«Jetzt haben wir ihn», sagte Mercuria, nachdem ich ihr alles berichtet hatte. Natürlich hatte sie so lange nachgebohrt, bis ich mein Verschwiegenheitsversprechen gegenüber Kardinal Morone gebrochen hatte. Ich hätte sowieso keine glaubwürdige Ausrede für meinen Einbruch bei Piero Carafa zustande gebracht, aber in diesem Augenblick war mir das auch völlig bedeutungslos erschienen.

«Werden sie merken, dass du im Haus warst?», fragte sie.

«Nein.»

Ich hatte alles so hinterlassen, wie ich es vorgefunden hatte, und den aufgehebelten Fensterladen wieder geschlossen.

«Gut so.» Sie dachte nach.

«Was mache ich denn nun mit ihm?», fragte sie schließlich, als ginge es um die Frage, ob sie eine Lammkeule lieber mit Thymian oder lieber mit Rosmarin zubereiten sollte. Sie strahlte eine gefährliche Ruhe aus, und ich hoffte, dass sie nichts tun würde, was sie selbst an den Galgen bringen könnte.

«Lass das ein paar Leute erledigen», schlug ich vor.

Sie schüttelte langsam den Kopf. «Das wäre ja so, als würde der Papst morgen am Hochaltar die Ostermesse von einem Vikar lesen lassen. Nein, das muss ich schon selbst

Das hatte ich befürchtet.

«Ich könnte ihm in seinem Haus auflauern. Gleich heute Abend.»

Ich dachte an die vielen Waffen. Sannazaro war Söldner gewesen.

«Ich halte das für keine gute Idee», sagte ich. «Lock ihn lieber irgendwohin.»

«Danke für das Kompliment, aber dafür bin ich wirklich langsam zu alt.»

Mit einem Mal kam mir eine Idee. Lauras Worte fielen mir wieder ein.

«Dienstags geht er immer in den Hortaccio», sagte ich.

«Wer sagt das?»

«Laura.»

Ihr Gesicht hellte sich auf. «Na, was für ein Zufall, dass dann die Fastenzeit vorbei ist. Das wird ein schönes Gedränge.» Wieder dachte sie eine Weile nach. «Hat sie sonst noch irgendwas gesagt? Hat er eine Favoritin?»

«Nein. Sie wirkte ein bisschen verschämt.»

«Natürlich. Eure schöne, keusche Madonna. Das sind die Mädchen, die heutzutage gefallen. Aber ich finde es schon selbst raus.» Sie stand auf und griff sich ihren Umhang.

«Da ist noch zugemauert», gab ich zu bedenken.

Sie sah mich spöttisch an. «Für mich ja wohl kaum.»

Gern hätte ich ihr geholfen. Aber wie?

Nachdem Mercuria gegangen war, dachte ich lange darüber nach, wie man sie davon abhalten könnte, etwas Unüberlegtes zu tun. Plötzlich klopfte es an die Tür. Draußen stand einer, der so sehr nach einem Boten aussah, dass ich zuerst dachte, Morone ließe mich wieder rufen,

Auf dem Weg zum Palazzo Farnese war ich reichlich nervös. Wenn der Chirurg mir dort über den Weg laufen würde, dann könnte es unangenehm werden. Es war immer noch kein endgültiger Beweis dafür erbracht, dass der Kardinal nicht hinter dem Anschlag auf mich steckte. Ich begab mich also in die Höhle des Löwen und hatte in der Eile auch noch vergessen, das Panzerwams anzulegen. Aber meine Neugier verbot mir umzukehren.

Als ich durch die Eingangshalle schritt, zog ich den Kopf ein, als könnte die gewaltige Kassettendecke jeden Moment über mir zusammenstürzen. Im Innenhof blickte ich mich hektisch um. Ein Leibwächter, zum Glück nicht Giorgio, lehnte an einer der Säulen und kaute an den Fingernägeln.

