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Sebastian Fitzek
Der Heimweg
Psychothriller
Es ist Samstag, kurz nach 22.00 Uhr. Jules Tannberg sitzt am Begleittelefon. Ein ehrenamtlicher Telefonservice für Frauen, die zu später Stunde auf ihrem Heimweg Angst bekommen und sich einen telefonischen Begleiter wünschen, dessen beruhigende Stimme sie sicher durch die Nacht nach Hause führt - oder im Notfall Hilfe ruft.
Noch nie gab es eine wirklich lebensgefährliche Situation. Bis heute, als Jules mit Klara spricht.
Die junge Frau hat entsetzliche Angst. Sie glaubt, von einem Mann verfolgt zu werden, der sie schon einmal überfallen hat und der mit Blut ein Datum auf ihre Schlafzimmerwand malte: Klaras Todestag! Und dieser Tag bricht in nicht einmal zwei Stunden an ...
Jede vierte Frau hat mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Partnerschaftsgewalt erlebt.
Betroffen sind Frauen aller sozialen Schichten.
Hintergrundmeldung des Bundesministeriums für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend am 02.02.2020
Eine Studie des Bundesfamilienministeriums hat ergeben, dass insbesondere Frauen,
die in ihrer Kindheit häusliche Gewalt bei ihren Eltern erlebt haben,
mehr als doppelt so häufig selbst Opfer von häuslicher Gewalt werden.
Frauen, die sogar selbst Opfer von Gewalt durch ihre Eltern waren,
wurden als Erwachsene sogar dreimal so häufig Opfer von Gewalt durch den Partner.
Astrid-Maria Bock,
BILD-Zeitung vom 27.06.2017
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
Matthias Claudius(1740–1815)
Sämtliche Ereignisse in diesem Thriller entspringen selbstverständlich (und glücklicherweise) nur meiner Fantasie. Den telefonischen Begleitservice für Menschen, die sich nachts auf ihrem Heimweg unwohl fühlen, gibt es aber tatsächlich. Die Idee stammt ursprünglich aus Stockholm, dort ist der Service direkt bei der Polizei angesiedelt, während in Deutschland dafür anscheinend kein Geld vorhanden ist und die Aufgabe von Ehrenamtlichen übernommen werden muss. Auch deswegen hat diese wichtige Einrichtung leider häufig um ihr Überleben zu kämpfen. Mehr Informationen finden Sie unter: www.heimwegtelefon.net
All denen gewidmet,
denen Angst ein ständiger Begleiter ist
Nach all den Verletzungen, die ihr an den empfindlichsten Stellen ihres mit Blutergüssen übersäten Körpers schon beigebracht wurden; nach den Schlägen ins Gesicht, auf den Rücken, in Nieren und Unterleib, worauf ihr Urin für Tage die Farbe Roter Bete annahm; nach all den Schmerzen, die er ihr mit Gartenschlauch und Bügeleisen zugefügt hatte, hätte sie niemals gedacht, so etwas jemals wieder empfinden zu können.
Der Sex war der Wahnsinn, dachte sie im Halbdunkel auf dem Bett liegend, aus dem der Mann, in den sie sich unsterblich verliebt hatte, bereits aufgestanden war, um ins Bad zu gehen.
Nicht, dass sie viele Vergleichsmöglichkeiten gehabt hätte. Sie hatte vor ihrem Ehemann nur zwei Liebhaber, doch das schien unendlich lange her. Die negativen Erfahrungen der Gegenwart hatten die positiven der Vergangenheit längst verdrängt.
Seit Jahren war alles, was sich im Schlafzimmer abspielte, für sie nur mit Schmerzen und Demütigung verbunden gewesen.
Und jetzt liege ich hier. Atme und rieche den Duft eines neuen Mannes in meinem Leben und wünsche mir, die Liebesnacht würde wieder von vorne beginnen.
Sie war über sich selbst erstaunt, wie schnell sie sich ihm anvertraut und ihm von der Gewalt erzählt hatte, unter der sie in ihrer Ehe litt. Doch sie hatte sich vom ersten Moment an zu ihm hingezogen gefühlt, als sie seine tiefe Stimme gehört und ihm in warme, dunkle Augen gesehen hatte, die sie anblickten, wie ihr Ehemann sie noch nie betrachtet hatte. Offen, ehrlich, liebevoll.
Beinahe hätte sie ihm sogar von dem Video erzählt. Von dem Abend, zu dem ihr Ehemann sie gezwungen hatte.
