Kapitel 20
Die Sonne ging hinter dem winzigen Flugzeugfenster unter und Cora beobachtete sie mit einer gewissen Ehrfurcht. Sonnenuntergänge hatten sie immer beeindruckt, selbst nach den letzten fünf Wochen, in denen sie so viele davon gesehen hatte – unglaubliche Sonnenuntergänge, die sich über den Horizont erstreckten und die Küste in einen Orangeton hüllten, den sie nicht für möglich gehalten hätte. Es war so farbenfroh gewesen, dass man kaum sagen konnte, wo der Himmel endete und das Meer begann. Ein paar der Kinder aus dem Waisenhaus hatten die Sonnenuntergänge mit ihr zusammen betrachtet und sie hatte sie alle Farben auf Englisch abgefragt.
Im Gegenzug hatten sie ihr die Wörter auf Indonesisch beigebracht. Merah
hieß rot. Kuning
hieß gelb. Biru
war blau, ihr Lieblingswort, weil es sich besonders anfühlte, wenn es über ihre Lippen kam. Ihr Lieblingsgeräusch war jedoch das Lachen der Kinder gewesen, wann immer sie etwas mit einem schrecklichen Akzent gesagt hatte.
Cora hatte eine stressige Woche gebraucht, um alles für ihre Abreise zu organisieren, aber das war es mehr als wert gewesen. Alec hatte mit ihr dasselbe gemacht wie mit Frazer und ihr die zweiwöchige Kündigungsfrist verwehrt. Es schien ihn nicht zu interessieren, was er den jeweiligen Abteilungen damit antat, die nun ohne Nachfolge dastanden, als er sie mit sichtlichem Genuss informiert hatte.
Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sie genau darauf gebaut hatte. Die Begeisterung für das, was vor ihr lag, war sogar noch gewachsen, als er an seinem Schreibtisch gesessen und ein letztes Mal versucht hatte, seine Macht über sie auszuspielen. Ihr Enthusiasmus war nur schwer zu zügeln gewesen. Und dann, plötzlich, saß sie in einem Flugzeug nach Indonesien.
Sie vermisste nichts an zu Hause. Alles in Indonesien war geschäftig und hektisch. Im Waisenhaus gab es immer etwas zu tun, selbst wenn sie nur mit den Kindern spielte, die sich an jeden Erwachsenen in ihrer
Nähe klammerten. Sie organisierte externe Hilfe und verteilte sie unter den vier Schwesterwaisenhäusern, immer dort, wo sie gerade gebraucht wurde. Sie stellte Verbindungen zu Menschen her, die finanzielle Mittel verteilten und organisierte Helfer, die säckeweise die Spenden einsammelten, von denen die Waisenhäuser nie genug haben konnten.
All das hatte Cora wunderbar beschäftigt und fokussiert gehalten und dieses Band, das jahrelang um ihre Brust gelegen hatte, lockerte sich endlich. Sie konnte wieder atmen, sie konnte wieder lachen. Schuldgefühle spielten keine Rolle mehr und Cora wurde klar, dass sie etwas gefunden hatte, dass sie liebte. Etwas, das sie selbst genoss, etwas, das einen Unterschied machte und für Aufmerksamkeit an der richtigen Stelle sorgte. Das Programm, das sie mit Frazer begonnen hatte, hatte in ihr das Bedürfnis geweckt, mehr zu tun, ohne dass sie es anfangs bemerkt hatte. Sie hatte geglaubt, dass dieses Bedürfnis, das sie einst gehabt hatte, über die Jahre verloren gegangen war.
Etwas zu haben, das sie für ihr eigenes und für das Glück anderer tat, gab ihr das Gefühl, ein paar Zentimeter gewachsen zu sein. Sie hatte sich schon so lange nicht mehr frei und ungezwungen bewegen können.
Das vertraute Sinken des Flugzeugs nahm sie kaum wahr. Ihr Blick lag noch immer auf der Sonne, die nun beinahe vollständig verschwunden war. Obwohl sie kaum etwas von zu Hause vermisst hatte, hatte sie Frazer vermisst.
Cora hatte zwar auch Lisa als beste Freundin, für die sie sehr dankbar war, aber dennoch vermisste sie Frazer, die wie eine Strömung unter allem lag. Es hatte nur wenige Monate gedauert, aber die Wucht dieses Zusammentreffens hallte in allem wider, und stellte alles auf den Kopf, was Cora glaubte, über sich selbst gewusst zu haben.
Sie hatte nichts von Frazer gehört, keine E-Mail, nichts. Also hatte Cora nicht versucht, sie zu kontaktieren, sondern das respektiert, was Frazer offensichtlich wollte.
Und all das war in Ordnung so, denn Cora war klar geworden, dass es ihr ohne Beziehung sehr gut ging, dass sie sich in ihrer eigenen Haut wohlfühlte, wenn sie ihr eigenes Leben lebte.
Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als die Räder mit einem Ruck auf der Rollbahn aufsetzten.
