Der Umgang mit Geld generell will ebenso gelernt sein wie cleveres Investieren. Auch Norwegen musste Lehrgeld zahlen, nachdem die reichen Ölvorkommen entdeckt worden waren. In der Zeit bis zur Etablierung des norwegischen Ölfonds lief so einiges schief. Selbst heute, wo der Ölfonds als Vorbild für Anleger dient, gibt es Aspekte der norwegischen Anlagestrategie, die für diesen angebracht sein mögen, die Sie als Privatanleger aber aus gutem Grund nicht übernehmen sollten. Welche das sind und wie Sie es besser machen können, erfahren Sie in diesem Kapitel.
Norwegen machte nach der Entdeckung und Erschließung der Ölvorkommen viele Jahre die gleichen Fehler, die auch andere zu Reichtum gekommene Staaten häufig begehen, und lebte über seine Verhältnisse, statt vorzusorgen.
Erst in den vergangenen Jahrzehnten, seit der Etablierung des Ölfonds, ist der norwegische Umgang mit Geld vorbildlich. Lehrreich sind gute wie schlechte Beispiele; schließlich ist es besser, aus den Fehlern anderer zu lernen, als diese selbst zu machen. Deshalb machen wir an dieser Stelle einen Sprung in jene Jahre der norwegischen Finanzgeschichte »vor dem Ölfonds«.
Der Ölfonds wurde mit der ersten Einzahlung im Jahr 1996 Realität; Öl floss vor der Küste Norwegens aber schon ab Anfang der 1970er-Jahre. Was in dem Vierteljahrhundert dazwischen passiert ist, dient eher als abschreckendes Beispiel. »Wir hatten 20 Jahre, in denen wir viel falsch gemacht haben«, sagt Martin Skancke, der für das Finanzministerium an der Entwicklung des Ölfonds beteiligt war.106 Als Phillips Petroleum vor mehr als 45 Jahren vor der Küste Norwegens erstmals Öl förderte, gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass das Land die Rohstoffeinnahmen nutzen würde, um ein enormes Auslandsvermögen aufzubauen. So gut die Bürokraten in den 1960er-Jahren verhandelt und auf diese Weise dafür gesorgt hatten, dass beim Geschäft mit dem Öl viel in Norwegen und nicht nur bei den internationalen Multis hängenblieb, so naiv wurde das Geld in den darauffolgenden Jahrzehnten mit vollen Händen ausgegeben. Damals war die norwegische Gesellschaft in weiten Teilen auch noch eine andere. »Es gab nur einen Fernsehkanal und die Ladenöffnungszeiten waren sehr strikt. Alles in allem war es eine ziemlich regulierte Gesellschaft«, erinnert sich Erling Steigum. Der Wirtschaftsprofessor an der Osloer Hochschule BI ist einer der führenden Forscher, wenn es um den Ölfonds geht. »Ich weiß noch, wie an Weihnachten das erste Öl entdeckt wurde. Wir alle waren gespannt, was das mit Norwegen machen würde, aber niemand hat geahnt, dass es ein so großes Geschäft werden würde«, sagt er. Als jemand, der sich für politische und wirtschaftliche Zusammenhänge interessierte und seine akademische Laufbahn parallel zum Öl-Boom startete, war Steigum quasi prädestiniert, sich als Volkswirt damit zu beschäftigen, was das Öl mit dem Land macht.
