Kapitel 24

C heyenne rannte zehn Minuten lang im Drowtempo und hielt am Rande der Henry County-Grenze an. Bäume ächzten und Äste knickten in der Schockwelle ihres Vorbeirennens, als sie schließlich direkt an der Hauptstraße anhielt. Mit sich vor Anstrengung hebender Brust schaute sie sich auf der leeren Straße um. Der Wald um sie herum war still, bis auf die letzten Grillen, die bis zum ersten Kälteeinbruch des Herbstes mitten in der Nacht durchhielten.

»Scheiße.« Sie stapfte von der Straße in die Bäume, zog ihr Handy heraus und musste warten, bis es sich einschaltete. Als es an war, leuchtete auf dem Display nicht nur ihr Startbildschirm auf, sondern auch die schnell scrollenden Datenzeilen, die Elarits Aktivator erfasste. »Was?«

Die Halbdrow riss den Aktivator praktisch von der empfindlichen Haut hinter ihrem Ohr und zischte wegen des scharfen Schmerzes. Ihre Augenlider flatterten und sie blinzelte den Schmerz weg, bevor sie die Metallspule in ihre Tasche steckte. So viele Dinge, die nicht passieren sollten, sind einfach passiert. Hoffentlich hat jemand eine Erklärung dafür.

Es war jetzt viel einfacher, sich auf ihr Mobiltelefon zu konzentrieren und sie rief Corians Nummer auf, bevor sie sich das Handy ans Ohr hielt. Er nahm nach dem ersten Klingeln ab.

»Wo zum Teufel bist du?«

»Henry County.«

»Was

Cheyenne leckte sich die Lippen und stieß einen langen, langsamen Atemzug aus, um sich zu beruhigen. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich war mit Persh’al und den anderen zusammen und dann ist der ganze Ort einfach … Hat er es zurückgeschafft? Ist er da?«

»Er ist hier. Cheyenne, bist du okay?«

Sie drehte sich wieder und suchte die dunklen Bäume im Sternenlicht ab. »Ja, mir geht’s gut, glaube ich. Bin nur verdammt verwirrt.«

»Hör zu, schick mir einfach deinen Standort als SMS. Ich hole dich dann ab.«

»Wie hat es das gemacht , Corian? Es hat mich einfach hochgehoben und …«

»Cheyenne. Hey.«

»Ja.«

»Dein Standort. Okay?«

»Gut.« Sie legte auf, ohne weiter darüber nachzudenken und rief ihr GPS auf, bevor sie ihm den Link schickte. Dreißig Sekunden später öffnete sich ein dunkler, schimmernder Kreis in der Luft über der Mitte der Straße. Corian trat auf halbem Weg hindurch, um nach ihr zu suchen und Cheyenne joggte aus den Bäumen, um ihm entgegenzukommen.

»Komm schon.« Er griff nach ihr, führte sie mit einer Hand an ihrem Rucksack und beäugte die Straße, bevor sie beide zurücktraten.

»Oh, Scheiße.« Persh’al ging in der Mitte des Lagerhauses auf und ab. Er blieb stehen, als Cheyenne und Corian durch das Portal traten, das sich mit einem leisen Knall hinter ihnen schloss. »Scheiße!«

Er rannte auf sie zu und packte sie an den Schultern. Cheyenne zuckte zusammen und riss sich von ihm los, dann warf sie einen genauen Blick auf ihre Arme. Ihre Ärmel waren zerfetzt, die Haut darunter aufgeschlitzt und so stark blutend, dass Persh’al sie sofort losließ und sich die blutverschmierten Hände an den kahlen Kopf schlug.

»Mir geht’s gut.« Cheyenne streckte ihre Arme aus und verzog das Gesicht. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Wahrscheinlich.«

»Es ist schlimm, Kleine.« Corian nickte und Lumil rannte von der anderen Seite des Lagers auf sie zu und schob einen Bürostuhl auf Rädern vor sich her.

Cheyenne befreite sich von ihrem Rucksack und betrachtete den Stuhl und die dunklen Blutflecken auf der Polsterung.

Lumil wurde langsamer, warf einen Blick auf den Stuhl und zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn desinfiziert.«

»Toll.« Die Halbdrow ließ sich in den Stuhl fallen und kniff die Augen zusammen. Wenigstens fesseln sie mich nicht für ein Verhör, wie sie es mit dem letzten Kerl auf diesem Stuhl gemacht haben.