~ ~ ~
»Jemma, ich habe jetzt keine Zeit.«
»Frazer?«
Es war Tias Stimme am anderen Ende der Leitung und Frazer zuckte erstaunt zusammen. Sie sollte wirklich nachsehen, wer sie anrief, bevor sie ranging. »Tia! Es tut mir so leid. Ich dachte, du wärst meine Schwester.«
Tias amüsiertes Lachen wärmte ihr Inneres. »Das dachte ich mir schon. Wie geht’s deinem entzückenden jüngeren Zwilling?«
»Wir sind vollkommen unterschiedlich.«
»Natürlich. Und ich bin nicht großartig und auch nicht die beste Sekretärin, die man sich wünschen kann.«
Grinsend antwortete Frazer: »Tja, jetzt kann ich unmöglich widersprechen.« Sie saß in ihrem Auto und wollte das Telefonat erst beenden, bevor sie ausstieg. Das Wetter wurde vielleicht allmählich wärmer, aber ihr Auto war einfach unheimlich gemütlich.
»Ganz genau.«
»Kann ich dir helfen, oh du bescheidenes Wesen?«
»Ja, kannst du. Ich habe eine Sozialarbeiterin für dich gefunden.«
Die Worte sorgten dafür, dass sich Frazers Magen vor Aufregung zusammenzog. Sie musste sich selbst daran erinnern, dass das eine gute Sache war – sie brauchten jemanden aus dem Bereich der Sozialen Arbeit. Der erste, den Frazer gefunden hatte, war eine Woche nach Öffnung der Klinik gegangen, als er einen Job in einem Krankenhaus angeboten bekommen hatte – bessere Arbeitszeiten und doppeltes Gehalt.
Es hatte nicht lange gedauert, bis Frazer herausgefunden hatte, dass der Typ Coras alten Job im Krankenhaus übernommen hatte. Frazer konnte ihm nicht mal einen Vorwurf machen. Sie hatte jedoch das ungute Gefühl gehabt, dass Alecs Finger im Spiel gewesen waren. Es war dasselbe Gefühl, dass sie damals gehabt hatte, als er sie in sein Büro zitiert und ihr mitgeteilt hatte, dass sie das Gebäude unverzüglich zu verlassen habe.
Ein weiterer Grund, warum Frazer sehr glücklich war, gegangen zu sein. Und dass sie Cora verlassen hatte – unter diesen Umständen hätte es nie funktioniert.
Aber es hatte nicht lange gedauert, bis sie sich gefragt hatte, wo Cora hingegangen war und was sie machte. Tia hatte ihr gesagt, dass Cora gekündigt hatte, wusste aber nicht, wo sie war. Oder was sie machte.
Glücklicherweise hielt der neue Job Frazer beschäftigt. Und zum Glück war Tia als ihre Empfangsdame mit eingestiegen. Frazer hatte sehr früh festgestellt, dass sie ohne diese Frau verloren gewesen wäre.
»Das ist toll. Ich bin langsam am Verzweifeln«, sagte Frazer schnell, als sie bemerkte, dass sie viel zu lange geschwiegen hatte.
»Ich habe nur Gutes über sie gehört. Wahrscheinlich ist sie die Beste für diese Stelle.«
»Wow. Das ist ein großes Lob aus deinem Mund.« Frazer konnte eine Unterhaltung mit Tia nicht ohne eine kleine Stichelei beenden.
»Ja nun, dann weißt du, dass es stimmt. Sie kann morgen zu einem Vorstellungsgespräch kommen.«
»So schnell? Super. Wann und wo?«
»Fünfzehn Uhr in dem Café an der Ecke Banksia und West.«
Mit der Sozialarbeiterin wäre das Team endlich vollständig. Frazer hatte darüber nachgedacht, diese Stelle einzusparen, aber nachdem sie Cora von Anfang an dabeigehabt hatte, war ihr klar geworden, wie unschätzbar ihr Wissen über die Vorgehensweisen der Regierung, ihre Verbindungen, die Bürokratie und ihre allgemeine Menschenkenntnis gewesen waren. Wenn das Programm richtig gut funktionieren sollte, brauchte Frazer eine Sozialarbeiterin.
Und vielleicht hatte sie es so lange schleifen lassen, diese Position zu besetzen, weil Frazer tief im Innern das Gefühl hatte, dass der Posten schon besetzt war. Frazer war selbst schuld an ihrer Misere, da sie Cora rausgedrängt hatte. Aber es war an der Zeit, das endlich hinter sich zu lassen.
