Zehn

 

 

„O fuck …“, sage ich leise, als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlage, da mir sämtliche Knochen wehtun. Man soll nicht meinen, dass ein bisschen Bewegung ausreicht, um mich aus der Bahn zu werfen, aber da sieht man mal wieder, wie lange ich schon keinen Sport mehr mache. Damit anfangen sollte ich aber definitiv. „Heute muss ich es langsam angehen lassen“, jammere ich weiterhin und setze mich auf, als ich neben mir den schlafenden Seth entdecke.

Es ist ungewöhnlich, dass er überhaupt noch hier liegt, denn normalerweise sitzt er längst an seinem Schreibtisch und arbeitet. Heute scheint es ihm aber nicht anders zu gehen als mir, oder warum konnte er sich nicht dazu durchringen, früh aufzustehen?

„Hör auf, mich anzustarren“, nuschelt er, greift nach seinem Kissen und zieht es sich über den Kopf. „Ich will schlafen“, höre ich dann noch unterdrückt, weshalb ich leise lachen muss.

„Hält dich irgendeiner davon ab?“

„Ja, du“, erwidert er und zieht das Kissen wieder nach unten. Dann sieht er mich an. „Du machst mich nervös.“

„So so, ich mache dich also nervös.“ Ich schüttle schmunzelnd den Kopf, bevor ich mich von ihm wegdrehe und die Füße auf dem Boden abstelle. „Ich gehe uns mal Kaffee kochen, vorausgesetzt, meine Beine schaffen es bis in die Küche.“ Ich möchte aufstehen, doch Seth greift plötzlich nach meinem Handgelenk. Ein wenig verwirrt darüber drehe ich mich zu ihm zurück. Er sieht müde aus, aber irgendwie auch … wenn ich es nur wüsste. „Was ist los?“

„Nichts, ich …“ Er fährt sich durch das Haar, lässt mich anschließend los. „Machst du direkt das Frühstück? Nach gestern könnte ich wohl einen Bären verschlingen.“

„Vielleicht hätten wir dann einen jagen sollen?“ Ich verziehe die Lippen zu einem schiefen Grinsen und stehe auf. Er wirkt noch immer anders als sonst, nur kann ich leider nicht greifen, warum das so ist. „Kommst du dann auch gleich? Oder soll ich dir das Essen ans Bett bringen?“

„Hm, das wäre doch mal ein guter Service“, erwidert er und dreht sich um, während ich hinüber zur Tür laufe. Seine Augen ruhen ununterbrochen auf mir und, ich bin davon überzeugt, auf meinem Hintern. „Im Schrank ganz rechts unten steht ein Tablett. Da bekommst du sicher alles drauf.“

„Jawohl, Chef. Ihr Wunsch wird umgehend erfüllt.“

 

Nachdem ich Kaffee gekocht und uns ein paar Sandwiches zubereitet habe, betrete ich das Schlafzimmer nun wieder. Seth liegt noch immer im Bett und hat die Augen mittlerweile wieder geschlossen, was mich aber nicht davon abhält, mich neben ihn auf die Matratze zu setzen. Das Tablett zunächst auf meinen Oberschenkeln abgestellt, positioniere ich es jetzt zwischen uns mittig des Bettes.

„Na, doch keinen Hunger?“

Seth‘ Augen öffnen sich langsam, er lächelt. „Doch, aber ich bin zu faul, mich zu bewegen.“ Jetzt lacht er. „Heute werden wir auf keinen Fall eine halbe Weltumwanderung machen.“

„Meine Worte, das war echt ein bisschen viel gestern.“

Ich lehne mich zurück, während Seth sich ebenfalls aufsetzt. „Wirklich? Dann sollten wir heute auf gänzlich jede Aktivität verzichten und den ganzen Tag schlafen. Schlafen. Essen. Schlafen. Essen. Und zwischendurch …“

„Vögeln“, rutscht es mir heraus, ein Grinsen kann ich mir jedoch nicht verkneifen.

