So bunte und blumige Gerichte hatte ich noch nie gesehen. Mit einem ganzen Fernsehteam waren wir angerückt, um von Unkrautgourmet Marion Putensen zu erfahren, wie die Lüneburger Heide schmeckt. Etwas mit Kräutern und Unkräutern hatten wir erwartet in ihrer »Waldkräuterey«, doch wir konnten nicht nur grünes Gestrüpp filmen, sondern einen echten Augenschmaus: Gerichte, die so prachtvoll mit bunten Blüten verziert waren, dass unser Kameramann gar nicht wusste, wo er anfangen sollte zu drehen.
Mir war damals sofort klar: Hierher muss ich noch mal in Ruhe kommen. Dieser Frau und ihrer Leidenschaft können wir in wenigen Fernsehminuten nicht gerecht werden. Marion zeigte mir in der TV-Dokumentation zwar wie vereinbart, wo man in der Lüneburger Heide essbare wilde Bachkresse ernten kann. Sie ließ mich an Kräutern riechen und ihre bunten Gerichte probieren, aber dann mussten wir auch schon weiter zum nächsten Drehtermin.
Marion und ich blieben in Kontakt. Sie kam für ein Kräuter- und Blütenspecial als Interviewgast in meinen Homefarming-Podcast, wo wir mehr als 45 Minuten Zeit hatten, uns zu unterhalten – über essbare Blüten im Garten, über Unkraut, das eigentlich Heilkraut heißen müsste, und über ihren Garten, in dem auch Obst und Gemüse wachsen. Und dann konnte ich sie auch noch überzeugen, mir einen ganzen Tag Zeit zu schenken, um mit mir das Sommermenü für dieses Buch zu kochen.
Ihr werdet es gleich lesen: Marion ist eine coole und unglaublich kompetente Frau. Sie ist Kräuterfachwirtin und Ausbilderin in diesem Bereich. Zudem ist sie zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin und Trainerin und Dozentin im Bereich der Natur- und Umweltpädagogik. Waldmedizin und Waldtherapie sind ihr ein Anliegen und sie produziert und vertreibt mit ihrer Manufaktur »Tausendgrün« biologische Produkte aus Wildkräutern und Heilpflanzen. Und wir haben etwas gemeinsam: Auch Marion fand erst in ihrem zweiten Leben zu ihrer großen Leidenschaft. Optikerin hatte sie einst gelernt und dann als Businesscoach gearbeitet. Aber die Liebe zur Natur war stärker. Irgendwann fasste sie den Mut und ließ sich zur Kräuterfachwirtin ausbilden, sammelte die nötigen Zertifikate und machte sich selbstständig. Jetzt ist sie so richtig glücklich, sagt sie. Was ich absolut verstehen kann.
Auch bei mir wurde der Wunsch, aufs Land zu ziehen und mich mehr mit der Natur zu beschäftigen, irgendwann so stark, dass ich meiner inneren Stimme einfach folgen musste. Ich habe euch in meinem ersten Buch davon erzählt. In diesem Buch und in diesem Kapitel soll es um Marion gehen und darum, unseren Blick zu erweitern. Denn wir können draußen in der Natur viel mehr ernten, als uns bewusst ist.
Mit Marions Ideen werden Homefarminggerichte fantasievoll und bunt.
Liebe Marion, du bereitest in diesem Buch das Sommermenü für uns zu. Erinnerst du dich noch an die Sommer deiner Kindheit?
Die Sommer meiner Kindheit waren geprägt durch meine Großmutter, die eine begnadete Köchin war. Es gab immer frisches Gemüse, frische Beeren und ich erinnere mich noch, dass mir die Wartezeit auf ihre leckeren Speisen immer extrem lang vorkam. Ich konnte es kaum aushalten, hatte immer den größten Hunger von allen, den größten Durst, war kurz vor dem Verdursten (lacht) und musste natürlich immer in den Töpfen rumschleckern oder rumrühren. Und wenn wir nicht gegessen haben, waren wir draußen – vor allem in den Sommerferien: angeln, barfuß laufen, Regenwürmer sammeln, gemeinsames Kochen.
An dem schwarzen Fleck in der Mitte erkennt man die Wilde Möhre. Ihre Wurzel schmeckt köstlich.
Dann hat sich in diesen Sommern auch deine Naturverbundenheit ausgeprägt?