»Super, danke Tia. Wir sehen uns morgen um neun.«
»Du bist mit dem Kaffee dran.«
»Als würde ich das vergessen können.«
Frazer beendete das Gespräch und erschrak, als ihr Handy sofort wieder vibrierte. Dieses Mal gab ihr ein Blick auf das Display den entscheidenden Hinweis für die richtige Begrüßung. »Jemma, ich habe jetzt wirklich keine Zeit.«
»Ach, ja? Und was machst du so Wichtiges?«
Die Frage erwischte Frazer eiskalt. Sie sah zur Tür des McDonald’s
, den sie gerade betreten wollte. »Äh …«
»Du willst gerade ins Hungry Jack’s
gehen und dein ganzes Schwimmtraining ruinieren, oder?«
Frazer schob das Kinn vor. »Nein!«
»McDonald’s
?« Ihr schuldbewusstes Schweigen brachte Jemma zum Lachen. »Du bist echt so vorhersehbar.«
»Ich habe es mir verdient.«
»Ja, das hast du, Schwesterherz. Aber
Meg und ich sind gerade in dem japanischen Restaurant, das du so liebst, und wir haben dort Andy und Rob getroffen – und ich glaube übrigens immer noch, dass die beiden verheiratet sind, auch wenn Rob einen Freund hat –, der mich gerade finster ansieht, weil ich das gesagt habe. Wie auch immer, sie haben gesagt, dass sie schon den ganzen Tag versucht haben, dich zu erreichen, also haben wir abgestimmt und beschlossen, dass du zum Abendessen zu uns kommen musst.«
Sehnsüchtig sah Frazer auf die Tür des McDonald’s
, während der Duft von Fett bereits in ihr Auto drang. Sie dachte über Sushi nach. Und gebratene Nudeln.
Und ihre Freunde. Freunde, denen sie nicht aus dem Weg gegangen war, sondern für die sie heute einfach keine Zeit gehabt hatte, um ihnen zu antworten. Mit der Eröffnung ihrer eigenen Hebammenpraxis, ihrem Onlinekurs und der weiteren Ausbildungswoche für neue Mentorinnen – ganz zu schweigen von den andauernden Schulungen der bereits engagierten Mentoren und die Akquisition neuer Klientinnen – , wurde Frazers Leben von ihrer Arbeit dominiert. Und sie liebte es.
Es würde ein wenig dauern, bis sich alles fügte, aber das würde es. Und es würde großartig werden. »Bin schon unterwegs.«
~ ~ ~
Das Restaurant war voll, aber es war trotzdem kein Problem, den Tisch mit den Menschen zu finden, die sie suchte. Vor allem, weil sie alle Frazer beim Reinkommen schon entdeckt hatten und wie wild winkten.
Frazer entschied sich, diese Idioten heute lustig zu finden. Sie ging reihum und begrüßte alle mit einer Umarmung. Meg und Jemma wurden extra fest gedrückt.
Meg war ihr mit der Zeit ans Herz gewachsen. Ihr Job hatte an einem seidenen Faden gehangen, seit die Universität herausgefunden hatte, dass sie mit einer Studentin zusammen war. Allerdings hatte beider Plan funktioniert, die Beziehung geheim zu halten, bis Jemma nicht mehr in Megs Kurs war. Da Meg technisch gesehen jetzt nicht mehr Jemmas Dozentin war, blieb nicht mehr als ein Stirnrunzeln. Na ja, Meg hatte es eher als Anstarren beschrieben.
»Hi! Tut mir leid. Ich schwöre, dass ich euch nicht vergessen habe. Ich war wirklich beschäftigt.«
Andy piekte Frazer in die Seite, als sie sich neben sie setzte. »Sicher.«
»Es stimmt. Ehrenwort.« Frazer bekreuzigte sich. »Hand aufs Herz und so.«
»Tja!« Rob klatschte vor Freude fast in die Hände, ehe er seinen Arm lässig über die Stuhllehne seines Partners Daniel legte. »Jetzt, da Frazer hier ist, gebührt dir die Ehre.«
Im Gegensatz zum Rest der Gruppe war Daniel eher ruhig. Er zuckte kurz mit den Schultern, die Röte auf seinen Wangen war selbst trotz seiner dunklen Haut deutlich zu sehen. Als er vor ein paar Jahren einen West Australian Indigenous Art
-Preis gewonnen hatte, hatte er genauso verlegen ausgesehen. Er hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. Er griff nach der Champagnerflasche, die auf dem Tisch stand, hob sie hoch und grinste breit. »Wir werden heiraten.«
Andy schrie auf, Frazer schlug sich eine Hand vor den Mund und Jemma applaudierte. Meg, die die beiden erst vor Kurzem kennengelernt hatte, sagte fröhlich: »Glückwunsch!«
Es dauerte ein paar Minuten, bis Jemma, Andy und Frazer aufhörten, die beiden zu umarmen und sich wieder auf ihre Plätze setzten. Und dann gingen die Fragen los.
»Wie?«, fragte Frazer.
»Wann?«, quietschte Jemma.
»Wer hat wen gefragt?«, rief Andy über sie alle hinweg.
Rob sah glücklicher aus, als Frazer ihn je gesehen hatte. Die beiden waren komplett gegensätzlich. Selbst beruflich. Künstler traf auf Irgendwas mit Finanzen
– Frazer musste sich wirklich irgendwann mal merken, was Rob eigentlich beruflich machte.