Fulvio Orsini empfing mich im großen Saal im ersten Stock des Palastes. Er hatte eine Brille auf der Nase und hockte auf dem Boden, wo Hunderte von Stichen ausgebreitet lagen: Porträts berühmter Männer, antike Ruinen und Statuen, Kirchenfassaden, biblische Geschichten, Szenen aus der griechischen Mythologie und Allegorien. Er schien irgendetwas zu sortieren und beachtete mich zunächst gar nicht, sodass ich mich einen Augenblick umsehen konnte.

Alles war mir auf einmal wieder vertraut, als wären nicht mehr als zehn Jahre vergangen, seit ich diesen Saal, der in meiner Erinnerung noch gewaltiger gewesen war, zum letzten Mal betreten hatte. Ich erwähnte ja bereits, dass mein Vater für Salviati dort die Fresken mit den Heldentaten der Farnese ausgeführt hatte. Ich ließ meinen Blick über das Gewimmel wandern und blickte mir selbst

Orsini erhob sich ächzend, nahm die Brille ab und begrüßte mich.

«Oben im Kabinett ist einfach kein Platz, um das alles zu ordnen», sagte er, fast als müsste er sich mir gegenüber für die Belegung des Saales rechtfertigen.

Und dann gab er mir unaufgefordert einen Überblick über die riesige Sammlung, deren Verwaltung und Vermehrung ihm im Auftrag des Kardinals oblag; er schlug mir Namen und Daten um die Ohren, ohne auch nur ein einziges Mal nach dem Anlass meines Besuchs zu fragen. Wahrscheinlich hielt auch er mich für einen Künstler, der hier nach Anregungen suchte; der Hausherr war ja bekannt dafür, dass seine Tür solchen Leuten immer offen stand. Wusste Orsini überhaupt, dass ich derjenige war, den Giordana ihm angekündigt hatte? Hatte er schon wieder vergessen, dass er mir gerade einen Boten geschickt hatte, um mich abholen zu lassen?

Doch ganz so schusselig war er dann doch nicht.

«Du bist auf der Suche nach einer Statue?», fragte er, als er seine Ausführungen beendet hatte.

«Ein Priapos», sagte ich und beobachtete sein Gesicht, wobei ich ein Grinsen niederkämpfen musste.

«Oho. Ein pikantes Sujet.»

Es folgte ein weiterer Schwall von Erklärungen zur Geschichte des Gottes und seiner Darstellung. Meine Ungeduld bemerkte er nicht.

«Er stand vor etwa dreißig Jahren im Garten der Villa auf dem Quirinal, die heute von Kardinal Este bewohnt wird», schoss ich in einer kurzen Redepause dazwischen.

«Ich wüsste gern, was aus der Statue geworden ist.»

«Sie wurde von den Farnese an Kardinal Carpi verkauft. Der wiederum tauschte sie später gegen eine Madonnenfigur ein, die er von Kardinal Este bekam. In künstlerischer Hinsicht ein miserabler Tausch, in sittlicher Hinsicht selbstverständlich ein vorteilhafter. Este ließ den Priapos dann auch nicht mehr auf den Quirinal zurückbringen, sondern lagerte ihn ein. Später gab er ihn an Kardinal Morone weiter, warum auch immer. Der kann damit eigentlich nichts anfangen.»

Im Gegensatz zu dir, dachte ich.

«Die Aufstellung seiner ohnehin bescheidenen Sammlung zeugt von einem erschreckenden Mangel an Sachverstand», dozierte Orsini, offensichtlich betrübt über so viel Ignoranz. «Morone fehlt ein kompetenter Berater. Statuen müssen miteinander in Beziehung treten. Sie müssen atmen und sich entfalten können. Sie leben.»

Kein Zweifel, dass du das glaubst, dachte ich.

«Sie müssen der Ordnung der mythologischen Welt gehorchen und sie für den Betrachter wiedergeben, andernfalls sind sie nur beliebige Dekoration.»

«Und wo steht der Priapos jetzt?», fragte ich ungeduldig, um weitere Belehrungen über die sachgerechte Aufstellung von Skulpturen im Keim zu ersticken.

«In Morones Gartenvilla in Trastevere.»

Und mit einem Schlag erinnerte ich mich: Unter der Überdachung hatte er gestanden, trotz seines aufdringlichen Attributs ganz bescheiden zwischen Poseidon und Artemis.

