WARUM MICH FREUNDE AM MEISTEN MOTIVIEREN
»Wenn du an einem Wettbewerb teilnimmst, geht es dir dann darum, der Beste zu sein?«
Ich sitze vor meinem MacBook und soll einen Persönlichkeitstest ausfüllen. In wenigen Wochen steht diese Fortbildung an, es geht darum, seine Potenziale besser auszuschöpfen und seine Motivation zu steigern. Dafür brauchen die Coaches vorab den ausgefüllten Fragenkatalog, um meine Motive zu analysieren. Ich bin skeptisch, aber ich nehme mir trotzdem zehn Minuten Zeit und versuche, jede Frage ehrlich zu beantworten und nicht den Fehler zu begehen, dass ich mich möglichst gut darstellen möchte mit meinen Antworten. Am Ende wird mir dieser Test bewusst machen, was mich wirklich motiviert. Und das möchte ich dir auch ermöglichen!
Deswegen treffe ich mich mit jener Frau zum Interview im Münchner Stadtteil Bogenhausen, die diese Analyse entwickelt hat: Barbara Haag hat BWL, Psychologie und Wirtschaftsmediation studiert und die Managementberatung kopfarbeit
. gegründet. Sie ist es auch, die die aHead Motivanalyse
entwickelt hat.
In unserem Gespräch erklärt sie mir, was sie dazu bewogen hat, diesen Test zu entwickeln: »Ich begleite seit vielen Jahren Menschen in ihrer beruflichen Entwicklung. Da geht es um die Frage, wie ich mir gewisse Kompetenzen aneignen kann, etwa das Führen von Menschen, und vor allem, wie es mir gelingt, nicht immer wieder in alte Muster zurückzufallen. Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Verhaltensveränderung liegt eben nicht nur im Können, sondern im Wollen. Viele wissen also ganz genau, wie etwas geht, sie agieren jedoch insbesondere
in Stress-Situationen falsch. Das Thema der inneren Antreiber hatte mich gepackt und so arbeitete ich mich tiefer ein in die Theorie der beiden Psychologen John William Atkinson und David McClelland.«
Atkinson und McClelland entschlüsselten in den 1960er-Jahren die Leistungsmotivation. In dieser Theorie gibt es drei Säulen der Motivation: Leistung, Gesellung und Macht. Haag wollte die Motivanalyse auf Basis dieser drei Säulen entwickeln, indem sie das Machtmotiv weiter aufschlüsselte in die Kategorien Wettbewerb
, Autonomie
und Vision
. Dazu kommen noch Leistung
und Freundschaft
– und fertig sind die fünf Motive für die Persönlichkeitsanalyse. Aber wie finden wir nun heraus, welche Motive uns dominieren? Die Motivanalyse basiert auf 24 Fragen. Wenn du diese beantwortet hast, weißt du, was dich wirklich antreibt. Es können auch zwei oder drei Motive hervorstechen. Welche Motive mich antreiben, verrate ich dir am Ende dieses Kapitels, ebenso wie den Link zur Motivanalyse – dann kannst du selber herausfinden, welcher Typ du bist.
Die Kenntnis über deine Motive hilft dir dabei, dich selber besser zu verstehen, aber sie wird dir auch nützlich sein, um deine Freunde und Kollegen besser zu begreifen. In welchem Umfeld fühlen sie sich wohl? Oder warum agieren sie manchmal so schräg? »Motive lassen sich nicht ändern, wir können aber erfolgreich sein und Spaß haben, wenn wir unsere Motive im Blick haben«, sagt Haag. Gehen wir die fünf Motive nun einmal kurz durch:
Leistung
treibt uns auf den ersten Blick alle an, aber hinter diesem Motiv verbergen sich Menschen, denen es nicht darum geht, mit ihrer Leistung andere zu beeindrucken oder Einfluss auf andere Menschen zu nehmen. »Leistungsmotivierte Menschen wollen ihre Expertise weiter ausbauen«, sagt Haag. Sie fangen da erst an, wo andere schon keine Lust mehr haben. Bist du ein Steuerexperte, der sich am liebsten ganz tief in die Gesetze vertieft? Oder liebst du es, mathematische Formeln bis auf die fünfte Nachkommastelle zu zerlegen? Dann motiviert dich wahrscheinlich Leistung. Ein typischer Beruf wäre Wissenschaftler, aber Haag erklärt mir, dass sich der Leistungstyp durch alle Branchen ziehe, er möge es nur nicht so gerne, in einem Umfeld zu arbeiten,
das sich ständig verändert. Als typische Beispiele nennt sie mir Jeff Bezos und Angela Merkel. »Bezos gilt als Perfektionsfanatiker«, erklärt Haag, »er ist der reichste Mann der Welt, aber viele Menschen kennen nicht mal sein Gesicht. Das ist typisch für einen Leistungsmotivierten. Sie stellen ihr Licht gerne unter den Scheffel, wie unsere Bundeskanzlerin.« Solche Leistungsmotivierte lieben es, sich mit anderen Experten auszutauschen und können stundenlang fachsimpeln. Small Talk übers Wetter finden sie dagegen belanglos, und sie arbeiten lieber an ihrem Werk, weil sie sich dem besten Ergebnis verpflichtet fühlen. Sie lieben Planung, Sicherheit und Struktur. Wettbewerb interessiert sie dagegen nicht, die Benchmark sind sie selber. Aus meiner Sicht ist ein großer Vorteil leistungsorientierter Menschen: Wenn dich Leistung motiviert, dann steht dir dein Ego nicht im Weg. Du konzentrierst dich auf dich selber und willst dich stetig entwickeln.
