VORWORT
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ieser Sieg bricht mir das Genick. Am 6. Juli 2008 verwandelt Rafael Nadal seinen vierten Matchball im Wimbledon-Finale gegen Roger Federer. Nach vier Stunden und 48 Minuten schlägt Federer eine Vorhand ins Netz, Nadal gewinnt, der Spanier lässt sich auf den Rasen fallen und hält sich die Hände vors Gesicht, er weint vor Freude. Und ich schreie daheim vor dem Fernseher vor Glück. Ich habe auf Nadal gewettet! 5000 Euro gehören jetzt mir! Doch was sich in diesem Moment anfühlt wie Unbesiegbarkeit, ist der Beginn einer schmerzhaften Reise für mich. Der Gewinn zerrinnt in wenigen Wochen. Im Rausch interessiert mich das Geld kaum, es geht um den schnellen Erfolg. Aber daraus wird in den nächsten Monaten eine Katastrophe: Ich verzocke meine Ersparnisse für Sportwetten, Poker und alles, was schnelle Gewinne verspricht. Mit Anfang 20 liege ich am Boden: ohne Geld – und ohne Stolz.
Warum erzähle ich dir diese Geschichte? Weil ich will, dass du es besser machst. Ich wollte den Erfolg erzwingen. Es war eine Beschleunigung, aber sie hat schnell in den Abgrund geführt. Wie konnte das nur passieren? Ich war zu unerfahren, um das Ausmaß einzuschätzen, zu ungeduldig, mir eine Strategie zu basteln für den Umgang mit Geld, und zu überheblich, um überhaupt ein Scheitern für möglich zu halten. In diesem Buch will ich dir die richtigen Abkürzungen zeigen. Ich verrate dir, was ich gerne schon mit 20 Jahren über Geld, Motivation und Erfolg gewusst hätte. Dafür gilt eine Spielregel: Ich schreibe dieses Buch so ehrlich wie möglich. Während ich diese Zeilen tippe, sitze ich am Flughafen in Kuala Lumpur und denke darüber nach, was mir am meisten weitergeholfen hat im Leben. Und mir fällt ein, dass Neil Gaiman bei seiner Rede vor den Absolventen der University of the
Arts gesagt hat, dass der Moment, in dem man das Gefühl hat, nackt auf der Straße herumzulaufen und der Öffentlichkeit zu viel von sich selber zu zeigen, der Moment ist, in dem man vielleicht endlich anfängt, alles richtig zu machen.
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Deswegen möchte ich dir von meinen Niederlagen erzählen. Sie führen uns im Leben manchmal zu den größten Siegen. Sie zeigen uns, wie schlimm Schmerzen sein können und motivieren uns dazu, so etwas nie wieder zu erleben. Sie treiben uns dazu, besser zu werden. Mich hat es dazu gebracht, mich intensiv mit Geld zu beschäftigen und das sogar zu meinem Beruf zu machen. Wer weiß, ob ich ohne diese Erfahrungen Finanzjournalist geworden wäre und ob ich mich jemals so intensiv mit mir selbst auseinandergesetzt hätte, mit meiner Motivation, meinen Wünschen und Schwächen? Und wer weiß, ob ich jemals dieses Buch geschrieben hätte? Der Autor Matthew Syed hat den Ausdruck Black-Box-Denken geprägt. Jeder kann abstürzen, aber wir müssen daraus lernen. Und dieses Mindset möchte ich dir beibringen.
Wir müssen alle unsere Fehler machen. Wir müssen Schmerzen erleben, die wir in diesen Momenten gar nicht aushalten. Sei es in der Liebe, im Job oder im ewigen Kampf mit uns selbst. Scheitern ist keine Schande, aber ich widerspreche der These, dass man möglichst oft scheitern sollte. Man sollte sich nie an Niederlagen gewöhnen. Fail Better
ist ein Motto, das mir geholfen hat, ebenso wie folgendes Zitat von Samuel Beckett: »Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.« Der Tennisspieler Stan Wawrinka hat sich diesen Spruch auf den Unterarm tätowieren lassen. Anschließend gewann er drei Grand-Slam-Turniere – die Australian Open, French Open und US Open. »Besser scheitern« ist eine mächtige Idee. Aber noch mächtiger finde ich: »besser machen«.
Ich hatte Abkürzungen gesucht, weil wir im Leben vor zwei großen Konflikten stehen: Wir wollen zum einen fürs Alter sparen, aber was haben wir vom Geld, wenn wir erst mit 70 oder 80 Jahren darüber verfügen? Wir wollen doch das Geld jetzt ausgeben! Und zum anderen müssen wir alle erst durch unsere Erfahrungen lernen. Aber was nützt die Weisheit, wenn wir alt sind und keine Wahl mehr haben,
welchen Job wir ein Leben lang machen oder mit wem wir Kinder haben. Gibt es keine Überholspur für Geld, Motivation und Erfolg? Eine Überholspur für ein besseres Leben? Einen Masterplan gibt es nicht. Aber es gibt Fehler, die du vermeiden kannst. Ich will dir in diesem Buch zeigen, was ich selber gelernt und mir von den klügsten Köpfen abgeschaut habe.