Ich flunkerte mir eine lustlose Erklärung zusammen. Er war ein bisschen enttäuscht, dass ich kein Interesse zeigte, sein Angebot anzunehmen.

 

Auf dem Rückweg konnte ich mir einen Abstecher nach Trastevere nicht verkneifen. Morones Anwesen lag verlassen da, zum Glück, denn ich hatte keine Lust, den Kardinal weiter zu verärgern, indem ich seiner Weisung zuwiderhandelte, ihn nur angemeldet zu besuchen.

Und da stand er, der Priapos. Zwischen Poseidon und Artemis.

Konnte ich jetzt einfach wieder nach Hause gehen? Natürlich nicht. Ich zählte in Gedanken kurz nach: Es war mein vierter Einbruch innerhalb von ein paar Wochen. Gennaro würde stolz auf mich sein.

In der Straße war gerade niemand zu sehen, also stieg ich über das vergitterte Tor, das dabei ziemlich laut klapperte. Ich sprang in den Garten und verbarg mich hinter einem Rosenstrauch. Im Haus regte sich nichts. Offenbar war niemand da.

Nach einiger Zeit wagte ich mich hervor und rannte zum Vordach der Villa, unter der sich die Statuen in einer für Fulvio Orsini empörenden Beliebigkeit aneinanderreihten. Priapos stand vor der Wand auf seinem Sockel, leicht zurückgelehnt, um sein riesiges Gemächt noch besser vorzeigen zu können. Aufgrund der Pose war es nicht möglich

Leider war die Platte mit vier Metallhaken verankert. Eingequetscht zwischen Poseidon, Mauer und Priapos, ruckelte ich ein paarmal daran herum, während der Dreizack des Meeresgottes mich in den Rücken stach. Die Steinplatte bewegte sich kein bisschen. Ohne Werkzeug war hier nichts zu machen. Also stand mir ein fünfter Einbruch bevor. Zitternd vor Aufregung machte ich, dass ich vom Grundstück kam.

 

Es hätte nicht viel gefehlt, und Gennaro hätte sich die Krücken geschnappt, nachdem er meinen Bericht angehört hatte. Mit Mühe konnte ich ihm ausreden, bis nach Trastevere zu humpeln. Er wäre ohnehin unmöglich über das Tor gekommen. Schließlich sah er es ein. Er wies mich an, ein paar Werkzeuge von unten zu holen, und erklärte mir, wie ich damit die Haken lösen konnte, die die Platte hielten.

«Wehe, du weckst mich nicht», sagte er.

Gern hätte ich auch Mercuria von den Neuigkeiten erzählt, aber sie blieb den ganzen Tag über verschwunden. Der Innenhof lag wie ausgestorben da, an allen Häusern waren die Läden geschlossen. Unser Wächter war nicht auf seinem Posten.

Auf einmal dachte ich wieder an den Überfall vor ein paar Tagen, und mir wurde unwohl. Wenn jemand mich beobachtete, dann musste er wissen, dass jetzt ein guter

Den Rest des Tages verbrachte ich mit einem ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Es gelang mir nicht. Ich widerstand der Versuchung, um den Hortaccio zu schleichen. Ich stieg auf den Gianicolo und ließ mir den Frühlingswind um die Nase wehen. Der Nerogiebel leuchtete in der Nachmittagssonne. Dort unten lag noch immer das Skelett von Antonio Francavilla, das demnächst wahrscheinlich endlich seine letzte Ruhe finden würde. Heute Nacht rückst du deinen Schatz raus, dachte ich. Und auf einmal glaubte ich wieder, dass es ihn gab, diesen Schatz.

Vielleicht würde Alberto es so einrichten können, dass er neben Antonio begraben würde, wenn es so weit wäre. Ich wünschte es ihm. Die heimliche gemeinsame Bestattung zweier Liebender.

Als es dämmerte, machte ich mich auf den Rückweg. Der Wächter hatte seinen Posten bezogen. Bei Mercuria war immer noch alles dunkel.

