Kapitel 29

D a die Dinge in dieser Bindung etwas anders sind, hoffe ich, dass mir niemand übel nimmt, wenn ich die alte Sprache gegen eine, die dem Reich angemessener ist, austausche.« L’zar grinste, als die Menge der magischen Wesen höflich kicherte.

Corian stand hinter ihm, die Arme verschränkt und den Blick unablässig auf jeden dunklen Schatten auf der Lichtung gerichtet.

»Heute binden wir eine Drow und ihre Nós Aní , die in Freundschaft und im vollen Bewusstsein dessen, was diese Bindung mit sich bringt, ausgewählt wurden. Die Fae Ember Gaderow und die Drow Cheyenne Summerlin, meine Tochter.« L’zar zeigte abwechselnd zu ihnen und kicherte. »Das Einzige, was ich ändern würde, ist der Nachname in der Ankündigung, aber ich kann nicht alles haben, was?«

Eine weitere Runde leisen Lachens kam als Antwort, obwohl es angespannt und unsicher war. Cheyenne schaute Maleshi an, die ihre Augen schloss und den Kopf schüttelte.

L’zar lächelte seine Tochter an, dann hob er sein Kinn. Seine Stimme klang wie ein Peitschenknall auf der Lichtung. »Die alten Gesetze gelten noch immer, selbst in dieser Welt. Blut aus dem Herzen von Ambar’ogúl zieht Gleiches mit Gleichem zusammen. Die mór edhil stehen noch immer so, wie sie sein sollten und die Nós Aní stehen an ihrer Seite.«

Ohne ein Zeichen von L’zar zu brauchen, kniete Corian vor dem silbernen Krug nieder und goss eine dunkle, schimmernde Flüssigkeit in jeden der Kelche. Auf der Lichtung war es so still, dass selbst die, die am äußersten Rand standen, hören konnten, wie das Getränk in die Becher floss.

L’zar sank vor den Bechern auf die Knie und hob den Dolch auf.

»Bei der Kraft, die durch meine und deine Adern fließt, Cheyenne, gebe ich dir meinen Segen.« Er blickte zu seiner Tochter auf, legte seine andere Hand um die Klinge, zog und schlitzte seine Handfläche auf. Das Blut floss aus seiner geballten Faust, die er erst über den einen und dann über den anderen Kelch hielt und in jeden ein paar Tropfen gab. Der Dolch fiel auf das feuchte Gras und er fuhr mit der Hand über den Schnitt in seiner anderen Handfläche. Cheyenne sah, wie die Wunde unter dem goldenen Licht, das hinter seinen Händen leuchtete, schnell heilte. Dann griff L’zar nach den silbernen Bechern und stellte einen Fuß nach vorn ins Gras, das andere Knie fest aufgesetzt, während er sich zu Cheyenne und Ember lehnte. »Trinkt.«

Das ist so gruselig .

Die Halbdrow musterte die großen, erwartungsvollen Augen ihres Vaters, der sie wissend angrinste. Sie und Ember sahen sich an, dann streckte Ember die Hand aus, um den Kelch vor sich zu nehmen. Cheyenne tat es ihr gleich und blickte in die schwarz schimmernde Flüssigkeit im Becher. »Alles davon?«

»So viel, wie ihr aushalten könnt«, murmelte L’zar. »Tut es.«

Die Mädchen hoben die Becher gleichzeitig an ihre Lippen. Cheyennes Nase kribbelte von dem Duft von Blaubeeren, Eukalyptus und dem Unterton von Blut, der zwischen anderen Gerüchen aufstieg, die sie nicht unterscheiden konnte. Das Getränk war übermäßig süß und bitter zugleich und sie brachte zwei Schlucke hinunter, bevor sie nicht mehr konnte.

Ember schluckte und hörte sich an, als würde sie ersticken, bevor sie den Kelch wegzog und die Augen zusammenkniff.

L’zar nickte und griff wieder nach den Bechern. Dann stellte er sie auf den Boden und erhob sich auf seine Füße. »Ihr werdet mir nachsprechen. Gemeinsam.«

Die Fae schnaubte und bedeckte sofort ihren Mund, um ein Lächeln zu verbergen.

Cheyenne warf ihr einen Seitenblick zu. Genau das haben wir befürchtet.

