»Ich werde heute Vormittag keine weiteren Anrufe entgegennehmen, Angela«, sagte der Commander. »Sie dürfen mich nur stören, wenn das Gebäude brennt«, fügte er hinzu und legte den Telefonhörer auf.
Er musterte sein Team, das um den Tisch herumsaß. »Vielleicht sollten Sie als Erster ans Schlagmal treten, DCI Warwick.«
»Wie Sie wissen, Sir«, begann William, »haben wir die Tatsache genutzt, dass Superintendent Milner, DI Reynolds und Sergeant Jennings mit ihren Klienten für zehn Tage am anderen Ende der Welt waren.«
»Ja, wobei sie die Belege für ihre moralischen Prinzipien hiergelassen haben«, warf Hawksby ein.
»Auch dass Constable Jenny Smart die Einheit während dieser Zeit verlassen hat, konnten wir in unserem Sinne nutzen«, fuhr William fort. »Ohne ihre Hilfe hätten wir möglicherweise Monate gebraucht, um alle Vorgänge in den Dokumenten nachzuverfolgen.«
»Sie muss eine gewisse Loyalität den Menschen gegenüber empfunden haben, für die sie sechs Jahre lang gearbeitet hat«, sagte der Commander. »Warum war sie bereit, ihr Schicksal einer Handvoll Eindringlingen anzuvertrauen, die sie kaum kannte?«
»Genau wie diese Eindringlinge ist sie der Ansicht, dass ein korrupter Polizist mindestens genauso schlimm ist wie jeder andere Kriminelle, wenn nicht schlimmer«, sagte Jackie. »Und Milner, Reynolds und Jennings gehören zu den Schlimmsten, denen ich jemals begegnet bin. Ich konnte sie schließlich davon überzeugen, dass die meisten Kollegen ihre Haltung begrüßen würden.«
»Ich habe so das Gefühl«, sagte William mit einem zufriedenen Grinsen, »dass die Verleihung der Queen’s Gallantry Medal an Sie zu gar keinem günstigeren Zeitpunkt hätte kommen können.«
»Smart war jedenfalls kooperativer, als ich wieder zur Arbeit kam«, sagte Jackie.
»Was haben Sie sonst noch herausgefunden, während die Katze aus dem Haus war, DS Roycroft?«, fragte Hawksby, der wieder zum Kern der Sache zurückkehren wollte.
»Ich habe angefangen, die Spesenabrechnungen sämtlicher Personenschützer der letzten fünf Jahre durchzugehen, und bin dabei auf Angaben gestoßen, die ich zuvor nie für möglich gehalten hätte.«
»Geben Sie mir ein Beispiel.«
»Milner hat drei Nächte im Ritz in Paris verbracht, während er auf einem Erkundungseinsatz war, der den Staatsbesuch der Queen im darauffolgenden Jahr vorbereiten sollte. Er war so unverfroren, sogar seine Frau und seine Tochter mitzunehmen und zu behaupten, das zusätzliche Zimmer würde von seiner Sekretärin genutzt, die zu jener Zeit jedoch zu Hause in Potters Bar war. Ich muss sagen«, fuhr Jackie fort, »dass er stets ganz oben auf der Weinkarte anfängt, wenn er auswärts speist.«
»Können Sie mir die Summe nennen, die sich bei den dreien während der letzten fünf Jahre insgesamt angesammelt hat, und darüber hinaus die Belege vorweisen, die diese Angabe stützen?«, wollte Hawksby wissen.
»442 712 Pfund«, sagte Jackie, die offensichtlich mit dieser Frage gerechnet hatte.