»Ähm, Daniel hat mich gefragt«, sagte Rob. »Wann? Nächstes Jahr.
Und was Frazers Frage angeht, die immer die schwierigsten Fragen stellt«, Rob zwinkerte ihr zu, »wir werden in Irland heiraten. Ihr seid natürlich alle eingeladen.«
»Und«, mischte sich Daniel ein, »wenn Australien endlich mal zur Vernunft kommt, erwarten wir natürlich, dass ihr auch alle zu der Hochzeit hier kommt. Also, ihr wisst schon, falls Irland zu weit weg oder zu teuer ist, gibt es noch diese Option.«
»Scheiß drauf!« Andy strahlte förmlich. »Wer weiß, wann das passiert. Ich komme nach Irland!«
»Ich auch.« Frazer wollte es um nichts in der Welt verpassen. Außerdem war sie erst einmal im Ausland gewesen. Was könnte es für einen besseren Grund geben, sich wieder in ein Flugzeug zu wagen?
Jemma wandte sich an Meg, die ein wenig überfordert aussah. »Ist es zu früh für uns, ein Jahr im Voraus Pläne zu machen?«
Meg zuckte mit den Schultern. »Überhaupt nicht. Ich war noch nie in Irland, ich würde auch ohne dich fahren, wenn es sein muss.«
»Tja«, sagte Rob, »falls ihr euch bis dahin trennt, würden wir sowieso lieber dich als Jemma dabeihaben.«
Er duckte sich unter der zerknüllten Serviette, die Jemma nach ihm warf.
Anschließend hoben sie ihre Champagnergläser und ihr Toast wurde von lautem Gelächter begleitet.
~ ~ ~
Es war großartig gewesen, wieder in ihrem eigenen Bett zu schlafen. Cora war bis dahin gar nicht klar gewesen, dass sie nicht nur Frazer, sondern auch ihre Matratze vermisst hatte. Es war, als hätte sich ihr Gehirn geweigert, den Verlust wahrzunehmen, weil sie Indonesien sonst nach zwei Tagen auf dieser unbequemen, unebenen Pritsche sang- und klanglos wieder verlassen hätte.
Außerdem hatte sie kaum Zeit gehabt, sich an ihr neues Bett zu gewöhnen, bevor sie gegangen war. Alles in ihrem Haus war neu. Nichtsdestotrotz hatte Cora es anscheinend wirklich vermisst.
Als sie am Morgen nach ihrer Rückkehr aufwachte, hatte sie eine Nachricht von Tia.
Lust, einen Kaffee trinken zu gehen? Schön, dass du wieder da bist.
Seltsamerweise hatten Cora und Tia während ihrer Abwesenheit ein paar E-Mails ausgetauscht. Es hatte sich schön angefühlt, als gäbe es sowas wie einen mütterlichen Einfluss in ihrem Leben. Ihre eigene Mutter sprach immer noch nicht mit ihr, nachdem Cora ihr von der Scheidung erzählt und ihr mitgeteilt hatte, dass sie über einen Monat lang nach Indonesien gehen würde.
Na gut, das war eine Übertreibung. Ihre Mutter hatte sich nach ihr erkundigt, ein paar E-Mails geschrieben und sie auch ein oder zwei Mal angerufen. Aber die Unterhaltung war immer wieder darauf zurückgekommen, dass sie Cora die Scheidung ausreden wollte. Das hatte zur Folge gehabt, dass Cora ihre Anrufe und Nachrichten hin und wieder ignoriert hatte. So war es einfacher.
Es war für Cora nicht überraschend gekommen, dass ihr Vater im Gegensatz dazu Verständnis gezeigt hatte. Er hatte nur geseufzt und gesagt: »Cora, ich kann dir nicht sagen, wie du dein Leben leben sollst. Meine Mutter wollte, dass ich die Tochter ihrer besten Freundin heirate, aber stattdessen habe ich deine Mum geheiratet, obwohl ihre Eltern aus dem falschen Teil Asiens kommen. Mein Dad hat sie deswegen immer runtergemacht. Deine Mum wird darüber hinwegkommen.«
Wenn ihr Vater in Bezug auf die Scheidung so verständnisvoll sein konnte, hoffte sie, dass er auch andere Dinge tolerieren würde. Cora hatte ihre neugefundene sexuelle Identität nun klar vor Augen. Es war wie ein Muttermal, das sie immer gehabt, aber nie bemerkt hatte. Sie fühlte sich schneller wohl damit, als sie es sich hätte vorstellen können. Wenn sie sich eines Tages vor ihren Eltern outen würde – und der Tag würde kommen, ob es nun eine Frau in ihrem Leben gab oder nicht –, würde ihr Vater sich hoffentlich auch an diese Geschichte erinnern.