Ja, wir waren immer draußen, haben die Natur erlebt, auch essenstechnisch. Die Grundprämisse bei uns war: erst mal alles probieren und wenn du es dann nicht magst, lässt du es. Aber gleich von vornherein Nein sagen, das gab es bei uns nicht. Mein Vater hat mir auch sehr viel beigebracht: Quellen im Wald entdecken, dass man sich aus Spitzwegerich ein Wiesenpflaster herstellen kann und welche Pilze essbar sind. Das war als Kind superspannend.
Woher wusste dein Vater das alles? Meiner hat immer nur Klopapier um die Schnittwunden gewickelt …
In meiner Familie war so ein Wissen nicht ungewöhnlich. Meine andere Oma kannte sich zum Beispiel ganz wunderbar mit Wildkräutern und Heilpflanzen aus. Wenn man Ohrenschmerzen hatte, wurde eine Zwiebel aufs Ohr gelegt und bei Halsschmerzen gab es Salbeiwasser zum Gurgeln. Diese ganzen Hausmittelchen waren früher ja insgesamt viel mehr verbreitet als heute.
In der »Waldkräuterey« gibst du dieses Wissen heute weiter. Obwohl du ja erst mal was ganz anderes gemacht hast: Optikerin, Existenzgründungsseminare für die IHK und die Arbeitsagentur. Wie kam es dazu, dass du noch mal ganz neu angefangen hast?
Ich habe einfach zunehmend gespürt, dass das alles nicht das Richtige für mich ist. Und dass es mich deshalb belastet. Ich habe mir dann vor etwa zwölf Jahren eine Auszeit genommen und mich dabei entschlossen, ab jetzt das zu tun, was mir am Herzen liegt: Heilkräuter und Heilpflanzen. Am Anfang haben ganz viele gesagt: Das wird nichts. Aber ich wollte es einfach versuchen, habe mir und meiner Geschäftsidee zwei Jahre gegeben und bin mit den Produkten, die ich aus Wildkräutern hergestellt habe, auf Gartenveranstaltungen gegangen – es war also anfangs tatsächlich eine Art Bauchladen mit Tees, Ölen, Salzen und Kräutermischungen. Und da habe ich einen solchen Hype erlebt.
Wie erklärst du dir das?
Rückblickend kann ich mir das nur so erklären, dass ich eben nicht die klassische Kräuterhexe mit weiten Filzklamotten bin, dass unsere Produkte vom Design her eher modern und sehr schlüssig sind und dass ich wahrscheinlich nicht so durchgehuscht rüberkomme. Und es gibt einfach sehr viele moderne Frauen, die Bock darauf haben, das alte Wissen für sich neu zu entdecken.
Nicht so »durchgehuscht«. Das gefällt mir (lacht)! Und dann hattest du den Mut, die »Waldkräuterey« zu eröffnen?
Ja, genau, ich wollte immer einen Ort finden, an den die Menschen kommen und sich mal ein paar Stunden nur auf sich besinnen können, sich eine Auszeit vom Alltag nehmen.
Ich habe Zusatzqualifikationen im Bereich »Waldgesundheit«, »Waldbaden« und »Naturerlebnisse als Gesundheitsprävention«. Das möchte ich alles weitergeben. Mir geht es gar nicht unbedingt darum, den Einzelnen dahin zu erziehen, Brennnessel oder Giersch im Garten anzubauen, sondern sich überhaupt mal mit diesen Themen auseinanderzusetzen und dieses leckere Wildgemüse auszuprobieren. Man muss Unkraut im Garten nicht rausreißen oder mit der Chemiekeule vernichten. Man kann Wildkräuter wunderbar in seinen Speiseplan integrieren. Gesund und aus der Region sind sie auch. Und nachhaltig, voll das Modewort.
Wie reagieren Menschen, die das erste Mal zu dir kommen?
Männer sind in der Regel aufgeschlossener als Frauen.
Ach wirklich? Ich dachte, die werden eher mitgeschleift von ihren Frauen.
Von Frauen höre ich ganz oft den Satz: »Das vertrage ich nicht.« Ich frage dann: »Haben Sie das denn schon mal probiert?« Und sie antworten: »Nein, aber ich vertrag das nicht.« Oder sie sagen, dass sie sich nicht trauen, es zu probieren. Männer kriegt man ganz schnell: Sie sind sofort begeistert, wenn ich zeige, wie gut man die Wildkräuter mit Steak oder Burger kombinieren kann. (lacht)
Die Schafgarbe, auch »Augenbraue der Venus« genannt, wird traditionell zur Wundheilung eingesetzt. Sie soll desinfizierend, blutstillend, wundheilend und entzündungshemmend wirken.