Um besser zu werden, musste ich erst mal kapieren, was damals falsch gelaufen war und warum ich so gehandelt habe. Heute weiß ich, was mich antreibt: die Gier nach neuen Erlebnissen. Was
Sensation Seeking
bedeutet, habe ich erst mit 26 gelernt. Es geht darum, das Leben zu bereichern durch neue Erlebnisse. Ich erinnere mich an einen der ersten Einträge auf meinem Blog mit dem Titel »Warum ich niemals denselben Tag zweimal erleben will«. Es ging dabei um meine Motivation: neue Sachen lernen und erleben. Eigentlich ist das nichts Ungewöhnliches, das menschliche Hirn giert nach dem Neuen. Der Philosoph Peter Sloterdijk hält den Menschen gar für »neophil«.
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Wir sollen also das Neue lieben. Das würde ich sofort unterschreiben. Ein Tag, an dem ich nichts Neues erlebe oder lerne, frustriert mich. Noch besser wiedererkannt habe ich mich, als ich gelesen habe, wie Nassim Taleb von den »Kicks« und dem »hormonelle(n) Rausch« erzählt, den er am Finanzmarkt im Zusammenhang mit den dort einzugehenden Risiken verspürte. Er hatte nie geglaubt, dass er sich für Mathematik interessieren könne, bis ihm dann »an der Wharton-School ein Freund von den finanziellen Optionen erzählte, die ich bereits erwähnt habe (und deren Generalisierung, komplexen Derivaten)«.
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Als ich meine erste Aktie (Allianz) mit 16 Jahren kaufte, spürte ich jedes Mal diesen Kick, wenn ich nur den Kurs überprüfte. Es fühlte sich nicht gut an, ein flaues Gefühl im Magen, aber es machte etwas mit mir. Damals war ich noch sehr vorsichtig, später schlug die Vorsicht in Übermut um. Aber Geld war die falsche Option, um den Nervenkitzel auszuleben. Es hat viel mit Planung zu tun – und gerade den Thrill solltest du vermeiden, wenn du Erfolg haben willst. In diesem Buch will ich dir zeigen, wie du selbst mit solidem Halbwissen vernünftig in Aktien investierst
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Weil du dieses Buch liest, erfüllst du schon mal eine Voraussetzung für mehr Erfolg und Geld: Du willst mehr. Und ich will, dass du dich nie wieder dafür rechtfertigen musst. Der Philosoph Kallikles wäre sogar stolz auf dein Mindset. Für ihn war das Mehr-haben-Wollen ein Prinzip unserer Natur. Er ging sogar so weit, dass er behauptete, dass es gerecht sei, wenn der Bessere und Fähige mehr habe. Freiheit hieß für den Sophisten auch, dass es für unsere Wünsche keine Einschränkungen gibt. »Wer richtig leben will, muss seine Wünsche möglichst groß sein lassen und darf sie nicht zügeln.«
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Im Silicon Valley und auf Instagram sagt man heute dazu:
Think Big
. Ich will dir aber auch zeigen, was heute in deinem Leben schon möglich ist – selbst mit wenig Geld. Und ich möchte dir zeigen, warum Geld die Basis für ein glückliches Leben ist, aber auch eines der schönsten Übel sein kann, wenn du es zu deinem einzigen Sinn erhebst.
Heute brauche ich keine Sportwetten mehr, ich lebe den Nervenkitzel anders aus: Ich habe auf YouTube mit Kollegen für
Focus-Money
den Kanal Mission Money mit mehr als 100.000 Abonnenten aufgebaut, stehe vor der Kamera, erzähle den Zuschauern von meinen Lieblingsaktien und interviewe erfolgreiche Fondsmanager wie Ken Fisher und Jens Ehrhardt.
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Hunderttausende Menschen haben unsere Videos geklickt. Das macht mich glücklich, weil wir den Zuschauern sinnvollen Content bieten und weil wir uns immer wieder beweisen müssen. Der Thrill hat einen Sinn bekommen. Ich stand auch bei Live-Events auf der Bühne und diskutierte mit den erfolgreichsten Börsengurus Deutschlands. Wenn ich, kurz bevor es auf die Bühne geht, im Bauch spüre, dass eine Achterbahn hoch- und runterfährt, fühlt es sich an, als würde ich gleich ohne Fallschirm in die Tiefe springen. Zündet mein Gag? Sitzt meine Argumentation? Und wie werden die anderen reagieren? Ich liebe diese Unsicherheit und mich ihr zu stellen.
