Lily konzentriert sich auf das Gesicht ihres Bruders. Harry hockt neben ihr, um das Vorhängeschloss zu öffnen, und legt dann seinen Arm um ihre Schultern.
»Alles in Ordnung?« Er sucht ihr Gesicht nach Anzeichen von Verletzungen ab.
»Lass nicht zu, dass sie mich ins Krankenhaus bringen.« Sie greift nach seiner Hand. »Ich weiß, dass du niemandem was getan hast.«
Er schüttelt den Kopf. »Ich wusste nicht, wer in der Nacht, als Sabine starb, in dem Auto saß, das am Pulpit Rock vorbeigefahren ist. Ich hab nur herausgefunden, dass es Jeffs Frau gehörte, weil ich auf der Suche nach einem Versteck in seine Garage eingebrochen bin. Der Garten ist so zugewuchert, dass man den Schuppen fast nicht mehr sieht.«
»Darum bist du ihm hierher gefolgt. Du hast mir das Leben gerettet, Harry.«
»Ich hätte es früher rausfinden sollen. Was haben diese Schweine dir getan?«
»Sie haben mir Angst gemacht, sonst nichts.«
Der Junge vergießt Tränen, die schon vor langer Zeit hätten fließen sollen. Doch der Stolz hat ihn bis jetzt daran gehindert, seinen Kummer zuzulassen. Als Lily ihn in den Arm nimmt, dreht sich die Zeit zurück. Jetzt ist er wieder der Bruder, den sie vergöttert hat und der so mutig war, dass die Mobber sich nicht mehr in ihre Nähe trauten, wenn er sie von der Schule abgeholt hat.
»Bring mich nach Hause«, flüstert sie.
Schließlich übermannt sie doch noch die Erschöpfung. Als ihr die Augen zufallen, hebt Harry sie von dem Stuhl hoch; die Schleppe des Hochzeitskleides einer fremden Frau schleift über den Boden. Lily schläft tief und fest, während er sie nach oben trägt, ins Licht.