Sie zitterte und klapperte mit den Zähnen, als sie eine Schüttelfrostwelle überkam.

Corian stand neben dem Stuhl und führte sie sanft dazu, sich nach vorn zu beugen. »Zieh das Oberteil aus, Cheyenne.«

»Was?«

»Was auch immer das war, es hat dich überall erwischt. Zieh es aus.«

Persh’al schluckte und wandte sich ab. Zähneknirschend hob Cheyenne so viel wie möglich von ihrem zerfetzten Shirt über den Kopf und Corian half ihr schnell mit dem Rest des Oberteils.

Sie blickte auf ihre fast nackte Brust und ihren Bauch hinunter, die von Hunderten von winzigen Einstichwunden mit Blut verschmiert waren. Ihre Zähne klapperten wieder und Corian musterte sie genau, bevor sie auf ihren Rucksack zeigte. »Ist da die Salbe drin?«

»Ja.«

»Persh’al, hol sie.«

Der Troll trat zur Seite und versuchte, die halb nackte Cheyenne nicht anzusehen, während er nach ihrem Rucksack griff.

Cheyenne verdrehte die Augen und lachte leicht, obwohl der Rest von ihr schnell taub wurde. »Alter, du hast sicher schon Schlimmeres gesehen als eine Drow im BH. Hol einfach den verdammten Behälter.«

Er sah sie stirnrunzelnd an, schnaubte und bewegte sich viel schneller als vorher. Das Glas mit der Schwarzzungensalbe kam zum Vorschein, ihr Rucksack landete auf dem Boden und dann hielt Corian den großen, braunen Glasbehälter und schraubte den Deckel ab.

Cheyenne schaukelte im Bürostuhl nach vorn und ihre Augenlider flatterten erneut, als eine weitere Welle von Schüttelfrost über sie hereinbrach und sie frösteln ließ.

»Hier.« Byrd erschien wie aus dem Nichts mit einer Handvoll Handtücher, aber Corian schob ihn beiseite.

»Wir haben keine Zeit. Persh’al, ich brauche zusätzliche Hände.«

»Meine?«

»Jetzt!«

Persh’al sprang auf sie zu und das Letzte, was Cheyenne sah, waren vier Hände, die sich nach ihr ausstreckten. Zwei davon waren mit gelbbraunem Fell überzogen, zwei waren hellblau und bedeckt mit klebriger, weißer Heilsalbe. Eine Sekunde später wurden ihre Arme von jemandem, den sie nicht sehen konnte, sanft nach vorn gezogen. Dann tat die Schwarzzungensalbe ihre Wirkung.

Ihre Arme fühlten sich an, als stünden sie in Flammen, die den ganzen Hals hinaufloderten und auf ihre Wangen übergingen. Cheyenne schrie auf und wippte auf dem Stuhl zurück.

»Mach weiter«, murmelte Corian.

»Ernsthaft?«

»Wenn sie noch mehr Blut verliert, sind wir in Schwierigkeiten. Mach weiter.«

Cheyennes Zähne klapperten wieder, obwohl sie ihren Kiefer gegen die Qualen in ihren Armen zusammenpresste. Wenn ich nicht in diesem Lagerhaus verblute, wird mich diese verdammte Salbe umbringen.

Corian packte sie an ihren glühenden Schultern und seine braune Stirn legte sich besorgt in Falten. »Tut mir leid.«

Selbst wenn sie in der Lage gewesen wäre zu sprechen, hätte sie nicht die Zeit gehabt, ihn zu fragen, was er da tat. Der Nachtpirscher drückte auf ihre Schultern und Cheyenne konnte nicht anders, als sich über ihren Schoß zu beugen. Dann bedeckten seine Hände die blutenden Einstichwunden auf ihrem Rücken und eine neue Welle sengender Qualen überrollte sie. Der Schmerz pulsierte ihre Wirbelsäule und ihren Hals hinauf, wie ihre Drowmagie es immer tat und drang in ihren Kopf ein.

»Verdammt.«

Persh’al flüsterte irgendwo in ihrem Hinterkopf, aber das schien von ihrem Körper abgekoppelt zu sein. Ich schreie. Ich bin gerade in diesem Moment dabei, zu schreien.

