Neun
Summer
V on allen Illusionen beraubt und mit aberwitzigen Theorien im Kopf, verkroch ich mich ins Bett und versuchte abzuschalten. Meine Seele hingegen stänkerte und sorgte gnadenlos dafür, viele verdrängte Erinnerungen nach oben zu katapultieren.
Blake zeigte sich damals und augenscheinlich auch heute noch mit zig unterschiedlichen Facetten. Das komplizierte daran: Ich wusste niemals, wie er abschließend reagierte, was daraus entstand. So wie an jenem verhängnisvollen Abend, an dem ich felsenfest glaubte, ihn endlich für mich gewonnen zu haben.
Meinen Aufenthalt in Palm Beach verbrachte ich passend zu der durchgeknallten Lebensphase ohne jegliches Zeitgefühl. In der damaligen Zeit war es mir am wichtigsten, Blake zu gefallen und ihm, insbesondere auf der sexuellen Ebene, jeden Wunsch zu erfüllen. Eine leidenschaftliche Hingabe, bei der ich ebenfalls uneingeschränkt auf meine Kosten kam. Stellenweise fiel die Bezeichnung Sexsklavin . Diese Annahme teilte ich nicht, vermutlich blieb es eine Frage der Interpretation. Die Wortfindung klang in meinen Ohren dennoch wie eine Demütigung.
Der Sex in der Villa hatte nichts mit den harten körperlichen Praktiken von BDSM gemein. Im direkten Vergleich betrachtete ich die Spielereien in unseren Kreisen als komfortabel. Es gab keine geknebelten Frauen, die in unbequemen Positionen gefesselt wurden. Allein die Vorstellung löste bei mir Rücken- und Gelenkschmerzen aus.
Nackt auf einer langen Tafel zu liegen und mit allerlei Köstlichkeiten bedeckt zu sein, so die Rolle eines lebenden Buffets einzunehmen, war definitiv die bessere Wahl.
An jenem Abend genossen weitere Mädels die wilde Party. Diese wohnten jedoch nicht in Blakes Haus. Ähnlich durchgeknallt und mit nymphomanischen Tendenzen verstanden wir uns auf Anhieb, was die Leckspielchen unter uns Frauen vereinfachte. Später saß ich mit einem Mädel Namens Ann auf der Hollywoodschaukel und wir schlürften kichernd den zweiten Cocktail.
»Sunny, Ann, antreten«, hallte unvermittelt die Ansage des Hausherrn zu uns hinüber. Blitzschnell stellten wir die Getränke ab und eilten zu ihm. Es gab ein ungeschriebenes Gesetz, das besagte, wenn er rief, hatten wir Mädels zu springen. Zumindest dann, wenn kein Schwanz in uns steckte.
»Meine Gäste äußerten den Wunsch nach einem ausgiebigen Frauenfick, mit allem Drum und Dran.«
Leicht angeheitert grinsten wir. »Kriegen wir hin«, platzte es vorlaut aus mir heraus.
Blitzschnell packte er mich an den Haaren und zwang mich in die Knie. Die funkelnden Augen und die bebenden Nasenflügel verhießen nichts Gutes. »Bist du dir sicher, dass das der richtige Umgangston ist?«
»Nein.« Respektvoll senkte ich den Blick. »Entschuldigung.«
»Sunny, nicht übermütig werden!« Unsanft zerrte er mich zurück in den Stand. Sofort stellte ich mich mit klopfendem Herzen und gesenktem Kopf vor ihn hin. »Ist das angekommen?« Durch die messerscharfe Stimmlage wurde mir deutlich bewusst, wie unangemessen er die flapsige Antwort fand. Manchmal reagierte er extrem empfindlich. An einem anderen Tag wäre es ihm egal gewesen. Wenn wir nur unter uns waren, störte es ihn ebenso wenig, leider kam das viel zu selten vor. Er verhielt sich dann sanfter, und in den Momenten liebte ich ihn umso mehr.
Trotz des gechillten und großzügigen Lebens, welches mir Blake Carter bot, schwang stets die latente Angst mit, dass er meiner überdrüssig wurde und mich hinauswarf. »Ich wollte dich nicht verärgern, Entschuldigung«, wiederholte ich zerknirscht.
Er verzog die Mundwinkel und wandte sich Ann zu. »Ann, schnapp dir Jacky. Sie wird anstelle von Sunny die Gäste bespaßen.« Die Entscheidung versetzte mir einen Stich. »Zisch ab und kümmere dich darum.«
»Ja.« Ohne mich anzusehen, eilte sie davon.