Manche Klischees funktionieren einfach. (lacht) Und wie reagieren Kinder?
Wir arbeiten mit dem Naturpark Lüneburger Heide und dem Naturcampus Bockum zusammen. Da gibt es Sommercamps für Kinder und Jugendliche. Die sind der Hammer – mutig, kreativ und probierfreudig. Da muss man aufpassen, dass die sich nicht alles in den Mund stecken. Die haben keine Vorbehalte, sind neugierig und lieben es, mit allen zusammen zu kochen und Kräuter zu sammeln. Wir fangen mit Unkrautlimonade an, Blütenbutter und Kräuterquark und essen dazu leckere Pellkartoffeln.
Du nennst dich selbst Unkrautgourmet. Was verstehst du darunter?
Giersch und Brennnessel sind für mich mittlerweile schon ganz normale Kräuter. Unter einem Unkrautgourmet verstehe ich jemanden, der zum Beispiel mit Neophyten, Baumblättern, Moosen und Farnen Produkte und Speisen herstellt, die abseits des Mainstreams sind.
Was genau waren jetzt noch mal Neophyten?
Das sind gebietsfremde Pflanzen, die irgendwann vom Menschen in andere Gebiete eingeschleppt wurden.
Bei unserem Kräuterkunde-Spaziergang durfte ich so viel probieren und beschnuppern, dass ich nicht so richtig wusste, wohin mit dem Aufnahmegerät. Gut, dass Fotoassistent Melf dabei war.
Aha. Und wenn man die erkennt, kann man damit kochen?
Ja, unbedingt. Wir sind an Schülerprojekten beteiligt, bei denen wir aktiven Naturschutz mit Messer und Gabel betreiben. Wir gehen dann in die Region und es gibt Neophyten wie zum Beispiel das Indische Springkraut oder den Japanischen Staudenknöterich und daraus stellen wir dann richtig coole Produkte her wie Eis oder Limonade. Oder wir zapfen Birken an und nehmen dann das Birkenwasser. Wir können Pflanzenwurzeln braten oder mit Baumblättern Sushi herstellen. Oder, klingt spooky, ist aber toll: Buchenessig destillieren. Das sind alles Dinge, die einen Unkrautgourmet auszeichnen.
Früher hätte man zu dir doch Kräuterhexe gesagt und nicht Unkrautgourmet, oder?
Ja, das sagen auch heute noch viele zu mir. (lacht)
Für uns kochst du gleich mit Zutaten aus dem Selbstversorgergarten. Aber ich habe dich auch gebeten, Wildkräuter mit einzubauen, die man selbst als Laie am Wegesrand finden kann, und Blumen aus dem Garten. Was ist für dich der Beetstar des Sommers?
Der Mangold, der lila-pinkfarbene. Ich habe eine totale Liebe für Pink- und Violetttöne. Die Farbe breitet sich auch zunehmend in unserer Firma aus, zu Hause sowieso. Ein sehr guter Freund von mir sagt immer, das sei bei mir schon pathologisch. (lacht) Mittlerweile ist aber bewiesen, dass lilafarbenes Essen glücklich macht. In Kombination mit dem Grün des Waldes haben die violetten Töne eine beruhigende Wirkung auf die Psyche.
Und in Sachen Kräuter? Da kann man jetzt im Sommer doch bestimmt aus dem Vollen schöpfen, oder?
Absolut. Das ist die beste Jahreszeit für Blumen und Kräuter. Das Indische Springkraut zum Beispiel ist klasse, das Mädesüß mag ich sehr gerne, das wird auch Wiesenkönigin genannt. Es duftet etwas nach Honig, man findet es auf feuchten Wiesen. Und ich liebe Minze und Zitronenmelisse über alles. Die helfen gegen alles. Kresse mag ich in sämtlichen Varianten. Wilde Bachkresse, die kann man im Wald an Flussläufen finden – oder auch die normale Gartenkresse, weil die so viele Senföle hat, die unser Immunsystem stärken und den Stoffwechsel anregen. Dann Kapuzinerkresse und die Gladiole. Die werden wir auch gleich zubereiten.
