21

»Strahlend« war das Wort, das Ross in den Sinn kam, als er sie zum ersten Mal an jenem Morgen sah.

»Guten Morgen, Eure Königliche Hoheit«, sagte er, als er ihr die Autotür aufhielt.

»Guten Morgen, Ross«, erwiderte sie und stieg ein. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, Ihr Wochenende zu opfern. Ich hoffe, Jojo ist mir nicht allzu böse.«

»Sie hat es verstanden, Ma’am.«

Beide wussten, dass das nicht stimmte.

London an einem Samstagmorgen ohne Polizeieskorte zu verlassen, war für ihn wie für sie eine ungewöhnliche Erfahrung. An Ampeln warten zu müssen, die nicht automatisch auf Grün schalteten, anderen im Kreisverkehr die Vorfahrt zu überlassen und von anderen Autos überholt zu werden, gestattete Diana einen ihr nur selten möglichen Blick auf die reale Welt.

Ross schaute in den Rückspiegel und sah, wie sie in ihr Telefon sprach. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich auf das Wochenende auf dem Land freute. Verbringen würde sie es mit ihrem … Ross fand kein passendes Wort.

Nicht zum ersten Mal war Ross dankbar dafür, dass die hinteren Scheiben getönt waren. Wären sie es nicht gewesen, hätte es einen ununterbrochenen Strom von Gaffern in den anderen Autos gegeben, die versucht hätten, während des Fahrens Fotos zu machen – und das sogar manchmal, während sie selbst am Steuer saßen.

Obwohl er es nicht gerade genoss, das Wochenende auf dem Land mit dem »königlichen Emporkömmling« zu verbringen, wie William ihn nannte, war er sehr daran interessiert zu erfahren, wie Jamil Chalabis Landhaus aussah. Auf billige Weise glitzernd und vulgär, nahm er an. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Diana fragte: »Wann werden wir dort sein? Was glauben Sie, Ross?«

Er sah auf seine Uhr. »In etwa vierzig Minuten, Ma’am. Es könnte also sein, dass wir ein paar Minuten zu spät kommen.«

Und dann erwischte sie ihn unvorbereitet. »Sie mögen Jamil nicht, oder?« Ross fand keine passende Antwort. »Genau wie ich mir gedacht habe«, sagte sie, als sie Guildford erreichten.

Während sie langsam die Hauptstraße entlangrollten, sprach sie jenes eine Wort aus, das er am meisten fürchtete.

»Stopp«, sagte sie. Es war eher eine Anweisung als eine Bitte. Ihr früherer Personenschützer hatte Ross davor gewarnt, dass das immer dann geschah, wenn man es am wenigsten erwartete.

Ross bremste und parkte den Wagen auf einem einzelnen gelben Streifen. Er löste seinen Sicherheitsgurt, doch sie hatte das Fahrzeug bereits verlassen, bevor er ihre Tür erreichte. Ein Blick, und er wusste genau, wohin sie ging. Rasch folgte er ihr in einen Laden, wo sie sich umschaute, und ihre Augen leuchteten wie die eines Betrunkenen, der die einzige Bar in der Stadt gefunden hat.

Wo auch immer er hinsah, standen Handtaschen in allen Größen, Formen und Farben, die ihren Weg aus der ganzen Welt in eine Boutique in Guildford gefunden hatten. Ihre Königliche Hoheit war ohne jeden Zweifel im Paradies.

Zu Ross’ Erleichterung war niemand im Laden außer der jungen Frau hinter der Verkaufstheke, deren Mund weit offen stand, obwohl keine Worte herauskamen. Ihre Königliche Hoheit genoss die Pracht, die sie umgab, wobei sie noch immer unsicher war, wofür sie sich als Erstes entscheiden würde.

Rasch drehte Ross das »Geöffnet«-Schild um, sodass von außen jetzt »Geschlossen« zu lesen war, und bezog seinen Posten mit dem Rücken zur Tür – obwohl er schon nach wenigen Minuten würde akzeptieren müssen, dass jeder in Guildford wusste, wer gerade in die Stadt gekommen war.

Ihre Königliche Hoheit ließ sich Zeit, verschiedene Taschen genauer zu betrachten, die ihr Interesse geweckt hatten, wobei sie stets einen Blick hineinwarf, um sicher zu sein, dass diese den Bedürfnissen einer Prinzessin genügen würden. Oftmals bestand eines dieser Erfordernisse darin, dass die Tasche Platz für die »Rede des Tages« bot.

