ZERKNIRSCHT

Günthers Regensburger Vorfreude weicht Münchner Enttäuschung. Nicht, weil Mader wegen des Anwalts gestern Nacht bereits von der Verbindung Stöger–Nerlinger weiß, nein, er ist enttäuscht, dass Maders Leute Stöger und Zahnfeld gestern Abend ohne hinreichenden Tatverdacht verhaftet und sich mit dieser Aktion beim Haftrichter blamiert haben.

»Wie sieht das denn aus?«, fragt er genervt. »Nach polizeilicher Willkür.«

Mader tat es tatsächlich leid, Günther so zu enttäuschen, aber er hat gute Gründe dafür, wie er Günther jetzt darstellt. Er berichtet ihm von der Stiftung Hubertushof, bei der Schimmel und Stöger im Vorstand sitzen, und dass die Leute vom Jugendamt in dem Landhaus bei Sauerlach gewesen waren. »In den Duschen haben sie zwei versteckte Überwachungskameras gefunden.«

Günther nickt betreten. »Ich frage Sie jetzt nicht, wie das Jugendamt auf die Idee kam, das Wohnheim zu überprüfen.«

»Danke. Die Einrichtung wurde jedenfalls sofort geschlossen. Immerhin konnten wir die Leute vom Jugendamt überzeugen, als offiziellen Schließungsgrund Verdacht auf Legionellenbefall anzugeben. Stöger und Schimmel wissen jetzt sicher schon Bescheid.«

»Was ist mit den Jugendlichen?«, fragt Günther.

»Die Jungs sind in einer Pension in der Nähe untergebracht worden. Videos haben wir bislang nicht. Aber man braucht ja nicht allzu viel Fantasie. Warum sollte jemand die Burschen in der Dusche filmen?«

»Damit sie da keinen Unsinn machen?«, sagt Günther schwach. »Werden die Jungen befragt, ob …?«

»Das Jugendamt hat für so was seine eigenen Leute.«

»Und jetzt?«

»Die Stiftungsleute kennen den wahren Grund für die Hausschließung nicht. Wenn es weiteres belastendes Material wie Videos oder Aufnahmegeräte gibt, dann werden sie versuchen, es sich zu holen und verschwinden zu lassen, bevor sich das Jugendamt das Haus genauer anschaut. Und dann schlagen wir zu.«

Günther nickt apathisch. »Ich veranlasse alle Nötige beim Staatsanwalt. Was machen wir jetzt mit Peter Nerlinger wegen der Fotos im Hotel?«

»Wir vergessen es«, sagt Mader.

»Wie bitte?«

»Es gibt nicht mal eine explizite Erpressung.«

»Es geht mindestens um das Vortäuschen einer Straftat, um Sex mit Minderjährigen!«

Mader schüttelt den Kopf.

»Mader, was ist los? Ist es wegen dieser Monika?«

»Nein. Oder vielleicht. Aber ich will das für Peter Nerlinger in der Schwebe halten. Der würde sich im Zweifelsfall doch eh rauswinden. Mir geht es auch um seinen Vater. Wenn der alte Nerlinger eine Mitschuld am Tod meines Vaters hat, dann wird er bis ans Ende seiner Tage daran tragen. Ich hab ihm in die Augen gesehen. Der alte Herr findet keinen Frieden.«

»Mader, Sie reden wie in einem dieser elenden Vorabendfilme. Wenn das so wäre, dann bräuchten wir gar nicht mehr zu arbeiten.«