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Es ist anstrengend, aber auch erholsam, kein Haus zu haben, keine Familie, keine Liebe, kein Geld. Ich hätte es nie begriffen, wäre Paul bei mir gewesen. Das mit der Kohle klappt übrigens ein bisschen besser. Ich habe Geld für das Buch bekommen. Ich fange wieder an, normal zu leben. Ich klaue nicht mehr. Für eine eigene Wohnung reicht es noch nicht. Aber vielleicht ist das gut so. Was sollte ich mit mir selbst anfangen in meinen vier Wänden? Ein Knacki-Tattoo: ein Punkt, umgeben von vier weiteren Punkten. Der Knacki in seiner Zelle. Ich kann Wohnungen nur ertragen, wenn es nicht meine sind und ich auf der Durchreise bin. Nichts davon bedeutet noch etwas, nun, da ich weiß, dass ich ebenso hier wie dort wohnen kann, nun, da ich das über mich gelernt habe.

Manchmal nehme ich mir ein Hotelzimmer eine Straße weiter. Um allein zu sein. Um mit niemandem sprechen zu müssen außer dem Zimmerservice. Das erste Mal war, weil mein Mitbewohner zum Abendessen eingeladen hatte. Ich wollte nicht reden, hatte keine Kraft, über die Witze Betrunkener zu lachen. Und dann habe ich es wieder getan, nicht sehr oft, zwei-, dreimal, wenn ich es wirklich nicht mehr ausgehalten habe.

Er wird es irgendwann leid sein, dass ich nicht mit ihm spreche und ihn dauernd meide. Er hält mich wahrscheinlich für seltsam oder unhöflich. Als Kind war es mir sehr wichtig, höflich zu sein. Das ist auch vorbei. Jedes Mal, wenn er mit mir essen gehen will, denke ich, dass er mich rausschmeißen möchte. Aber nein. Er nimmt mich in ein gutes Restaurant mit. Er zahlt. Er sagt, es sei ihm ein Vergnügen. Er fragt mich, ob ich schreibe. Ich bedanke mich.

Der Sommer ist endlich da. Es ist heiß. Er ist oft verreist. Ich hab die Wohnung für mich. Hab auch wieder eine Frau kennengelernt. Wir haben geflirtet. Sie war schon vergeben. Dann hat es doch geklappt. Man muss verliebt sein, um den Sommer über in Paris zu bleiben.