Sie war gerade im Begriff, ihre vorläufige Inspektion abzuschließen, als ein älterer Mann aus einem Büro im hinteren Teil des Ladens trat. Nachdem er die ganze Szene ein zweites Mal in sich aufgenommen hatte, stammelte er: »Guten Morgen, Eure Majestät«, und verbeugte sich tief aus der Hüfte heraus. »Gibt es irgendetwas, womit ich Ihnen helfen kann?«

»Vielen Dank. Ich finde es schwierig, mich zwischen diesen beiden zu entscheiden«, sagte Diana und stellte zwei Handtaschen auf die Verkaufstheke.

»Diese«, sagte der Mann und griff nach der ersten Tasche, »ist ein klassisches französisches Modell von Le Tanneur, einem Unternehmen, das seit fast einhundert Jahren besteht. Und diese hier ist eine Burberry. Eure Majestät werden mit der Marke vertraut sein, denn soweit ich weiß, schätzen Sie sie ganz besonders.«

Diana wandte sich an Ross. »Wenn Sie eine der beiden Taschen für Josephine hätten aussuchen müssen, welche wäre ihr lieber gewesen? Was meinen Sie?«

Ross verließ seinen Posten an der Tür und trat neben Ihre Königliche Hoheit an die Verkaufstheke. Sorgfältig musterte er die beiden Taschen und sagte schließlich: »Bitte denken Sie daran, dass Jo Französin war, und wenn es um Stilfragen ging, war sie stets der Ansicht, dass die Briten noch immer einiges zu lernen hatten, weshalb es keinen Zweifel daran geben kann, welche sie ausgewählt hätte.«

»Ich bin ganz ihrer Ansicht«, sagte Diana nach einem dritten Blick auf beide Taschen. »Ich werde diese nehmen«, bemerkte sie und reichte die Le Tanneur der jungen Frau, die noch immer kein Wort gesagt hatte.

»Eine ausgezeichnete Wahl, Eure Majestät, wenn ich so sagen darf«, erwiderte der Besitzer des Ladens und begann, die gewählte Tasche einzupacken.

Die nächste Bitte Ihrer Königlichen Hoheit konnte Ross nicht überraschen.

»Ich habe kein Geld bei mir, Ross. Wenn Sie also vielleicht so freundlich wären …?«

»Kein Problem, Ma’am.« Ross zog seine Brieftasche hervor und reichte nicht zum ersten Mal einem Verkäufer seine Kreditkarte.

Nachdem der Besitzer die Tasche verpackt hatte, eilte er zur Tür, öffnete sie und sagte: »Wir freuen uns schon darauf, Eure Majestät wiederzusehen«, gefolgt von einer noch tieferen Verbeugung.

Als Ross aus dem Laden trat, war er nicht überrascht, dass sich auf dem Bürgersteig eine große Menschenmenge versammelt hatte. Die Leute begannen, zu klatschen und Fotos zu machen, kaum dass Diana erschien, und eine besonders einfallsreiche Mutter hatte im Laden daneben einen Blumenstrauß gekauft, den ihre kleine Tochter hochhielt, als Diana vorbeiging. Diana beugte sich herab, nahm den Strauß entgegen und umarmte das Mädchen. So bekam die Mutter die Gelegenheit zu einem Foto.

Während Ross Ihre Königliche Hoheit zum Auto führte, äußerte er einem jungen Constable gegenüber, der die Situation im Auge behalten hatte, eine Bitte.

Diana winkte, als der Wagen startete und langsam durch die begeisterte Menge rollte, die auf die Straße geströmt war. Als Ross schließlich schneller fahren konnte, warf er einen Blick in den Rückspiegel und stellte zufrieden fest, dass der Polizist seiner Bitte gefolgt war. Der junge Mann hielt den Verkehr auf, um dafür zu sorgen, dass kein Auto sie verfolgen würde – was für einen Personenschützer der schlimmste Albtraum gewesen wäre.

Als sie die Stadt verließen und Ross gerade Dankbarkeit dafür zu empfinden begann, dass sie anscheinend ohne Schaden zu nehmen davongekommen waren, erklang ein Schrei von der Rückbank.

»Oh, Hilfe!«, sagte Diana. »Wir müssen zurückfahren.«

»Warum, Ma’am?«, fragte Ross, der nicht die Absicht hatte umzukehren, selbst wenn es sich um eine königliche Anweisung handelte.

