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Hap führte Umber durch die Finsternis. Es war Umbers Vorschlag gewesen, Haps Fähigkeit, im Dunkeln sehen zu können, auszunutzen und sich auf diese Weise anzuschleichen. Umber hatte zwar ein Glas mit Glimmerwürmchen bei sich, aber er hatte ein Tuch darübergeworfen, um ihr Licht zu verbergen.

Als sie sich dem Fallgitter näherten, nahm Hap einen Verwesungsgeruch wahr und hielt sich die Nase zu. »Riechst du das?«, fragte Umber und drückte Haps Schulter.

»Ja«, näselte Hap. Er führte Umber hinter einen der Felspfeiler, die vor dem Tor standen. »Wir sind da«, flüsterte er.

»Kannst du etwas erkennen?«, fragte Umber. »Ist er da?«

Hap spähte hinter dem Pfeiler hervor, um das Fallgitter sehen zu können, und musste sich zusammennehmen, um nicht laut zu keuchen. Der Troll saß mitten in der Höhle und hatte seinen breiten Rücken gegen die Eisenstäbe gelehnt. »Er ist da.«

»Wie sieht er aus?«

Hap sah genauer hin. Der Troll trug ein zerfetztes Fell um die Hüfte. In einer Hand hielt er einen spitz zulaufenden Stein, den er hochhob und dann auf den Boden der Höhle schlug, um dort ein wenig herumzustochern. Er schien ihr Flüstern nicht zu hören.

»Es sitzt mit dem Rücken zum Gitter, deshalb kann ich nicht viel erkennen«, berichtete Hap Umber. »Er ist riesig – vielleicht zwei Meter neunzig groß und ein Meter achtzig breit. Seine Haut ist grau und knotig; er hat überall Narben.«

»Alte oder frische?«

Hap spähte hinüber. »Frische, glaube ich.«

Aus der Kehle des Trolls ertönte ein leises Knurren, das sich wie chrrrrrr anhörte. Umber lächelte und holte Luft. In seiner Aufregung wippte er auf und ab. »Frische Narben! Meinst du, er hat sich mit einem anderen Troll geprügelt und ist aus seinem Rudel ausgestoßen worden?« Er griff nach dem Tuch, das das Glimmerwürmchenglas bedeckte. »Ich muss ihn sehen!«

Sobald das schwache Licht der Glimmerwürmchen austrat, hörte Hap, wie der gewaltige Körper des Trolls an den dicken Stäben des Fallgitters entlangschrappte. Er lugte um den Pfeiler und sah, dass er sich umgedreht hatte. Mit einer riesigen, klauenartigen Hand umklammerte er einen der Stäbe, während er in der anderen den Steindolch hielt. Er hatte kurze O-Beine und dicke Arme mit hervortretenden Muskeln. Das Gesicht wirkte brutal mit seiner schiefen Nase und dem breiten Mund voller zerklüfteter, in alle Richtungen stehender Zähne. Seine Augen waren winzige Quecksilberteiche mit schwarzen Punkten in der Mitte. Diese Punkte bewegten sich und verfolgten Umber, als dieser hinter dem Pfeiler hervortrat.

Der Troll wich zurück. Er war kurz davor, sich umzudrehen und wegzurennen, aber Umber sprach ihn in einer besänftigenden, ermutigenden Tonlage an: »Warte – geh nicht weg! Niemand wird dir etwas tun.«

Der Troll senkte den Kopf und einer seiner Mundwinkel zuckte aufwärts. Er gab wieder dieses Knurren von sich, das sich in ein grollendes Schnurren verwandelte: Chrrrrr.

»Vielleicht sollten wir dich Charrly nennen«, murmelte Umber. Er näherte sich in verträumten, vorsichtigen Schritten und hielt das Glas hoch. »Was für ein Prachtexemplar du bist! Warum bist du hier, Charrly? Hast du dich verlaufen? Hast du Hunger?«

Der Troll wackelte mit dem Kopf. Bei Umbers Annäherung nahm er eine geduckte Haltung ein. Umber musterte die riesige Kreatur fasziniert von Kopf bis Fuß und machte beruhigende Geräusche. Als er noch knapp zwei Schritte entfernt war, bemerkte Hap, dass der Troll seine Beinmuskeln anspannte. Und ehe er einen Warnruf ausstoßen konnte, sprang der Troll auch schon auf und streckte seinen langen Arm zwischen den Gitterstäben hindurch.