: »Ich werde mal in meinem Bienenbuch darüber lesen. Vielleicht steht ja da irgendwas über dieses merkwürdige Tier.« Aber dort fand ich auch nichts groß darüber. Also nahm ich mein Handy und recherchierte

WIRKLICH WINZIG, ABER KRASS GEGEN MILBEN: DER BÜCHERSKORPION

Der Imker hatte noch ein bisschen im Internet. nie was von diesem kleinen Dude gehört. :)

Es war ein Bücherskorpion! Klein wie eine Ameise, aber ein krasser Jäger. Er ernährt sich von Pollenmilben, Staub- und Bücherläusen, Hausstaubmilben, Varroamilben, Wachsmottenlarven und Bienenläusen. Er zieht sich zur Häutung, Eiablage und Überwinterung in dunkle Ecken zurück. Und anscheinend lebt er auch schon seit langer, langer Zeit mit den Bienen zusammen. Er ist sogar ein Zeichen dafür, dass es den Bienen besonders gut geht und sie gesund sind. Als ich das alles dem Imker erzählte, kratzte er sich nur am Kopf. Er war sehr skeptisch und hatte noch gar nix von diesem kleinen Dude gehört.

Später, als der Schwarm in den neuen Kasten eingezogen war, machten wir eine Pause. Wir gingen in die Küche und machten uns erst mal 'n Teechen. Plötzlich fiel dem alten Imker etwas ein. »Sag mal, hast du schon unser neues Kälbchen gesehen? Das wurde gestern Nacht geboren.« Der Imker hatte einen kleinen Bauernhof mit ungefähr zehn Kühen. »Nein, habe ich noch nicht.« Er schien erfreut. »Na, dann los! Ich zeig's dir.« Wir gingen durch die alte Holztür hinaus in die Abendsonne. Die Grillen zirpten und zwei Amseln gaben sich ein kleines Konzert. Es war einfach eine magische Stimmung. Wir gingen über den Hof, vorbei an den Apfel- und Kirschbäumen und über ein kleines gemähtes Rasenstück, auf dem die Scheune stand. Ich schob das Tor auf und wir gingen hinein. Die Kühe waren ruhig, sie hatten ihr Heu und fraßen genüsslich. Wir gingen zu einer Box etwas weiter hinten neben dem Heulager. Die Mutterkuh sah uns gespannt an, während das Kleine immer wieder um sie herumlief. Es war einfach so goldig! Wie ein kleiner Teddybär, mit kleinen Schlappöhrchen. »Oohh, ist das süß!« Der Imker öffnete die Tür und ging hinein. Die Mutterkuh kannte ihn schon lange und war ganz friedlich. Ich ging hinterher und kniete mich hin, um das Kleine nicht zu erschrecken. Es war noch ein bisschen scheu und schlich immer wieder hinter die Mutterkuh, aber nach einer Weile kam es schon ein bisschen näher. »Aahh, sieh an!«, rief der Bauer plötzlich, »ich habe ihr ja noch gar kein Heu gebracht. Quentin, machst du das schnell?« Ich sprang auf. »Na klar.« Als ich im Heulager nach einem großen Batzen wühlte, entdeckte ich plötzlich vor mir auf einem Holzbalken schon wieder einen kleinen Bücherskorpion. Er krabbelte flink in eine Holzritze. Ich griff in das alte Heu in der Ecke und schüttelte es ein bisschen aus, und siehe da, einige der kleinen Pseudoskorpione fielen heraus. Ich war baff! »Alter, krass! Die Bücherskorpione wohnen auch im Heu, hier bei den Kühen!«, rief ich in Richtung des Imkers. »Ach? Wirklich?« Er kam zu mir, um es sich genauer anzuschauen. »Okay und nun?«, fragte er. Ja, wenn die wirklich die Varroamilben fressen, dann können sie vielleicht im Bienenstock helfen. Ich muss das probieren, dachte ich mir.

AUF DER JAGD NACH BÜCHERSKORPIONEN …

Ich hatte gelesen, dass die Bücherskorpione die Varroamilben aussaugen, und somit könnte ich ja versuchen, sie in meinen selbst gebauten Bienenstöcken anzusiedeln. Der Steez-Tower und die hohlen Baumstämme, die ich schon länger ausprobierte, waren dafür perfekt. In diesen Stämmen versuchte ich, die Bienen natürlicher zu halten, und ich nehme ihnen auch den Honig nicht weg. Vielleicht konnte ich in den Ritzen ein paar Bücherskorpione ansiedeln? Mein Imkerkollege schüttelte den Kopf und meinte nur: »So ein Aufwand, das ist doch der Wahnsinn. Aber warum nicht? Probiere es doch aus!«

Wir werden sehen … Es sind sicher nicht nur die Bücherskorpione allein, die die Bienen gegen Varroamilben schützen, aber vielleicht sind sie die kleinen Homies der Bienen. Ich werde es herausfinden und euch alle mitnehmen auf diese spannende Reise in die Welt der Bienen.

Video zur Geschichte