Gut zu wissen
In Finanzdingen nicht rational zu handeln und auf unglaubliche Versprechen hereinzufallen ist menschlich. Ärgern Sie sich ruhig, wenn Ihnen das passiert ist, aber verbuchen Sie das unter dem Posten »Lehrgeld«. Und sorgen Sie vor allem dafür, es in Zukunft besser zu machen. Übrigens schützen weder Intelligenz noch Reichtum vor solchen Fehlern. Sie werden erstaunt sein, welche Prominente laut Medienberichten schon so alles Privatinsolvenz anmelden mussten.107
Anfangs nutzte der norwegische Staat das Ölgeschäft, um die Wirtschaft auf Pump in Gang zu halten. Das war allzu verlockend, denn als im Jahr 1973 die Ölkrise ausbrach, litt Norwegen nicht nur unter der globalen Rezession, sondern profitierte auch von dessen Auslöser, dem drastisch gestiegenen Ölpreis. »Die Politiker nahmen zukünftige Öleinnahmen vorweg und begannen, mehr Schulden zu machen. Damit gaben sie das Geld also im Grunde genommen aus, bevor sie es hatten, und handelten damit genau umgekehrt wie heute«, so Steigum. Große, ölfinanzierte Inlandsnachfrage sorgte dafür, dass Norwegen zwar eine höhere Inflation hatte, aber auch stärker wuchs als der Durchschnitt der Industrieländer und sich auf der Liste der reichsten Länder nach oben arbeitete.
Ende der 1970er-Jahre drohte diese Strategie schiefzugehen. Norwegens Exporte und damit die ganze Wirtschaft litten. Doch abermals wurde das Land von einem Ölpreisschock gerettet. Im Jahr 1979, nach der iranischen Revolution, sprang der Ölpreis erneut kräftig. Norwegen konnte aufatmen wie jemand, der gerade noch einmal den Kreditrahmen von der Bank erweitert bekommen hat. Das hieß aber auch: Das Land lebte weiterhin auf Pump. »Norwegen hatte sich davon abhängig gemacht, den Großteil der Öleinnahmen auszugeben«, schlussfolgert Skredderberget.108 Spätestens als im Jahr 1986 der Ölpreis dramatisch fiel, war völlig klar, dass es so nicht weitergehen konnte.
Ökonomen hatten bereits mehrfach die Idee eines Fonds ins Spiel gebracht. Dieser sollte dazu dienen, die Erlöse aus dem Erdölgeschäft in Finanzvermögen umzuschichten und die negativen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft – darunter auch den bereits erwähnten starken Wechselkurs – zu reduzieren.
Wirtschaftsprofessor Steigum gilt als einer der Väter des Ölfonds. Eine Expertengruppe unter seiner Führung lieferte im Jahr 1988 einen Bericht an das norwegische Finanzministerium109 ab, in dem es klipp und klar hieß: »Die Petroleumreserven zu leeren, während Norwegen ein großes Zahlungsbilanzdefizit hat, bedeutet, dass heute nicht genug auf zukünftige Generationen Rücksicht genommen wird.« Deshalb gelte es, »Norwegens Schulden zu bezahlen und Forderungen gegenüber dem Ausland aufzubauen«, um so »ein Vermögen zu schaffen und sich um Umwelt und Naturressourcen auf eine Art und Weise zu kümmern, die gesamtgesellschaftlich vernünftig ist«. Zwar könne das »kurzfristig auf Kosten des laufenden Verbrauchs gehen. Aber ein Konsum, der auf der kurzfristigen Ausnutzung der Ressourcengrundlage basiert, wird längerfristig nicht aufrechterhalten werden können«, mahnte Steigum schon damals. Bereits zuvor hatte es unter anderem mit dem Tempo-Ausschuss weitere Expertengruppen mit ähnlichen Vorschlägen gegeben.
Die Idee für den norwegischen Ölfonds war also endgültig geboren. Doch bis das erste Geld eingezahlt wurde, sollten noch weitere acht Jahre vergehen. Immerhin beschloss das Parlament am 22. Juni 1990 das Gesetz zum Staatlichen Petroleumsfonds.110 Nachdem Norwegen sich 1995 von seinen Nettoauslandsschulden befreit hatte, war der Ölfonds in Reichweite; schon bald sollten die Einnahmen aus dem staatlichen Geschäft mit Öl und Gas in diesen Fonds fließen.