»Er hat mir beide Taschen mitgegeben.«

»Das ist kaum überraschend, Ma’am«, sagte Ross.

»Wie hoch war die Rechnung?«

»Es gab keine Rechnung, Ma’am.«

»Wie soll ich ihn dann bezahlen?«

»Das haben Sie bereits, Ma’am.«

»Sie reden wirr, Ross.«

»Als Frank Sinatra letztes Jahr Neapel besucht hat, ist er mit seinen Leibwächtern in eine Pizzeria gegangen und hat eine Margherita bestellt, die inzwischen Sinatra genannt wird. Wie ich höre, stehen die Menschen seither Schlange vor dem Restaurant. Ich wette, dass keine einzige Tasche mehr in den Regalen stehen wird, wenn das Geschäft, das Sie gerade besucht haben, heute Abend schließt, und dass der Besitzer nie im Leben wieder Werbung machen muss.«

»Wir sollten solche Läden öfter aufsuchen.«

»Danke nein, Ma’am.«

»Ich könnte ihm zumindest eine Dankeskarte schicken. Haben Sie zufällig seinen Namen mitbekommen?«

»Ja, das habe ich. Aloysius.«

»Sie machen Witze.«

»Nein, Ma’am. Offensichtlich nennen ihn seine Freunde Al.«

»Und die junge Frau hinter der Verkaufstheke?«, fragte Diana, während sie sich eine Notiz machte.

»Ist seine Tochter Susan.«

»Wie haben Sie das nur herausgefunden?«

»Ich habe zwölf Jahre als verdeckter Ermittler gearbeitet, Ma’am.«

»Was für ein Glück ich doch habe, dass Sie jetzt für mich arbeiten, Ross«, sagte sie verschämt und legte ihren Terminkalender zurück in ihre Handtasche.

Ross war nicht anders als andere Männer. Obwohl er sich bemühte, lässig zu bleiben, schmolz er dahin.

Als sie von der Hauptstraße abbogen, überprüfte Ross noch einmal, ob ihnen jemand folgte. Doch da war niemand. Nach wenigen Meilen erreichten sie den pittoresken Weiler Chalfordbury, und kurz darauf näherten sie sich zwei reich verzierten Eisentoren, die die Zufahrt zu einem großen Landgut bildeten. Der Jaguar war noch einhundert Meter entfernt, als die Tore langsam aufschwangen. Ein Wachmann salutierte, während sie hindurchfuhren.

Eine gewundene Auffahrt führte durch einen dichten Wald und an einem großen See vorbei, und dann ragte ein mächtiger Lutyens-Landsitz vor ihnen auf, der sogar eine Prinzessin beeindrucken musste. Sie umrundeten schließlich einen Rosengarten in voller Blüte, bevor sie vor dem Haus anhielten.

Jamil Chalabi stand auf der obersten Treppenstufe, um sie in Empfang zu nehmen. Da sie mehr als eine Stunde zu spät waren, fragte sich Ross, wie lange er wohl gewartet haben mochte. Chalabi ging die Treppe hinab, um seinen königlichen Gast zu begrüßen, als Diana aus dem Auto stieg.

»Es tut mir so leid«, sagte Diana, als er sie auf beide Wangen küsste.

»Kein Problem«, erwiderte er und führte sie die Treppe hinauf ins Haus. »Ich bin einfach nur froh, dass du es geschafft hast.«

Als Ross das Haus betrat, war er überrascht, dass es keineswegs auf billige Weise glitzernd und vulgär war. Beth und William hätten zweifellos die Kunstsammlung bewundert, welche eine Galerie schmückte. Hatte er diesen Mann vielleicht falsch eingeschätzt?

Ein Butlergehilfe führte Ross von den beiden Hauptpersonen weg und über zahlreiche Umwege in den Westflügel, wo er ihn schließlich in einem beengten und kalten Zimmer zurückließ, das man nur als Unterkunft für einen Bediensteten bezeichnen konnte. Ross akzeptierte, dass Chalabi ihn genau als einen solchen betrachtete.

Nachdem er ausgepackt hatte, begab er sich auf eine Inspektion des Grundstücks. Zunächst schritt er die Grenze des Gutes ab, wofür er fast vierzig Minuten brauchte. Die drei Meter hohe Mauer aus Flintstein, die das Grundstück umgab, hätte sogar den entschlossensten Einbrecher abgeschreckt, von Anfängern ganz zu schweigen.