Cora strampelte die Decke von sich und ging in die Küche. Es war schön, wieder in dem Haus zu sein, auch wenn sie es noch nicht ganz in ein neues Zuhause hatte verwandeln können. Schnell machte sie sich einen Tee und öffnete die Tür zum Garten, um sich damit auf die Treppe zu setzen. Es war strahlend schönes Wetter und der Winter war definitiv auf dem Rückzug. Die kalte Jahreszeit war in Perth schnell Geschichte; bald würden sich alle wieder über die Hitze beschweren. Sie atmete tief ein und schmeckte das Salz vom Meer auf der Zunge.
Dass ihr Haus so nah am Strand lag, war eine besondere Freude in Coras Leben.
Nachdem sie ihren Tee getrunken hatte, stand sie auf und überprüfte die Bewerbungen, die sie letzte Woche von Indonesien aus abgeschickt hatte. Mittlerweile hatte sie eine weitere Tasse Tee in der Hand und stellte vergnügt fest, dass sie eine positive Antwort bekommen hatte. Nächste Woche sollte sie zu einem Vorstellungsgespräch erscheinen. Nachdem sie die Bestätigung geschickt hatte, klappte Cora ihren Laptop zu. Es war nicht der Job, auf den sie gehofft hatte, aber er war beim Kinderschutz und versprach anständige Arbeitszeiten. Der Job, den sie eigentlich gewollt hatte, wurde von der Organisation angeboten, bei der sie gerade fünf Wochen lang ehrenamtlich gearbeitet hatte. Simon würde ihr helfen, wenn er konnte.
Den Rest des Vormittags vertrieb sie sich mit Hausputz. Glücklicherweise dauerte es nicht lange, da Lisa vorbeigekommen war, um Staub zu saugen und ein paar Nächte hier zu schlafen, damit die Einbrecher nicht auf das Haus aufmerksam wurden.
Anschließend traf sie sich in einem Sandwich-Imbiss mit Lisa zum Mittagessen.
»Also, wirst du dir einen Hund anschaffen?«, fragte Lisa, als sie sich setzten.
»Wahrscheinlich noch nicht. Wenn ich weiter ehrenamtlich arbeiten will, wäre es nicht fair. Und ich kann mir vorstellen, dass meine Therapeutin in dieser Findungsphase sowieso dagegen wäre.«
»Erstens – warum? Und zweitens – du gehst noch immer zu dieser Psychologin?«
»Ja, tue ich. Alec hat, ich weiß nicht, mich einer Art Gehirnwäsche unterzogen. Ich fühle mich besser …« Als Lisa die Augenbrauen hob, verdrehte Cora die Augen. »Das tue ich wirklich. Aber ich will sichergehen, dass es auch so bleibt.«
Lisa legte eine Hand auf ihren Unterarm. »Ich halte das für eine tolle Idee.« Sie drückte Coras Arm. »Aber ernsthaft, keinen Hund?«
»Fürs Erste nicht.«
Lisa ließ die Schultern hängen. »Oh.«
»So enttäuscht?«
»Ich habe mich drauf gefreut, dass du einen kleinen Welpen bekommst. Dann wäre er auch ein bisschen meiner gewesen.«
»Ich hätte definitiv keine Zeit für einen Welpen, Lisa.«
»Alle Hunde sind Welpen, Cora. Egal wie alt sie sind.«
»Okay, schön. Aber trotzdem, ich glaube nicht, dass ich das im Moment kann. Warum holst du dir keinen?«
»Meine Mum ist allergisch.«
Ihre Mutter, die rund um die Uhr in einem Pflegeheim betreut wurde. »Hast du darüber nachgedacht, sie zu dir zu holen?«
Lisa zupfte am Teig ihres Sandwichs. »Ich weiß nicht. Ich fühle mich schlecht, weil sie in einem Heim ist. Es ist gegen ihre Kultur.«
»Sie schien glücklich zu sein, als wir sie besucht haben.« Und Cora wusste nicht, was sie davon halten sollte, dass ihre Freundin die Vollzeitpflegerin ihrer Mutter werden würde. Es wäre ein riesiges Opfer, das Lisa da bringen müsste, da sie kein Geld hatte, um jemanden einzustellen, der ihr helfen konnte, und ihre Geschwister weiter weg wohnten. Es war etwas anderes, als jemanden bei sich aufzunehmen, der wenigstens teilweise noch unabhängig war. Lisas Mutter brauchte rund um die Uhr Pflege.