Von Anfang an war klar, dass das Geld nur im Ausland angelegt werden sollte, schließlich galt es, eine zu starke Krone zu verhindern. Zudem sollte zum größten Teil für die Zukunft angespart werden, laufend sollten nur Zuschüsse zum Haushalt erlaubt sein. Diese Entnahmen sollten wesentlich kleiner ausfallen als in den Jahren zuvor, in denen im Grunde genommen einfach ausgegeben wurde, was in die Staatskasse floss. Stattdessen wurden sämtliche Gewinne aus dem Ölgeschäft erst einmal in den Fonds eingezahlt, erst dann durfte der Staat sich bedienen. Allein das trug schon zu einer Disziplinierung bei. Schließlich ist die Hemmschwelle, etwas zurückzunehmen, das schon auf dem Sparkonto gelandet ist, viel größer, als wenn das Geld erst einmal durch die eigenen Hände geht.
Im Mai 1996 bekam der Fonds das erste Geld überwiesen, den Grundstock für das enorme heutige Vermögen, das im Herbst 2017 öffentlichkeitswirksam erstmals die 1-Billion-Dollar-Marke übersprang.111. Das waren pro Kopf der damals 4,37 Millionen Einwohner 112 gerade einmal rund 450 Kronen, umgerechnet in etwa 105 D-Mark, also knapp 54 Euro. Nichts im Vergleich zu den heutigen über 160.000 Euro. »Mit so einer Summe hatte ich nicht gerechnet, als ich Finanzminister war und wir am 31. Mai 1996 die erste Einzahlung vornahmen«, erzählte der damalige Finanzminister Sigbjørn Johnsen mir knapp 20 Jahre nach diesem denkwürdigen Tag in Oslo.
Der norwegische Ölfonds ist ein vorbildlicher Investor. In manchen wenigen Dingen taugt er für Sie als Privatanleger aber auch als Negativvorbild. Jetzt erfahren Sie ganz konkret, welche Punkte der norwegischen Strategie Sie nicht übernehmen sollten. Damit Sie gleich daraus lernen können, gibt es auch Vorschläge, wie Sie es besser machen können. Diese berücksichtigt die Anleitung zum Aufbau Ihres Zukunftsfonds natürlich.
Schon seit einiger Zeit veröffentlicht NBIM online auf der Startseite www.nbim.no in Echtzeit den Marktwert des Ölfonds. Dieser Ticker, der quasi ständig in Bewegung ist, ist ein faszinierendes Spielzeug. Gerade Journalisten nutzen ihn gerne, um die aktuelle Größe des Fonds angeben zu können. Dafür ist er auch bestens geeignet.
Bevor Sie als Privatanleger ein Tool einsetzen, um einen laufenden Überblick über den Stand Ihres Investments zu bekommen, bedenken Sie, dass das letztlich mehr für Verwirrung sorgen als Nutzen stiften könnte. Das gilt generell für detaillierte Daten. Grundlegende Informationen über den Bestand und die Entwicklung Ihrer Investments sind wichtig, aber zu viele Daten lenken nur ab. Der Buchwert eines Einzelpostens beispielsweise ist zwar interessant, aber unter dem Strich für Sie irrelevant. Wenn Ihre Strategie besagt, Sie sollen diesen Posten haben, dann ist das entscheidend und nicht der aktuelle Wert. Ein unerwartet starkes Plus oder Minus würde Sie womöglich nur zum ungeplanten Verkauf und damit vom Nachahmen des norwegischen Vorbilds abbringen.
Fokussieren Sie sich darauf, an Ihrer Strategie festzuhalten und regelmäßig, aber nicht zu häufig und auch nicht zu detailliert einen Bericht zu erstellen. Was da hineingehört, haben Sie weiter oben schon erfahren. Dieser Bericht bildet dann die Grundlage für womöglich notwendige Rebalancing-Entscheidungen.
Während die Norweger riesige Summen in Konzerne wie Apple, Nestlé und BMW investiert haben, halten sie an manchen Unternehmen auch winzige Volumina, manchmal nicht mehr als ein paar Tausend Euro. Selbst wenn eine solche Anlage im Jahr 200 % Rendite einfährt, wäre das quasi ein Nichts für den Ölfonds. Die Zeit, die der Analyst des Ölfonds mit Auswahl und Kauf des Wertes verbracht hat, wäre anderweitig vermutlich erheblich besser investiert worden. Auch machen diese vielen kleinen Investments es für Bürger schwer, den Überblick zu behalten.