Der Rest der Schwarzzungensalbe war schnell aufgetragen, aber Cheyenne konnte nicht mehr sagen, wo sie war und wie viel mehr benötigt wurde. Sie sackte wieder über ihren Schoß zusammen, keuchte und blinzelte die Tränen weg. Schließlich erlosch das Brennen, das über jeden Zentimeter ihrer Haut raste, als die heilende Salbe ihre Arbeit beendete. Die Einstichwunden des Zwischenmonsters verheilten von innen heraus und der einzige Beweis für ihre Existenz waren die Blutflecken auf ihren Armen, ihrer Brust und ihrem Rücken.

Cheyenne holte tief Luft und fuhr sich mit den Händen durch ihr weißes Haar. Dann stützte sie die Ellbogen auf die Knie und hielt sich den Kopf, weil sie noch nicht bereit war, die Augen zu öffnen.

»So.« Corian nickte und trat einen Schritt zurück, um sie zu beobachten. »Gute Arbeit, Cheyenne.«

Sie atmete aus und schüttelte den Kopf.

»Alles in Ordnung, Kleine?« Persh’al trat auf ihren Stuhl zu und sie sah ihn mit glasigen Augen an.

»Klar. Solange ich das nicht noch mal tun muss.«

Corians Mund verzog sich zu einem grimmigen Lächeln. »Ich glaube nicht, dass wir etwas übersehen haben.«

Lumil kam mit einer Wasserflasche zurück und öffnete sie, bevor sie sie mit unsicheren, weit geöffneten, gelb-orangefarbenen Augen der Halbdrow reichte.

»Danke.« Cheyenne stürzte die Hälfte des Wassers herunter und ignorierte die Bäche, die ihr aus dem Mund liefen, als ihre Hand zu zittern begann. Sie wischte sich das Kinn ab und setzte sich im Stuhl auf. »Was jetzt?«

»Jetzt kannst du uns sagen, was passiert ist.« Corian verschränkte die Arme und musterte sie.

»Ich weiß nicht, was passiert ist.« Cheyenne begegnete Persh’als Blick. Der blaue Troll schüttelte den Kopf. Niemand weiß es .

Corian beobachtete ihren Austausch und räusperte sich. »Fang damit an, wann ihr getrennt wurdet.«

»Das ist so ziemlich alles, woran ich mich erinnern kann. Wir haben die Orks durch das Tor zu dem Gebiet auf der anderen Seite gebracht.«

»Res 17.«

»Okay. Dann haben diese Dinger wieder Persh’al und mich angegriffen. Ich habe …« Ihre Augen weiteten sich und sie griff in ihre Tasche, um die silberne Spule von Elarits Aktivator herauszuziehen. »Das hier hatte ich immer noch an und ich habe etwas in diesen Monstern gesehen. Es war nicht wie ein Code, nur ein Haufen blinkender Lichter und Symbole. Das Ding konnte sie nicht für mich übersetzen, aber ich glaube, die Kreatur, gegen die ich gekämpft habe, wusste, dass ich es hatte. Dass ich in ihre Haut sehen konnte.« Sie schaute Corian an und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, sie wollte sichergehen, dass ich es nicht mit auf die Erde nehmen kann.«

Die Augen des Nachtpirschers verengten sich, als sein Blick auf die Spule zwischen ihren Fingern fiel. »Woher hast du das?«

»Von einem deiner Freunde, die sich unter der Stadt verstecken.« Cheyenne zwang sich, Persh’al nicht anzusehen, obwohl sie spürte, wie er sie ansah. Wenn jemand über Elarit spricht, dann sollte er es sein. »Es sollte doch nur ein vorübergehendes Geschenk sein, oder? Denn mit dieser Technik kommt man nicht rüber.«

»Nein, kommt man nicht.« Corian rümpfte die Nase und nickte. »Erzähl weiter.«

»Ich meine, das war es eigentlich schon. Die Monster wussten, dass ich das getragen habe und das eine hat Persh’al ignoriert und mich stattdessen angegriffen. Deswegen wurde ich in Stücke gerissen.« Cheyenne deutete auf ihren blutverschmierten Körper und zuckte mit den Schultern. »Dann waren wir nicht mehr an der Portaltür. Das Zwischending hat mich woanders abgesetzt, ich habe diesen verdammten Tausendfüßler in Stücke gesprengt und eine andere Tür ist einfach aus dem Nichts aufgetaucht.«