»Sie ist jetzt glücklich. Sie ist in ihrer eigenen Welt. Vermutlich denke ich mehr an mich.«
Cora lachte ungläubig. »Ja. Du bist so egoistisch, wenn du dir ununterbrochen Sorgen um deine Mum machst.«
Lisa lächelte sie verlegen an. »Ja. Sie ist dort glücklich. Vielleicht sollte ich mir einen Hund anschaffen – einen winzigen.«
»Widerlich.«
»Das sind die Besten.«
»Wenn du das sagst.« Cora biss in ihr Sandwich, kaute und schluckte, bevor sie hinzufügte: »Aber ich bin für einen Hund. Dann ist er auch ein bisschen meiner
.«
»Oh, ich verstehe.«
»Ich bin mit allen Wassern gewaschen.«
»Wirst du Frazer anrufen?«
Cora verschluckte sich beinahe an ihrem Essen. Sie hustete laut, bis Lisa ihr mit einem verwirrten Gesichtsausdruck ein Glas Wasser reichte. Mit tränenden Augen fragte Cora: »Warum sollte ich das tun?«
»Weil, keine Ahnung, du sie magst
. Und wenn schon nicht das, warum könnt ihr jetzt nicht befreundet sein?«
Cora wischte sich den Mund mit der Serviette ab. Wie sollte sie das
erklären? »Es fühlt sich irgendwie abgeschlossen an. Sie wollte ganz offensichtlich raus aus der Nummer und ich kann ihr keinen Vorwurf machen. Jetzt ist es schon länger als einen Monat her, seit wir das letzte Mal miteinander geredet haben. Es gibt Dinge, die man besser ruhen lassen sollte.«
»Aber …«
»Also, adoptierst du einen Hund aus dem Tierheim? Tierhandlungen sind irgendwie übel.«
Lisa verdrehte nur leicht die Augen, ließ Cora aber das Thema wechseln.
~ ~ ~
Die Münzen klimperten, als Frazer sie in den Parkscheinautomaten steckte. Sie wippte ungeduldig mit dem Fuß, während sie darauf wartete, dass er das Ticket ausspuckte. Dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr. Okay, sie war nicht zu spät. Aber eigentlich sollte sie für ein Bewerbungsgespräch etwas früher da sein. Und nicht auf die Minute pünktlich hereinspazieren.
Oder vielleicht machte man das auch so als Arbeitgeber. Sie war sich nicht sicher.
Frazer pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht und staunte selbst ein bisschen darüber, jetzt schon eine Arbeitgeberin zu sein. Sie war eher gewohnt, mit
jemandem zu arbeiten, und nicht, dass jemand für
sie arbeitete. Aber sie schaffte das schon.
Endlich spuckte der Automat das Ticket aus und Frazer legte es auf das Armaturenbrett. Um ruhig und gesammelt zu wirken, wie es für eine Arbeitgeberin angemessen war, betrat sie das Café aufrecht, die Schultern durchgedrückt. Denn dadurch würde sie sicher selbstbewusst wirken.
Sie stieß die Tür des Cafés auf und sah sich im Raum nach jemanden um, der aussah, als würde er auf sie warten. Frazer hatte keine Ahnung, wie das aussehen sollte, aber sie versuchte es trotzdem.
Ihr Blick blieb völlig schockiert an einem Ecktisch hängen, an dem Cora saß und sie anblinzelte, als wäre sie ebenso überrascht wie Frazer.
Eine Sekunde lang spielte Frazer mit dem Gedanken zu fliehen. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie erwachsen war. Außerdem hatte Cora sie bereits gesehen, was bedeutete, dass eine Flucht ziemlich peinlich
wäre. Also straffte sie wieder ihre Schultern, die vor lauter Schreck herabgesunken waren, und zwang sich zu einem Lächeln, als sie zu ihr ging. Möglicherweise ließ sie ihr Lächeln leicht wahnsinnig wirken, so fühlte es sich zumindest an, und sie gab sich Mühe, es ein wenig zu dämpfen. Es gab eine Zeit, da war es einfach gewesen, Cora anzulächeln.
Warum musste Cora ausgerechnet hier sein?
Aber es war in Ordnung. Sie konnten Hallo sagen, nett sein und Frazer konnte sich ihrem Bewerbungsgespräch widmen, während sie nicht bemerkte, wie umwerfend Cora aussah. Sie glühte fast, ihre Haut hatte einen gesunden Teint und war eine Spur dunkler geworden, seitdem Frazer sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihre Augen strahlten hell, auch wenn sie vor Überraschung leicht aufgerissen waren.
Warum musste Cora ausgerechnet hier sein und großartig aussehen?
»Cora! Hey!« Das war viel zu übertrieben. Frazer räusperte sich und zwang sich, normal zu sein. »Wie geht’s dir?«
»Mir … mir geht’s gut. Und dir?«
Frazer wollte ihre Hände lässig in die Taschen stecken, was damit endete, dass sie sich unbeholfen über den Stoff ihrer Hose strich, weil sich herausstellte, dass die gar keine Taschen hatte. Wie peinlich. »Mir geht’s gut – fantastisch. Ich bin wegen eines Bewerbungsgesprächs hier.«
Coras Zunge glitt über ihre Unterlippe und Frazer hasste sich dafür, dass sie hinschaute. Der Grund, warum sie Cora nicht hatte sehen wollen, war, dass Frazer gehofft hatte, all diese
Gedanken und Gefühle würden dann verschwinden.