»Zustande gekommen durch?«
»Hauptsächlich Reisespesen, Restaurantbesuche, Kleiderpauschalen und Überstunden, obwohl sie diese als hochrangige Beamte nicht geltend machen dürfen.«
»Einzelheiten?«
»Wenn sich die königliche Familie in ihrem Sommerurlaub in Balmoral aufhält, verbringt Milner den größten Teil seiner Zeit mit der Jagd auf allerlei Vögel im Moor. Man hat mir erzählt, dass er letztes Jahr mehr Fasane geschossen hat als der Duke of Edinburgh. Reynolds angelt lieber im Dee. Ihre Pflichten bestehen fast ausschließlich darin, die Queen zu den Highland Games zu begleiten. Aber wenn sie wieder nach London zurückkehren, beantragen sie Pauschalen für Tätigkeiten ›außerhalb der üblichen Arbeitszeit‹ sowie Spesen aufgrund eines ›auswärtigen Einsatzes‹, von einer zusätzlichen Überstundenvergütung ganz zu schweigen.«
»Wenn ich eine umfassende Untersuchung auf den Weg bringen würde«, sagte Hawksby, »wie viele Möglichkeiten blieben ihnen dann, um sich doch noch herauszuwinden? Und ebenso wichtig: Wie viel ließe sich ihnen Ihrer Meinung nach eindeutig zuordnen?«
»Etwa die Hälfte«, sagte Jackie. »Aber ich habe bereits mehr als genügend Beweise zusammengestellt, um meine Schubkarre damit zu füllen.« Als das Gelächter sich gelegt hatte, fuhr sie fort. »Meine Lieblingsspesenforderung betrifft einen Burberry-Regenmantel und einen Schirm, die Milner während einer Hitzewelle in Bermuda gekauft hat. Der Beleg verrät, dass der Regenmantel zufällig genau die Größe hatte, die seine Frau trägt.«
»Das darf nicht an die Öffentlichkeit dringen«, sagte Hawksby. »Die Presse hätte ihren großen Tag.«
»Reynolds und Jennings sind genauso schlimm«, meldete sich William zu Wort. »Aber es war Milner, der dafür gesorgt hat, dass sie mit allem durchgekommen sind, da er ihre Forderungen nie infrage gestellt hat, was vermuten lässt, dass die drei zusammenarbeiten.«
»Wie würde ihre Verteidigung lauten?«, sagte der Commander fast nur an sich selbst gewandt.
»Milner wird behaupten, dass der Prince of Wales genau wusste, was vor sich ging, und damit einverstanden war. Aber ich bin überzeugt davon, dass Seine Königliche Hoheit keine Ahnung davon hatte, was sie in seinem Namen veranstaltet haben.«
»Sehen Sie das auch so, DI Hogan?«
»Ja, in der Tat. Prinzessin Diana weiß nicht im Geringsten, welche Ausgaben ich mir ersetzen lasse. Über dieses Thema wurde nie gesprochen. Milner zeichnet alle meine Spesenforderungen ab, ohne sie zu überprüfen, und sobald er seine Initialen auf den Zettel gekritzelt hat, zahlt die Buchhaltung den Betrag aus, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Es sind viele Stücke von einem ganz großen Kuchen, dessen Verteilung ohne jede Störung abläuft.«
»Es könnte auch amüsant sein zu wissen«, sagte Jackie, »dass Milner in den Jahren als Leiter der Royalty Protection mehr als eine Million Flugmeilen auf seinen eigenen Namen angesammelt hat. Alles legal und korrekt.«
»Es könnte gut sein, dass er dauerhaft in der Luft leben muss, wenn ihm klar wird, dass wir hinter ihm her sind«, sagte der Commander. Er hielt einen Augenblick inne und fügte dann hinzu: »Die Beweise, die Sie gesammelt haben, DS Roycroft, sind außerordentlich schlüssig, und das ist noch zurückhaltend ausgedrückt. Aber wenn wir den Leiter der Royalty Protection zu Fall bringen wollen, brauche ich verdammt viel mehr als das. Deshalb sind jetzt Sie an der Reihe, DC Pankhurst. Sagen Sie uns, was Sie in den letzten Monaten getan haben.«
»Superintendent Milner fährt nie mit dem öffentlichen Nahverkehr, während er im Dienst ist«, sagte Rebecca. »Obwohl er als Polizist eine Genehmigung hat, die ihm das jederzeit unbegrenzt erlauben würde.«
»Wahrscheinlich benutzt er sein eigenes Auto und beantragt dann Benzingeld«, sagte Hawksby, indem er den Advokaten des Teufels spielte.
»Er benutzt nie sein eigenes Auto. Er fährt stets Taxi und rechnet das als Spesen ab.«
»Dann ist der Taxifahrer der einzige Mensch, der davon profitiert, und zweifellos hat Milner die Belege, um es zu beweisen.«
»Aber warum sollte man ein Taxi zum Buckingham Palace oder York House nehmen«, fragte Rebecca, »wo man doch beide von seinem Büro in Buckingham Gate aus zu Fuß erreichen kann?«
»Er würde behaupten, dass er es nicht riskieren kann, verfolgt zu werden, wenn er vertrauliche Dokumente bei sich führt«, antwortete Hawksby.
»Er nimmt auch ein Taxi nach Windsor und zurück, was nicht billig ist, obwohl er von der Victoria Station aus den Zug nehmen könnte. Der Bahnhof ist nur wenige Hundert Meter von seinem Büro entfernt.«
Das ließ Hawksby für einen Augenblick verstummen, und Rebecca nutzte ihre Chance.
