Der Chef hatte Besuch. Dick Burgon, unser Akustik-Spezialist, war bei ihm. Nachdem Milo und ich uns in Mandys Begleitung dazugesellt hatten, brachte Mr. McKee eine Aufzeichnung zum Laufen.
»Sind Sie der Oberbulle von diesem Verein?«
»Ich leite das FBI New York, wenn Sie das meinen.«
»Sag’ ich doch! Na, dann hören Sie gut zu. Es geht um die Kinder. Ich habe jetzt vier von ihnen. Ziemlich nervend, diese Gören. Eigentlich mag ich Kinder überhaupt nicht. Es wäre besser, wenn sie bald wieder bei ihren Eltern wären.«
»Was wollen Sie?«, unterbrach Mr. McKees Stimme den Sprecher. »Wie lauten Ihre Forderungen?«
Leises Lachen. »Nicht so hastig. Ich wollte einfach darauf zu sprechen kommen. Es ist nicht so einfach zu erklären, was ich von Ihnen erwarte. Vielleicht rufe ich besser später noch einmal an. Mir fehlen momentan die treffenden Worte ...«
Klick!
Das war alles.
»Wann ging der Anruf ein?«, fragte ich.
»Vor zwanzig Minuten«, antwortete Jonathan D. McKee. »Mandy stellte ihn durch.«
Seine blonde Sekretärin nickte. »Er wollte mit niemand anderem als Ihnen vorliebnehmen«, sagte sie. »Ich ahnte gleich, dass etwas nicht stimmt. Deshalb schnitt ich das Gespräch mit.«
»Fabelhaft reagiert«, lobte Mr. McKee.
Womit er recht hatte.
»Ziemlich schnoddrige Ausdrucksweise«, sagte ich. »Kann aber auch Absicht sein, um uns auf eine falsche Fährte zu locken. Die Stimme klingt etwas blechern. Akustische Verzerrer?«
»Stimmanalyse?«, fragte auch Milo.
»Langsam, langsam«, bremste Dick. »Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger! Ich höre den Mitschnitt gerade zum ersten Mal und werde die Auswertung unverzüglich beginnen. Vorher gebe ich keine Urteile ab. Unser Computer hat etliche Stimmproben einschlägig bekannter Verbrecher gespeichert. Der Vergleich wird nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen. Aber ich warne davor, die Erwartungen zu hoch zu schrauben. Es wäre schon ein Glückstreffer, wenn wir diesen Sprücheklopfer bereits in unserer Sammlung hätten.«
»Okay, Dick«, nickte Mr. McKee. Er reichte ihm die Kassette. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Natürlich, Sir.«
Mandy begleitete ihn hinaus.
»Endlich«, seufzte Milo, als hätten wir bereits einen zählbaren Erfolg errungen.
Mr. McKee blickte skeptisch. »Der erste Bekenneranruf nach vier unaufgeklärten Entführungen. Es ist nicht einmal sicher, ob wir es nicht bloß mit einem Wichtigtuer zu tun haben. – Jesse?«
»Ich denke, der Anruf war authentisch«, sagte ich. »Drei Entführungen hat die Presse breitgetreten. Von der jüngsten wissen bisher nur ganz wenige.«
Jonathan D. McKee drehte sich in seinem Polstersessel und blickte durch die breite Fensterfront. Obwohl erst früher Vormittag, lag bereits eine dicke Smogglocke über den Häuserschluchten. Wenn man dem Wetterbericht glauben durfte, würde es heute noch gewittrige Schauer geben. Die Schwüle hing uns seit dem Aufstehen in den Kleidern. Man schüttelte sie ebenso schwer heraus wie die Misserfolge, die unsere bisherigen Ermittlungen kennzeichneten.
Absolut möglich, dass nicht nur ein Einzelgänger, wie bislang vermutet, sondern die Mafia dahintersteckte. Die Vielzahl der Entführungen deutete auf eine mächtige Organisation hin. Leider hatten wir in dieser Richtung noch keinerlei Fakten sammeln können. Unsere Spitzel schwiegen sich aus.
»Wir können nicht warten«, setzte ich an, »bis er sich ...« In diesem Augenblick meldete sich der Kidnapper zum zweiten Mal.
Und verlangte Unglaubliches.