Kapitel 14

Und so nahm eine seltsame, höchst unwillkommene Routine für Bobby und mich ihren Anfang. Ich hörte zu oft »Bob ist doch eine Jungenname«, und da ich ihre Namenspatronin nicht kannte, fühlte ich mich nicht qualifiziert, die Geschichte näher zu erklären. Also nannte ich sie Bobby, das klang etwas weiblicher, und sie hatte anscheinend nichts dagegen. Angela hatte mir aus der Bibliothek ein Buch über das Verhalten von Hunden mitgebracht, und der Autor erwähnte in einem Kapitel, dass Hunde besser auf zweisilbige Namen hören. Die Umbenennung, und war sie auch noch so minimal, stärkte meine Autorität und meinen Besitzanspruch, auch wenn ich nur eine widerstrebende Besitzerin war. Vielleicht eher eine Pflegerin.

Wir schlugen uns bei unseren zwei Spaziergängen pro Tag irgendwie durch. Ich biss die Zähne zusammen, hielt mir die Nase zu und hob ihre »Hinterlassenschaften« auf, wie Sylvie es nannte. Ich brachte das Ganze immer noch nicht ohne Würgen über mich, wurde aber immer geschickter, was den Schaden in meiner Speiseröhre minimierte. An den meisten Vormittagen trafen wir Denzil; er grüßte mich, und seine Hunde (Bodger? Barker?) tobten kurz mit Bobby herum. Ich lernte noch eine Reihe anderer Hundebesitzer kennen, die freundlich und hilfsbereit waren – und deren kluge Ratschläge einander komplett widersprachen. Eine Gruppe traf sich jeden Tag zu einer bestimmten Zeit an einem speziellen Picknicktisch bei den Tennisplätzen, aber ich war zu schüchtern, um mich zu ihnen zu gesellen. Doch eines Morgens liefen uns Sylvie, Decca und Nancy über den Weg, und sie schlenderte unbekümmert zu der Gruppe hinüber, sodass ich mich verpflichtet fühlte, ihr zu folgen.

Während sie von einem zum anderen ging und sowohl Hunde als auch Menschen mit Namen ansprach, hatte ich Mühe, mitzuhalten, nickte und lächelte, während alle einfach losplapperten und ihre Schützlinge ignorierten, die durch die Gegend tollten und jede Menge Unfug anstellten. Was mir an Hundebesitzern am häufigsten auffiel, war, dass sie in Bezug auf ihre Tiere völlig unbekümmert waren. Ihre Hunde liefen Joggern und Fahrradfahrern vor die Füße, rissen Kinder um, verrichteten vor Fußgängern ihr Geschäft, hoben an Kinderwagenrädern das Beinchen, klauten Sandwiches und leisteten sich Gott weiß was für andere Missetaten, doch ihre Besitzer schienen es entweder gar nicht mitzubekommen oder höchstens lauwarmes Bedauern darüber zu empfinden. Ich dagegen hatte das Gefühl, mit einem Schild um den Hals herumlaufen zu müssen, auf dem eine wortreiche und allumfassende Entschuldigung stand. Mea culpa oder eher canis culpa. Das erwähnte ich eines Tages Angela gegenüber, als sie mich besuchte, doch sie lachte nur darüber.

»Die Hunde haben genauso viel Recht, im Park zu sein, wie alle anderen«, sagte sie und zerzauste Bobbys Fell. »Du machst dir zu viele Sorgen.« Bobby dagegen machte sich anscheinend höchstens darüber Sorgen, ob ich sie wirklich um genau acht Uhr morgens und acht Uhr abends fütterte und um genau neun Uhr morgens und um vier Uhr nachmittags mit ihr spazieren ging. Sie schien über eine außergewöhnlich präzise innere Uhr zu verfügen, tauchte immer pünktlich zu den genannten Stunden auf, setzte sich kerzengerade hin, sah mich mit schräg gelegtem Kopf an und kläffte mehrmals, bis ich nachgab. Wie beneidenswert, so schlichte Prioritäten zu haben und sie so effektiv einfordern zu können.

Jetzt war es zum Beispiel drei Uhr nachmittags, und ich konnte die Gesellschaft von Angela und Otis nur eine Stunde genießen, bevor Bobby mich wieder aus dem Haus treiben würde. Otis sah sich auf meinem neuen Computer, der an diesem Vormittag angekommen war, einen Cartoon an; Alistair hatte das Gerät vom Büro in Sydney aus bestellt. Er war fassungslos gewesen, als er von dem Einbruch erfuhr, und bestand darauf, mir den Laptop sofort zu ersetzen. Er hatte mir sogar versprochen, mir – als Ersatz für die verlorenen Bilder von Arthur – einen USB-Memory-Stick mit Fotos von meinem Enkel zu schicken, den man anscheinend nur an den Computer anzuschließen brauchte. Wären doch nur alle Erinnerungen so leicht abzurufen und zu bewahren …

Angela trank Tee und ließ wie üblich eine ihrer Schimpftiraden vom Stapel, während ich für Otis Plätzchen backte. Sie lagen zum Abkühlen auf einem Rost, und Bobby saß sabbernd davor. Obwohl ich ihr nie etwas vom Tisch gab, sondern immer nur aus ihrem Napf, hielt sie das nicht davon ab, bei jeder Gelegenheit zu betteln und alles abzustauben, was sie in die Schnauze bekam – Sylvie meinte, sie müsse einen Labrador unter ihren Vorfahren haben, so unersättlich war sie. Am Vormittag hatte sie bei unserem Spaziergang einen Hühnerknochen hinuntergeschlungen, der neben einer Mülltonne lag – wie abscheulich. Der Sofaüberwurf, der ihr als Bett diente, war inzwischen mit einer Schicht Hundehaare bedeckt und roch nach muffigen alten Socken.