»Wenn man die Spesenforderungen sorgfältig durchgeht …«, sagte sie, schlug eine Akte auf und fuhr mit dem Finger einige Zahlenkolonnen hinab, bevor sie weitersprach. »Letztes Jahr hat Milner einhunderteinundsiebzig solcher Taxifahrten unternommen, was den Steuerzahler über 33 000 Pfund gekostet hat.«
»Und wenn man noch ein wenig tiefer gräbt, was wir mit der Unterstützung von Constable Smart getan haben«, warf Paul ein, der keinen Blick auf seine Zahlen werfen musste, »dann findet man heraus, dass Milner im Verlauf der letzten elf Jahre alleine an Taxikosten 434 720 Pfund geltend gemacht hat. Was, so scheint mir, sogar die BBC als exzessiv bezeichnen würde.«
»Doch in Wahrheit«, sagte Rebecca, »nimmt Milner nie ein Taxi, wenn er im Dienst ist.«
»Sie sollten besser in der Lage sein, diese Aussage mit unwiderlegbaren Fakten zu untermauern, DC Pankhurst«, sagte Hawksby. »Sonst steht Ihr Wort gegen seines.«
»Ich hatte so eine Ahnung, dass Sie das sagen würden, Sir«, erwiderte Rebecca. »Deshalb habe ich mit DCI Warwicks Erlaubnis eine Woche Urlaub von meinen normalen Pflichten genommen und verdeckt ermittelt.«
»Zu welchem Zweck?«
»Um eine Woche lang das Leben unseres höchstrangigen Beamten der Royalty Protection zu verfolgen.«
William gestattete sich ein Lächeln, als Rebecca eine sogar noch dickere Akte aufschlug, die ebenfalls vor ihr lag. »Jeden Morgen zwischen acht und Viertel nach acht verlässt Milner sein Haus in Barnes und nimmt den Zug zur Victoria Station, wobei er seine Genehmigung als Polizist benutzt.«
»Was sein gutes Recht ist«, sagte Hawksby.
»Nach seiner Ankunft in der Victoria Station«, fuhr Rebecca fort, die sich nicht unterbrechen ließ, »geht er die halbe Meile nach Buckingham Gate zu Fuß. Wenn er einen Termin bei Seiner Königlichen Hoheit hat, geht er hinüber zum York House, wobei ihn häufig DI Reynolds, der Personenschützer des Prinzen, begleitet. Sobald Seine Königliche Hoheit York House verlässt, eilt Milner zurück nach Buckingham Gate. Bei zwei voneinander unabhängigen Gelegenheiten in jener Woche nahm er den Zug von Paddington nach Windsor, wobei er wiederum seine besondere Genehmigung benutzt hat. Nach seiner Ankunft ging er vom Bahnhof zum Schloss, verschwand in seinem Büro und wurde erst wieder gesehen, als er nachmittags gegen halb fünf den Zug zurück nach Barnes nahm. Während jener Woche ist er kein einziges Mal mit dem Taxi gefahren, was ihn aber nicht daran gehindert hat, 529 Pfund als Spesen geltend zu machen«, sagte Rebecca und reichte Hawksby vierzehn Belege mit Spesenforderungen zur Durchsicht. »Sie reichen nicht nur Spesenforderungen für Fahrten ein, die nie stattgefunden haben, sondern Milner und seine Kumpane kassieren insgesamt etwa eine Viertelmillion pro Jahr, ohne dass die Forderungen von irgendjemandem überprüft würden.«
Der Commander musterte eine Weile die Unterlagen mit den Ansprüchen. Schließlich sagte er: »Ausgezeichnete Arbeit, DC Pankhurst. Aber das genügt immer noch nicht. Was können Sie mir sonst noch anbieten?«
»Nichts mehr, Sir. Doch der Chief hat etwas gefunden, das eine Erklärung verlangt.«
Alle am Tisch wandten sich William zu.
»In der verschlossenen obersten Schublade von Milners Schreibtisch habe ich das hier gefunden«, sagte William und legte ein Blatt mit einer Spesenabrechnung vor den Commander.
»Was beweist das?«, fragte Hawksby, nachdem er mehrere Posten sorgfältig überprüft hatte.