Seth runzelt die Stirn. „Was an wir verzichten auf gänzlich jede Aktivität hast du nicht verstanden?“

„Ich habe alles daran verstanden“, gebe ich zurück, beiße in mein Sandwich und spreche mit vollem Mund weiter. „Aber du kannst auf jede Aktivität verzichten, indem du einfach nur liegen bleibst. Alles andere übernehme ich, dann ist es nicht so anstrengend für dich.“

Er kommentiert meinen amüsierten Blick zunächst lediglich mit einem Kopfschütteln, grinst dann aber. „Du bist immer noch viel zu frech, Miles.“

„Ach komm, das gefällt dir doch.“ Ich nehme eines der Sandwiches und halte es ihm hin. „Los komm, iss, damit du wieder fit wirst. Den ganzen Tag im Bett herum liegen ist nämlich nichts für mich, da werde ich nervös.“

„Ja, weil du viel zu angespannt bist.“ Er nimmt mir das Sandwich aus der Hand und lehnt sich zurück. „Hast du nicht gelernt, dass man auch mal langsam machen muss? Den Tag einfach mal Tag sein lassen, ohne Pläne und Stress?“

Ich zucke die Schultern und esse weiter, während ich über eine Antwort nachdenke. Wann habe ich das letzte Mal einfach mal nichts getan? Es scheint ewig her zu sein.

„Ich weiß auch nicht. Aber neben der Arbeit stehe ich eben ständig unter Strom. Es ist ja nicht nur mit dem Unterricht in der Schule getan. Zu Hause müssen auch Dinge vorbereitet werden, die nicht liegen bleiben können. Hinzu kam dann noch, dass ich nie wusste, wann Cole nach Hause kommt. Ob er überhaupt noch Interesse an mir hat, wenn er wieder da ist, oder ob er sich bereits anderweitig vergnügt hat. Das alles lässt einen nun mal nicht gerade entspannt sein. Wenn du verstehst, was ich meine.“

„Ich denke schon, ja. Aber Cole ist jetzt Geschichte. Warum also musst du unbedingt etwas tun? Wir können hier liegen bleiben, reden, uns einen Film ansehen oder sonst was tun. Man muss nicht immer Action haben, nur um zu glauben, dass man lebt.“

„Bist du denn wirklich anders?“

Er legt den Kopf ein wenig schief, greift nach seiner Tasse und trinkt einen Schluck. „Wie meinst du das?“

„Na ja …“ Ich zucke die Schultern. „Kannst du wirklich nichts tun, wenn du allein bist? Oder spielen deine Gedanken da nicht auch vielmehr verrückt? Ich meine, du sitzt doch sicherlich den ganzen Tag vor dem Laptop, um dich zu beschäftigen. Oder etwa nicht? Sicher, das ist eine andere Art von Beschäftigung, aber im Grunde doch nichts anderes. Wann hast du das letzte Mal einfach nichts getan? Ohne Laptop oder Manuskript. Ohne die Gedanken an etwas, das dich beschäftigt?“

Seth antwortet mir nicht und stellt stattdessen seine Tasse zurück auf das Tablett. Es ist nicht zu übersehen, dass seine Gedanken rotieren, aber ich bin mir sicher, dass er mich nicht groß an ihnen teilhaben lassen wird.

„Du hast recht“, sagt er nach einer ganzen Weile und sieht mich an. „Das letzte Mal, dass ich rein gar nichts getan und einfach nur im Bett herumgelegen habe, ist eine Ewigkeit her. Und vielleicht sollten wir es gerade deshalb einfach tun, hm?“

„Das klingt toll, ja.“ Ich lächle und bin überrascht darüber, wie sehr mir der Gedanke daran gefällt. Hier liegen. Reden. Chillen. Und vielleicht … „Eine Sache muss ich aber gleich dennoch kurz erledigen.“

„Du musst deine Anrufe und Nachrichten checken, hm?“

Ich nicke zustimmend. „Ja, aber das mache ich allein und verspreche hoch und heilig, dass ich schnell wieder da bin.“

„Dann ist es genehmigt.“ Er lächelt. „Und ich werde in der Zwischenzeit ein paar Dinge vorbereiten. Unter anderem für heute Abend, aber da musst du dich überraschen lassen.“

„Ach, und ich dachte, wir werden nichts tun?“

„Werden wir auch nicht, aber mehr wird jetzt nicht verraten.“

 

•••

 

Nachdem ich eine knappe Dreiviertelstunde später die Hütte verlassen habe, um mein Handy zu checken, komme ich enttäuscht wieder zurück. Die Ernüchterung kam schnell, als ich festgestellt habe, dass außer den Anrufen von Cole und Miley nichts anders auf meinem Handy zu finden war. Miley habe ich noch kurz zurückgerufen, das Gespräch aber relativ schnell wieder beendet, da sie mich erneut zurück nach Miami holen wollte. Sie zeigt noch immer kein Verständnis für meine Situation und darauf kann ich im Moment noch mehr verzichten als zuvor.