Mit den Männern.
Vielen Männern, die sie misshandelt und gedemütigt hatten.
Kaum zu glauben, dass ich mich noch einmal in meinem Leben freiwillig einem Vertreter des »starken« Geschlechts hingegeben habe, dachte sie und lauschte auf das Rauschen der Dusche, in die ihr Traummann verschwunden war.
Normalerweise war sie es, die nach ihrer »Benutzung« durch ihren »Gatten« stundenlang versuchte, sich den Ekel vom Leib zu schrubben, doch jetzt genoss sie den herben Geruch einer Affäre auf der Haut und wollte ihn am liebsten für immer konservieren.
Das Wasserrauschen stoppte.
»Magst du noch etwas unternehmen?«, hörte sie ihn gut gelaunt aus dem Bad rufen, nachdem er wohl aus der Dusche getreten war.
»Furchtbar gerne«, antwortete sie, obwohl sie keine Ahnung hatte, wie sie ihrem Mann erklären sollte, dass sie noch länger ausblieb.
Immerhin war es …
Sie sah auf ihre Armbanduhr, doch es war zu schummrig, um das Ziffernblatt zu erkennen. Abgesehen von dem Strahl, der durch den kleinen Spalt der angelehnten Badezimmertür ins Schlafzimmer fiel, spendete nur ein sanft illuminiertes Kunstwerk etwas Licht. Ein leicht gebogener Samuraidolch mit grünlich schimmerndem Perlmuttgriff hing an der Schlafzimmerwand, von zwei gedimmten LED-Strahlern angeleuchtet, die allerdings auch nur für eine nachtlichtgleiche Atmosphäre sorgten.
Sie griff nach ihrem Handy, dabei fiel ihr Blick auf eine Leiste mit Lichtschaltern, die direkt in den Nachttisch eingelassen waren.
»Einen Cocktail trinken vielleicht?«
Sie drückte den äußersten Knopf der Leiste und musste kichern, denn offensichtlich war seine Funktion eine andere. Da das Laken verrutscht war, konnte sie direkt auf die Matratze sehen, die nun in einem halogenblauen Farbton leuchtete, was die Illusion erzeugte, als liege sie auf einer Luftmatratze in einem Swimmingpool.
Sie setzte sich im Schneidersitz auf die Matratze, deren Wasserfüllung so hell und leuchtend strahlte wie die fluoreszierende Füllung eines Knicklichts. Zudem wechselte sie die Farben. Von Azurblau zu einem Phosphorgelb zu einem blendenden Weiß zu einem …
»Was ist das?«, fragte sie.
Leise. Mehr zu sich selbst, denn im ersten Moment war sie ehrlich erstaunt. Sie beugte sich nach vorne, um nun durch die Raute zu blicken, die sich zwischen Schenkeln und Schritt bildete.
Oh, Herr im Himmel …
Entsetzt schlug sie sich die Hand vor den Mund und starrte auf die Matratze, auf der sie vor wenigen Minuten noch einen Mann geliebt hatte.
Ich halluziniere. Ich sehe nicht wirklich, wie …
»Du hast es also entdeckt«, sagte eine fremde Stimme links von ihr. Und als hielte der Unbekannte, der nun in der Badezimmertür auftauchte, eine Fernbedienung, mit der er das Grauen steuern konnte, leuchtete das Bett unter ihr blutrot auf. Der Anblick, der sich ihr daraufhin bot, war so entsetzlich, dass sie sich am liebsten die Augen ausgerissen hätte.
Ja, sie hatte es entdeckt, wobei es keinen Sinn ergab. Ihr Verstand wollte das Grauen nicht akzeptieren, einfach weil das, was sich ihr zeigte, jegliche menschliche Vorstellungskraft sprengte.
»Wo ist er? Was hast du mit ihm gemacht?«, schrie sie den Fremden an, lauter als je zuvor, während das Monster in Menschengestalt mit einer Spritze an das Bett trat und süffisant grinsend sagte: »Vergiss jetzt mal bitte deinen Liebhaber. Ich finde, es ist an der Zeit, dass du mich kennenlernst.«
Jules saß am Schreibtisch und dachte darüber nach, dass das Rauschen in seinem Ohr perfekt mit dem Blut an der Wand harmonierte.
Auch wenn er auf Nachfrage nicht hätte erklären können, woher diese morbide Assoziation kam. Vielleicht, weil das Geräusch, das er über Kopfhörer hörte, an eine Flüssigkeit erinnerte, die sich durch eine Verengung kämpfte.