»Wir sollten uns nicht die Ansprüche ansehen, die Milner geltend gemacht hat«, sagte William, »sondern das halb leere Spesenbuch, das auf jeder Seite seine Unterschrift trägt und nur darauf wartet, gefüllt zu werden. Er ist wie jemand am Roulettetisch, der weiß, auf welcher Zahl die Kugel landen wird. Er hat ein System perfektioniert, bei dem er immer gewinnt, selbst wenn die Kugel auf der Null landet.«
»Glauben Sie mir«, sagte Hawksby, »dieser Mann könnte es immer noch schaffen, sich herauszuwinden. Nein, ich brauche eine Silberkugel, die Milner nicht mehr in die Kammer zurückschieben kann.« Der Commander sah, wie auf Pauls Gesicht ein Grinsen erschien. »Sie waren ungewöhnlich still, DS Adaja. Darf ich annehmen, dass Sie mir gleich eine solche Kugel präsentieren werden?«
»Und die Waffe, mit der man sie abfeuern kann«, sagte Paul. »Sie werden mir jedoch nie glauben, was ich Ihnen gleich erzählen werde, Sir. Obwohl Sie bereits mit einigen der gerissensten Kriminellen auf diesem Gebiet zu tun hatten.«
»Hören Sie auf, meine Zeit zu verschwenden«, sagte Hawksby.
»Im vergangenen Monat habe ich ein spezielles Interesse an Sergeant Hicks entwickelt.«
»Und was ist so besonders an Sergeant Hicks?«
»Während der letzten elf Jahre war er der für das Ausland zuständige Verbindungsoffizier der Royalty Protection.«
»Wie faszinierend«, sagte Hawksby und unterdrückte ein Gähnen.
»Das wäre es in der Tat, Sir, wenn Sergeant Hicks existieren würde.«
Hawksbys Blick entsprach nicht unbedingt dem eines erfahrenen Pokerspielers. »Einzelheiten«, verlangte er und richtete sich kerzengerade in seinem Stuhl auf.
»Sergeant Hicks ist vor elf Jahren in Pension gegangen und ein paar Jahre darauf gestorben. Er wurde in seiner Kirchengemeinde in Sevenoaks beerdigt.«
»Sie haben natürlich den Beweis dafür?«
Paul zog ein Foto von Hicks’ Grabstein hervor und reichte es dem Commander.
NIGEL HICKS
1918 – 1981
»Sie wollen mir doch nicht sagen, dass …«
»Er erhält noch immer sein volles Gehalt und hat es irgendwie geschafft, letztes Jahr 70 000 Pfund an Spesen geltend zu machen, ohne jemals im Büro zu erscheinen.«
»Und die sind damit durchgekommen?«
»Es wäre möglich, dass Hicks in die Sache verwickelt war«, sagte William.
»Aber er ist gestorben.«
»Nicht nach dem, was die offiziellen Dienstpläne besagen.«
»Aber sicher hat irgendjemand …«, begann Hawksby.
»Genau das ist der springende Punkt, Sir«, meldete sich William wieder zu Wort. »Milner, Jennings und Reynolds waren alle in denselben Betrug verwickelt und nur zu glücklich, dabei ihren Schnitt zu machen. Hicks hat sogar noch sein eigenes Büro in Windsor mit seinem Namensschild an der Tür.«
»Und wie hat Milner erklärt, dass niemand sonst ihn je gesehen hat?«
»Er war, wie gesagt, der für das Ausland zuständige Verbindungsoffizier, weshalb er immer unterwegs war und die Orte inspiziert hat, welche die nachgeordneten Mitglieder der königlichen Familie bei einer zukünftigen Reise in jene Länder besuchen würden. Er hat Reisekosten für Städte geltend gemacht, die er nie besucht, und Übernachtungskosten für Hotels angeführt, in denen er nie übernachtet hat. Hinzu kommen regelmäßige Forderungen für Tätigkeiten außerhalb der üblichen Arbeitszeit und Überstunden. So wurden dem Gespenst eines ehemaligen Sergeant in den vergangenen elf Jahren über 270 000 Pfund an Lohn ausbezahlt und weitere 700 000 an Spesen. Ganz zu schweigen davon, dass er eine Million Flugmeilen angesammelt hat, ohne je ein Flugzeug bestiegen zu haben.«
»Was ist mit den Tickets der Flüge geschehen, die er niemals angetreten hat?«
»Einige haben die drei sich ausbezahlen lassen, andere wurden benutzt, wenn einer von ihnen in die Ferien geflogen ist. Sie alle haben während der letzten elf Jahre einige ziemlich exotische Orte besucht: Rio, Kapstadt, Mexiko, St. Petersburg …«
»Wie haben Sie das herausgefunden?«, fragte Hawksby mit bellender Stimme. Er konnte seine Wut kaum im Zaum halten.