Seufzend werfe ich einen Blick ins Schlafzimmer, doch Seth ist nicht da. Ich kann mir schon denken, wo er ist, allerdings wäre das entgegen unserem Plan.

„Wie war das mit: Wir machen heute mal nichts?“, frage ich, als ich ihn vor dem Laptop sitzend vorfinde, und lehne mich mit vor der Brust verschränkten Armen in die Tür. „Du bist wirklich unmöglich.“

Er dreht sich auf dem Stuhl zu mir um. „Ich habe nur die letzten Seiten von gestern noch einmal gelesen, das ist alles.“

Skeptisch lege ich den Kopf schief. „Das ist nichts anderes als arbeiten.“

„Du arbeitest also, wenn du dir ein Buch zur Hand nimmst?“

Ich verdrehe die Augen, während er aufsteht und auf mich zukommt. „Ich lese nicht meine eigenen Bücher, das ist ein großer Unterschied.“

Er zuckt die Schultern und bleibt direkt vor mir stehen. „Gibt es etwas Neues?“

Dann schüttle ich den Kopf. „Außer einer nervigen Schwester und eines noch nervigeren Ex-Freundes, nein. Cole habe ich jetzt aber blockiert. Er lässt mich also in Ruhe.“

„Und Miley?“

Ich zucke erneut die Schultern. „Es hat sich nichts geändert. Sie versteht mich nicht und möchte, dass ich sofort zurück nach Hause komme. Das wäre ja alles Schwachsinn und am Ende tut es nur weh, bla bla bla.“

„Hm, das klingt, als wüsste sie mehr, als sie zugibt.“

„Findest du?“

„Warum sonst sollte sie es dir ständig ausreden? Du musst doch im Grunde selbst wissen, ob du es herausfinden möchtest oder nicht.“

„Ja, natürlich aber … Ich weiß es nicht.“ Seufzend reibe ich mir den Nacken und wende mich anschließend von ihm ab, um mich auf die Couch zu setzen. Die Unterarme auf den Oberschenkeln abgestützt, lasse ich den Kopf ein wenig sinken. Ich habe Kopfschmerzen. Das alles regt mich schon wieder viel zu sehr auf. „Den Gedanken hatte ich auch schon, aber ich bin immer davon ausgegangen, dass sie mir erzählen würde, wenn sie etwas weiß. Warum sollte sie es auch für sich behalten?“

Ich sehe ihn an und beobachte ihn dabei, wie er zu mir kommt und sich ebenfalls setzt. Anschließend rutscht er hinter mich, schiebt seine Beine an meinen Seiten vorbei und zieht mich an seinen Oberkörper. Seine Hände legen sich an meine Schultern, bevor er mich zu massieren beginnt. Als würde in diesem Moment eine Last von mir fallen, schließe ich die Augen und versuche, es zu genießen.

„Es kommt darauf an, was sie weiß. Wenn ihr Dinge bekannt sind, die nicht ganz so schön sind, möchte sie dich vielleicht beschützen. Hast du sie nicht mal gefragt?“

„Doch, natürlich, aber sie behauptet immer, sie weiß nichts. Ob es was damit zu tun hat, dass mich diese Frau Mörder genannt hat? Ich meine …“

„Miles …“, unterbricht er mich schon fast sanft, weshalb ich nicht weiterspreche. „Du solltest warten, bis Nora sich gemeldet hat und das hat sie ja offenbar noch nicht getan. Oder?“

Ich schüttle den Kopf. „Nein, aber wer weiß, ob sie das überhaupt macht. Vielleicht denkt sie sich auch nur, dass ich ein totaler Spinner bin.“

„Nein, das denkt sie ganz sicher nicht.“ Seth‘ Hände massieren weiterhin meine Schultern, und es tut so wahnsinnig gut. Den Kopf zurückgelehnt, habe ich die Augen noch immer geschlossen. Er könnte den ganzen Tag so weitermachen. „Wenn ihre Eltern wirklich erst gestern zurückgekommen sind, dann wird sie sicherlich nur noch ein bisschen warten, um sie nicht direkt zu überfallen, das ist alles. Also bitte, versuch dich ein bisschen zu entspannen und den Kopf freizubekommen. Es hilft nicht, wenn du dich ununterbrochen verrückt machst.“

