»Was ist das?«, fragte die Hübscheste von allen. Sie hatte Haare, die im Halogenlicht glänzten wie die goldenen Ähren auf den Feldern seiner Großeltern, bei denen er aufgewachsen war, nachdem ...
»Wofür hältst du es?«
Tycon war vom Bett aufgestanden, hatte sich im Badezimmer kaltes Wasser über den Nacken laufen lassen und war danach auf die Galerie gestiegen, wo er früher zu arbeiten pflegte. Dorthin war sie ihm gefolgt und hatte ihn mit dem Foto in der Hand überrascht.
»Wall Street«, orientierte sich das Callgirl am Umfeld des Gebäudes. »Ein Museum?«
»Eine Bank«, antwortete Tycon bereitwillig. »Du bist nicht zufällig vom FBI?«
Ihre Rehaugen blickten ihn mit solcher Unschuld an, dass er den Gedanken verwarf. »Hätte sein können«, erklärte er, »dass man mir jemanden unterjubeln wollte, um mich auszuspionieren.«
»Und du glaubst, eine vom FBI hätte dich so gut bedient wie ich?« Daraufhin hätte er sie am liebsten gleich noch einmal genommen. Aber er fühlte sich wie erschlagen.
Lächelnd tippte er auf das imposante Bauwerk, das im Mittelpunkt der Großaufnahme stand.
»Man könnte es wirklich für ein Museum halten – oder eine Gedenkstätte. Ich tendiere eher zu letzterem. Für mich ist es ein Tempel.«
»Aber eben sagtest du doch noch, es sei eine Bank. Ich finde Banken aufregend ...«
»Aufregend«, wiederholte Tycon und betrachtete das Bild, als sähe er es gerade zum ersten Mal. »Dann warte erst den morgigen Tag ab.« Er warf einen Blick auf die Schreibtischuhr. »... beziehungsweise den heutigen!«
»Warum?«
Sein Blick musterte sie, als grüble er erneut darüber nach, ob sie nicht doch eine Spionin sein könnte.
Ein zweiter Test würde es beweisen.
Sie gurrte leise, als er sie packte und das Bild einfach fallen ließ. Es segelte zu Boden.
Die Morgan Bank!
Für Tycon war und blieb sie ein Tempel.
Der Tempel seiner Rache.