Eine Sturmbö packt Daniel in dem Moment, als er aus dem Restaurant tritt. Der heftige Wind lässt die Bäume ächzen. Er geht eilig zum Auto und nimmt Kurs auf Sadeln, um nachzusehen, ob Hanna zu Hause ist.
Vermutlich ist sie es. Vielleicht ist sie eingeschlafen, und das Handy ist stumm geschaltet. Es muss nichts passiert sein.
Gleichzeitig geht ihm die Nachricht ihrer Schwester nicht aus dem Kopf. Sie klang wirklich besorgt, und ihre Unruhe ist ansteckend.
Als er in Hannas Straße biegt, ist das große Haus dunkel, nirgends brennt Licht. Daniel fährt zur Rückseite und stellt fest, dass der Mitsubishi, der letztes Mal hier stand, nicht da ist. Sicherheitshalber steigt er aus, um anzuklopfen.
Hier oben bläst es noch mehr. Die Leinen an der Fahnenstange des Nachbarn schlagen im Wind, es hört sich an, als würden sie gleich reißen. Der eisige Frost kriecht ihm in den Nacken, es ist so kalt, dass seine Augenbrauen sich zusammenziehen.
Er klopft lange an der Haustür, ohne Erfolg. Dann geht er ums Haus und versucht, durchs Schlafzimmerfenster zu schauen. Liegt Hanna dort drinnen im Bett?
Als er mit dem Handy hineinleuchtet, ist das Zimmer leer.
Er geht zurück zum Auto und steigt wieder ein. Wohin kann sie gefahren sein? Wenn sie nur mit Bekannten in einer Bar sitzt, hätte sie doch wohl ihre Schwester angerufen oder wäre zumindest ans Telefon gegangen?
Als sein Handy klingelt, reißt Daniel es aus der Tasche in der Hoffnung, dass es Hanna ist. Aber es ist nur die regionale Einsatzleitstelle, die nach ihm verlangt.
»Ja?«
»Ich habe gerade erfahren, dass eine Kollegin von Ihnen einen Autounfall gehabt hat«, sagt die unbekannte Stimme. »Ihr Name ist Hanna Ahlander, die ist doch aus Åre?«
Daniel durchzuckt ein Brennen.
»Was ist passiert?«
»Anscheinend ist sie zwischen Järpen und Åre von der E14 abgekommen. Eine Privatperson hat den Notruf gewählt, und als die Streife dort ankam, haben sie sie ein Stück abseits der Straße im Schnee gefunden.«
Daniel lässt sofort den Motor an und klemmt sich das Handy zwischen Ohr und Schulter, um keine Zeit zu verlieren, während er den Wagen zurück auf die Straße lenkt.
»Ist sie verletzt?«
»Dazu kann ich nichts sagen, aber ein Rettungswagen ist unterwegs. Sie hat Ihren Namen gemurmelt.«
»Wo ist sie jetzt?«
Die Unruhe lässt seine Stimme barsch klingen.
»Auch das kann ich nicht beantworten.«
Daniel fährt zur E14. Die Sorge veranlasst ihn, das rotweiße Stoppschild zu ignorieren, er gibt Gas und biegt so schnell auf die Fernstraße, dass die Hinterräder ins Rutschen geraten.
Er hatte sich fest vorgenommen, nach Hause zu Ida und Alice zu fahren, und jetzt rast er Richtung Östersund. Hannas Autounfall ist wichtiger als seine privaten Probleme, es geht nicht anders.
Die Schneeflocken im Licht der Scheinwerfer wirbeln durch die Luft ebenso wie die Gedanken durch seinen Kopf. Hanna ist ausgebildete Polizistin, sie sollte wissen, wie man ein Auto sicher steuert.
Was hat sie so spätabends auf der Straße zwischen Järpen und Åre gemacht?
Die dunklen Nadelbäume rauschen vorbei, während er das Tempo erhöht. Wenn es ein schlimmer Unfall war, könnte sie schwer verletzt sein.
Das ungute Gefühl wird mit jeder Minute stärker.
Daniel beißt die Zähne zusammen und fährt, so schnell er kann.