Breit streuen ist wichtig, das wissen Sie bereits. Behalten Sie aber immer im Hinterkopf, dass jedes Investment Transaktionskosten mit sich bringt. Dazu zählen die Gebühren für den Kauf und Verkauf, aber auch die Zeit, die Sie aufwenden müssen, um das Investment auszuwählen, zu tätigen und dann in Ihre Bücher einzutragen. Je kleiner die Investition, desto höher sind relativ gesehen die Transaktionskosten. Kaufen Sie also nicht für Kleinstbeträge, sondern legen Sie pro Einzelanlage eine Mindestsumme oder einen Mindestanteil an Ihrem Depotwert fest, der einen gewissen Aufwand rechtfertigt. Monatlich in ein Produkt regelmäßig 30 Euro zu stecken, kann auf Dauer sinnvoll sein, weil Banken für Sparpläne niedrigere oder gar keine Gebühren nehmen. Eine Einmalanlage hingegen sollte wegen der damit üblicherweise verbundenen höheren Gebühren erheblich größer ausfallen.
Der Ölfonds wird zwar ein wenig aktiv gemanagt, doch wenn man genauer hinschaut, fällt auf, dass er breit in den Einzelwerten der großen Indizes, wie etwa DAX und Dow Jones, investiert ist und im Vergleich zur Benchmark (FTSE) ganz und gar keine radikal aktive Strategie fährt. Die Gewichtung mag anders sein und bei einem so riesigen Vermögen, wie es die Norweger verwalten, mag das auch gerechtfertigt sein, aber generell gilt: Langfristig ist es ertragreicher, auf einen Index zu setzen, als diesen durch die Auswahl von Einzelwerten (Stock-Picking) schlagen zu wollen.
Denken Sie stets daran: Es gibt diverse Methoden, um die angeblich besten Anlageprodukte auszuwählen, doch in der Regel ist der durchschnittliche Marktteilnehmer nicht besser als der Marktdurchschnitt, hat aber viel Zeit und Mühen investiert. In Einzelwerte der großen Indizes investiert zu sein ist per se keine schlechte Entscheidung, bedeutet es doch Risikostreuung. Kaufen Sie aber nicht die Aktien von BMW, Siemens, SAP und den anderen 27 DAX-Werten sowie anderer deutscher Indizes, die im entsprechenden MSCI Europe enthalten sind, einzeln. Gleiches gilt für andere Länder. Es macht viel weniger Arbeit, ist einfacher, schneller und günstiger, diese im Paket zu ordern, zum Beispiel über einen ETF.
Der Ölfonds ist nur ein kleiner Teil des norwegischen Vermögens. Diese Aussage mag Sie überraschen, die Fakten überzeugen Sie sicher. Das norwegische Finanzministerium geht davon aus, dass der Ölfonds nicht einmal 10 % des Volksvermögens ausmacht. Klar, da schlummern noch riesige Rohstoffvorkommen vor der Küste, mögen Sie jetzt denken. Das ist nicht ganz falsch. Doch so groß sind diese 45 Jahre nach der ersten Ölförderung nun auch wieder nicht. Sie machen nur rund 2,5 % des geschätzten Nationalvermögens aus. Der Großteil, satte 75 %, ist das Humankapital, also die zukünftige Arbeitsleistung der Norweger. Diese bildet der Ölfonds aber nicht ab. Den Rest machen Sachanlagen aus. Diese Daten zum norwegischen Nationalvermögen werden regelmäßig aktualisiert und vom Finanzministerium online gestellt.113
Wenn Sie Ihr Vermögen und Ihre Geldanlage optimieren, sollten Sie nicht vergessen, dass auch Sie zukünftig einen regelmäßigen Strom an Arbeitseinkommen erwarten können. Je größer und zuverlässiger dieser vermutlich ist, desto mehr Risiko können Sie bei der Geldanlage eingehen. Schätzen Sie dazu den heutigen Gegenwert, den Barwert Ihrer zukünftigen Einnahmen. Dieser setzt sich aus allen zukünftigen Gehaltszahlungen (und anderen Einnahmen) zusammen, die, je weiter sie in der Zukunft liegen, desto stärker abgezinst werden. Das heißt, dass ein zukünftiges Einkommen von 50.000 Euro um einen Prozentsatz vermindert wird und damit weniger wert ist als die entsprechende Summe jetzt. Schließlich kann das Geld noch nicht investiert oder ausgegeben werden. Ein simples Beispiel: Wenn der Satz zur Abzinsung 2 % pro Jahr beträgt, sind 1.020 Euro, die Sie in einem Jahr bekommen, jetzt genauso viel wert wie 1.000 Euro heute. Mit Tabellenkalkulationsprogrammen lassen sich solche Berechnungen machen.