Ich bin immer noch geplättet, dass man die Gladiole essen kann. Ich dachte früher immer, das ist eine reine Zierpflanze. Die sieht fast giftig aus, finde ich.
(Lacht) Nee, die ist essbar. Und sie schmeckt nach Eisbergsalat.
Könnte ein schnöder Eisbergsalat dich denn noch begeistern? Was wächst in deinem Selbstversorgergarten?
Ich habe den Gemüsegarten in seiner jetzigen Form erst seit der Coronapandemie. Früher habe ich das so ein bisschen nebenbei gemacht und das Thema eher stiefmütterlich behandelt. Aber in der Pandemie haben mein Lebensgefährte und ich das zu unserem Projekt gemacht. Wir haben Hochbeete gebaut und da ist jetzt vom wilden Brokkoli über Herzblattsalate und Möhren in verschiedenen Farben echt alles dabei. Alles, was ich gern esse: Tomaten, Zucchini, Kürbis.
Habt ihr auch Hühner?
Nee (lacht) – noch nicht.
Wieso NOCH nicht? Wieso lachst du?
(Lacht) Ich habe so ein bisschen Angst vor Hühnern. Aber mein Lebensgefährte hat mir dein erstes Buch über das Homefarming und die Hühnerhaltung im Garten vorgelesen. Er wollte vorher schon Hühner haben, aber jetzt ist er durch dein Buch so richtig angefixt, dass das nächste Projekt der Umbau des alten Unterstandes in einen Hühnerstall ist.
Ach, das ist ja wunderbar. Ich durfte wieder Botschafterin für Hühnerglück im Garten sein. Gute Entscheidung!
(Lacht) Ja, ich freue mich.
Du wirst es lieben. Glaub mir. Aber noch mal ganz konkret zu den Kräutern. Was schätzt du, wie viel Prozent der Kräuter um uns herum sind essbar und wie viele davon verwenden wir tatsächlich?
Ich denke, etwa 70 bis 80 Prozent von den Wildkräutern sind essbar und wir schaffen noch nicht mal 10 Prozent im Normalfall.
Brennnesselsamen-Ernte: Wenn die Samen sich dunkel verfärben, sind sie erntereif.
Welche Pflanzen, die im heimischen Garten und am Wegesrand oder im Wald wachsen, könnten wir denn mal probieren? Kannst du uns ein paar Beispiele nennen?
Wir können den Spitzwegerich essen, die Knospen schmecken nach Champignon. Die zum Beispiel in der Pfanne gedünstet, lecker! Toll sind auch die Wilde Möhre oder der Wilde Hopfen, den man gut als Spargelersatz verwenden kann.
Ich befürchte, das würde ich alles gar nicht erkennen? Hast du noch einen Tipp, den man auch als Vollhonk umsetzen kann?
(Lacht) Wir können auch die Brennnessel essen, das Superfood überhaupt, gerade die Samen. Wenn ich mir anschaue, was da eingeflogen wird an Chiasamen und angeblichem Superfood. Wir haben das alles hier – am Wegesrand. Die Brennnessel können wir komplett verarbeiten: Samen, Wurzeln, Grünkraut.
Aus den Blättern kann man Tee machen, das weiß man ja vielleicht noch. Aber wofür nimmt man die Samen?
Zum Drüberstreuen übers Müsli zum Beispiel. Der Vitamin-C-Gehalt ist phänomenal. Man kann sie in den Smoothie mixen oder sogar zum Panieren benutzen. Brennnesselsamen sind der Knaller und durch den hohen Eiweißgehalt eine perfekte pflanzliche Proteinquelle.
Okay. Notiert. Der nächste Tipp bitte! (lacht)
Der Giersch, der wurde früher auch Zipperleinskraut genannt, weil er wirklich gegen alles hilft. Von Magen-Darm-Problemen über die Desinfektion von Wunden bis hin zur Erkältung. Giersch ist mit das beste Wildgemüse überhaupt, toppt noch den Spinat. Und das Tolle: Er wächst einfach so im Garten, man muss ihn nur sammeln und kann ihn in den Smoothie packen, in die Quiche, die Wildkräuterbutter.
Bisher habe ich mich eigentlich immer nur über den Giersch aufgeregt, weil du den ja gar nicht mehr rauskriegst aus dem Beet, wenn er einmal drin ist. Vielleicht sollte man sich also darüber freuen, wenn er einen heimsucht?