»Das ist schön. Ich bin hier, um mich mit Tia zu treffen.«
Frazer klappte der Mund auf. In ihrem Kopf machte es Klick
und sie musste ein paar Sekunden die Augen schließen, um Kraft zu sammeln.
»Ähm … Frazer? Alles in Ordnung?«
Frazer atmete langsam aus und fragte schließlich: »Bist du vielleicht auf der Suche nach einem Job?«
Cora machte große Augen. »Nein
. Das würde sie nicht tun.«
Frazer nahm ihr Handy aus der Tasche, hob die Augenbrauen und ließ sich neben Cora auf den Stuhl fallen. »Würde sie nicht?«
Frazer wartete nicht auf Coras Antwort. In weniger als dreißig Sekunden hatte sie Tia am Telefon. Sie hielt das Handy zwischen sich,
damit sie beide Tia über die Freisprechfunktion hören konnten.
»Frazer! Es ist so schön, von dir zu hören, wie …«
»Tia, lass den Mist.« Frazer funkelte das Handy finster an.
»Ich nehme an, dass du doch keinen Kaffee mit mir trinken wirst, Tia«, sagte Cora trocken und beugte sich näher zum Telefon.
Ihre Haare fielen nach vorn und strichen über Frazers Hand. Sie roch anders, besser. Fruchtiger. Nicht, dass Frazer an Coras Haaren roch. Das wäre unheimlich.
»Oh, stell dir vor, mir ist was dazwischengekommen.« Tias Fröhlichkeit war praktisch greifbar. »Aber weißt du, ich glaube Frazer ist wegen eines Bewerbungsgesprächs da, und ich habe gehört, dass du einen Job suchst?«
Bevor eine von ihnen etwas sagen konnte wurde der Anruf beendet und sie starrten das Handy einen Moment lang ungläubig an.
»Sie ist ein böses Genie«, sagte Cora.
»Ihr Ehemann tut mir aufrichtig leid.« Frazer steckte ihr Handy weg und seufzte. »Tut mir leid, dass du deine Zeit verschwendest hast.«
Sie wollte aufstehen, wurde aber von Coras Hand auf ihrem Arm abgehalten. »Bist du nicht wegen eines Bewerbungsgesprächs hier?«
»Suchst du wirklich einen Job?«
Cora ließ Frazer los und Frazer musste sich zusammenreißen, nicht über die Stelle zu reiben.
»Ja«, sagte Cora. »Und du bist für ein Bewerbungsgespräch hergekommen, also …«
Das war die Gelegenheit zu gehen. Frazer könnte aufstehen und einfach wieder gehen. Sie könnte sich weiter nur mit ihren Freunden beschäftigen, ihrer Schwester, ihrer Arbeit, dem Schwimmen. Und alleine nach Hause zu ihrem Aquarium gehen.
Aber Cora war für das Programm wirklich ein Segen gewesen. Und sie waren ein tolles Team.
Frazer schlug die Beine übereinander, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und musterte Cora, die sie ruhig und unerschütterlich betrachtete. Dieser Blick bereitete Frazer ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust. »Alles klar«, sagte sie. »Wo warst du die letzten fünf Wochen?«
»In Indonesien.«
Nicht das, was sie erwartet hatte. »Ein fünfwöchiger Urlaub?«
»Ein Freiwilligenprogramm«, erwiderte Cora.
»Oh.«
Und Frazer schwieg, weil nichts in ihrem Repertoire sie auf diese Situation hatte vorbereiten können.
»Also«, übernahm Cora das Gespräch, »erzähl mir von der Stelle.«
Nein. Sie verdiente es nicht, mehr darüber zu erfahren. Und Frazer war klar, dass das gehässig und unfair war und ein vollkommen dämlicher Gedanke. »Ich brauche eine Sozialarbeiterin.«
»Zufällig kenne ich eine.«
Frazer musste unwillkürlich lachen. »Ist die Person gut?«
»Die Beste.«
Coras selbstbewusstes Grinsen haute Frazer um. Sie hatte es früher schon andeutungsweise ab und zu gesehen, aber die Intensität war neu. Und ein bisschen begeisternd. »Gut zu wissen.«
»Wofür brauchst du eine Sozialarbeiterin?«
»Das weißt du wirklich nicht?«, fragte Frazer.
»Ich könnte raten.«
»Ich habe mit dem Programm eine eigene Klinik aufgebaut. Ich arbeite dort privat als Hebamme und bald auch dreieinhalb Tage die Woche als Kinderkrankenschwester, um mich zu finanzieren. Aber mir ist klar geworden, dass ich eine Sozialarbeiterin brauche, um es wirklich am Laufen zu halten. Euer Wissen und das Netzwerk sind von unschätzbarem Wert.«
Coras Lächeln wurde verlegen. »Unschätzbar, hm?«
Frazer nickte nur. Die Kellnerin unterbrach den Gedanken, den sie gerade hatte aussprechen wollen. Sie bestellten beide einen Cappuccino und warteten, dass sie ging.
