Das Haus war hell erleuchtet und beeindruckte durch das Weglassen von allem, was nicht nach Geld roch.
»Mein lieber Mann«, seufzte Milo, »Filmfritze müsste man sein ...«
Orry und Kronburg observierten die Villa im Grünen von einem FBI-eigenen Transporter aus. Sie relativierten das prunkvolle Bild.
»Das Haus ist nur gemietet. Läuft über die Filmgesellschaft. Tycon hat es nicht mehr verlassen, seit er mit dem Geldköfferchen von der Bank zurückkehrte. Vor ein paar Minuten traf ein Transporter ein und fuhr hinters Haus. Die Zentrale überprüft gerade das Kennzeichen.«
»Sonstige Beobachtungen?«, fragte ich. »Weiß er, dass er beschattet wird?«
»Wir haben uns alle erdenkliche Muhe gegeben. Aber er ist nicht auf den Kopf gefallen.«
Das wussten wir längst.
»Ob er sich mit seinen Komplizen trifft?«, fragte Milo. »Das wäre schon tollkühn. Er muss doch damit rechnen, dass wir ihn auf dem Kieker haben.«
In diesem Augenblick kam eine Funkmeldung herein.
»Das Fahrzeug gehört einem privaten Hostessen-Service. Sitz Park Avenue. Nobel geht die Welt zugrunde!«
»Ein Hostessen-Service.« Ich gab Milo ein Zeichen. »Wir wollen eure Zweisamkeit nicht länger stören.«
»Ich stehe nicht auf Bleichgesichter!«, hörte ich Orry noch rufen, ehe wir wieder auf die Straße traten.
Eine breite Einfahrt hoch erreichten wir die Villa, aus der laute Musik klang. Heiße Disco-Rhythmen.
»Ist er dafür nicht schon etwas zu alt?« Milo drückte auf die Klingel.
Das Geräusch ging völlig im Spektakel unter. Wir mussten drei, vier Minuten warten, bis eine kleine Pause, zwischen zwei Musiktiteln eintrat. Dann versuchten wir es noch einmal.
Jemand fluchte herzhaft.
Trippelnde Schritte näherten sich der Tür. Eine Liebesgöttin in hauchdünnem Berbergewand öffnete. Ihr Gesicht war spielerisch verschleiert. Die Rehaugen verschlangen uns fast.
»Jaaa?«
Der Schleier fiel.
Ich hatte schon viele Damen des horizontalen Gewerbes gesehen – diese hier gehörte zur absoluten Luxusklasse. Auch Milo schluckte neben mir.
Einen Moment lang überkamen mich Zweifel, ob es nicht besser gewesen wäre, wieder abzudrehen.
»Wir wollten zu Mister Tycon.« Meine Dienstmarke nötigte ihr keinerlei Ehrfurcht ab.
»Ich fürchte, der Moment ist etwas unpassend gewählt ...«
»Es ist sehr wichtig«, sagte ich, ohne den Blick von ihren Rehaugen zu nehmen. Leise Wehmut beschlich mich bei der Vorstellung, dass dieses zarte Geschöpf innerlich wahrscheinlich genauso abgefeimt war wie eine 20-Dollar-Nutte am Broadway.
»Warten Sie.«
»Ich weiß nicht, ob das klug ist«, murmelte Milo.
Angus Tycon erschien im Bademantel. Blümchenmuster. Den Bauchansatz kokett präsentierend.
Seine Augen glitzerten. »Was wollen Sie?«
»Wir wollten nicht stören ...«
»Das tun Sie aber!«
»Haben Sie eine – Besetzungsbesprechung?« fragte Milo generös. »Wählen Sie noch schnell ein paar telegene Statisten für morgen früh aus?«
Ich ließ ihn gewähren. Sollte er Angus Tycon ruhig zur Weißglut treiben. Ein zorniger Gegner ist manchmal leichter auszurechnen als ein aalglatter.
Aber Tycon verlor nur wenig von seiner Nonchalance.
»Wenn Sie wollen, dürfen Sie mich dabei beraten.« Im Hintergrund tauchten weitere spärlich bekleidete Schönheiten auf. Sie huschten kichernd durch die Gänge.
Tycon folgte meinem Blick. »Man gönnt sich ja sonst nichts. Wissen Sie, ein Junggeselle darf auch mal über die Stränge schlagen.«
»Wir wollten eigentlich noch ein paar Einzelheiten für morgen mit Ihnen besprechen.«
»Unnötig«, behauptete er. »Es gibt keine Unklarheiten.«
»Bei uns schon«, sagte Milo.
»Das ist Ihr Problem. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Es warten dringende Erledigungen auf mich.«
Später wusste ich nicht mehr, welcher Teufel mich geritten hatte, als ich fragte: »Wo sind die Kinder?«
Milo neben mir sog die Luft ein. Aber mein Überrumpelungsversuch scheiterte.
»Wessen Kinder?«, fragte Tycon. »Ich bin weder verheiratet noch habe ich Kinder. Lassen Sie mir jetzt bitte mein Privatleben, sonst muss ich mich bei Ihrem Vorgesetzten beschweren!«
»Sparen Sie sich die Mühe«, winkte ich ab.
Sein Lächeln, das er uns zum Abschied schenkte, war von beinahe dämonischer Qualität.