L’zar hob eine Augenbraue und beschloss, ihren Insiderwitz zu ignorieren. »Durch die alten Gesetze und das Herzblut von Ambar’ogúl sind wir verbunden.«

Cheyenne und Ember atmeten tief durch und wiederholten seine Worte unisono: »Durch die alten Gesetze und das Herzblut von Ambar’ogúl sind wir verbunden.«

Eine Explosion aus leuchtendem, silbernem Licht brach aus Cheyennes und Embers Brust, sobald das letzte Wort ihre Lippen verließ. Es erleuchtete die Lichtung wie eine Fackel und Cheyenne hörte das erschrockene Keuchen ihrer Freundin und merkte, dass sie einen ähnlichen Laut von sich gegeben hatte. Das Licht knisterte, löste sich von ihnen und wirbelte in einem langen Strahl auf, bevor es in die Illusion des dunkel leuchtenden Nimlotharbaumes eindrang. Die Rinde des Baumes pulsierte heller, gab einen blendenden Blitz ab und verdunkelte sich dann wieder.

L’zar betrachtete den Baum und legte den Kopf schief. Seine Stimme ertönte in der fassungslosen Stille, die die versammelten magischen Wesen auf der Lichtung überfallen hatte. »Hm.«

»Cheyenne.« Ember lehnte sich in ihrem Stuhl nach vorn. »Ich fühle mich komisch.«

»Ja, die ganze Sache war komisch.« Die Halbdrow schaute den Baum an und blickte dann zu ihrem Drowvater hinunter, der immer noch den Hals in Richtung der Äste reckte.

L’zar drehte sich schließlich um und zuckte mit den Schultern. »Damit habe ich nicht gerechnet.«

»Was

»Es ist in Ordnung.« Er winkte ab und warf dem Baum noch einen verwirrten Blick zu. »Irgendein Nimlothar hat auf diese Zeremonie reagiert und deine Nós Aní akzeptiert, so wie es in den alten Tagen der Fall gewesen wäre.«

Corian schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Es ist nur noch einer übrig, L’zar.«

Cheyenne schluckte. »Er gehört zur Krone, richtig?«

Ihr Vater schürzte die Lippen und neigte den Kopf zur Seite. »Ja.«

»Jetzt weiß sie also, was wir gerade getan haben.«

»Wahrscheinlich.« Er schnalzte mit der Zunge, mit einem bemerkenswert hohen Maß an Gleichgültigkeit. »Eine unvorhergesehene Folge. Aber ich gratuliere dir. Du und deine Nós Aní seid verbunden.«

Cheyenne biss die Zähne zusammen und warf einen Blick auf Corian, der L’zar anstarrte und aussah, als wolle er dem Drow in den Rücken fallen. Ich fühle gerade das Gleiche .

Ember rieb sich die Schläfe. »Was ist hier los?«

Der Nimlothar, der eigentlich nur eine Illusion sein sollte, blitzte wieder auf, sein stotterndes Licht wurde immer heller und schneller, bis das ganze Ding verschwand. Die Illusion um die Lichtung herum brach abrupt ab und alle wurden von der plötzlichen Intensität des echten Sonnenlichts geblendet, als dieses den gezauberten Sternenhimmel über ihnen ersetzte. Die Menge der magischen Wesen bewegte sich unruhig und schaute sich um, während sie mit leiser Stimme miteinander sprachen.

Cheyenne starrte L’zar an. »Was hast du getan?«

»Was habe ich getan? Das war deine Kraft, Cheyenne und sie war sehr beeindruckend.«

Jemand rief eine Warnung und alle drehten sich um und sahen, wie ein dunkles Portal in der Baumreihe am Rande der Lichtung auftauchte. Drei weitere öffneten sich und ein Dutzend dunkle Ovale aus Licht umgaben die Lichtung. Die Luft um sie herum flimmerte wie Hitze, die aus heißem Beton aufstieg, dann strömten weitere magische Wesen durch die Portale.

Schreie ertönten, als die ersten Getreuen der Krone Angriffszauber einsetzten. Cheyenne sah einen Ork, auf dessen Schulter ein Stierkopf angenäht war, als dieser einen Ball aus sengenden, grünen Flammen in die Menge schleuderte. »Scheiße.«

Sie griff in ihre Jackentasche, holte den Aktivator heraus und klemmte ihn hinter ihr Ohr. Bis sie ihre Sicht mit dem zusätzlichen Kick der fortschrittlichen Technologie wieder fokussiert hatte, waren Persh’al, Byrd und Lumil bereits in Aktion getreten. Sie rannten auf die Loyalisten zu, die durch die offenen Portale strömten und warfen Angriffszauber auf sie.

