BLING-BLING

Als Andi nach erfolgreicher Nikotinaufnahme ins Friedhofsgebäude geht, sieht er tatsächlich Franz Beckenbauer. Der huscht wie ein Salamander in die vordere Aussegnungshalle. Andi folgt ihm und drückt sich in die letzte Reihe. Sieht sich um. Wow! Die Bayern-Granden sind alle da. Bosse und Spieler. Und er mitten drin. Und wo ist Diego? Aber kein Wunder, dass er Diego nicht sieht. Sie sind ja die Typen, die im Hintergrund die Fäden ziehen.

Jetzt ist er sehr gespannt, was sich Diego ausgedacht hat. So eventmäßig. Ja, darin sind sie inzwischen richtig gut. Bei Fußballbegräbnissen macht ihnen keiner was vor. Miller hat gesagt, dass sie auch den Zlatan bekommen. Den Deppen. »Aber über Tote sagt man nichts Schlechtes!« Devise von Miller. Genauso wie: »Jeder Kunde ist ein guter Kunde.« Auch Zlatan wird bei ihnen eine ansprechende Trauerfeier bekommen. Logisch. Bisschen Las-Vegas-Style, so bling-bling, schwarz-goldener Trainingsanzug. So wie er halt war – halbseiden.

Ah, jetzt sieht er auch Miller. Er will ihm winken, aber Miller konzentriert sich ganz auf den schwarz glänzenden Sarg. Der kaum zu erkennen ist im Dschungel von Blumen und Kränzen und Schleifen und Vereinswimpeln. Komisch, denkt Andi, der Schosser soll doch im offenen Sarg liegen? Im aktuellen Heimtrikot, damit ihn jeder sehen kann und man ihn so in Erinnerung behält, wie man ihn vom Platz kennt. Eigentlich ein Witz, denn der Typ hat kein einziges Spiel für die Bayern absolviert. Und dafür der ganze Aufriss mit den Klamotten und den Umbauten. Und jetzt ist die Kiste zu. Aber vielleicht gehört das alles ja zum ›Drama‹, wie Diego gesagt hat. Natürlich! Sonst hätte er ja auch nicht ewig mit dem elektrischen Türöffner herumexperimentiert. Diego hat von einer Überraschung gesprochen. Wäre der Sarg schon offen, gäbe es ja keine mehr. Der Diego!

Andi denkt wieder an die desolate Leiche und ist stolz darauf, wie toll sie ihn noch zurechtgemacht haben. Der wird einen guten Eindruck hinterlassen. Er lehnt sich zurück.