Gut zu wissen
Im Internet oder mit den vorgegebenen Formeln eines Tabellenkalkulationsprogramms können Sie den geschätzten Barwert Ihres zukünftigen Einkommens berechnen. Dabei gilt: Je unvorhersehbarer Ihre Karriere ist und je mehr das zukünftige Einkommen schwanken wird, desto vorsichtiger sollten Sie bei den Schätzungen vorgehen. Eine Beamtin, deren Laufbahn und damit Gehalt für die kommenden Jahrzehnte quasi feststeht, wird den Barwert ihres zukünftigen Einkommens erheblich genauer berechnen können als deren ehemalige Schulkameradin, die nun selbstständige Fitnesstrainerin ist.
Probieren Sie es mal aus. Die entsprechende Formel finden Sie in Ihrer Software oder im Internet. Je älter Sie sind, desto geringer ist der Barwert Ihres zukünftigen Vermögens, weil Sie weniger Jahre arbeiten und verdienen werden als ein jüngerer Mensch mit vergleichbarem Jahreseinkommen.
Ein kleines Vermögen anzusparen ist gut und wichtig – und 160.000 Euro auf der hohen Kante sind ein ordentliches Sümmchen. Doch was ist mit 600.000 Euro? Je nach Alter und Einkommen dürften Sie diese 600.000 Euro als Barwert Ihres zukünftigen Lohnes locker haben, viele kommen sogar auf 1 Million Euro und mehr. Von dem Geld müssen Sie natürlich alle möglichen Ausgaben bestreiten, aber je sicherer Ihr zukünftiges Einkommen ist und je weniger es mit dem Aktienmarkt korreliert, das heißt meist, je stabiler es ist, desto höher ist das Risiko, das Sie eingehen können – auch weil die Gefahr, dass Sie zwischendurch bei unerwarteten Ausgaben an Ihre Ersparnisse müssen, geringer ist.
Auch die Ausgabenstruktur ist wichtig: Wenn Sie wenig zum Leben brauchen oder geringe Fixkosten haben und daher auch mit weniger Geld auskommen können, können Sie selbst dann höhere Risiken eingehen, wenn Ihr Einkommen stark mit dem Aktienmarkt korreliert.
Gut zu wissen
Sie können noch so gut investieren, in der Regel wird das Arbeitseinkommen, über Ihr Leben besehen, die größte Einnahmequelle bleiben. Berücksichtigen Sie auch, dass es manchmal eine gute Rendite in Form von gesteigertem Einkommen bringen kann, ein paar 1.000 Euro in sich selber zu investieren, zum Beispiel um eine neue Sprache zu lernen oder etwas anderes, das Sie im Beruf voranbringt oder für einen anderen qualifiziert. Ebenso ist natürlich der Kauf dieses Buches eine Investition gewesen, die zwar nicht Ihr Arbeitseinkommen erhöhen wird, aber hoffentlich die Rendite Ihrer Investments.
Um einer Überhitzung der heimischen Wirtschaft und einer zu starken Krone vorzubeugen, wird das Geld des Ölfonds ausschließlich außerhalb Norwegens und nicht in norwegischen Kronen investiert. Das ergibt Sinn für einen so riesigen Investor, der die heimische Wirtschaft sonst zu stark beeinflussen könnte.