Maleshi verschwand in einem silbernen Lichtblitz und sauste über die Lichtung. Die Loyalisten schrien erstickt und fielen links und rechts von ihr, während sie diejenigen ausschaltete, die der Menge der unschuldigen magischen Wesen, die zu verängstigt waren, um sich zu wehren, am nächsten standen.

Ein Surren erfüllte die Luft und Dutzende kleiner, schwarzer Metallkugeln flogen durch die Portale und entließen gelbe Funken in die Menge. Sie leuchteten in Cheyennes Blickfeld wie Fackeln auf und der Aktivator fixierte eine nach der anderen, während sie lilafarbene Funken auf die Flugmaschinen schoss und sie aus der Luft sprengte.

»Hier drüben!« Corian zeigte in Richtung des riesigen Portals, das er beschworen hatte, wo die Nimlothar-Illusion gestanden hatte. »In das Portal!«

Er stürzte nach vorn und schlitzte seine verlängerten Klauen in die Kehle eines knurrenden Skaxen, der sich auf ihn stürzte.

Lumil und Byrd reagierten auf seinen Ruf und bedeuteten der Menge, auf Corians Portal zuzulaufen, während sie gegen die Loyalisten kämpften, die hinter ihnen her waren. Die rote, spiralförmige Magie um Lumils Fäuste grub sich in Oberkörper und Köpfe und schickte knurrende Loyalisten in die Luft.

Die magischen Wesen rannten in alle Richtungen, schrien und versuchten, nicht in das Kreuzfeuer zu geraten. Cheyenne konzentrierte sich auf die Flugmaschinen und griff sie an, so schnell sie konnte.

Eine von ihnen wich in letzter Sekunde vor ihrer Magie zurück und stürzte auf Ember zu. Die Halbdrow drehte sich um und sah ihre Freundin, die sich nach vorn lehnte und nichts bemerkte. Cheyenne schoss auf die Maschine und verteilte die Splitter auf Embers Rücken und auf ihrem Scheitel. »Em, was ist …?«

Ein riesiger Körper knallte von der Seite auf sie und warf sie zu Boden. Ächzend rollte sich Cheyenne auf den Rücken, als der stolpernde Ork-Loyalist sie böse angrinste und zwei Hände mit schwarzem Licht erhob, von denen fauliger Schlamm ins Gras tropfte. Sie streckte beide Hände aus und ihre schwarzen Ranken peitschten auf ihn zu. Sie wickelten sich um seine Handgelenke, bevor sie ihre Arme zur Seite riss und ihn in Byrds Rücken fallen ließ. Der Kobold drehte sich brüllend um und schlug mit den Fäusten und flackernden, orangefarbenen Lichtblitzen auf den Ork ein.

Cheyenne rappelte sich auf und suchte die Lichtung nach weiteren Flugmaschinen ab. Es war nur noch eine übrig und sie schleuderte einen zischenden Bogen aus lilafarbenen Funken auf sie. Grüne Flammen züngelten vor ihr auf die verängstigten magischen Wesen zu, die über die Lichtung flitzten und sie stellte zwei Schilde zwischen die unschuldigen Zuschauer und das Sperrfeuer der knisternden Angriffe. Sie erkannte Marsil, der sie mit großen Augen ansah, bevor er Doktor Boseley zu Corians offenem Portal geleitete.

Gúrdu brüllte auf der anderen Seite der Lichtung, schlug mit seinen Fäusten auf die angreifenden Loyalisten ein und ließ sie wie aufgeschreckte Vögel durch die Luft fliegen. Persh’als grüne Peitsche knisterte und funkelte und Maleshi flitzte in einem silberschwarzen Fleck über die Lichtung hin und her.

Ein tiefes, bedrohliches Grollen kam von Cheyennes rechter Seite. Sie drehte sich in seine Richtung und suchte die offenen Portale der Loyalisten ab. Der Boden bebte wegen der herannahenden Kriegsmaschine, Sekunden, bevor ihr Aktivator das Ding ortete, das aus dem am weitesten entfernten Portal kam. Die Maschine war so groß wie sie selbst und mit dicken Metallstacheln bedeckt, als sie wie ein Miniaturpanzer durch das Portal rollte. Blinkende, blaue Lichter umgaben das, was wie ein schwenkbarer Kopf aussah. Ein Fenster öffnete sich und entließ einen roten Magiestoß in die Mitte der Lichtung, der sich in den Boden bohrte und Gras, Erdklumpen und Magie auf beiden Seiten verstreute.

