„Was machen wir als Nächstes?“, fragte Emma. Sie hatte immer noch knallrote Wangen und brannte darauf, dem doofen Bernd, der ihren neuen Freunden bereits so übel mitgespielt hatte, das Handwerk zu legen.
„Ich schlage vor, wir kaufen uns was zu naschen. Oder zu trinken. Oder beides. Bei Bernd natürlich, um ihn auszuspionieren. Wolltest du nicht eine Runde spendieren, Emma?“, sagte Max.
Emma fummelte einen zerknitterten Fünfeuroschein aus ihrer Tasche. „Hier, den habe ich mir von Weihnachten aufgespart. Ich wusste ja, dass wir eine Klassenfahrt machen.“ Sie wedelte damit vor Max’ Nase herum.
„Hast du denn kein extra Taschengeld für die Fahrt gekriegt?“, fragte Paula überrascht.
Nun wurde Emma dunkelrot im Gesicht. „Nee, momentan bekommen Luis und ich keines. Mama muss jeden Cent zweimal umdrehen. Aber es kommen auch wieder bessere Zeiten, sagt sie. Bald helfe ich auch beim Geldverdienen. Mit Babysitten und so …“
Paula kaute nachdenklich auf ihrer Lippe herum. „Ich mache auch so kleine Arbeiten. Ich habe Papas Auto gewaschen und fünf Euro gekriegt und für Unkrautzupfen gibt mir Mama was, weil sie das hasst. Deshalb gebe ich die erste Runde aus. Okay?“
Max wühlte in seiner Jackentasche. „Ich hab auch noch zwei Euro. Papa hat eine Wette verloren. War nur Spaß, Emma. Steck deine Kröten wieder ein.“ Henry und Leni gaben jeder noch drei Euro dazu.
Emma schüttelte den Kopf. „Ich will euch aber eine Freude machen“, widersprach sie trotzig.
„Du machst uns mehr Freude, wenn du mithilfst, dem doofen Bernd eine Falle zu stellen“, sagte Henry. „Wir haben Glück: Du bist voll pfiffig! Das kann man nicht kaufen. Bist du bereit?“
Emma strahlte. „Klar! Was soll ich tun?“ Sie platzte fast vor Tatendrang.
„Bernd kennt dich nicht und das ist super. Du gehst mit Mogli zu ihm hin, kaufst was und fragst ihn dabei aus. Also, alles was dir einfällt. Vielleicht verquatscht er sich.“
Emma nickte eifrig. „Wird so gemacht. Ich hab richtig Kribbeln im Bauch. Juchhu, juchhu, juchhu!“ Sie hüpfte übermütig herum und umarmte Mogli und Paula abwechselnd. Plötzlich hörte sie jedoch abrupt auf zu hüpfen. „Aber wird er Mogli denn nicht erkennen?“, fragte sie besorgt.
Paula schüttelte den Kopf. „Kann ich mir nicht vorstellen“, sagte sie. „Der mag gar keine Hunde. Mit den Dalmatinern wollte er nur Geld scheffeln.“
Die Freunde pirschten sich an den Strand heran. Bernds Transportfahrrad wurde von hungrigen und durstigen Ausflüglern belagert.
„Spitze, so kannst du dich leichter unter seine Kunden mischen, ohne aufzufallen“, machte Henry Emma Mut. „Du schaffst das!“
Sie schlugen alle ein, Paula flüsterte Mogli noch „schön brav sein“ ins Ohr und dann trabte Emma mit dem Jack Russell Terrier los.
Sie musste sich eine ganze Weile gedulden. „Hallo!“, rief sie fröhlich, als sie endlich dran war. „Sie haben aber ein schönes Fahrrad. Ist das neu?“
Bernd sah Emma verblüfft an. „Nö“, antwortete er wortkarg.
„Und so viele leckere Sachen“, schwärmte Emma. „Man weiß ja gar nicht, was man nehmen soll.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. „Haben Sie was Süßes? Saure Gummitiere vielleicht?“ Bernd zog eine Tüte aus dem Anhänger. „Solche?“
Emma strahlte. Genau so eine Packung war aus der Speisekammer geklaut worden. „Ja, genau!“, rief sie überschwänglich. „Was kosten die?“
„Fünf Euro“, sagte Bernd und hielt die Hand auf.
Emma reichte ihm den Fünfeuroschein von Paula. „Bitte schön.“
Bernd schnappte das Geld und ließ es in seine Kasse fallen.
Emma sah dem Schein traurig hinterher. Fünf Euro für eine Tüte Süßigkeiten war total frech. „Sind Sie noch länger hier?“, fragte sie.
„Um sechs ist Schluss“, murmelte Bernd.
Emma schüttelte den Kopf. „Ich meine, in den nächsten Tagen.“
Bernd musterte Emma misstrauisch. „Was geht dich das an?“
Emmas Herz schlug schneller. Bernd durfte ihr auf keinen Fall auf die Schliche kommen. „Ich bin mit meiner Mama hier zur Kur und ich habe übermorgen Geburtstag“, plauderte sie. „Und meine Mama sagt, ich darf eine Strandparty feiern. Meine Freundinnen und ich lieben diese sauren Gummitiere, aber im Lebensmittelladen gibt es die nicht zu kaufen. Haben Sie noch mehr Packungen davon?“
Der doofe Bernd kramte in dem Anhänger herum. „Noch zwei“, sagte er schließlich.
Emma bemühte sich, ein enttäuschtes Gesicht zu machen. „Das ist ja schade. Ich brauche zehn. Keine Sorge, meine Mama hat Geld!“
Emma sah, wie die Augen vom doofen Bernd gierig aufblitzten. „Kann ich besorgen“, sagte er. „Aber nur mit Vorkasse. Halbe-halbe.“
Emma strahlte wieder wie eine Glühbirne. „Wird gemacht. Ich bringe das Geld morgen vorbei.“ Sie reichte ihm die Hand.
