31

Er legte einen Umschlag auf den Couchtisch und setzte sich neben seine Frau aufs Sofa. Sie nahm keine Notiz von ihm und hielt den Blick unverwandt auf den Fernseher gerichtet.

»Was ist das?«, fragte sein Sohn.

»Eine Überraschung für deine Mutter.«

Sie tat, als hätte sie es nicht gehört, und trank einen Schluck Kaffee.

Ihre älteste Tochter betrat das Wohnzimmer. »Ich geh zu Kris. Vielleicht übernachte ich bei ihm. Ich ruf aber noch an und sag Bescheid.« An der Tür drehte sie sich nochmals um. »Was ist das für ein Umschlag?«

»Der ist für Mama«, sagte ihr Bruder. »Eine Überraschung angeblich.«

Sie grinste ihren Vater an. »Du hast wohl was gutzumachen, was?«

Er lächelte säuerlich. »Geh du mal zu deinem Kris, der wartet bestimmt schon.« Dann wandte er sich an seinen Sohn: »Hast du auch noch was vor?«

»Soll ich verschwinden, oder was?«

»Genau. Ich würde gern allein mit deiner Mutter sprechen.«

»Na gut, ich wollte ohnehin zu Lars. Vor elf Uhr abends bin ich nicht zu Hause.« Er zog eine Grimasse, nahm sich eine Handvoll Erdnüsse aus der Schale auf dem Couchtisch und verließ das Wohnzimmer.

»Warum bist du so abweisend?«, fragte er. »Hab ich das verdient?«

»Die Sache mit den Mädchen lässt mir keine Ruhe. Du hättest mich da nicht reinziehen dürfen. Ich bin mit den Nerven am Ende, guck doch mal …« Sie hielt ihm ihre zitternden Hände hin.

Lachend legte er ihr den Arm um die Schultern. »Du regst dich ganz umsonst auf. Ich habe alle Spuren gut verwischt, sonst wäre doch schon längst die Polizei da gewesen. Und die Mädchen können sich ohnehin an nichts mehr erinnern. Das GHB hat seine Wirkung getan. Uns kommt keiner auf die Schliche. Und falls doch …«

Sie stieß ihn von sich.

»Falls doch«, fuhr er unbeirrt fort, »dann sagen wir genau das, was wir besprochen haben.«

Er nahm den Umschlag vom Tisch und überreichte ihn ihr mit großer Geste. »Ich hab mit einem Freund in Spanien telefoniert. Er war von der neuen CD-ROM schwer beeindruckt und hat gleich vierhundert Stück geordert.«

Sie sah ihn groß an. »Vierhundert?!«, wiederholte sie ungläubig.

»Und dazu kommen noch die Bestellungen aus Deutschland und England. Na, was sagst du nun?«

Sie lächelte verhalten. »Was ist in dem Umschlag?«

»Sieh nach.«

Sie riss den Umschlag auf und nahm ein Flugticket heraus. »Portugal …«, murmelte sie.

»Du fliegst zu deiner Schwester nach Portugal, um dich zu erholen. Das hast du dir redlich verdient. Sie weiß bereits, dass du kommst.«

»Wirklich?« Sie fiel ihm um den Hals. »Aber was ist mit den Kindern?«

»Die bleiben hier. Du fliegst allein.«

»Das ist ja richtig luxuriös. Für wie lange?«

»Eine ganze Woche. Am ersten Tag triffst du dich mit Raol, ansonsten kannst du machen, was du willst, und die freien Tage nach Herzenslust genießen.«

»Hab ich mir’s doch gedacht!« Sie sprang auf. »Die Sache hat einen Haken!«

»Du sollst Raol lediglich ein paar CD-ROMs übergeben, mehr nicht.«

»Wie viele?«

»Das weiß ich noch nicht. Seine Bestellung steht noch aus. Jedenfalls lange nicht so viele, wie nach Spanien gehen. Wir packen sie zwischen Musik-CDs, da fallen zehn, fünfzehn Stück überhaupt nicht auf.«

Sie war nach wie vor wütend. »Und wenn ich nun kontrolliert werde? Weißt du was, ich hab immer mehr den Eindruck, dass ich bei der ganzen Sache das größte Risiko eingehe.«

»Ach was, ich würde dich doch nie bewusst in Gefahr bringen. Ich liebe dich, das weißt du genau.« Er nahm sie in den Arm und küsste sie auf den Mund. »Bis Ende des Jahres dürften wir so viel Geld verdient haben, dass wir uns selbst ein Haus in Portugal leisten können.«

»Meinst du?« Sie schmiegte sich an ihn. »Mit Swimmingpool?«

»Vielleicht sogar mit zwei Pools …«