„Du hast leicht reden“, erwidere ich und seufze erneut. „Das Thema ist halt ununterbrochen präsent. Ich kann meinen Kopf nicht einfach ausstellen“

„O doch, das kannst du.“ Seth hat seine Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da liegen seine Lippen bereits in meinem Nacken. Hauchzart fahren sie über meine Haut und hinterlassen eine Gänsehaut, die Seth unmöglich entgangen sein kann. Ich liebe es, wenn sein Atem mich streift wie der warme Sommerwind. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. „Lass mich einfach machen, okay?“

„Nein …“, sage ich und drehe mich um, knie mich zwischen seine Beine. „Lass uns zusammen machen. Du bist genauso wichtig wie ich.“

Meine Hände legen sich an seine Wangen, während wir uns zunächst nur in die Augen sehen. Manchmal wünsche ich mir, ich könnte in seinen Kopf sehen und herausfinden, was er gerade denkt. Was ihn beschäftigt, wenn er mich mit diesem Blick ansieht, den ich noch immer nicht deuten kann. Ich möchte ihn küssen, doch mein Verstand sagt mir, dass er es auch heute nicht zulassen würde. Dabei würde ich so gern. Sex ist so viel intensiver, wenn man …

„Nein“, sagt er plötzlich nach einer ganzen Weile und reißt mich aus diesem Moment, den ich wohl noch ewig hätte festhalten können. Dann packt er mich, kurz darauf liege ich mit dem Rücken auf der Couch. „Du wirst jetzt entspannen und den Kopf ausschalten. Alles andere ist jetzt unwichtig.“

„Aber das …“

Ich möchte dementieren und ihm sagen, dass das auch auf andere Art und Weise geht, doch Seth geht so bestimmt vor, dass mir kaum die Möglichkeit dazu bleibt. Seine Hand legt sich in meinen Schritt und fasst zu, während sich seine Lippen an meinen Hals drängen und ich auf der Stelle stöhnen muss und die Augen schließe. Vorbei ist das Knistern zwischen uns, das ich ganz klar gespürt habe. Vorbei der Augenblick, den ich sehr genossen habe, den er aber, da bin ich mir sicher, bewusst zerstört hat. Trotzdem, und obwohl ich ihn gern danach fragen möchte, kann ich mich gegen das Hier und Jetzt nicht wehren. Mein Körper und irgendwie auch mein Herz möchten ihn spüren, solange es geht. Und ich bin mir bewusst, dass dies nicht mehr der Fall sein wird, wenn ich ihn jetzt danach frage.

Vielleicht später , denke ich. Oder doch jetzt?

Warum ist das alles nur auf einmal so kompliziert?

„Miles …“

Ich merke, dass er sich von mir löst und den Kopf hebt, weshalb ich die Augen öffne und ihn ansehe. Sein Blick wirkt vorwurfsvoll, aber auch irgendwie entschuldigend.

„Ja?“

„Hör auf nachzudenken und entspann dich. Ich möchte dir nur etwas Gutes tun.“

„Wenn das so ist, dann …“ Meine Hände krallen sich in sein T-Shirt, während ich mit mir selbst und meinen Worten hadere. Ich weiß, dass ich, wenn ich nicht möchte, dass er geht, nichts Falsches sagen darf, und ebenso, dass Gefühlsduselei gerade vollkommen fehl am Platze ist. Wenn ich doch nur wüsste, was mit mir los ist. Aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um über solche Dinge nachzudenken. „Tu mir was Gutes und fick mich um den Verstand, mehr brauch ich gerade nicht.“

Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, glaube aber dennoch, dass er einen Moment lang zögert. Dann steht er jedoch auf, greift nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her.

„Nichts lieber als das“, sagt er und schiebt mich nach hinten. Seine Augen ruhen auf mir, während ich rückwärtslaufe und mir, genau wie er, das T-Shirt über den Kopf ziehe. Die Sachen landen unbedacht irgendwo auf dem Boden, ebenso wie unsere Hosen samt Shorts, die wir uns im Schlafzimmer von den Hintern reißen. Mein Atem geht schwer, als Seth seine Hand an mein Kinn legt und meinen Kopf etwas nach oben drückt. Seine Lippen legen sich an mein Ohr, bevor er leicht in dieses hineinbeißt. „Leg dich auf den Bauch. Den Rest mache ich“, flüstert er leise, was meinen Schwanz sofort hart werden lässt.