„Hä?“, fragte der doofe Bernd.
„Na, versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen“, sagte sie.
„Ach so“, antwortete Bernd. „So ein Kinderkram ist mir zu doof. Also, tschüss! Nächster bitte!“
„Halt!“, rief Emma. „Eine Frage noch: Haben Sie zufällig auch Milch in kleinen Flaschen?“
Bernd nickte. „Kannst du haben. Zwei Euro pro Flasche plus fünfzig Cent Pfand. Willst du davon auch mehr?“
„Danke, nein, eine reicht mir“, sagte Emma und gab ihm zwei Euro fünfzig. „Bis morgen“, verabschiedete sie sich dann.
„Wuff!“, meldete sich Mogli.
„Hübscher Hund“, sagte Bernd und beugte sich über sein Fahrrad. „Willst du einen Keks?“ Er hielt Mogli ein Plätzchen hin.
Mogli knurrte gereizt und drehte den Kopf weg.
„Dummer Hund!“, schimpfte Bernd.
„Er meint es nicht so“, entschuldigte sich Emma. „Er hat schlechte Zähne.“ Sie rannte mit ihren Schätzen zurück zu Paula, Leni, Max und Henry, die es sich inzwischen in zwei Strandkörben bequem gemacht hatten. Socke, Lotta und Kiwi dösten in der Sonne.
„Gummitiere und Milch: siebenfünfzig“, sagte Emma entschuldigend. „Voll teuer. Aber das sind garantiert die Gummitiere aus der Speisekammer und eure Schulmilch!“
Max klatschte begeistert in die Hände. „Perfekt, astreine Beweise! Was hast du sonst noch erfahren?“
Emma zuckte mit den Schultern. „Nicht viel, der ist sich wohl zu fein dazu, mit Kindern zu sprechen. Aber ich habe ihm einen Angelhaken hingeworfen und er hat angebissen …“ Sie grinste und machte eine kleine Kunstpause.
„Spuck’s aus!“, rief Henry neugierig, „was ist es?“
Nun erläuterte Emma ihren Plan mit den vielen Gummitiertüten. „Wenn er die besorgen will, muss er noch mal in die Speisekammer einbrechen. Dann könnte ihn die Polizei oder Tante Anneke auf frischer Tat ertappen. Das einzig Blöde ist, dass er die Hälfte des Geldes vorher haben will. Also fünfundzwanzig Euro. Wo kriegen wir die her? Und überhaupt: Wie findet ihr meine Idee?“, schloss sie.
Paula fiel Emma um den Hals. „Deine Idee ist einfach genial. Ich lach mich schlapp. Der Typ ist echt doof wie Stroh und total geldgierig. Pfui! Wegen des Geldes mach dir mal keine Sorgen. Ich habe in meinem Sparschwein achtundvierzig Euro. Ich spare für ein Rennrad. Wenn es uns gelingt, den doofen Bernd zu überführen, dann kriege ich die fünfundzwanzig Euro ja wieder zurück.“
Auch Max und Henry waren total begeistert.
„Emma, du bist echt der Knaller!“, sagte Henry.
„Du solltest später Privatdetektivin werden oder noch besser: Geheimagentin. So sportlich, wie du bist, wirst du mehr Erfolg haben als James Bond!“ Max grinste.
Leni quietschte vergnügt. „Emma Bond!“ Sie schielte begehrlich auf die Gummitiere. „Dürfen wir die jetzt essen?“
Max schüttelte den Kopf. „Nee, natürlich nicht. Das sind Beweisstücke.“ Er ließ Süßigkeiten und Milch in seinem Rucksack verschwinden.
„Aber das Allertollste wisst ihr noch gar nicht!“, rief Emma. „Mogli hat sich vorbildlich benommen. Ich verstehe gar nicht, warum er in der Hundeschule so schlechte Noten gekriegt hat.“ Und dann erzählte sie, wie Mogli den Keks verweigert hatte und dass Bernd ihn „dummer Hund“ genannt hatte. „Mogli hat gespürt, dass Bernd ein schlechter Mensch ist.“
Paula schnaubte empört. „Was? Dummer Hund hat er zu meinem Mogli gesagt? Das ist ja die totale Gemeinheit.“ Sie umarmte den Jack Russell.
„Ärger dich nicht, Paula“, sagte Max. „Dieser Bernd ist so dumm. Der setzt halt immer noch eines drauf.“
„Ja, genau“, gab ihm Emma recht. „Dümmer geht immer.“ Sie kicherte.
„Dann müssen wir aber noch Tante Anneke informieren“, sagte Henry. „Sie will doch ein neues Schloss montieren. Damit sollte sie warten. Sonst schafft es der doofe Bernd nicht, bei ihr einzubrechen, und das wäre wirklich schade.“
Darüber mussten sie erst mal eine Runde lachen.
Die Sonne verschwand und die letzte Fähre verließ den Hafen. Die Kinder beobachteten aus ihrem Versteck, wie Bernd seinen Kram einpackte.
„Ich muss zurück ins Kinderhaus“, rief Emma. „Sonst denken die dort, ich bin auch geklaut worden!“
„Wir kommen mit und erklären Tante Anneke unseren Plan“ sagte Henry.
„Und danach schleichen wir vier noch mal zurück und gucken, ob Bernd auf unseren Sockenzettel reingefallen ist. Doppelt hält besser.“ Max streckte seine Hand aus und die anderen vier schlugen ein, während die Hunde erwartungsvoll wufften.