»So, und nun zu dir.« Mit dem Finger zeigte er auf mich und baute sich vor mir auf. Betreten wich ich seinem Blick aus. »Sunny, manches Mal geht mir deine vorlaute Klappe auf die Nerven.«
Im konventionellen Leben hätte ich mich verteidigt. Hier allerdings gab es eine weitere Regel, die besagte, in einer Situation wie dieser mucksmäuschenstill auszuharren. Die gefürchtete Zornesfalte hatte sich tief über Blakes Nasenwurzel eingegraben.
»Du genießt den Luxus, hier zu wohnen, ich überhäufe dich mit Geschenken, weil ich genug Geld habe und deinen gezielt eingesetzten Avancen schwer widerstehen kann …« Durch den bohrenden Blick erkannte ich den Ernst der Lage. Weshalb ihn die banale Bemerkung derart auf die Palme brachte, verstand ich nicht.
»Ja, dafür bin ich dir unendlich dankbar.« Das hört sich alles nicht gut an.
»Es wird Zeit, dir wieder in Erinnerung zu rufen, dass du mitnichten die Prinzessin hier bist.«
»Was hast du vor?« Meine Unterlippe zitterte. Bislang erhielt ich keine Bestrafungen, zumindest keine, die ich als solche empfand.
»Ich überlege, ob ich dich rauswerfe.« Die dunklen Augen funkelten und bohrten sich in mein Herz, gleichzeitig jagte ein Schreck durch sämtliche Glieder.
»Nein, Blake, ich werde mich bessern, aber wirf mich nicht raus.« Sofort stiegen mir die Tränen in die Augen.
Uns trennte nicht einmal ein halber Meter, doch noch nie war er so weit von mir entfernt gewesen wie in dem Augenblick.
»Was soll ich mit einer Sexsklavin, die keinen Respekt vor mir hat?« Er wusste genau, wie ich das Wort hasste.
»Bitte, bitte, ich verspreche dir, dass ich mich künftig respektvoller verhalten werde.« Ich schwor, zukünftig den Mund zu halten und mich noch mehr um Blakes Wohlbefinden zu kümmern.
»Das Leben ist ständig in Bewegung.« Lässig steckte er die Hände in seine locker sitzende, knielange Shorts. »Ergo, Dinge verändern sich.«
»W-w-a-as willst du damit sagen?« Meine Unterlippe zitterte und der bereits vorhandene Kloß im Hals nahm ungeahnte Dimensionen an.
»Dein vermeintlicher Sonderstatus ist nicht in Stein gemeißelt.«
Wir standen etwas abseits, und ich war dankbar, dass niemand die Unterhaltung mitverfolgte. Insbesondere nicht meine verhasste Rivalin Jacky, die unverhohlen um meinen Platz buhlte.
»Für dich ist die Party heute vorbei, ich will dich nicht mehr sehen.« Die Tonlage schnitt Papier.
»Wieso bist du so?« Die eiskalte Ablehnung, die von ihm ausging, schmerzte.
»Weil du es verdient hast.« Ohne dass ich hätte darauf antworten können, wandte er sich ab und ließ mich stehen.
Auf Blakes Grundstück gab es einen zweiten Swimmingpool mit zwei kindergerechten Wasserrutschen, der überwiegend von seinen Neffen, Nichten und Kindern aus dem Freundeskreis genutzt wurde. Im Gegensatz zum anderen waren hier flache Treppenstufen eingelassen, damit die ungeübten Wasserratten Schritt für Schritt ins kühle Nass fanden. Drumherum standen Strandkörbe, und wie ein geprügelter Hund verkroch ich mich dorthin, um in Ruhe meine Wunden zu lecken.
Immerzu stellte ich mir die quälende Frage, weshalb mich Blake in der letzten Zeit extrem niedermachte. Die Dominanz war ein Teil seiner Persönlichkeit, die ich liebte. Dennoch spürte ich, dass sich eine Veränderung einschlich. Das Paradies erhielt erste dunkle Flecken, und manches Mal kam mir der Gedanke, die Villa und Palm Beach zu verlassen. Die Überlegung wischte ich allerdings konsequent zur Seite. So weit kam es noch, dass ich Jacky das Feld überließ.
»Na, Sunny Baby, hat dich dein Herr und Gebieter heute aufs Abstellgleis gestellt?«
Voller Schreck sah ich einen Typ Namens Matthew an, da ich diese Stimme hatte am wenigstens hören wollen. Er gehörte zu den Gästen, bei denen ich bestmöglich das Weite suchte.
Bereits bei seinem ersten Auftritt empfand ich eine immense Abneigung gegen ihn. Aufgepumpte Muskeln, dunkelbraun gebrannt, prollig, aber stinkreich. Der aufgepumpte Oberkörper sah wie eine Buckelpiste aus. Wer’s mag, ich nicht .
Wie er sein Vermögen erwirtschaftete, darüber gab es unterschiedliche Spekulationen. Bei der Vorstellung, der massive Kerl lege sich beim Ficken auf mich, befürchtete ich, überspitzt formuliert, Knochenbrüche.