Als Privatanleger müssen Sie nicht prinzipiell einen Bogen um Investments in Ihr Heimatland machen. Vor allem aber sollten Sie nicht die heimische Währung vernachlässigen. Anders als der Ölfonds riskieren Sie durch Ihre Käufe nicht, den Wechselkurs zu stärken.
In Norwegen darf der Ölfonds aus gutem Grund nicht investieren. Gerade in den Anfangsjahren ist aber zu sehen, dass ein besonders großer Teil des Vermögens direkt vor der eigenen Haustür angelegt wurde: 50 % der Aktienanlage flossen in europäische Werte, so viel machen diese an den weltweiten Märkten aber gar nicht aus.
Privatanleger tendieren dazu, fast ausschließlich in heimische Unternehmen zu investieren. In der Finanzmarktforschung spricht man vom Home-Bias, wenn Investoren ihr Geld am liebsten in Länder und Unternehmen anlegen, die sie gut kennen. Das sind häufig jene, die geografisch und kulturell nahe sind. Das ist aber kein überzeugendes Kriterium für ein Investment, das eine gute und möglichst stabile Rendite bringen soll. Ja, der DAX und dessen Unternehmen spielen in der deutschen Presse und bei Diskussionen eine besonders große Rolle, aber das ist kein Grund, sie überzugewichten statt zu diversifizieren. Vermeiden Sie, stark in Aktien oder Regionen zu investieren, nur weil diese Ihnen sehr vertraut sind.
Gut zu wissen
Das Unternehmen, das Ihnen am nächsten ist, dürfte Ihr Arbeitgeber sein. Ist der börsennotiert, könnten Sie dazu neigen, länger als nötig dessen Aktien zu halten. Etliche Unternehmen vergeben Mitarbeiteraktien verbilligt. Schlagen Sie ruhig zu, verkaufen Sie aber, sobald Haltefristen abgelaufen sind. Warum? Aus dem ganz einfachen Grund, weil die Performance dieser Aktien stark mit Ihrem eigenen Einkommen korreliert. Wenn Ihr Arbeitgeber in Konkurs geht, verlieren Sie Ihren Job und gleichzeitig werden Ihre Aktien wertlos. Das ist zwar hoffentlich kein realistisches Szenario, aber es reicht auch, dass es dem Unternehmen plötzlich sehr viel schlechter geht und Ihnen betriebsbedingt gekündigt wird. Ihre Mitarbeiteraktien zu verkaufen und den Erlös breit zu streuen vermeidet die Gefahr, dass gleichzeitig Ihr Arbeitseinkommen wegfällt und die Aktien an Wert verlieren.
Ja, Sie haben richtig gelesen: Beim Ölfonds geht es zu sehr auf und ab. Moment mal, diese Schwankungen, in der Fachsprache Volatilität genannt, machen die Finanzmärkte doch nun einmal aus und sollen ausgehalten werden, mögen Sie jetzt denken. Da haben Sie völlig recht und schon einen wichtigen Punkt verinnerlicht. Für Ihren Zukunftsfonds gilt das aber nur für Aktien; die Anleihen hingegen sollen so stabil wie möglich sein. Schließlich ist dieser Teil Ihres Portfolios dafür gedacht, das Risiko zu minimieren.
Die aktuelle Vorgabe für die Aufteilung des Ölfondsvermögens auf die Anlageklassen lautet: 70 % Aktien, 30 % Anleihen. Der Anleihenteil soll im Portfolio für Stabilität sorgen. In der Tat zeigt sich, dass bei den Norwegern die Rendite der Anleihen über die Jahre hinweg erheblich geringer schwankte als die der Aktien. Allerdings gab es etliche Anleihen, die binnen eines Jahres so stark ausschlugen, wie es selbst bei Aktien selten vorkommt. Schauen Sie sich nur die Performance brasilianischer Staatsanleihen im Jahr 2016 an: Sie legten 60 % zu.114 Das ist für den Ölfonds in dem Jahr ein nettes Zubrot gewesen, in anderen Jahren kann die Rendite aber genauso stark nach unten abweichen. Wenn Sie als Privatanleger Ihren Anleihenteil als Ruheanker im Depot nutzen wollen, empfiehlt es sich, auf solch volatile Instrumente zu verzichten. Sie brauchen keine Anleihen mit Aktiencharakter.