»Wie finanzierst du das, Frazer?«
»Fördermittel, staatliche Hilfen und ein wenig Selbstbeteiligung. Irgendwann will ich komplett staatlich finanziert sein, damit ich mit Medicare arbeiten kann.«
»Ist das möglich?«
»Ich hoffe es.«
Coras Lachen klang ein wenig hysterisch. »Frazer. Das ist großartig.«
Und Frazer erlaubte sich selbst, ein wenig selbstbewusst zu grinsen. »Ja, irgendwie ist es das.«
Und plötzlich wurde es leichter, mit Cora zu reden.
Frazer nahm kaum war, dass die Kellnerin ihre Getränke brachte und anschließend die leeren Tassen wieder mitnahm. Cora wollte alles über die Klinik wissen und sprudelte über vor eigenen Ideen und Plänen. Es war, als würde Cora keinen Gedanken mehr daran verschwenden, dass Frazer ihr den Job nicht angeboten hatte, und Frazer tat es ebenso wenig.
»Ich habe Jack letzte Woche gesehen«, sagte Frazer irgendwann, als die zweite Runde Koffein bereits wieder leer vor ihnen stand.
»Ich habe vor ein paar Tagen mit ihm geskyped – wie ging es ihm, als du ihn gesehen hast?«
»Gut. Ich werde keine Termine mehr mit ihm machen. Also, wenn du seine Mentorin bleibst …«
»Werde ich.«
Das war eine Erleichterung. »Gut. Er braucht nur ein wenig Unterstützung, damit er wieder auf die Beine kommt. Er hat erwähnt, dass du ihm zu einer Ausbildung verholfen hast?«
»Ja, ich treffe mich in ein paar Tagen mit ihm, damit wir alles in die Wege leiten und uns mal persönlich unterhalten können.« Cora musterte die Tasse vor sich und strich mit den Fingerspitzen über den Henkel. »Er scheint unter den Umständen gut zurechtzukommen.«
Das tat er wirklich. Der Psychologe schien ihm sehr zu helfen, selbst wenn er jetzt nur noch einmal im Monat eine Sitzung hatte. Und er freute sich darauf, seine Ausbildung zu beginnen.
»Das tut er«, sagte Frazer. »Er hat mir erzählt, dass ihn sein Onkel nervt, aber du weißt ja, er hat es mit diesem frustrierten Teenager-Augenverdrehen gesagt – er weiß es also wirklich zu schätzen, dass sein Onkel sich so sehr sorgt. Ich glaube, er hat das Gefühl, das Richtige getan zu haben.«
»Dann hat er das.«
Eine weitere halbe Stunde war vergangen, als Frazer auf die Uhr schaute. »Mist! Ich muss gehen.«
Die aufblitzende Enttäuschung in Coras Augen blieb ihr nicht verborgen. »Kein Problem.«
Sie sahen einander einen Augenblick lang an, während Frazer schon halb aufgestanden war.
»Also … Du willst den Job?«
»Ja.«
Kein Zögern. »Ich schicke dir ein paar Informationen und die Adresse per E-Mail. Sehen wir uns morgen um neun?«
»Das ist ein … Plan.« Cora biss sich auf die Lippe. »Das hier war ziemlich schön.«
»War es.« Frances riss weit die Augen auf. »Kein Wort davon zu Tia!«
»Nein, niemals. Sie wäre unerträglich.«
Sie tauschten ein wissendes Lächeln aus und Frazer stand auf. »Wir sehen uns morgen.«
»Bis Morgen.«
Frazer kam ein Gedanke, der wichtig zu sein schien. Besonders, wenn man bedachte, wer Cora war und wie das Programm angefangen hatte. »Cora?«
Coras Blick schien voller Hoffnung zu sein. Er ließ Frazer kurz zögern. Frazer leckte sich über die Lippen und ignorierte, was Coras Blick bedeuten könnte. »Ich will nicht jemanden, der für
mich arbeitet. Wenn du wieder dabei bist, hättest du dann Interesse daran, es als meine Geschäftspartnerin zu tun? Gleiches Stimmrecht, so wie im Programm im Krankenhaus?«
Einen Moment lang sah Cora sie mit gerunzelter Stirn an. Dann breitete sich langsam ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. »Ja, das habe ich.«
»Super.« Etwas in Frazers Brust wurde ganz groß und raubte ihr ein wenig den Atem. »Okay.«
Denn wer kannte das Programm schon besser als sie und Cora?
Dann ging Frazer rückwärts zum Ausgang, bis ihr klar wurde, dass sie sich so nur wieder zum Trottel machen würde, wenn sie in etwas hineinlief. Sie riss ihren Blick von Cora los, drehte sich um und ging nach draußen.
Sie lächelte immer noch, als sie den Strafzettel unter ihrem Scheibenwischer hervorzog. Das überhöhte Bußgeld konnte ihrer Wolke sieben kaum eine Delle verpassen.
Verdammte Tia.