»Und sie hat dich zu dem Portal auf dem Grundstück deiner Mutter gebracht.«

»Ja.«

Corian rieb sich den Mund und betrachtete stirnrunzelnd die Spule in ihrer Hand. »Hat dich jemand gesehen?«

»Ich meine, das ganze FRoE-Team hat gesehen, wie jemand aus dem Portal gerannt ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie damit beschäftigt waren, die Arschlöcher abzuwehren, die versucht haben, nach mir durchzukommen. Aber Rhynehart hat mich gesehen und definitiv erkannt.« Als Corian und Persh’al sie ausdruckslos ansahen, fügte Cheyenne hinzu: »Der Teamleiter. Er ist derjenige, mit dem ich am meisten zusammenarbeite, schätze ich. Aber ich habe mich darum gekümmert.«

»Du hast dich darum gekümmert.« Der Nachtpirscher stöhnte. »Cheyenne …«

»Nein, ich meine, ich habe ihn k.o. geschlagen. Das war’s. Der Aktivator hat mir die Möglichkeit gegeben und ich habe sie genutzt. Er ist umgefallen, ich konnte da raus und habe dich angerufen.«

Persh’al blieb der Mund offen stehen und er machte zwei ungläubige Schritte zurück.

»Du hast den Aktivator benutzt ?« Corians Frage kam kaum lauter als ein Flüstern heraus. »Auf dieser Seite?«

»Ja.« Cheyenne schaute ihm in die silbernen, glühenden Augen und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß.«

Ein leises Kichern ertönte aus dem hinteren Teil des Lagerhauses. Corian und Persh’al traten voneinander weg und drehten sich um, sodass Cheyenne einen freien Blick auf L’zar hatte, der in der offenen Tür des quadratischen Büros stand, das zum Gästezimmer umfunktioniert worden war. Sie alle starrten den Drow an, der die Aktivatorspule in Cheyennes Hand fixierte. L’zars Kichern wurde lauter, dann warf er den Kopf zurück und stieß ein raues, unkontrolliertes Gackern aus. Er stürzte nach vorne und stützte sich mit je einer Hand auf beiden Seiten des Türrahmens ab.

»Scheiße.« Persh’al rieb sich den Kopf und warf Cheyenne einen kurzen Blick zu. »L’zar?«

Der Drow lachte einfach weiter, seine glühenden, goldenen Augen weit aufgerissen und verrückt.

Cheyenne hob ihr Kinn und blickte ihn von dem mit ihrem Blut bedeckten Bürostuhl aus an. »Findest du das lustig?«

Ihr Vater lachte weiter und krümmte sich vor Lachen bei seinem ersten Schritt aus der Türschwelle.

»Ist das sein Ernst?« Cheyenne sah Corian an, aber der Nachtpirscher kratzte sich nur hinter seinem zuckenden Ohr und wandte den Blick ab. Sie sprang aus dem Stuhl und stolperte nach vorne, als er über den Boden von ihr wegrollte. »Ich hätte es fast nicht rausgeschafft, mein Körper wurde von dieser Salbe komplett neu zusammengeflickt und du kannst nur lachen?«

L’zar schüttelte den Kopf und lehnte sich wieder gegen den Türrahmen. Er wischte sich die Tränen aus den Augen, als sein Lachen wieder in ein Kichern umschlug.

Er stand schon da, als ich ankam und hat nicht einmal versucht zu helfen.

»Hör auf damit.« Sie funkelte ihn an und der Drow zeigte mit einem weiteren Kichern auf sie.

»Cheyenne.« Ein weiteres scharfes Lachen brach aus ihm heraus, als er sich wieder vom Türrahmen wegdrückte.