Du misst dich dagegen gerne mit anderen und stellst deine Erfolge ins Schaufenster? Dann ist dein Motiv wahrscheinlich Wettbewerb
. »Solche Menschen sind die geborenen Anführer, sie steuern gerne«, sagt Haag. Das Spannende an diesem Motiv ist: Es ist den meisten Menschen unangenehm, weil sie nicht gerne zugeben, dass sie besser sein wollen als andere. »Es geht scheinheilig zu, man muss sich in Deutschland fast für seinen Erfolg entschuldigen. Dabei finden wir die Insignien des Erfolgs überall. Warum sitzen die Vorstände meistens in der oberen Etage? Oder warum haben sie spezielle Parkplätze und die größten Büros? Dabei geht es um Demonstration der Macht«, erklärt Haag. »Der Wettbewerbstyp misst sich im Gegensatz zum Leistungsmotivierten gerne mit anderen und will auch, dass andere es mitkriegen, wenn er gewinnt. Deswegen mag er auch Hierarchien, weil er zeigen kann, wo er steht. Er geht Risiken ein und trifft Entscheidungen, auch wenn sie mal unangenehm sein mögen.« Es mag jetzt nach gefühlskaltem Rambo klingen, aber Haag bestätigt mir, dass Wettbewerber ein sehr gutes Gespür für Menschen hätten. Sie nennt mir als Beispiele Boris Becker, Cristiano Ronaldo, Carsten Maschmeyer, Coco Chanel und auch Heidi Klum. »Sie wird geliebt und gehasst – das ist typisch für diesen Typ.« Wettbewerbsmenschen profilieren sich eben
gerne, deswegen wäre der klassische Beamtenjob eher nichts für sie. Anlegen solltest du dich mit ihnen nur, wenn du auf starken Gegenwind vorbereitet bist. Weil sie gerne austeilen, stecken sie auch ein, aber du solltest sie nie bloßstellen – das kränkt diesen Typ ungemein. Politiker wie Markus Söder, Horst Seehofer und Donald Trump sind auch gute Beispiele für den Wettbewerbstyp.
Kommen wir als Nächstes zum Gegenpol des Wettbewerbers: dem Freundschaftsmotivierten
. »Immer wenn er mit Menschen zu tun hat, die er mag, kann er am besten arbeiten«, sagt Haag. »Dieser Typ will gemeinsam etwas erschaffen und dafür braucht er ein stabiles Umfeld.« Kann man so einen Typen mit Homeoffice motivieren? Eher nicht! Der Freundestyp liebt gerade den Austausch auf dem Flur und geht gerne mit den Kollegen nach der Arbeit noch ein Bier trinken. Als typisches Beispiel für den Freundestyp nennt Haag mir Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, Jamie Oliver und Dirk Nowitzki. »Solche Menschen sind sehr beliebt und wollen gemocht werden. Daraus ziehen sie ihre ganze Energie. Deswegen sind sie sehr konfliktscheu und passen sich gerne anderen an.« Aber jetzt kommt ein wichtiger Punkt: Der Freundschaftsmotivierte will nicht der Partyhengst sein, der die Party schmeißt und dem alle zujubeln, sondern er will tiefe Beziehungen – also lieber fünf echte Freunde als 1000 falsche. Die Stärken liegen aus meiner Sicht auf der Hand: Der Freundestyp kann gut mit anderen Menschen und kommt meistens selber gut an. Aber er passt sich zu sehr an, geht Konflikten aus dem Weg und hat auch Angst vor Veränderung.