Kurz darauf dreht er sich von mir weg, was ich zum Anlass nehme, um seiner Bitte nachzugehen. Ich lege mich aufs Bett und beobachte ihn dabei, wie er das Gleitgel aus der Schublade des Nachttisches holt. Woher er das weiß, hinterfrage ich nicht. Vermutlich hat er es in den letzten Tagen durch Zufall gesehen.

„Seth, ich …“ Was genau ich ihm sagen möchte, weiß ich nicht, allerdings werden meine Worte eh im Keim erstickt, als er das Gleitgel großzügig an meiner Öffnung verteilt. Ich stöhne, da sich seine Finger zwischen meinen Pobacken bewegen und immer wieder in mich eindringen. Die Hände ins Kissen gekrallt, schließe ich die Augen, dann spüre ich seinen steinharten Schwanz an meinem Hintern. „O fuck“, presse ich zwischen meinen Zähnen hindurch, während er sich langsam in mich schiebt. Er lässt sich auf meinen Beinen nieder. Seine Hände liegen auf meinem Hintern und massieren ihn fest. Er beginnt sich zu bewegen. Zunächst nur langsam, aber so unglaublich intensiv, dass ich kaum noch atmen kann. Seine Härte in mir. Die Finger fest in meinen Hintern gekrallt. Haut an Haut. Wärme. Das alles fühlt sich so unbeschreiblich gut an.

„Gut so?“, fragt er nach einer ganzen Weile. Seine Hand fährt dabei fest über meinen Rücken.

Gut so … Cole hat mich noch nie gefragt, ob …

„Es könnte besser nicht sein“, erwidere ich stöhnend, und doch werden seine Stöße von jetzt auf gleich noch schneller und härter.

Meine Hände greifen fester um das Kissen, auf dem ich liege, doch dann greift Seth plötzlich nach ihnen und zieht sie zurück auf meinen Rücken. Mittig von diesem hält er sie mit einer Hand fest, bevor er sich mit der anderen auf der Matratze abstützt und diesem Sex noch einmal eine andere Bedeutung gibt. Seine Stöße werden fester, schneller und härter zugleich. Er zieht sich aus mir zurück, nur um mich im nächsten Moment mit einem starken Stoß in die Matratze zu drücken. Mein Stöhnen wird lauter. Mein Schwanz unter schmerzhaftem Pochen immer härter. Dann hält Seth plötzlich inne und erhebt sich wieder, drängt mich dazu, mich ebenfalls aufzusetzen. Wie bereits vorhin liegen seine Lippen jetzt an meinem Ohr. Ich genieße den unregelmäßigen Atem auf meiner Haut und das schwere Heben seines Oberkörpers an meinem Rücken.

„Fass dich selbst an“, sagt er mit rauer Stimme und legt seine Hand an meine Schulter.

Ich weiß nicht genau, was er tut, glaube aber, dass er sich zurücklehnt und irgendwie auf der Matratze abstützt, denn kurz darauf komme ich erneut in den Genuss seiner gekonnten und immer härter werdenden Stöße. Seth fickt mich, genau, wie ich es wollte, um den Verstand, während ich meinen Schwanz mit fester Faust umfasse und anfange mich zu pumpen. Ich lausche Seth‘ Stöhnen, das immer lauter und dunkler wird, spüre bereits jetzt, wie jede Faser meines Körpers zu zittern beginnt. Es dauert nicht lange und die Anspannung in meinem Körper entlädt sich in einem lautstarken Orgasmus, der auch Seth nur wenige Augenblicke später kommen lässt. Sein Schwanz zuckt in meinem Inneren. Seine Fingernägel bohren sich fest und unaufhaltsam in meine Haut. Dann plötzlich legen sich seine Arme um meinen Oberkörper und er kuschelt sich von hinten an mich. Es ist ein wunderbares Gefühl, welches er durch einen zarten Kuss in meinen Nacken noch schöner werden lässt.

„Mission erfüllt?“, fragt er leise.

Ich kann das Lächeln auf seinen Lippen spüren, obwohl ich ihn nicht sehe.

„Mission erfüllt“, antworte ich und lege eine Hand an seinen Unterarm.