»Ich bin schließlich in das Büro des verschwundenen Sergeant eingebrochen, Sir, wo ich gesehen habe, dass die Schränke leer waren.«
»Deshalb hat der Hund der Baskervilles in der Nacht nicht gebellt«, sagte der Commander. »Bravo, DS Adaja. Trotzdem fehlt mir noch der Zuckerguss auf meinem Kuchen, bevor ich dem Commissioner Bericht erstatte. Sagen Sie mir, wozu die drei ihr ergaunertes Geld benutzt haben. Denn es ist immer die Art, wie ein Krimineller sein Geld ausgibt, die ihn am Ende zu Fall bringt.«
»Drücken Sie den Abzug, DS Roycroft«, sagte William.
»Nachdem DS Adaja und DC Pankhurst genügend Material gesammelt hatten, um genau nachzuzeichnen, wie Milner vorging«, sagte Jackie, »habe ich mich an Ihren Rat gehalten und bin dem Geld gefolgt.«
»Und was haben Sie herausgefunden?«, fragte Hawksby.
»Milner hat ein Auto, einen Mercedes SI , das neueste Modell, das er bar bezahlt haben muss. Denn es gibt keine Hinweise darauf, dass irgendetwas außer seinem Gehalt als Superintendent auf seinem Konto eingeht. Deshalb könnte auch jemand versucht sein zu fragen, wie er sich ein dreistöckiges Haus direkt an der Gemeindewiese in Barnes leisten kann, dazu ein Landhaus in Berkshire auf einem fünf Morgen großen Grundstück und einen beträchtlichen Besitz auf Ibiza, den man nur als absolut nobel bezeichnen kann.«
Ein noch längeres Schweigen als zuvor folgte. Schließlich sagte Hawksby: »Wie hat er es nur geschafft, so lange damit durchzukommen?«
»Das war der leichteste Teil«, sagte William. »Denn bevor wir aufgetaucht sind, gab es niemanden, der sein Verhalten infrage gestellt hätte, und wenn Constable Jenny Smart es nicht als ihre Pflicht betrachtet hätte, DS Roycroft in die richtige Richtung zu weisen, hätten wir vielleicht noch Jahre gebraucht, um ihn festzunageln. Doch mit ihrer Hilfe«, fuhr William fort, »war das Team in der Lage, genügend Beweise zu sammeln, die zusammen mit DS Adajas Silberkugel dafür sorgen werden, dass Milner seinen Ruhestand nicht auf Ibiza, sondern zum Wohlgefallen Ihrer Majestät in einer Zelle in Belmarsh verbringen wird.«
»Eine andere Form des königlichen Schutzes «, sagte Paul.
Der Commander lächelte zum ersten Mal an diesem Morgen. »Sobald Sie Ihren Bericht eingereicht haben, DCI Warwick«, sagte er, »werde ich den Commissioner informieren, damit er alle Munition hat, die er braucht, wenn er seine Audienz beim Prince of Wales hat. Doch zunächst gratuliere ich Ihnen allen für die hervorragende Arbeit, die Sie geleistet haben. Aber wenn Ihnen die Sache um die Ohren fliegt, wird, so fürchte ich, DS Adaja alles ausbaden müssen.«
»Und wenn sich herausstellt, dass ich recht hatte?«, fragte Paul, nachdem sich das Gelächter gelegt hatte.
»Dann werde ich Milner und seine beiden Komplizen persönlich hinter Gitter bringen«, sagte Hawksby, »die ganze Anerkennung dafür einstreichen, DCI Warwick zum Superintendent befördern, ihm die Leitung der Royalty Protection übertragen und gerne damit einverstanden sein, dass DS Adaja uns immer wieder daran erinnert, dass er der führende Kopf hinter der Operation Abrechnungsschwindel war.«
Die übrigen Mitglieder des Teams erhoben sich und spendeten Paul warmherzig Beifall, als das Telefon auf dem Schreibtisch des Commanders zu klingeln begann. Hawksby nahm den Hörer ab. »Angela, ich sagte doch, keine Anrufe. Es sei denn, das Gebäude brennt.«
»Superintendent Milner ist am Apparat, Sir. Er sagt, dass er Sie dringend sprechen muss.«
»Sagen Sie ihm, dass die Hütte brennt«, erwiderte Hawksby und legte auf. Er sah zu William. »Anscheinend hat er bemerkt, dass sein Spesenbuch verschwunden ist.«