Kommen wir zum vierten Motivtyp: Vision
. »Diese Menschen wollen eine Idee realisieren«, sagt Haag, »aber beim Visionär geht es nicht darum, einen super Job zu machen wie beim Leistungsmotiv, sondern einen Traum zu bauen und andere Menschen dafür zu begeistern. Sie steuern also gerne andere, die den Traum für sie umsetzen sollen. Es handelt sich also auch um ein Machtmotiv wie beim Wettbewerbstyp, aber der Visionär führt viel emotionaler, weil es ihm um die Begeisterung geht.« Haag nennt mir Steve Jobs als typisches Beispiel und seine Präsentationen der neuen Apple-Produkte, die er stets vor einer
schwarzen Wand und im schwarzen Rollkragenpulli zur Schau stellte. Er will die Menschen also von seiner Vision überzeugen und richtet das Spotlight auf sein Werk und nicht auf sich selbst. »In diesem Punkt unterscheidet sich der Visionär fundamental vom Freundschaftstyp. Er neigt im Extremfall zum Missionieren. Er wird entweder bewundert oder als Fantast abgetan. Jobs wurde auch nicht von all seinen Mitarbeiten angebetet.« Barack Obama gilt auch als klassischer Visionär. Die Stärke ist gleichzeitig das Problem: Dieser Typ ist rund um die Uhr mit seiner Vision beschäftigt. Bedenken und Stillstand bringen ihn auf die Palme. Wenn dich dieses Motiv antreibt, solltest du dir also möglichst ein Umfeld suchen, das dich unterstützt.
Wenn Steve Jobs ein Visionär ist, dann müsste doch auch Elon Musk einer sein, oder? Aber Haag widerspricht und ordnet den Tesla-Chef stärker dem Autonomie
-Motiv zu! »Er setzt seine Idee um, aber es ist ihm egal, was andere denken. Bewunderung braucht und sucht er nicht, er provoziert gerne. Solche Typen sind innovativ, kreativ, sie denken quer und sind gerne anders. Sie wollen beweisen, dass sie es alleine schaffen und niemanden brauchen. Leistungs- und Wettbewerbsmotivierte wittern Probleme, aber einer wie Musk sieht nur die Chancen.« Als weiteres Beispiel nennt mir Haag Richard Branson, er verkörpere das Motto der Autonomie perfekt: Ich mach‘ mein Ding. »Bei Autonomie geht es um Macht, und zwar um Macht über sich selbst. Sie wollen frei und selbstbestimmt sein. Man darf sie niemals einschränken«, erklärt Haag. »Sie möchten so viel wissen, können und besitzen, dass ihnen niemand etwas kann. Sie möchten sich selber möglichst gut kennenlernen, um Herr über sich selbst zu werden. Sie schonen sich nicht und überschreiten ähnlich wie der Leistungsmotivierte gerne Schmerzgrenzen. Sie wirken oft unnahbar, vertrauen sich nur wenigen an, aus der Sorge heraus, durchschaubar zu sein.«
Haag erklärt mir, dass die Vertreter der Machtmotive Wettbewerb, Autonomie und Vision eines gemeinsam hätten: ein Gespür für Menschen, nur machten sie eben verschiedene Dinge damit! Mich beeindruckt das Autonomie-Motiv, also die Idee davon, Macht über sich selbst zu haben. Es besteht nur die Gefahr, als selbstsüchtiger
Einzelgänger abgestempelt zu werden. Denn wer selber autonom lebt, der zeigt sich auch tolerant bis gleichgültig anderen gegenüber. »Sie machen ungern Vorschriften und sind sehr tolerant, außer sie werden in ihrer Freiheit eingeschränkt. Der Autonomie-Motivierte hasst es auch, ungefragt Ratschläge zu bekommen und erteilt selber auch keine«, erklärt Haag.
Friedrich Nietzsche schrieb einst: »Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie?«
25
Das kann ich nur bestätigen. Gerade das Freundschaftsmotiv spielt bei mir eine dominante Rolle. Mit den Kollegen, mit denen ich am meisten zu tun hatte, war ich immer befreundet. Konflikte können bei mir schnell auf den Magen schlagen. Ich könnte es mir niemals vorstellen, langfristig mit Menschen zu arbeiten, die ich nicht mag oder denen ich nicht vertraue. Auf der anderen Seite treiben mich auch die Vision und ebenfalls etwas der Wettbewerb an. Ich liebe es, Dinge zu verändern und andere Menschen von meinen Ideen zu überzeugen, sonst wäre es wahrscheinlich auch schwierig, einen YouTube-Kanal zu moderieren. Die Vision motiviert mich auch, dieses Buch zu schreiben, weil ich dir zeigen will, wie leicht du mehr aus deinem Geld machen kannst. Und ich gebe es zu: Ich liebe den Wettbewerb, und ich liebe es zu gewinnen.
Test yourself!
Willst du herausfinden, welches der fünf Motive dich am meisten motiviert? Dann surfe einfach auf
www.ahead-academy.de
und mache deine kostenlose Motivanalyse.