Ich ging wieder zu Gennaro, wir aßen und tranken zusammen und sponnen herum. Die meiste Zeit über ging ich dabei auf und ab, weil ich es auf dem Stuhl neben seinem Bett nicht aushielt. Die Zeit zog sich in die Länge, dass es kaum zu ertragen war. Irgendwo läutete eine Glocke.

«Frohe Ostern», sagte Gennaro und reichte mir die Werkzeugtasche. «Geh hin und wälz den Stein vom Grab.»

Bevor ich mich aufmachte, ging ich noch einmal zu

Es war berauschend, wie wir da Hand in Hand durch die Nacht wanderten.

Ich klemmte die Ledertasche mit dem Werkzeug zwischen die beiden Torflügel von Morones Anwesen, damit sie nicht klapperten, und stieg hinüber. Giordana folgte mir. Sie konnte klettern wie ein Eichhörnchen.

Als wir uns der Villa näherten, fasste sie mich am Arm und zeigte auf einen schwachen Lichtschein, der aus einem Seitenfenster in den Garten fiel.

«Da ist jemand», flüsterte sie.

Verdammt. Saß der Kardinal dort und bereitete seine Osterpredigt für den nächsten Tag vor? Warum musste er das ausgerechnet hier machen?

Wir schlichen zur Gartenmauer, vor der dichtes Buschwerk stand, und pirschten bis zu einer Stelle vor, von der aus man in das erleuchtete Fenster blicken konnte.

Es war nicht Morone. Es war sein hagerer Kaplan, der konzentriert über ein paar Papiere gebeugt dasaß.

«Wir müssen warten, bis er weg ist», flüsterte Giordana.

«Müssen wir nicht», flüsterte ich zurück. «Der ist taub.»

Sie schien nicht ganz überzeugt zu sein, folgte mir aber im Schutz der Büsche zurück in den vorderen Teil des Gartens.

Unter dem Vordach war es stockdunkel. Die Statuen hoben sich als dunkelgraues Spalier vor der Schwärze der Mauer ab.

«Welche ist es?», fragte Giordana.

Ich fand den Priapos und zwängte mich dahinter. Fühlte die Haken, die die Platte festhielten. Ertastete mit dem Finger den Abstand zwischen Metall und Stein, um Maß für den passenden Meißel zu nehmen. Als ich die Tasche öffnete, klimperte es leise. Giordana war nicht auszumachen.

Nur einen Augenblick später rumpelte es hinter der Ecke, als ein Stuhl zurückgeschoben wurde.

«Ist da wer?»

Schritte drangen aus dem Haus, dann wurde die Tür geöffnet, und der Schein einer kleinen Lampe fiel auf den Boden. Der Kaplan erschien und spähte mit zusammengekniffenen Augen in den Garten.

«Da ist doch jemand!»

Er trat einen weiteren Schritt vor, es folgte ein dumpfer Schlag, und er sackte zusammen. Die Lampe fiel zu Boden und erlosch.

«Von wegen taub», sagte Giordana.

Es raschelte eine Weile, dann war sie wieder bei mir.

«Keine Sorge», sagte sie. «Der wacht wieder auf.»

Mit einem Schlag begriff ich, wer mich überfallen hatte. Bartolomeos Worte fielen mir ein. Manchmal glaube ich, der tut nur so taub, damit er umso ungestörter lauschen kann. Und Laura hatte von einem Geistlichen gesprochen, der Piero Carafa manchmal besuchte. So ein hagerer Kerl. Morones Kaplan steckte mit Piero Carafa unter einer Decke. Die Dokumente, mit denen der Kardinal erpresst wurde, waren gar nicht abgegeben worden. Vielleicht hatte der Kaplan sie sogar in Morones Palast aufbewahrt, um sie im richtigen Moment hervorzuholen.

Ich tastete fieberhaft darin herum und bekam natürlich als Erstes das bildhauerische Werk zu fassen, für das die Vertiefung überhaupt geschaffen worden war. Ich musste an Fulvio Orsini denken und murmelte grinsend: «Oho. Steinhart.»

«Was?»

«Nichts.»