Was mich noch mehr motiviert: Geschichten erzählen. In jedem Video und auf der Bühne erzähle ich meine Geschichte. Und jede Bühne ist anders. Mein Sensation Seeking
ist erwachsen geworden.
Im ersten Teil dieses Buches will ich dir deshalb erzählen, was uns wirklich motiviert. Oft sind es die Aufgaben an sich: das Schreiben von
Texten, Skizzieren von Bildern oder das Forschen im Labor. Wenn wir wissen, was wir wollen, erhält unser Leben eine ganz andere Intensität. Aber dafür müssen wir wissen, was wir wollen. Was dich wirklich antreibt und wie du deine persönliche Mission findest, dabei helfe ich dir. Du wirst endlich verstehen, warum du für manche Jobs nicht geeignet bist und welches Umfeld du wirklich brauchst, um motiviert und glücklich zu sein.
Im zweiten Teil dieses Buches soll es um Erfolg gehen. Ich verspreche dir aber nicht, die Geheimnisse der Schönen und Reichen zu lüften. Denn Erfolg ist eines: individuell. Wer das Leben von anderen kopieren will, wird scheitern, weil es sich für einen selber nicht echt anfühlt und für andere auch nicht. Und erfolgreich sind wir nur, wenn wir Emotionen bei anderen auslösen. Nur Emotionen führen zu Handlungen, führen dazu, dass uns andere Menschen lieben. Deswegen will ich dir dabei helfen, deine Geschichte erfolgreich zu erzählen und dich möglichst teuer zu verkaufen. Ich will dir Erfolgswerkzeuge an die Hand geben, die du maßgeschneidert für dich anwenden kannst. Wer zudem versteht, wie sein Hirn funktioniert und warum es so wichtig ist, es auf Erfolg zu programmieren, erst der kann erfolgreich werden. Wusstest du zum Beispiel, dass unser Gehirn nicht zwischen Träumen und Realität unterscheiden kann? Du sollst deine Träume leben und nie wieder dafür, was andere von dir erwarten. Die Freiheit zu tun, was wir wirklich wollen, ist der wahre Erfolg.
Ein erfolgreiches Leben können wir nur leben, wenn wir es uns zu eigen machen. Und da kommt spätestens Geld ins Spiel. Natürlich ist Geld nicht alles. Aber ohne Geld ist alles nichts. Deswegen möchte ich im dritten Teil dieses Buches eines schaffen: dich dazu zu motivieren, deine Finanzen selber in die Hand zu nehmen. Aktienexperte werden? Nein, darum geht es nicht. Selbst wenn du dich nur mit finanziellen Basics auseinandersetzt, kapierst du mehr von der Börse als 95 Prozent aller Menschen. Und das verschafft dir einen unbezahlbaren Vorsprung. Dinge, die wir lieben, kosten Geld. Und je weniger uns die finanzielle Situation stresst, weil wir per Autopilot fliegen, umso mehr können wir uns dem wichtigsten Rohstoff der digitalen Ära widmen:
Zeit. Es ist ein mächtiger Gedanke, dass Geld für uns arbeitet, während wir reisen oder das Buch unseres Lebens lesen. Stell dir das Leben wie Monopoly vor. Wirst du gewinnen, wenn du nur Geld kassierst, wenn du über Los gehst? Oder wird derjenige gewinnen, der investiert und ständig von seinen Mitspielern Miete kassiert?
Bei den meisten Menschen erlebe ich eine finanzielle Ohnmacht. Nach dem Motto: Das ist nichts für mich. Die Reichen – das sind die anderen. Der Umgang mit Geld gehört für mich aber genauso zum Leben wie Ernährung, Sport oder Allgemeinbildung. Der Umgang mit Geld kann heute so einfach sein. In diesem Buch möchte ich dir zeigen, wie du selbst mit nur wenigen Stunden pro Jahr ein Fundament für deine Rente aufbauen kannst. Hast du schon mal von ETFs gehört? Dabei handelt es sich um sogenannte Exchange Traded Funds. Sie funktionieren wie Investmentfonds, nur sind sie viel billiger, und du kannst dir mit nur einem ETF Hunderte von Aktien kaufen. Ich zeige dir in diesem Buch, wie du dir spielend leicht ein Depot aus ETFs aufbaust. Wie du dein Risiko senken, deine Ängste überwinden und schon mit 25 Euro pro Monat starten kannst.
Mein größter Erfolg wäre es, wenn du dieses Buch liest und danach einem Freund bei einem Drink an der Bar von einer Anekdote erzählst, die für dich wertvoll ist. Darauf, dass die größten Siege, Siege bleiben und sich alle Niederlagen ins Positive drehen lassen. Wir können nicht alle ein Buch schreiben. Aber wir können großartige Geschichten erleben. Unsere gemeinsame Geschichte soll hier starten, und der Erfolg soll kein Ende finden.