DU BRAUCHST EINE MISSION
E
s ist Freitag. Mitten im August, auf Stockholm brennt die Sonne, einer der heißesten Tage des Jahres. Eigentlich müsste das Mädchen heute in die Schule gehen, aber es geht schon länger nicht mehr. Es packt lieber seinen lila Rucksack und setzt sich alleine vor den schwedischen Reichstag. Einsam sitzt das Mädchen dort, kaum 1,50 Meter groß, zwei blonde Zöpfe hängen herunter, und es hält ein Schild, auf dem steht: »Skolstrejk för klimatet«. Das ist Schwedisch und bedeutet: »Schulstreik für das Klima.«
Das Mädchen heißt Greta Thunberg, und sie hat es durchgezogen. Drei Wochen lang hat sie Tag für Tag die Schule geschwänzt. Anfangs kämpften die Lehrer gegen ihren Widerstand, später solidarisierten sie sich mit ihr. Und es sollten noch viele mehr dazu kommen: Greta legte das Fundament für die »Fridays for Future« und wurde das Gesicht der Klimabewegung. In ganz Europa nehmen sich Tausende Schüler Greta zum Vorbild und schwänzen freitags die Schule, weil sie eine Mission haben: Sie kämpfen für eine bessere Zukunft – ihre eigene Zukunft.
Thomas Alva Edison hatte angeblich für die Weiterentwicklung der Glühbirne 9500 kleine Kohlefäden ausprobiert, bis er denjenigen fand, der die Glühbirne dauerhaft zum Leuchten brachte. Edison war der Meinung, dass Aufgeben die größte Schwäche sei und man nur Erfolg haben könne, wenn man immer wieder einen neuen Versuch wage.
26
Er ließ sich vom Traum für seine Minisonne nicht abbringen. Den Menschen Tausende von Sonnen in die Hand zu geben und die Dunkelheit zu besiegen. Oder gar die Welt vor der Klima-Katastrophe retten. Gibt es klarere Missionen als die von Edison oder Thunberg?
Wer solche Ziele verfolgt, muss eine ungemeine intrinsische Motivation aufbringen. Von außen wirkt so eine Mission auf manche sogar
wie Besessenheit. Und genau solchen Menschen folgen wir. Stell dir deine Mission vor wie einen Kompass, der dich durchs Leben leitet. Ist unsere Mission vielleicht sogar der Sinn des Lebens? Joseph Campbell, der Erfinder der Heldenreise, war der Meinung, »dass wir Erfahrungen machen wollen, bei denen wir uns lebendig fühlen«.
27
Warum stehst du jeden Tag auf? Wann hast du dich zum letzten Mal lebendig gefühlt? Was dich zu Tränen rührt, was deine Stimme zittern lässt oder dich lächeln lässt – das sind die Dinge, für die es sich zu leben lohnt.
Wer sein Warum beantwortet und seine Mission findet, kann darauf große Ideen aufbauen oder sogar Geld-Druckmaschinen wie aus dem Silicon Valley: Die Google-Gründer wollten ursprünglich alle Informationen auf der Welt ordnen und für alle zugänglich machen. Elon Musk will die Welt von fossilen Brennstoffen befreien. Steve Jobs wollte die Welt mit seinem Design verändern. Was verbindet Menschen und Kunden? Nicht das,
was
wir machen. Nicht das,
wie
wir es machen. Entscheidend ist das
Warum
. Das beschreibt Bestseller-Autor Simon Sinek in seinem Buch
Frag immer erst: warum
.
28
Er führt den sogenannten Golden Circle dafür an (siehe Darstellung unten).
Abbildung 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an Simon Sine
k
Schauen wir uns Apple als Beispiel an. Was macht der i-Konzern? Er verkauft iPhones und iPads. Wie er das macht, wissen wir alle. Aber warum macht er das? Steve Jobs hatte die Vision, seinen Kunden tausend Songs in die Hosentasche zu packen. Du kannst dir das Gebilde eines Konzerns wie Apple wie einen Eisberg vorstellen. Das iPhone steht sichtbar an der Spitze, aber das Fundament, das Fans, Mitarbeiter und Investoren von Apple verbindet, befindet sich unter Wasser. Das Warum ist die Identität, der Sinn und der Wert der Marke. Das Warum bildet den Kern aller Handlungen. Und bei Apple wirkt das Warum so stark, dass die Apple-Jünger die iPhones nicht nur kaufen, sondern auch noch Marketing dafür betreiben, indem sie jedem erzählen, dass das iPhone das einzig wahre Smartphone sei.