«Nichts drin oder nichts gesagt?»

«Halt doch mal für eine Sekunde den Schnabel.»

Da war etwas. Ein großer Samtbeutel. Er klemmte fest, und weil ich nicht daran zerren wollte, fummelte ich so lange, bis ich ihn herausziehen konnte. Es klimperte, aber das waren keine Münzen.

«Was ist das?»

«Ich weiß nicht. Ovale Tafeln. Ziemlich schwer.»

Sie riss mir den Beutel aus der Hand, nestelte daran herum, aber es war ohnehin zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen, außerdem begann der Kaplan im Hintergrund, sich stöhnend zu regen.

«Nichts wie weg», flüsterte ich. «Wir sehen uns das zu Hause an.»

So schnell wie in dieser Nacht habe ich den Ponte Sisto niemals zuvor und niemals danach überquert.

Bei Gennaro brannte Licht. Als wir hineinplatzten, saß Mercuria an seinem Bett.

«Doch!», schrie ich und hielt den Beutel hoch.

Und dann zog ich die erste ovale Scheibe hervor. Eine Kamee, in Gold gefasst und mit Perlen eingerahmt. Sie zeigte ein Paar auf einem Bett, nackt und in abenteuerlicher Verrenkung ineinandersteckend. Alle Einzelheiten dieser Verschmelzung waren haarklein aus dem kostbaren Stein herausgearbeitet.

«Ficken wir, meine Seele, ficken wir schnell», sagte Giordana.

Gennaro blickte sie entgeistert an. Da ich ihre Lektüren und Vorbilder kannte, wunderte mich ihre Ausdrucksweise nicht, aber Gennaro sah Giordanas Katzengesicht gerade zum ersten Mal, und dass er Schwierigkeiten hatte, diese Worte mit dem Mund in Einklang zu bringen, der sie aussprach, war wohl mehr als verständlich.

«Denn zum Ficken sind wir alle geboren», rezitierte Mercuria amüsiert.

Es folgte ein Dialog der allerderbsten Sorte in Sonettform, den die beiden Damen mit perfekter Intonation und voller Würde bis zum Schluss vortrugen. Sie verstanden sich wirklich.

«Was war das denn?», fragte Gennaro völlig entgeistert.

«Aretino», sagte Giordana. «Die unzüchtigen Sonette.»

«Seit über vierzig Jahren verboten», ergänzte Mercuria.

Ich zog die anderen Kameen heraus und legte sie auf dem Boden nebeneinander. Sechzehnmal dasselbe: Da wurde gerammelt und geschleckt, was das Zeug hielt, von vorn, von hinten, von oben und von unten.

«Unglaublich», sagte Mercuria. «Die hingen als Stiche bei diesem Bankier im Schlafzimmer, in dem Parmigianino mich gezeichnet hat. Er sagte mir, dass die Venezianer eine

«Was begreifst du?», fragte Gennaro.

Mercuria verdrehte die Augen angesichts von so viel Begriffsstutzigkeit.

«Von wem lässt ein Staat seine Geschenke überreichen?»

Gennaro riss die Augen auf. «Vom …»

«Genau. Vom Botschafter. Venier hatte sie bei sich deponiert, um sie bei Gelegenheit zu übergeben. Aber es war wohl kaum die richtige Zeit dafür. Und während er im Palast der Colonna den Stallburschen spielte, damit ihn bloß niemand als Botschafter erkannte, klaute Francavilla die Kameen, um sie mit seinem Freund zu Geld zu machen.»

«Was wohl ziemlich schwierig geworden wäre.»

«Ach», sagte Mercuria. «Ihr glaubt gar nicht, wofür Liebhaber so alles Geld bezahlen. Man muss ja nicht jedem zeigen, was man im Schlafzimmer an der Wand hängen hat.»

Wir saßen noch eine Weile am Bett von Gennaro und tranken. Doch während unser Übermut ins Grenzenlose wuchs, wurde Mercuria immer schweigsamer. Ich wusste natürlich, was sie beschäftigte, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, das in ausgelassener Runde zu erörtern. Sie verabschiedete sich.