Breitbeinig baute er sich vor dem Strandkorb auf.
»Nein, ich gönne mir lediglich eine kleine Auszeit«, konterte ich. Angst empfand ich nicht, denn Sex basierte auf Einvernehmlichkeit.
»Die werde ich dir ein wenig versüßen.« Unverhohlen spielte er an seinem Schwanz, der die Hose bereits mächtig ausbeulte.
»Ähm, nein, das möchte ich nicht.« Entschlossen stand ich auf, um der unangenehmen Lage schnellstmöglich zu entkommen. Matthew hingegen verbaute mir den Weg. Eine Alkoholfahne wehte mir entgegen.
»Na, wieso bist du denn so zurückhaltend, so kennt man dich gar nicht.« Sein süffisantes Grinsen unterstrich auf unsympathische Weise seine widerliche Anmache.
»Bitte, lass mich vorbei.« Ein ungutes Gefühl breitete sich aus.
Mit seinem Auftreten zeigte er deutlich, dass er uns alle für billige Huren hielt, die für ein bisschen Luxus ihre Beine breitmachten. Niemand der anderen Gäste reagierte wie er. Schnell hatte es die Runde gemacht, wie grob er die Mädels behandelte.
»Komm, Sunny Baby, mein bester Freund braucht dringend eine Sonderbehandlung von der Prinzessin, die sich bislang zu fein war, mir den Schwanz zu lutschen.« Sein aggressiver Unterton bedeutete nichts Gutes. Nicht nur einmal wurde er ab einer gewissen Promillezahl ausfällig. Jeder fragte sich, weshalb Blake ihn weiterhin einlud.
»Du kennst die Regeln.« Entschieden versuchte ich mich an ihm vorbeizuschlängeln.
»Sei keine Spielverderberin.« Unsanft stieß er mich zurück. »Er gehört dir ganz allein.« Lachend zog er die Hose herunter und präsentierte mir seinen Ständer mit einem abgebundenen Hodensack.
»Nein! ICH WILL NICHT!« Der Fluchtgedanke erhielt absolute Priorität.
»Ach Baby, bleib locker.«
Zeige keine Angst, wehr dich. Mutig versuchte ich ihn wegzustoßen, hob das Knie an. Eier sind die Schwachpunkte jedes Mannes.
»Miststück, wage es nicht!« Mit seiner Pranke erwischte er meinen rechten Arm.
»Loslassen, verdammter Dreckskerl.« Mit aller Kraft schlug ich um mich, aber hatte dem Muskelprotz erwartungsgemäß nichts entgegenzusetzen. Obwohl wir uns außerhalb Hörweite zum Haus aufhielten, schleuderte ich ihm zig Beschimpfungen an den Kopf. »Ich sorge dafür, dass du Hausverbot bekommst.« Das Fauchen ließ jede Katze vor Neid erblassen.
»Pass mal auf, du Drecksfotze …« Mit einer Art Polizeigriff, der mich in meiner Bewegung komplett einschränkte, zerrte er mich schnaubend zu den Pooltreppen. »Ich hol mir, was mir zusteht.«
»Dir steht gar nichts zu.« Panik bereitete sich aus. Ehe ich die Chance hatte, mich zu verteidigen, landete ich ungelenk im Wasser, knallte beim Sturz mit den Knien auf eine Treppenstufe. Niemals zuvor erfasste mich eine solche Angst. Manche Menschen entwickeln Superkräfte, andere wiederum verfallen in eine Art Schockstarre, wenn ihr Leben bedroht wird. Ob richtig oder falsch, liegt letztlich am Peiniger. Ich gehörte zu der ersten Gruppe und schlug und trat wie eine Wilde um mich. Leider beeindruckte dies Matthew auf eine perfide Art und Weise.
Je heftiger ich mich gegen ihn stemmte, desto gnadenloser drehte er auf. »Du Wildkatze, ja, zeig, was du draufhast, wehr dich, da schwillt mein Schwanz an …«
Mit Kraft drückte er meinen Kopf unter Wasser. In meinen Ohren rauschte es. Kurz zog er mich an den Haaren über die Wasseroberfläche. Es blubberte, meine eigene Stimme, die um Hilfe schrie, drang zu mir durch.
Wenn du über der Wasseroberfläche bist – hol Luft, schließ so schnell wie möglich den Mund.
»Jetzt wird es richtig spaßig!«, hörte ich ihn brüllen.
Den Kopf rein, an den Haaren wieder raus, und das im stetigen Wechsel. Die Abstände waren kurz. Kaum eine Chance, die Lungen mit Sauerstoff zu versorgen.
Sprechen konnte ich nicht mehr, und mit einem Brennen in den Lungen rang ich nach Luft. Kämpfe!