So ist es. Der Giersch braucht nur mehr Lobby – wie die Hühner. Oder der Gundermann. Hast du den schon mal probiert? Der wird auch Wiesen-After-Eight oder Soldatenkraut genannt. Die Schafgarbe ist ein Frauenkraut und wichtiges Bitterkraut. Sie kommt der Petersilie geschmacklich sehr nahe. Wächst auch einfach so in jedem Garten. Oder Knoblauchsrauke. Die regt den Stoffwechsel an, wirkt entzündungshemmend und dient zum Würzen. Die Nadeln von Fichte und Lärche sind besonders Vitamin-C-haltig, gerade bei Erkältungskrankheiten. Und die Senföle in der Kapuzinerkresse stärken das Immunsystem und haben eine antibakterielle Wirkung. Ich mag auch die Nachtkerze, sie blüht so schön gelb und wird gerne auch als Ölauszug für die Hautpflege verwendet. Außerdem wirkt Nachtkerzenöl bei Stress beruhigend. Früher hat man sie Eisenbahnerblume genannt, weil sie oft an Bahndämmen wächst und ihre Blüten sich abends öffnen und dann knallgelb leuchten. Sie haben den Bahnleuten also abends den Weg gewiesen. Oder Beinwell: Der hilft bei Prellungen, Knochenbrüchen, Verstauchungen, das Allheilmittel überhaupt.
Hat blutstillende sowie antibakterielle Eigenschaften und ist im Garten auch hübsch als Staude: der Blutweiderich.
Meine Güte. Jetzt kommst du in Fahrt.
Und wie. Der Spitzwegerich kann kulinarisch nicht nur wie ein Wiesenchampignon eingesetzt werden, er hilft auch bei Erkältungskrankheiten und Husten. Da kann man einen Sirup draus herstellen. Viele Kräuter haben all die Bitterstoffe, die wir so dringend brauchen. Das wird ja beim Essen leider total vernachlässigt. Früher wusste man das alles noch. Und heute geht man in die Apotheke oder Drogerie und holt sich Bitterstoffkapseln. So ein Irrsinn.
Kannst du uns auch ganz konkret noch ein paar Blüten empfehlen, mit denen man seine Mahlzeiten vielfältiger und hübscher gestalten kann?
Bei den Blüten würde ich Stiefmütterchen, Löwenmäulchen, Borretsch nehmen, Gladiole und Dahlie, alles essbare Blüten, die fast jeder im Garten hat.
Dass man Dahlien essen kann, hast du mir auch schon in meinem Podcast erzählt. Ich bringe es trotzdem nicht übers Herz, die schönen Blüten zu rupfen. Aber die Wurzeln kann man auch verwenden, oder? Wie war das?
Ja, in einigen asiatischen Ländern ist sie eine echte Delikatesse. Aber das ist auf jeden Fall was für Fortgeschrittene. (lacht) Der Geschmack ist speziell.
Damit sie uns essbare Gartenblumen zeigen kann, durfte Marion im Nachbargarten wildern. Dort wachsen nämlich so schöne Rosen … Danke, Herr Nachbar!
Ich finde den Geschmack sowieso speziell teilweise. Kann es sein, dass man sich erst mal an die Geschmäcker gewöhnen muss, die da im Blüten- und Unkräutersegment auf uns warten?
Absolut. Bei den Seminaren stelle ich das immer wieder fest. Diejenigen, die zum ersten Mal eine Blüte oder Wildkräuter probieren, sind manchmal etwas überfordert, weil der Geschmack so intensiv ist. Aber diejenigen, die schon öfter da waren, die auch zu Hause angefangen haben, Dinge umzusetzen, den Speiseplan zu erweitern, die können mit immer intensiveren Aromen umgehen. Das ist eine Reise. Die Geschmacksknospen müssen da erst mal trainiert werden und unsere Verdauung muss sich an so ballaststoffreiche Nahrung gewöhnen.
Was ist denn mit den Gerichten, die du uns jetzt gleich zeigen wirst? Sind die für Anfänger geeignet?
Absolut. Der Blütensalat ist vielleicht sehr intensiv für den Anfang. Aber man kann ja auch erst mal normalen Salat nehmen und die Blüten nur untermischen. Ich warne aber schon jetzt: Wenn man einmal sein Herz öffnet für diese blumige Kräutervielfalt, dann will man mehr.