»Weißt du was? Fick dich!« Cheyenne zeigte ihrem verrückten Vater den Mittelfinger und schnappte sich ihr zerfetztes, blutiges Hemd vom Boden. Sie stopfte es in ihren Rucksack, zog den dicken Kapuzenpulli heraus und warf sich den Rucksack über die nackte Schulter. »Ich werde nicht hier sitzen, damit du mich auslachen kannst. Ich bin fertig.«

Corian schritt auf sie zu. »Warte einen Moment.«

»Nein. Das Arschloch ist verrückt. Ihm ist es scheißegal, was mit mir passiert und ich werde nicht alles, was ich habe, für jemanden aufs Spiel setzen, der das tut, wenn die Dinge schieflaufen.« Sie knurrte Corian an und zeigte auf L’zar. »Er wird uns noch alle umbringen. Vergiss es.«

Sie riss Corian das braune Glasgefäß mit der Salbe aus der Hand und stürmte durch das Lagerhaus zur Eingangstür. Ich muss hier raus.

»Cheyenne.« L’zar lachte wieder, aber sie drehte sich nicht um. »Stopp.«

»Halt die Fresse.«

Ein lauter Knall erfüllte das hintere Ende der Lagerhalle und ein grauweißer Fleck raste mit einem weiteren Knall an ihr vorbei. L’zar tauchte mit erhöhter Geschwindigkeit vor ihr auf und wehte ihr mit der Schockwelle die Haare aus dem Gesicht. Er hatte aufgehört zu lachen und grinste stattdessen auf sie herab, wobei seine goldenen Augen über ihr Gesicht wanderten. Seine Hand griff nach ihrer Wange, als wolle er ihr das Haar hinters Ohr streichen. »Du wirst nicht gehen.«

»Du kannst mir gerne dabei zusehen.« Cheyenne schlug seine Hand weg und trat um ihn herum.

»Das war keine Bitte.«

»Ich lasse mir von niemandem etwas befehlen, schon gar nicht von dir.« Gerade als sie die Tür erreichte, traf sie ein dunkler Lichtblitz an der Schulter und schleuderte sie zur Seite. Cheyenne knurrte und wirbelte herum, um sich ihm zu stellen.

L’zars Lächeln war verschwunden und er neigte warnend den Kopf. »Wir sind noch nicht fertig.«

»Oh, doch, das sind wir.« Sie ließ ihren Kapuzenpulli fallen, als sie sah, wie er in Drowgeschwindigkeit wechselte und kam ihm eine Sekunde zuvor, als seine Hand auf ihrer Schulter landete. Sie schlug sie zur Seite, lehnte sich von ihm weg und zischte: »Fass mich nicht an.«

»Ich werde dich nicht gehen lassen.«

»Das kannst du dir nicht aussuchen!«

L’zar griff nach ihr und versuchte, sie von der Tür wegzuziehen. Cheyenne duckte sich zur Seite und schlug ihm einen rechten Haken ins Gesicht. Seine langen, schlanken, grauen Finger umklammerten ihr Handgelenk, um sie aufzuhalten und drückten zu, während er sie angrinste. »Solange du deinen Marandúr nicht auf den Rahalma legst, habe ich immer noch das Sagen, Aranél

Ihre goldenen Augen weiteten sich bei dem letzten Wort, das sie nicht verstand und dem wachsenden Druck um ihr Handgelenk. Lilafarbene und schwarze Flammen loderten hinter ihnen auf. »Fass mich nicht an!«

Schwarzes Feuer flammte auf ihrer Haut auf. Sie riss ihr Handgelenk aus L’zars Griff und schlug ihm stattdessen mit der Faust in den Bauch. Die Flammen verzehrten ihn und schleuderten ihn quer durch das Lagerhaus, was sie beide aus ihrer erhöhten Geschwindigkeit riss.

Persh’al duckte sich und sprang zur Seite. Corian beobachtete, wie L’zar zur hinteren Wand segelte, dann blieb der von schwarzem Feuer umhüllte Drow in der Luft stehen und schwebte. Cheyennes Flammen peitschten um ihn herum und warfen dunkle Schatten in den spärlich beleuchteten Raum. Ein weiteres Lachen drang aus seiner Kehle. Das schwarze Feuer wich zurück und enthüllte einen unverletzten L’zar Verdys, der langsam zurück auf den Boden schwebte.

Persh’al erhob sich langsam aus seiner Hocke. Lumil und Byrd drückten sich an die gegenüberliegende Wand und sahen die Halbdrow schockiert an.