 

•••

 

Der restliche Tag ist so entspannt, wie Seth es vorausgesagt hat. Wir liegen lediglich im Bett herum, sehen uns Filme an oder reden, wie wir es so oft tun. Mit Seth Zeit zu verbringen ist etwas, das man kaum in Worte fassen kann. Denn selbst wenn man nichts vorhat, so wie wir heute, so wird es mit ihm niemals langweilig. Er ist ein Mensch, der fesselt. Jemand, der es mit seiner bloßen Anwesenheit schafft, den grauen Alltag mit Farben zu füllen. Ich möchte gar nicht darüber nachdenken, wie es sein wird, wenn ich in ein paar Tagen zurück nach Miami fliege. Wir sollten Handynummern austauschen und uns wiedersehen. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob er das genauso sieht.

„Warum machst du es eigentlich so spannend?“

Seth hat mir eine Augenbinde umgelegt und schiebt mich von einem Raum in den anderen, damit ich nicht mehr weiß, wo ich mich gerade befinde. Die Überraschung, von der er gesprochen hat, hatte ich ganz vergessen, bis er mich auf diese lustige Art und Weise daran erinnert hat. Wo wir mittlerweile stehen, weiß ich nicht. Ich bekomme nur mit, dass er vor mir eine Tür öffnet. Erst als mir ein wenig warme Luft entgegenkommt, wird mir klar, dass er die Tür nach draußen geöffnet haben muss.

„Weil es langweilig ist, wenn man eine Überraschung einfach so präsentiert bekommt.“ Er schiebt mich etwas nach vorn, bevor er mich wieder festhält und ich stehenbleibe. Hinter mir fällt die Tür ins Schloss. „Bist du bereit?“

„Und wie bereit ich bin.“

Ich bemerke, dass Seth sich hinter mich stellt und die Hände an meinen Hinterkopf legt. Kurz darauf löst er die Binde von meinen Augen und nimmt sie herunter. Meine Augen fallen auf die beiden Schaukelstühle, die, ausgestattet mit ein paar gemütlichen Kissen, in der Dunkelheit auf der kleinen Holzterrasse stehen. Umgeben von Teelichtern und der Stille, die uns umgibt, wirken sie unglaublich romantisch, auch wenn ich weiß, dass das sicherlich nicht seine Absicht gewesen ist. Es ist so schön. Ein Traum.

„Du hast mich gefragt, warum wir noch nicht zusammen hier draußen gesessen haben, und ich dachte, es ist an der Zeit, das zu ändern.“ Er tritt zur Seite und sieht mich dabei fordernd an. „Los, setz dich. Die Dinger sind wirklich total bequem.“ Ohne ihm zu antworten, gehe ich etwas nach vorn und setze mich in einen dieser wunderbaren Sessel. Bequem ist gar kein Ausdruck. Ich glaube, hier könnte ich sogar schlafen. „Hier.“

Ich drehe den Kopf zur Seite und bemerke das Weinglas, das er in seinen Händen hält. Dankbar nehme ich es ihm ab.

„Oh, für Rotwein hast du auch gesorgt.“

Ich rieche am Glas, während Seth sich neben mir auf den anderen Stuhl setzt. „Nein, das ist Traubensaft. Ich trinke keinen Alkohol.“

Skeptisch hebe ich eine Augenbraue und rieche noch einmal an meinem Glas, da ich mir nicht sicher bin, ob er mich auf den Arm nehmen will oder die Wahrheit sagt. Dann muss ich lachen. Es ist tatsächlich Traubensaft.

„Also ich bin mir nicht sicher, ob ich es bemerkt hätte.“

„Warum? Weil du noch nie Wein getrunken hast?“

Auf meinen Lippen bildet sich ein schiefes Grinsen. „Ich bin eher der Biertyp, wenn ich überhaupt was trinke. Das letzte Mal ist auch schon eine Ewigkeit her.“

„Schade, hätte ich das mal gewusst.“

Ich lache erneut. „Warum?“

Seth zuckt die Schultern. „Na ja, du bist bestimmt süß, wenn du angetrunken bist, und das wäre jetzt sicher schnell gegangen.“

„Ich bin immer süß, ja?“ Ich setze eine gespielt beleidigte Miene auf und sehe ihn mit großen Augen an. „Da, guck!“ Dann forme ich die Lippen zu einem Schmollmund. „Wer etwas anderes behauptet, lügt!“

Seth‘ amüsiertes Kopfschütteln lässt mich ebenfalls schmunzeln, aber kurz darauf auch wieder ernst werden, wie so oft wird mir in diesem Moment klar, wie viele Geheimnisse er hat. Doch an diese heranzukommen, wird vielleicht ein Ding der Unmöglichkeit.