Gut zu wissen
In Zeiten extrem niedriger Zinsen wie heutzutage ist es schwer, mit sicheren Finanzprodukten eine reale Rendite zu erzielen, die positiv ist. Oft wird nicht einmal die Inflationsrate ausgeglichen. Wenn Sie an die guten alten Zeiten mit hohen Zinsen zurückdenken, sollten Sie aber nicht vergessen, dass damals in manchen Jahren die Preissteigerungsrate ebenfalls sehr hoch war und es deshalb auch schon früher Zeiten gab, in denen die Zinsen so gering waren, dass das gesparte Geld immer weniger wert wurde. Zu dem Schluss kommt auch die Deutsche Bundesbank. »Die reale Rendite von Bankeinlagen unterlag im Zeitverlauf nur vergleichsweise geringen Schwankungen. Seit den 90-Jahren bewegte sie sich meist unter 1 % und war bisweilen sogar negativ«, heißt es in einer Untersuchung.115
Hinzu kommen Währungsrisiken. Bei langfristigen Investments wie in Aktien sind diese zu vernachlässigen. Was Anleihen angeht, deren (Rest-)Laufzeit üblicherweise nur ein paar Monate oder Jahre beträgt, sollte das Risiko von Wechselkursschwankungen vermieden werden. Das tun Sie ganz einfach, indem Sie nur in Anleihen investieren, die in heimischer Währung ausgestellt sind.
Die von NBIM im Herbst 2017 vorgeschlagenen Änderungen des Anleiheanteils sehen vor, nur noch auf Staatsanleihen und auf die ganz großen Währungen Euro, US-Dollar und Britisches Pfund zu setzen. Das reduziert Währungsschwankungen. Die norwegische Krone ist ja ohnehin tabu, deshalb gibt es nicht die Möglichkeit, in die Heimatwährung zu investieren. Nur auf die bedeutenden Währungen von Ländern zu setzen, mit denen Norwegen viel Handel treibt, ist die beste Alternative. Unternehmensanleihen mögen häufig eine höhere Rendite versprechen als die von Staaten, schwanken aber auch stärker. Deshalb ist es besser, lieber gleich auf Aktien zu setzen. Die deckt der Aktienteil des Portfolios ab. Für dessen sicheren Teil wird auf Unternehmensanleihen verzichtet.
Alles klar? Wenn Sie auf diese 7 Fragen mit Ja antworten, haben Sie verstanden, was Sie vom Ölfonds NICHT übernehmen sollten
Haben Sie den Überblick über Ihren Zukunftsfonds, ohne dass zu detaillierte Informationen Ihnen den Blick verstellen?
Besteht Ihr Zukunftsfonds aus maximal zwölf ETFs (exklusive Immobilien, eventuellen Einzelwerten und speziellen ethischen Anteilen), die jeweils mindestens 2 % des gesamten Fonds ausmachen?
Wenden Sie, nachdem Sie den Zukunftsfonds einmal etabliert haben, weniger als 2 Stunden im Monat für dessen Verwaltung auf?
Haben Sie berücksichtigt, dass Ihr Kapital erheblich mehr ist als Ihr Zukunftsfonds und dazu auch andere Wertgegenstände, Bares sowie insbesondere Ihr zukünftiges Einkommen zählen?
Haben Sie Geld vor der Haustür, also in Europa inklusive Deutschland, investiert, ohne dass die Unternehmen von dort Ihren Zukunftsfonds dominieren?
Halten Sie Mitarbeiteraktien – wenn Sie welche angeboten bekommen haben – nur so lange wie nötig, um gewisse finanzielle Vorteile daraus zu ziehen?
Haben Sie im Anleihepart Ihres Zukunftsfonds auf Anleihen von Unternehmen sowie in Fremdwährung verzichtet?