Kapitel 42

La Palma

D ost hatte Kontakt zu Sebastian Krüger aufgenommen und wenig später kommunizierten sie über einen sicheren Chat-Room im Dark Net.

„Sebastian, wie kann Redemptio die Elektronik von Fahrzeugen manipulieren, wenn deren Fahrer niemals straffällig geworden sind und dementsprechend nicht auf dem Radar des Programmes auftauchen dürften?“

Krüger lachte. „Also, wenn ich der Entwickler dieses Programmes gewesen wäre, hätte ich ihm einen Selbstschutz programmiert. Soll heißen, dass das Programm nicht nur nach potentiellen Straftaten Ausschau hält, sondern auch nach Ereignissen oder Personen, die Redemptio selbst gefährlich werden könnten.“

„Und wenn das Programm eine solche Gefahr erkennt, was tut es dann?“, wollte Lasker wissen.

„Alles was nötig ist, um Schaden von sich abzuwenden.“

„Auch Mord?“, fragte Dost fassungslos nach.

„Wir reden über eine Maschine, die hat keine Emotionen. Deshalb existiert für sie sowas wie Mord überhaupt nicht. Ihr Verstand besteht nur aus Nullen und Einsen. Ihr Handeln ist einzig auf Ursache und Wirkung ausgerichtet. Moralische Bedenken gibt es da nicht. Wissen Sie, deshalb haben schlaue Wissenschaftler schon vor Jahrzehnten den Rat gegeben, einer künstlichen Intelligenz Regeln aufzuerlegen.“

„Was für Regeln?“, wollte Lasker wissen.

„Regeln, die verhindern sollen, dass die künstliche Intelligenz auf den Gedanken kommen könnte, der Mensch wäre überflüssig.“

„Du meine Güte …“, sagte Lasker leise.

„Wenn das, was Sie da behaupten, tatsächlich zutrifft, dann hat man Redemptio diese Regeln nicht einprogrammiert. Denn das Programm lernt und erweitert seine Zugriffsrechte. Und das ohne irgendwelche Hürden. Nun hat es nicht mehr nur bekannte Straftäter im Visier, sondern alle.“

„Wie alle ?“, wollte Dost wissen.

„Jeden registrierten Menschen in Deutschland. Einfach alle.“

„Aber das kann das Programm doch nicht alleine entscheiden“, rief Lasker.

„Na ja, ich denke, dass …“

Krüger kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Es ertönte ein lauter Knall und die Verbindung wurde unterbrochen.

Lasker und Dost sahen sich ratlos an.

Plötzlich weiteten sich Dosts Augen. „Raus hier!“, schrie er. „Sofort!“

Sie sprangen auf und rannten um ihr Leben.

Raus auf den Innenhof.

Gehetzt sah Dost sich um.

„Los“, brüllte er Lasker an. „In den Pool!“

Beide sprangen ins Wasser.

Bruchteile von Sekunden später explodierte der Gastank in einem gigantischen Feuerball, der eine Höhe von achtzig Metern erreichte. Die Bruchstücke des Tanks verwandelten sich in tausende messerscharfe Schrapnelle, die mit einer Geschwindigkeit von über eintausend Kilometer pro Stunde umherflogen. Sie verteilten sich in einem Radius von sechshundert Metern rund um den Explosionsort.

Von der Finca blieb nur ein qualmender Trümmerhaufen übrig.