»Und dann behaupten sie, sie würden das Geld dem NHS geben, aber wir alle wissen, was das für ein Schwachsinn ist!«, schnaubte Angela, als ich die Plätzchen auf einen Teller legte und diesen anschließend auf den Tisch stellte. Otis griff danach, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. Angela nahm sich ebenfalls ein Plätzchen und öffnete den Mund, um weiterzureden, wurde jedoch von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Bobby fing sofort wie verrückt an zu bellen.

»Du liebes bisschen, jetzt sei doch still!«

Als ich mich bereit erklärt hatte, sie aufzunehmen, hatte ich mir zwar genau diese Reaktion von ihr erhofft, aber sie schien weniger ein Wachhund zu sein als eine sehr laute Türglocke, denn wenn sie jemanden draußen hörte, bellte sie wie besessen, aber wenn tatsächlich jemand das Haus betrat, zog sie sich unter den Tisch zurück. Trotzdem, wahrscheinlich würde der Lärm Eindringlinge abschrecken. Oder der Geruch.

Als ich aufstand, sagte Angela, den Mund voller Plätzchen: »Das ist Sylvie.«

Sylvie begrüßte mich an der Schwelle und reichte mir einen großen Müllsack. »Für dich«, sagte sie, während sie an mir vorbeirauschte. Im Flur blieb sie stehen und murmelte: »Du meine Güte. Das gibt’s ja nicht!«

Ich drehte mich zu ihr um, in der Hand die schwarze Plastiktüte, und sah, wie sie den Kronleuchter und die geschwungene Treppe anstarrte. »Angela hatte recht«, bemerkte sie. »Das hier ist wirklich die reinste Schatzkiste. Ach, ich kann’s kaum erwarten.«

Sylvie war eine erfolgreiche Innenarchitektin und unterrichtete am Chelsea College of Arts Design. Sie hatte im Park ein paarmal erwähnt, dass sie vorbeikommen und mir ein paar Tipps geben wolle, aber ich hatte es nie ernst genommen, denn da sie das beruflich machte, wäre es mir unverschämt vorgekommen, ihre Dienste umsonst in Anspruch zu nehmen. Aber als Sylvie Angela entdeckte, die im Türrahmen zur Küche lehnte, den Mund immer noch voller Plätzchen, rief sie: »Du hattest völlig recht, Liebes. Es ist wundervoll. Was könnte man daraus nicht alles machen!«

»Hab’s dir ja gesagt«, nuschelte Angela. »Was ist in der Tüte?«

»Ach, ein Geschenk für Missy, oder genauer gesagt für Bobby.« Sylvie strich über das Geländer. »Von den anderen Hundebesitzern. Sie haben eine Spendensammlung veranstaltet.«

Ich öffnete den Müllbeutel und schaute hinein. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein riesiges, luxuriös flauschiges Kissen, aber als es auf den Boden fiel, stellte ich fest, dass es ein Hundebett war.

»Cool«, sagte Otis, der sich an seiner Mutter vorbeischob, um zu sehen, was los war.

»Das ist aber schön«, sagte Angela. Bobby, die ebenfalls nichts verpassen wollte, ging zu dem Bett und beschnüffelte es. Sie umkreiste es ein-, zweimal, dann kletterte sie hinein und ließ sich schnaufend darin nieder.

»Die Hundebesitzer wollen mir das schenken?«, fragte ich, einen Kloß im Hals. »Warum?«

»Tja, sie haben gehört, dass du keins besitzt und dich um Bobby kümmerst, um Angela und ihrer Freundin einen Gefallen zu tun, und da sind sie auf diese Idee gekommen. Einer von ihnen kriegt Rabatt in einem schicken Zoogeschäft in Highgate.« Sylvie klang so unbekümmert, als würden Fremde einander jeden Tag teure Geschenke machen. Um meine Verlegenheit zu überspielen, scheuchte ich Bobby auf und brachte das Hundebett ins Wohnzimmer. Ich ergriff den müffelnden Überwurf, stopfte ihn in die Mülltüte und platzierte das neue Bett vor dem Kamin. Bobby ließ sich sofort wieder darauf nieder. Innerhalb von Sekunden schlief sie, ein Auge noch offen, ein.

»Sieht aus, als würde es ihr gefallen«, sagte Angela.

Ich schaute gerührt auf Bobby und das Hundebett. »Würdest du … den anderen für mich danken?«, fragte ich Sylvie mit rauer Stimme. »Es ist wunderschön.«

»Das kannst du ihnen selbst sagen«, entgegnete Sylvie. Dann ging sie mit prüfendem Blick durch das Wohnzimmer. »Mannomann, das ist wirklich unglaublich.«

»Es müsste ein bisschen aufgemotzt werden«, sagte Angela. »Hat was von einem Mausoleum.«

Immer noch überwältigt, hörte ich mich sagen: »Ich habe noch ein paar Sachen. Oben auf dem Dachboden.« Alle drei sahen mich erwartungsvoll an. Fast bereute ich meine Worte, aber sie hatten mir ein Geschenk gemacht, sie aßen meine Plätzchen und sie füllten mein leeres Haus mit Leben, also …

»Da steht noch das eine oder andere«, fuhr ich fort. »Ich könnte es euch zeigen.«

»Cool«, sagte Otis.