Finde deine Mission, und du wirst nie wieder dran zweifeln, ob du gut darin werden kannst. Du wirst andere Menschen inspirieren und genau jene Leute anziehen, die denselben Glauben haben wie du. Das Warum spricht unsere Emotionen an – und nicht unsere Ratio. Deswegen schaffen wir es bei einem starken Warum sogar, Bösewichte zu lieben. Denken wir an Walter White, dem Charakter aus der Serie Breaking Bad
: Ein spießiger Chemielehrer aus Albuquerque, der ein perfektes Familienleben mit seiner Frau Skyler und seinem Sohn Walter Junior führt. Eines Tages kommt der Schock: Walter erkrankt an Lungenkrebs. In seinem Hirn gibt es nur noch einen Gedanken: Er muss Geld auftreiben, damit seine Familie nach seinem Tod ein gutes Leben führen kann. Durch Zufall kommt er mit dem Kleinkriminellen und Drogendealer Jesse Pinkman in Kontakt, der früher sein Schüler war – und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Walter wird im Lauf der Serie das beste Crystal Meth des Landes fabrizieren und zum größten Drogendealer der USA aufsteigen. Klingt nach einem Menschen, den wir nicht als Nachbarn haben wollen. Walter lässt Menschen töten und hat am Ende sogar seinen Schwager auf dem Gewissen, der für die Drogenschutzbehörde arbeitet. Trotzdem fiebern wir mit einem Drogenbaron. Weil wir sein Warum verstehen und mitfühlen können. Und gibt es ein stärkeres Warum, als seine Familie retten zu wollen
?
Eine Gruppe versammelt sich immer hinter einem Mythos, sie glaubt an ein gemeinsames Ziel. So vereinen sich beispielsweise die Gelbwesten in Frankreich, weil sie für mehr Gerechtigkeit kämpfen und dafür auf die Straße gehen. Auch bei unserer Mission-Money-Community gilt dasselbe Prinzip. Menschen, die sich für Geld und Aktien begeistern, tauschen sich in den YouTube-Kommentaren, unserer Facebook-Gruppe und auf unseren Live-Events aus. Eine gemeinsame Idee oder ein Mythos bringen Millionen von Menschen zu einer Religion zusammen oder zu einer Partei. Stell dir vor, du sperrst zehn Menschen in einen Raum, die alle ein anderes Warum haben. Der eine möchte die Wale retten, der andere Luxusuhren für die breite Masse anbieten, und noch ein anderer will die Menschheit auf den Mars umsiedeln. Ich verrate dir ein Geheimnis: In diesem Raum wird kein gemeinsamer Geist entstehen.
Vielleicht würdest du mir jetzt gerne die Frage stellen, warum ich dieses Buch schreibe? Bei mir verbinden sich zwei Warums: Zum einen liebe ich es, Geschichten zu erzählen. Am liebsten erzähle ich, was mich inspiriert und bewegt. Das fließt über in mein zweites Warum: Sachen ausprobieren und mein Leben optimieren. Wie ich es umsetze, ist ganz einfach: Ich schreibe dieses Buch hier so, wie ich es selber gerne lesen würde. Wenn du dein Warum gefunden hast, dann lässt sich darum ganz einfach ein Kosmos aufbauen, und du wirst nie abhängig von einer Plattform sein. Wie du deine Mission am besten erzählst, dazu kommen wir in den nächsten Kapiteln. Aber eines solltest du dir jetzt schon klarmachen: Gerade wenn dich eine Vision motiviert und du Leute für ein Team brauchst, um diese Vision umzusetzen, besonders dann brauchst du ein starkes Warum. Wenn du also das beste Schiff der Welt bauen willst, dann lehre dein Team, das Meer zu lieben.
Das Warum zählt auch beim Geld. Wenn du reich werden willst, solltest du dich erst mal fragen: Warum? Menschen werden reich, weil sie sich für Menschen und deren Probleme begeistern. Weil sie einen Sport so sehr lieben, dass sie dafür sterben würden. Unser Freund Walter will mit dem Geld seine Familie retten. Und was willst du mit deinem Geld? Mein Warum entstand aus einem Schmerz heraus. Ich
hatte Fehler gemacht, eine Abkürzung gesucht und den Karren an die Wand gefahren. Es hat mich vom Weg abgebracht, aber nicht von meinem Ziel. Ein Warum lässt sich mit einem Glauben gleichsetzen – es geht nicht um richtig oder falsch. Ich glaube, dass jeder mehr aus sich und seinem Geld machen kann. Und dieses Warum wird mich immer motivieren. Deswegen müssen wir uns selber zu einem Projekt machen, und ein Projekt braucht ein Warum. Zur Inspiration kommen hier sieben Mission Statements verschiedener Unternehmen für dich:
Mission Money
– Wir machen mehr aus unserem Geld.
Ted
– Spread ideas.
U.S. Army
– Duty, Honor, Country.
Automattic
– Never stop learning.
Nike
– Inspiration and innovation to every athlete in the world.
Walmart
– To save people money so they can live better.
Uber
– We ignite opportunity by setting the world in motion.
Test yourself!
Schreibe dein eigenes Mission Statement auf und fülle deinen Golden Circle aus.
Hier kommt dein Mission Statement:
Und auf der nächsten Seite kannst du deinen Golden Circle ausfüllen. Du musst es nicht gleich machen, lass dir ruhig Zeit damit, bis du das Buch zu Ende gelesen hast, und mach dir in Ruhe Gedanken.
Abbildung 2: Eigene Darstellung in Anlehnung an Simon Sinek