„Du starrst mich schon wieder an“, sagt er nach einer ganzen Weile und reißt mich aus den Gedanken. „Findest du mich etwa auch süß?“

„So etwas in der Art, ja“, erwidere ich grinsend und trinke einen Schluck. „Aber eigentlich habe ich mich gefragt, warum du so … geheimnisvoll bist.“

„Ach, bin ich das?“

Er hebt sein Glas und trinkt ebenfalls einen Schluck, sieht mich dabei aber nicht an. Stattdessen lässt er seinen Blick durch den dunklen Wald wandern, während ich überlege, ob ich meine Gedanken tatsächlich offen aussprechen soll. Es gibt so Vieles, das ich gern von ihm wüsste. Auch wenn ich das heute sicherlich nicht alles aufgreifen kann.

„Findest du etwa nicht?“

Er zuckt die Schultern. „Ich rede nun mal nicht gern von mir. Außerdem bin ich es nicht gewohnt, dass jemand so neugierig ist wie du. Bevor du hier aufgetaucht bist, war ich eben gern für mich allein.“

„Und wie ist es jetzt?“

Ich drehe den Kopf zur Seite, um ihn anzusehen, doch mit einer richtigen Antwort darauf rechne ich ehrlich gesagt nicht. Er spricht nicht gern über sich selbst, das hat er gerade gesagt. Und was er nicht möchte, wird er auch nicht tun.

„Jetzt sitze ich hier und genieße es, mit einer kleinen Nervensäge Kinderwein zu trinken.“ Er lächelt, dann richtet er den Blick wieder nach vorn. „Außerdem musst du nicht viel von mir wissen. In ein paar Tagen gehen wir sowieso getrennte Wege.“

Ich lehne mich zurück und schaukle den Stuhl ein wenig, indem ich meinen Fuß auf dem Boden auf und ab bewege. „Du weißt auch sehr viel über mich. Außerdem können wir uns wiedersehen, wenn wir es wollen. In der heutigen Zeit sind Entfernungen kein Problem mehr, außerdem gibt es Handys und das Internet. Vorausgesetzt natürlich, der Wunsch nach einem Wiedersehen ist auf beiden Seiten da.“

Mir ist bewusst, dass ich mich sehr weit aus dem Fenster lehne, aber das ist mir gerade egal. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Zufall war, ihn hier getroffen zu haben. Wir verstehen uns so gut und das in jeder Beziehung. Irgendwas muss das Schicksal sich dabei gedacht haben.

„Wie du bereits bemerkt haben solltest, ist das mit Handy und Internet hier so ein Problem.“ Er steht auf, stellt sein Glas zur Seite und sich selbst an die kleine Treppe, die hierher zur Hütte führt. Die Arme vor der Brust verschränkt, sieht er in die Dunkelheit. „Und da ich nicht weiß, wie lange ich noch hierbleiben werde, wäre der Kontakt dann doch nur sehr sporadisch. Kann man sich also sparen.“

Vielleicht müsste ich jetzt enttäuscht oder wütend über seine Worte sein, bin ich aber nicht. Stattdessen glaube ich, dass hinter seiner Ablehnung viel, viel mehr steckt, als er gerade zugeben möchte.

„Wenn ich es mir aber nicht sparen möchte?“ Ich stehe auf und stelle mein Glas ebenfalls zur Seite, bevor ich direkt hinter ihn trete. Für einen kurzen Moment dreht er den Kopf leicht nach hinten, sieht dann aber direkt wieder nach vorn. „Es gibt immer Möglichkeiten, Kontakt aufrechtzuerhalten, wenn man es möchte. Warum also sollten wir das nicht hinbekommen?“

„Weil es sinnlos ist, Miles.“ Er dreht sich zu mir um und sieht mich mit großen Augen an. „Ich lebe hier in dieser Hütte, weit weg von jeglicher Zivilisation. Ich arbeite hier und brauche meine Ruhe, sonst kann ich nämlich die Vereinbarungen mit meinem Verlag nicht einhalten. Das bedeutet keine Veröffentlichungen und kein Geld. Mag ich mir eine ganze Weile noch leisten können, aber irgendwann sind auch meine Reserven verbraucht. Es geht nicht, dass ich ständig abgelenkt werde. Auch wenn ich …“

Er stoppt mitten im Satz, während seine Augen nun ruhiger auf meinen liegen als noch zuvor. Ich spüre, wie verzweifelt er gerade ist, weiß aber auch, dass er es niemals zugeben würde. Wenn ich doch nur wüsste, wovor er Angst hat. Ich würde sofort versuchen, sie ihm zu nehmen.