Für einen Moment hielt er inne. Ist es vorbei? Dankbar atmete ich ein und aus.
Urplötzlich packte er meine Hüften, schob die Beine auseinander.
»Ich ramme ihn dir tief rein.« Der erneute Druck auf meinem Hinterkopf, Hunderte von Wasserblasen, Blubbern.
Er fickt dich, während du jämmerlich ersäufst. Es gab kein Entkommen, die Kräfte waren aufgebraucht. Vielleicht lässt er von dir ab, wenn er abgespritzt hat.
Von der einen zur anderen Sekunde hörte es auf. Wie ein Pfeil schoss ich hoch und sog lautstark die Luft ein. Was sich um mich herum abspielte, realisierte ich nicht. Mit dem Gefühl von Todesangst hechtete ich mit letzter Kraft zu den Pooltreppen, hielt mich dort mit einer Hand an dem Geländer fest und harrte bewegungslos aus. War es endlich vorbei oder setzte sich das Martyrium fort?
Unerwartet zog mich jemand vollständig aus dem Pool. Kraftlos, hustend, hechelnd robbte ich ein Stück weiter in Sicherheit. Das Knie schmerzte. Die restliche Energie mobilisierend stützte ich mich auf den Händen ab. Wo ist der Wahnsinnige? Ängstlich schaute ich nach rechts und links und hob zuletzt den Kopf.
»Bist du eigentlich noch ganz dicht?«, hörte ich Blakes erboste Stimme. Blake hat mich gerettet, Gott sei Dank! »Wenn sie nicht mit dir vögeln will, hast du das zu respektieren.«
Es trennten uns nur wenige Meter, und ich bemerkte die immense Anspannung, die Blake umgab.
»Was regst du dich so auf?« Der Irre schien sich keiner Schuld bewusst zu sein. »Dein Sunny-Mäuschen ist wie die anderen eine kleine geldgeile Schlampe.« Sein abfälliger Ton sprach Bände und bestätigte mich in meiner Meinung. »So etwas passiert eben, wenn die Bitches nicht spuren.«
»Du bist in meinem Haus und nicht in irgendeinem Puff oder sonst wo.« Blake hob drohend den Zeigefinger. »Hier behandeln wir die Mädchen mit der nötigen Wertschätzung, das bedeutet ausschließlich einvernehmlicher Sex. Klar?«
»Nun mach mal nicht so einen Wind! Insbesondere sie«, er wies den Kopf in meine Richtung. »Ist die Oberschlampe …«
»Runter von meinem Grundstück!« Derart wütend, aufbrausend und lautstark hatte ich ihn niemals zuvor erlebt. »Ich will dich künftig nicht mehr sehen.«
»Du machst einen riesigen Fehler, Blake Carter.« Der Koloss baute sich drohend gegenüber Blake auf. »Ich weiß mehr von deinen Deals, als dir lieb sein dürfte.«
»Verpiss dich, bevor ich mich vergesse.«
»Das wirst du bereuen …« Abrupt drehte er sich um und stapfte davon. Erleichtert atmete ich durch.
»He Sunny.« Blakes Stimme klang voller Sorge und er kniete sich zu mir.
»Ich dachte, ich sterbe«, flüsterte ich, und mein Herz schlug schmerzhaft gegen die Brust.
»Komm, ich bringe dich ins Haus.« Mit seiner Hilfe rappelte ich mich mühselig in den Stand, doch mir sackten sofort die Beine weg.
Ohne zu zögern hob er mich hoch. Erschöpft und aufgewühlt legte ich meinen Arm um seine Schulter.
»Bist du noch sauer auf mich?«, murmelte ich und drückte mich fester an ihn.
»Ja.« Unsere Blicke kreuzten sich für einen klitzekleinen Moment. »Das ist ein anderes Kapitel.« Das waren gewiss nicht die Worte, die ich mir wünschte.
»W-i-i-so bist du eigentlich hierhergekommen?« In mir keimte die Hoffnung, er habe mich gesucht.
Unvermittelt bemerkte ich aus den Augenwinkeln Jacky, die mit verkniffenem Gesichtsausdruck abseits stand.
Trotz des widerlichen Erlebnisses jubilierte ich, denn ich war diejenige in seinen Armen. Die Tatsache, dass er sich mit ihr hier zurückzog, verdrängte ich erfolgreich.
Die Sorge, weshalb er ohne ein Wort die Party verließ, trieb mich die gesamte Nacht um. Glücklicherweise hatte ich einen freien Tag, um auszuschlafen. Von Erholung konnte jedoch nicht die Rede sein. Schlapp und innerlich aufgewühlt zitterte ich dem Treffen mit Blake entgegen. Mein Bauchgefühl sorgte für schrillende Alarmglocken. War es ein Fehler, sich wieder mit voller Hingabe auf ihn einzulassen?