Als L’zars Füße den Boden berührten, atmete er tief durch die Nase ein, stieß die Luft wieder aus und lächelte breit. »Das war exquisit, Cheyenne.«

Sie fixierte ihn und warf einen kurzen Blick auf Corian, bevor sie wieder ihren Vater ansah. »Du bist wahnsinnig.«

»Wahrscheinlich.« Ein dunkles Licht blitzte hinter seinen leuchtenden, goldenen Augen auf. »Und du bist viel mehr, als ich je erwartet habe.«

Cheyenne schnaubte und schüttelte den Kopf. »Sieht so aus, als müsstest du deine Erwartungen erhöhen.«

Sie wandte sich wieder der Tür zu.

»Ich habe nicht über dich gelacht«, rief er ihr nach.

Der Türgriff sprühte Funken und schickte orangefarbene Magie auf ihren Arm, als sie ihn berührte. Zischend riss Cheyenne ihre Hand zurück, schüttelte sie aus und biss die Zähne zusammen. »Lasst mich raus!«

»Du kannst gehen, wenn wir unser Gespräch beendet haben. Es tut mir leid, was du in der letzten Stunde erleben musstest, Cheyenne und ich würde gerne über das Stück Technologie sprechen, das du von der anderen Seite mitgebracht hast.«

»Du kannst es haben.« Sie warf die silberne Spule quer durch den Raum und L’zar fing sie geschickt auf.

Ohne sie anzusehen, reichte er sie Persh’al und wartete.

Der blaue Troll drehte die Spule in seinen Händen um. »Unglaublich.«

»Durchaus.« L’zar verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und lächelte Cheyenne noch immer an.

Corian sah den Drow stirnrunzelnd an und machte sich auf den Weg zur Vordertür, wobei er Persh’als Tische umging. Vor Cheyenne blieb er stehen und senkte seine Stimme. »Geht es dir gut?«

»Nicht, solange ich mit diesem Arschloch hier drin gefangen bin.«

Er warf einen Blick über die Schulter, dann beugte er sich zu ihr und schaute an ihr vorbei auf die leere Wand. »Wir müssen wissen, was mit dir zwischen den Portalen passiert ist. Wie du es geschafft hast, den Aktivator intakt zu lassen. Das ist für uns alle von großer Bedeutung, Cheyenne. Was auch immer zwischen dir und L’zar passiert ist …«

»Es ist nichts passiert«, zischte sie.

»In Ordnung. Aber hör mir zu, okay? Ich bin sicher, dass das, was du in Ambar’ogúl gesehen hast, mehr als genug war, um dir zu zeigen, womit wir hier konfrontiert sind. Womit jeder hier konfrontiert ist. Wir brauchen immer noch deine Hilfe und du musst deine Wut beiseiteschieben, damit wir das schaffen können, was wir tun müssen.«

Cheyenne drehte ihren Kopf, um ihn anzustarren und der Nachtpirscher begegnete schließlich ihrem Blick. »Er hat keinen Finger gerührt, um mir zu helfen, also warum zum Teufel sollte er weiter kämpfen, um alle anderen auf dieser Seite zu schützen?«

Corian zog die Augenbrauen hoch. »Wenn es ihm egal wäre, Cheyenne, hätte er dich gehen lassen.«

Sie holte tief Luft und sah ihn wütend an. Ja, das habe ich schon mal gehört, aber Moms Argumentation war viel überzeugender. »Ich bleibe nicht hier, um mit ihm Spielchen zu spielen.«

Der Nachtpirscher neigte den Kopf als Anerkennung und lächelte leicht. »Nach dieser kleinen Vorführung glaube ich auch nicht, dass er an einem solchen Spiel mit dir interessiert ist.«

Cheyenne blickte durch das Lagerhaus zu L’zar, der mit hinter dem Rücken verschränkten Händen regungslos dastand. Seine Augen waren jetzt geschlossen und er runzelte die Stirn. »Habe ich ihn verletzt?«

»Genug, damit er es verstecken will, ja.«

»Gut.« Sie nahm ihren Rucksack ab und stellte ihn neben der Eingangstür ab, dann schnappte sie sich ihren Kapuzenpulli und zog ihn an. »Lass uns die Theorie des verrückten Drows anhören. Dann will ich endlich nach Hause.«