Sieh mal, der Verkehr ist ein Ort, an dem man sich gegenseitig hilft, sagt Parkplatzpeter, die anderen werden schon Platz machen. Ich frage, wie er sich da so sicher ist, ich spüre den Puls in meinem Körper pochen. Wir befinden uns auf dem Messeschnellweg südlich um Herning herum. Es wollen doch alle gern zum Abendessen nach Hause, sagt Parkplatzpeter. Die Auffahrt bin ich stumm und zitternd hinaufgerollt, am Ende habe ich die Augen zugemacht und links geblinkt. Du darfst dir die anderen Fahrer nicht als Feinde vorstellen, sagt Parkplatzpeter, die meisten sind ganz gewöhnliche Menschen auf dem Weg von A nach B. Das soll ich nicht vergessen, obwohl er auch schon Autofahrer erlebt hat, deren Persönlichkeit sich schlagartig veränderte, sobald sie hinterm Steuer saßen. Höfliche Menschen, die anderen in der Schlange an der Supermarktkasse mit Vergnügen den Vortritt lassen, aber wenn auf der Landstraße vor ihnen einer zu langsam fährt, dann werden sie von Mordlust gepackt. Das Auto ist ein privater Raum, der sich durch die Öffentlichkeit bewegt, darum haben die Leute beim Fahren so schnell das Gefühl, dass ihre Grenzen verletzt würden. Parkplatzpeter sagt, es ist ähnlich wie im Internet. Weil man keine Gesichter sieht, vergessen die Leute, dass am anderen Ende lebende Menschen sitzen und mit ihnen kommunizieren. Ich frage nach seiner größten Schwäche als Fahrer. Tempo, sagt Parkplatzpeter. Über all die Jahre hat er zwar nur ein einziges Knöllchen kassiert, aber hin und wieder macht er allein einen Ausflug nach Deutschland. Und dann, frage ich. Dann gebe ich Gas, sagt Parkplatzpeter, die haben dort auf der Autobahn keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Was ich an Parkplatzpeter so mag, er hat immer eine Antwort auf meine Fragen, als ob das zu seinen Aufgaben als Fahrlehrer gehören würde. Für mich ist das Auto jetzt eine Art Beichtstuhl. Ich erzähle Parkplatzpeter alles, was ich seit dem letzten Mal gedacht und gefühlt habe. Mittlerweile nimmt er meine Beichte mit geradezu erschütternder Seelenruhe entgegen. Während ich spreche, vergesse ich, Gas zu geben, Parkplatzpeter deutet auf meinen Fuß. Also, überholen, sagt er, wir sind schon ein paar Minuten lang hinter einem Schweinetransporter hergekrochen. Meine Hände zittern, ich blinke und starre blind in den Rückspiegel. Nicht über die Standspur, ruft Parkplatzpeter, links. Entschuldigung, sage ich mit einem raschen Seitenblick auf ihn. Mitten in all seiner Geduld blickt da ein Wolf aus seinen Augen. Ich denke, eine solche Ruhe kann nur ausstrahlen, wer auch imstande ist zu explodieren. Das ist eine besondere Form von Beherrschung, aber man muss sie sich erkämpfen. Man legt sie an wie eine Windjacke, wenn man weiß, es gibt eine steife Brise. In ihm lauern jahrelange Ärgernisse, an die ich manchmal rühre, eine besondere Art von Neugier, ein Gewimmel von Schülern und Freunden, Autos und raren Ersatzteilen. Wirst du mich vermissen, wenn ich irgendwann mal die Prüfung bestehe, frage ich. Ja, sagt Parkplatzpeter. Man gewöhnt sich ja an so vieles.