KAPITEL 3

»Der Typ hat doch ein Rad ab«, schimpfte Guido, während er neben Frank zum Klubhaus zurücktrottete. »Der bildet sich ein, er wäre was Besseres, nur weil sein Vater ein Fußballstar ist.«

»Das ist doch auch was, oder? Jacki ist jedenfalls megabeeindruckt.«

Guido ging hoch wie eine Rakete, bei der man gerade die erste Stufe gezündet hatte. »So eine Gemeinheit hätte ich der falschen Schlange nie zugetraut. Sonst tut sie immer, als ob sie zu uns halten würde – und jetzt läuft sie bei erstbester Gelegenheit zum Feind über!«

»Nun mal langsam.« Frank öffnete die Tür ihres kleinen Klubhauses.

»Jacki ist immerhin meine Schwester.«

»Ach ja? Und warum streitet ihr dann dauernd?«

Frank stellte seufzend einen Fuß auf einen Stuhl und starrte durch das kleine Fenster hinaus auf ihren gemeinsamen Traum: die eigene Fußballwiese. »Ich kann ja verstehen, dass du diesen Daniel nicht leiden kannst – schließlich geht es mir nicht anders. Aber du solltest wegen Jacki nicht so einen Wind machen.«

»Ich mache keinen Wind!«, schrie Guido. »Es will mir bloß nicht in den Kopf, dass sie diesen eingebildeten Idioten auch noch nett findet.«

»Sie steht eben auf eingebildete Idioten.« Frank drehte sich grinsend zu seinem Freund herum. »Oder warum sonst, meinst du, spricht sie überhaupt noch ein Wort mit dir, Professor?«

Bevor Guido zu einer seiner gefürchteten Antworten ansetzen konnte, schwang die Hüttentür knarrend auf und Jan und Jacki polterten in den Raum. Während sie sich lauthals unterhakend auf die Stühle pflanzten, drückte sich der »Professor« auf der Bank schmollend in den hintersten Winkel. Das ging so lange gut, bis Jacki unvorsichtigerweise den Namen »Daniel« erwähnte.

Sofort beugte sich Guido wütend vor. »Dass jemand noch bekloppter als Eberhard sein kann, hätte ich mir nie träumen lassen. Dieser Daniel ist doch die absolute Oberpfeife!«

»Aber Eberhard ist trotzdem schlimmer.« Jan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Außerdem finde ich es gar nicht so dämlich, wenn wir das Freundschaftsspiel auf unserem eigenen Platz durchziehen. Schließlich haben wir dann Heimvorteil.«

»Ich finde, dass das ein ganz und gar dämlicher Vorschlag ist«, explodierte Guido. »Da könnte ja jeder beliebige Lackaffe daherkommen, um sich hier breit zu machen.«

Jan grinste breit. »Ich glaub, du bist eher wegen Jacki sauer auf Daniel.«

»Was soll das denn heißen?«

»Nun reg dich mal nicht so auf. Ich mein ja nur!«

Frank knallte seine Limoflasche auf den Tisch. »Jetzt kriegt euch nicht noch wegen dieses blöden Typs in die Haare. Wir müssen uns höchstens bis Dienstag mit der Knallerbse rumärgern. Dann dampft er wieder ab.«

»Ich weiß nicht«, sagte Jan düster. »Ich hab das doofe Gefühl, dass uns dieser eingebildete Fatzke noch ganz schön auf den Wecker gehen wird.«

»Wie auch immer – jetzt trainieren wir erst mal ‘ne Runde«, entschied Guido. »Damit wir Daniels Mannschaft ‘ne krasse Niederlage beibringen.«

»Stellt euch das nur nicht zu einfach vor«, stichelte Jacki. »Der Sohn eines Fußballstars ist sicher nicht ganz ohne.«

Guido stöhnte gequält auf und hätte bestimmt noch eine bissige Bemerkung gemacht, wenn Frank nicht kurzerhand mit ihrem Trainingsball aus der Hütte gestürmt wäre.

»Mir ist aufgefallen, dass euch in letzter Zeit viel zu schnell die Puste ausgeht«, sagte Guido. » Also werden wir heute Konditionstraining machen.«

»Du hast wohl ‘nen Knall, Professor«, maulte Jan. »Wie redest du eigentlich mit uns?«

»Nachher üben wir noch Ballannahme, Flachpass und Jonglieren«, fuhr Guido ungerührt fort. »Damit wir auch wirklich in Form sind, wenn wir Daniel eine verpassen.«

»Kommt denn der alte Perschke heute nicht?«, fragte Frank hoffnungsvoll.

»Ne. Heute bin ich euer Privattrainer.«

Jan und Frank wechselten einen raschen Blick Das konnte ja heiter werden!

»Machst du mit, Jacki?«, fragte Guido.

Franks Schwester zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich steh nicht auf Konditionszeugs.«

»Du musst dich ja nicht verausgaben.«

Guido schien ihr erneutes Achselzucken als Einverständnis zu werten.

Er hetzte sich und seine Freunde über die Fußballwiese, bis ihnen die Zunge heraushing. Frank und Jan gaben ihr Bestes – schließlich wollten sie Daniel eine schmerzliche Niederlage bereiten.

Nur Jacki hielt sich zurück Sie war zwar auch Mitglied im 1. FC Wilnshagen, aber sie würde bei dem Freundschaftsmatch am Dienstag nicht mitspielen.

»Kurze Pause und abrubbeln«, kommandierte Guido schließlich. »Dann machen wir ein bisschen Ballschulung.«

Als sie wenige Minuten später einigermaßen erfrischt wieder auf ihrer Fußballwiese standen, begriff Frank, warum Guido unbedingt Jacki dabei haben wollte.

»Wir klemmen uns jetzt paarweise den Ball zwischen die Stirn und versuchen, in der Bewegung die Balance zu halten.«

»Ach ja?«, fragte Jan spöttisch. »Und lass mich raten: Frank und ich sollen zusammen trainieren, während du mit Jacki Köpfchen an Köpfchen über die Wiese stolzierst.«

Guido runzelte die Stirn. »Was soll das? Das ist doch eine ganz normale Übung.«

»Echt? Ich glaube eher, für dich ist das eine Vorstufe zum Jacki-Knutschen.«

»Das ist doch ...« Guidos Gesicht nahm die Farbe einer überreifen Tomate an. »Ich ... Du bist ... Es ist einfach ...«

»Ihr tickt wohl nicht mehr ganz sauber.« Jacki sah richtig sauer aus. »Ich mache keine Kopf-an-Kopf-Übung. Mit niemandem von euch.«

»Mit Daniel würdest du aber schon, oder?«, stichelte Jan.

Jacki warf ihm erst einen wütenden Blick zu. Dann drehte sie sich wortlos um und verschwand Richtung Klubhaus.

Guido wartete ab, bis sie in der Hütte verschwunden war. Dann machte er einen Schritt auf Jan zu. »Und jetzt zu dir, du linke Ratte«, zischte er. »Wenn man dich zum Freund hat, braucht man keine Feinde.«