Cheyenne überflog die Daten, die über ihr Blickfeld liefen. Der schwenkbare Kopf der Maschine richtete seine blinkenden Lichter auf sie und feuerte erneut. Sie warf mit beiden Händen einen Schild hoch und der rote Angriff schleuderte sie zurück auf den Boden, während er gegen das dunkle Licht ihres Schildes anbrüllte.

»Macht es nieder!«, rief Persh’al und wich einem knurrenden Skaxen aus, bevor er der Kreatur mit seiner Peitsche in den Rücken schlug.

Lumil und Byrd rannten auf die Kriegsmaschine zu, aber sie eröffnete das Feuer mit kleineren Fenstern an ihren Seiten und versprühte knisterndes, rotes Licht wie Kugeln.

Schwachstellen. Finde die Schwachstellen .

Cheyenne starrte auf die Kriegsmaschine, die über das Gras donnerte und immun gegen die magischen Angriffe ihrer Freunde war. Ein blinkendes, gelbes Licht leuchtete an der Basis der Maschine auf und sie beschwor eine Kugel aus ihrer knisternden, schwarzen Energie. Ein Oger stürmte auf sie zu und stieß einen wilden Kampfschrei aus, doch sie schoss die Kugel in sein Gesicht. Mit der anderen Hand schoss sie eine weitere Kugel auf die Maschine, die mit violettfarbenen und schwarzen Funken aufleuchtete, bevor sie wieder verblasste – ohne Wirkung.

Das wird nicht funktionieren.

Die Halbdrow schickte schlängelnde, schwarze Ranken auf einen grotesk vernarbten Kobold zu, der hinter den letzten unschuldigen Schaulustigen herlief, die in Richtung von Corians Portal humpelten. Sie wickelten sich um seine Kehle und rissen ihn zurück, woraufhin der Kobold krächzend auf den Boden knallte, während die letzte verängstigte Trollfrau an Corian vorbei und durch sein Portal in Sicherheit rannte. Der Nachtpirscher schloss das Portal, nickte Cheyenne zu und flitzte in einem silbernen Lichtblitz über die Lichtung.

Der O’gúl-Kampfpanzer feuerte erneut und traf mehr Loyalisten als Cheyennes Freunde. Sie konzentrierte sich mit ihrem Aktivator auf die scrollenden Daten und die beweglichen Teile der Maschine. Ein weiterer Befehl erschien vor ihr und sie legte den Kopf schief. Oder ich könnte sie einfach auseinandernehmen.

Ohne darüber nachzudenken, deutete die Halbdrow in Richtung des Befehls in ihrem Blickfeld und ein geschweißtes Stück der Maschinenverkleidung quietschte und kräuselte sich, bis es sich löste und in die Bäume stürzte. Cheyenne schritt auf das Ding zu und suchte nach dem nächsten Befehl, mit dem sie den Panzer Stück für Stück auseinandernehmen konnte. Aus dem Fenster zwischen den blinkenden Lichtern des Panzers drangen weitere rote Explosionen und sie wich aus, so gut sie konnte und errichtete gelegentlich Schilde, um die anderen zu schützen, während sie weitere Teile abriss.

Hinter ihr und vier Meter von der Stelle entfernt, an der Ember in ihrem Rollstuhl saß, verdunkelte sich der Himmel. Ember wandte sich vom Kampf ab und blickte auf das knisternde, zischende, schwarze Portal, das zehnmal so groß war wie die anderen und sich dort öffnete, wo die Nimlothar-Illusion gewesen war. Die Augen der Fae weiteten sich, als ein donnerndes Krachen aus dem Portal drang und Embers Haare mit einem betäubend kalten Wind aus ihrem Gesicht fegte. »Cheyenne!«

»Ich habe gerade ein bisschen viel zu tun, Em.« Die Halbdrow schoss zwei Kugeln aus schwarzer Energie auf zwei Kobolde, die auf sie zustürmten und riss sie von den Füßen, bevor sie in die Bäume am Rand der Lichtung krachten.

»Ja, ich weiß, aber das sieht schlimm aus.«