Ross stellte sich dem Wachmann am Eingangstor vor, den er von irgendwoher zu kennen glaubte. Es wurde ihm versichert, dass während der Wochenenden nie weniger als drei Wachleute Dienst hatten und zwar rund um die Uhr: einer am Tor und zwei, die auf dem Grundstück patrouillierten. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es keinen anderen Zugang zum Landsitz gab, ging Ross zurück zum Haus, wobei er nur kurz innehielt, um den mächtigen ovalen See zu betrachten, in dem man Asagi-Karpfen ausgesetzt hatte. Er hatte einmal gelesen, dass Asagi so wertvoll waren, dass ein einzelnes Exemplar bis zu eintausend Pfund kostete. Ross versuchte, nicht daran zu denken, wie viele von ihnen nötig waren, um einen See von solcher Größe zu füllen – noch eine Art, in der Chalabi seine Gäste auf subtile Weise daran erinnerte, wie reich er war.

Als Ross ins Haus zurückkam, gab es nirgendwo einen Hinweis auf Ihre Königliche Hoheit oder den Gastgeber, obwohl eine so große Anzahl von Bediensteten geschäftig umhereilte, dass man den Eindruck bekommen konnte, sie bereiteten ein Bankett vor und nicht das, wovon Ross bisher ausgegangen war, nämlich ein Abendessen tête-à-tête .

Ross betrat den Speisesaal, wo ein langer Eichentisch mit dem feinsten Wedgwood-Porzellan, Baccarat-Weingläsern und Silberbesteck für vierundzwanzig Gäste gedeckt worden war, sodass kaum mehr eine freie Fläche blieb. Eine einzelne hohe Vase mit weißen Orchideen beherrschte die Tischmitte.

Er musterte die Platzkarten und erkannte ein paar berühmte Namen sowie einige andere, die ihm vage vertraut vorkamen; von den meisten Personen aber hatte er noch nie gehört. Er nahm an, dass sie alle eines gemeinsam hatten: Sie waren hier, weil sie durch die Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheit an Chalabis Tisch beeindruckt werden sollten, damit der Hausherr später auf ihre Geneigtheit zählen konnte. Nicht zum ersten Mal dachte er voller Bedauern darüber nach, dass Diana, die in mancher Hinsicht so kultiviert sein konnte, bei anderen Gelegenheiten völlig naiv war. Doch er akzeptierte, dass er kaum etwas daran ändern konnte.

Ross verbrachte den Rest des Nachmittags damit, den Aufbau des Hauses gründlich zu studieren sowie alle Ein- und Ausgänge zu identifizieren. Als die Uhr in der Eingangshalle sechs schlug, kehrte er in sein Zimmer zurück, duschte und zog seinen Smoking an. Zwanzig Minuten bevor der erste Gast eintraf, bezog er diskret in einer Ecke der Eingangshalle Posten und blieb den ganzen Abend dort, ohne den Gästen zu nahe zu kommen. Alle paar Minuten wurden die erlesensten Weine und Teller um Teller voller Köstlichkeiten, bei denen einem das Wasser im Mund zusammenlief, an ihm vorbeigetragen – und aus dem überschäumenden Lärm und der munteren Plauderei, die sich während des Dinners erhoben, ließ sich unmissverständlich schließen, dass alle sich amüsierten, obwohl er daran zweifelte, dass die Veranstaltung dem entsprach, was Ihre Königliche Hoheit unter einer gelungenen Samstagnacht verstand. Er kehrte erst wieder in sein Zimmer im Westflügel zurück, nachdem der letzte Gast gegangen war.

Ross ließ die Vorhänge in seinem Zimmer offen und lehnte das Fenster nur an, damit der morgendliche Chor der Vögel ihn als einen der Ersten wecken würde.

Kurz vor eins ging er zu Bett und schlief rasch ein.

Ross hatte geduscht und sich rasiert und wollte gerade frühstücken gehen, als ein diskretes rotes Lämpchen am Telefon neben seinem Bett zu leuchten begann. Er griff nach dem Hörer und stellte überrascht fest, dass Ihre Königliche Hoheit bereits wach war. Doch bevor er ein Wort sagen konnte, erkannte er Chalabis Stimme und schwieg.