„Auch wenn du was?“, hake ich nach.

Seth beißt sich auf die Unterlippe. „Auch wenn ich diese Ablenkung hier gerade wahnsinnig genieße. Ich kann sie mir auf Dauer einfach nicht leisten.“

„Und wenn ich verspreche, das nächste Mal leise und brav in der Ecke zu sitzen und dir beim Schreiben zuzusehen?“

Er lacht fast unhörbar. „Brav und leise … Das passt so wenig zu dir wie zurückhaltend und …“

„Intelligent?“, führe ich seine Überlegung grinsend weiter, woraufhin er den Kopf schüttelt.

„Du bist intelligent. Intelligent, charmant, witzig, sexy …“ Mein Herz klopft wie verrückt, als er die Hand hebt und sanft über meine Wange streichelt. Mit alledem hier habe ich nicht gerechnet. Weder mit diesem Knistern, das zwischen uns liegt, noch mit seiner Ehrlichkeit. Die Augen geschlossen, genieße ich seine Finger auf meiner Haut. Es tut wahnsinnig gut. „Alles, was Cole niemals zu schätzen wusste.“

Ich öffne die Augen und sehe direkt in seine. Das warme Braun mustert mich intensiv. So intensiv, dass ich das Gefühl habe, als würden meine Beine gleich nachgeben. Das Kribbeln in meinem Bauch, das ich in den letzten Tagen immer mal wieder leicht gespürt, aber ignoriert habe, ist so stark, dass ich es nun nicht mehr leugnen kann. Dieser Mann hat mir binnen weniger Tage den Kopf verdreht, obwohl ich es die ganze Zeit über nicht wahrhaben wollte. Ich weiß nicht, was und wie er es mit mir gemacht hat, aber es ist das erste Mal seit einer Ewigkeit, dass ich wieder weiß, wie es ist, Gefühle für einen anderen Menschen zu haben. Trotz all der Geheimnisse, die ihn umgeben, ist er mir so unglaublich wichtig geworden. Er hat mir innerhalb dieser wenigen Tage gezeigt, was im Leben wirklich wichtig ist, und …

„Seth …“ Ich hebe den Kopf und meine Hände, um sie an seine Brust zu legen. Meine Hände krallen sich in sein T-Shirt, während ich ihm unbemerkt immer näher komme. Das Verlangen, ihn zu küssen, ist noch stärker als sonst. Und dieses Mal möchte ich es riskieren. Ich möchte seine Lippen spüren. Fühlen, dass da mehr zwischen uns ist, als ich die ganze Zeit über gedacht habe. Mein Herz schlägt schneller, als unsere Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt sind. Sein Atem streift meine Haut. Meine Knie werden weich. Doch dann dreht er plötzlich den Kopf zur Seite und zieht mich lediglich in eine feste Umarmung. Es ist, als würde er mein Herz in diesem Moment in Stücke reißen, obwohl er nicht einmal etwas gesagt hat. Obwohl die Umarmung, die er mir schenkt, dennoch so viel wert ist. Und doch … „Warum wehrst du dich so sehr dagegen, mich zu küssen?“

Ich weiß nicht, ob es richtig ist, ihm diese Frage zu stellen, doch sie brennt mir schon zu lange auf der Zunge. Ich bin mir doch sicher, dass er es genauso möchte wie ich. Was zur Hölle hält ihn davon ab?

„Weil küssen zu intim und tief ist, als dass man es an eine belanglose Affäre verschwenden sollte.“

Er lässt mich los, tritt an mir vorbei und verschwindet in der Hütte. Mein Herz bricht. Ich kann es nicht verhindern, obwohl ich es möchte, doch seine Worte reißen es heraus.

Was habe ich erwartet?

Was geglaubt?

Dachte ich etwa, dass sich das alles hier zu etwas ganz Besonderem entwickelt?

Dass aus Belanglosem, wie er so schön sagt, binnen weniger Tage etwas Wunderschönes entstehen kann?

Ich bin so ein Idiot , denke ich und kämpfe gegen den Kloß in meinem Hals an, der mir das Atmen nur noch schwerer macht. Ich fühle mich schrecklich und auf gewisse Art und Weise gedemütigt.

Wie soll ich ihm jemals wieder in die Augen sehen können?