»Die Leute wurden angewiesen, Sie am Tor in Empfang zu nehmen, aber sobald Sie auf dem Grundstück sind, sollten Sie sich rar machen, denn Dianas Personenschützer wird sich dort herumtreiben. Nichts würde ihm mehr Vergnügen machen, als Sie rauszuwerfen, und es steht nicht in meiner Macht, ihn davon abzuhalten.«

»Ich kenne diesen Bastard nur zu gut«, antwortete eine zweite Stimme, die Ross sofort erkannte. »Er hat mir mal das Knie in die Eier gerammt, und sollte er mich erwischen, würde er mich mit dem größten Vergnügen über die Mauer werfen.«

»Glauben Sie, dass wir es morgen auf die Titelseiten schaffen?«, fragte Chalabi.

»Ja, und auf jede Menge Seiten im Innenteil«, versprach die zweite Stimme. »Aber ich würde nicht empfehlen, dass Sie Lady Di die Zeitungen beim Frühstück lesen lassen, oder Sie wären erledigt.«

»Machen Sie sich keine Sorgen. Sie wird schon lange vorher verschwunden sein.«

»Wann werden Sie sie wiedertreffen?«

»Am Donnerstag in Harry’s Bar um acht. Seien Sie dort«, sagte Chalabi, bevor er auflegte.

Als das Licht erlosch, hatte Ross plötzlich eine sinnvolle Aufgabe – er musste dafür sorgen, dass kein Foto von diesem Wochenende in irgendeiner Morgenzeitung erschien.

Ross ging über die rückwärtige Treppe nach unten und nahm in der Küche ein rasches Frühstück zu sich. Obwohl er gelegentlich mit fragenden Blicken bedacht wurde, wollte niemand explizit wissen, warum er einen schwarzen Trainingsanzug und schwarze Turnschuhe trug.

Nachdem er seinen Orangensaft getrunken hatte, verschwand er durch die Hintertür und ging mit schnellen Schritten zum Waldrand. Von seinem Versteck aus konnte er sehen, wie Ihre Königliche Hoheit gemeinsam mit ihrem Gastgeber ihr Frühstück auf der Terrasse genoss. Es war nicht schwierig herauszufinden, wo sich die Schusslinie für einen Attentäter oder einen Paparazzo befand. Trotzdem würde er all seine Fertigkeiten nutzen müssen, um diesen besonderen Fotografen zu überraschen, nachdem er wusste, dass er nach ihm Ausschau halten musste.

Vorsichtig schlich Ross über den Rasen zu einer alten Eiche auf der gegenüberliegenden Seite des Sees und kletterte hinauf wie ein Schuljunge, bis er einen Ast erreicht hatte, der so dick war, dass er sich darauf setzen konnte. Er zog sein Monokular aus der Tasche und verschaffte sich einen Überblick über das Angriffsgebiet. Es dauerte eine Zeit lang, bis er den Fotografen entdeckt hatte, denn dieser war geschickt getarnt und die Stelle, an der er sich aufhielt, gut verborgen. Obwohl er sein Gesicht und seine Hände geschwärzt hatte und einen grün-braunen Wollhut trug, verriet kurz aufblitzendes Sonnenlicht in dem langen Objektiv, das unter einem Busch hervorragte, seinen Standort.

»Hab ich dich«, murmelte Ross. Er steckte das Monokular ein, kletterte den Baum hinab und schob sich vorsichtig auf die Mauer zu, wobei er darauf achtete, außer Sichtweite zu bleiben. Alle seine Sinne waren geschärft, während er den Rand des Grundstücks abschritt, bis er schließlich einen Fuß aus einem Busch ragen sah.

Ross kauerte sich zusammen und rückte noch langsamer vor, wobei er darauf achtete, nicht das kleinste Geräusch zu machen. Das Knacken eines Zweiges würde so laut klingen wie ein Schuss. Als er weniger als zehn Meter entfernt war, legte er sich flach auf den Boden und schob sich wie ein Raubtier, das seine nächste Mahlzeit erspäht hatte, noch langsamer voran. Dabei ließ er sein Ziel keine Sekunde aus den Augen.

Er hielt inne, als er das Klicken des Auslösers hörte. Klick, klick, klick . Nur noch wenige Meter. Klick, klick , und dann die letzten Zentimeter, klick , bevor er sich auf Hände und Knie hochdrückte. Er holte tief Luft, sprang nach vorn und packte den Mann bei den Fußknöcheln, bevor er ihn kurzerhand aus dessen Versteck riss.

Als der Mann sah, um wen es sich handelte, sagte er: »Verpissen Sie sich, Inspector. Ich wurde hierhergebeten, Sie nicht.«