Wie Blut, das einem sterbenden Menschen aus den Adern strömt.
Blut, mit dem man Schlafzimmerwände beschmieren konnte, um der Welt eine Nachricht zu hinterlassen.
Jules wandte den Blick vom Fernseher, der in Großaufnahme die rot verschmierten, grotesk großen Ziffern über dem Bett auf der Schlafzimmerwand des Mordopfers zeigte. Die Handschrift des Kalender-Killers. Ein »Ich war hier, und du kannst froh sein, dass wir uns nicht begegnet sind«-Gruß.
Denn sonst würdest auch du auf diesem Bett liegen. Mit einem überraschten Gesichtsausdruck und aufgeschnittenem Hals.
Er drehte sich auf dem Bürostuhl am Schreibtisch um etwa neunzig Grad, und der Fernseher verschwand aus seinem Sichtfeld, was ihm half, sich auf das Telefonat zu konzentrieren.
»Hallo, ist da jemand?«, fragte er nun schon zum dritten Mal, doch wer immer da am anderen Ende in der rauschenden Leitung hing, sagte nach wie vor kein Wort.
Stattdessen hörte Jules in seinem Rücken die Stimme eines Mannes, der ihm vertraut schien, obwohl er ihm noch nie in seinem Leben begegnet war.
»Drei Frauen wurden bislang in ihren Wohnungen ermordet aufgefunden«, sagte der gesichtsbekannte Fremde, der sich in verlässlichen Abständen darum kümmerte, die Menschen in ihren eigenen vier Wänden mit den schrecklichsten Verbrechen Deutschlands zu versorgen.
Aktenzeichen XY … ungelöst. Die älteste True-Crime-Show der Nation.
Jules ärgerte sich, dass er die Fernbedienung nicht fand, um den Fernseher abzustellen, in dem womöglich noch immer der letzte Tatort des Kalender-Killers zu sehen war.
Sie zeigten gerade eine Wiederholung der 20.15-Uhr-Sendung, ergänzt durch die neuesten Hinweise aus der Bevölkerung seit der Primetime-Ausstrahlung.
Das Arbeitszimmer des Charlottenburger Altbaus war ein Durchgangsraum zwischen Wohn- und Essbereich und wie der Rest der Wohnung mit beeindruckend hohen Wänden und stuckverzierten Decken ausgestattet, von denen die ersten Bewohner vor hundert Jahren bestimmt schwere Lüster hatten baumeln lassen. Jules hingegen bevorzugte indirektes Licht, ihm war bereits der Schein des TV-Geräts zu grell.
Das kabellose Headset mit den kleinen, über ein Drahtgestell im Nacken verbundenen Kopfhörern und der Mikrofonspange vor dem Mund ermöglichte es ihm, auf dem mit Zeitschriften und Dokumenten übersäten Schreibtisch nach der Fernbedienung zu suchen.
Er erinnerte sich, sie kürzlich noch in der Hand gehalten zu haben, nun musste sie irgendwo unter den Unterlagen vergraben sein.
»Und an jedem Tatort das gleiche grauenhafte Bild. Das Datum des Todestages an der Wand, geschrieben mit dem Blut der Opfer.«
30.11.
08.03.
01.07.
»Der Modus Operandi, dem der Kalender-Killer seinen Namen verdankt.«
Die erste Tat, die sich in nur wenigen Stunden jährte, hatte schon letztes Jahr im November sämtliche Medien beherrscht.
Jules unterbrach seine Suche nach der Fernbedienung und sah kurz aus dem großen, leicht gewölbten Sprossenfenster, das einer heftigen Schneeverwehung trotzen musste, zur Straße. Wieder einmal wunderte er sich über sein fehlendes Wettergedächtnis. Er konnte sich die merkwürdigsten Dinge merken, die er nur ein Mal gehört hatte, wie die Legende, dass Hitchcock keinen Bauchnabel hatte oder Ketchup in den 1830er-Jahren als Medizin verkauft wurde. Aber er konnte sich nicht an den letzten Winter erinnern.
Hatte es am ersten Adventswochenende des Vorjahrs auch schon geschneit, so wie jetzt in weiten Teilen Deutschlands? Der Rekordsommer mit tropischen Temperaturen von fast vierzig Grad war gefühlt übergangslos von einer Schmuddelwetterperiode abgelöst worden. Es war zwar nicht sehr kalt, zumindest im Vergleich zu Grönland oder Moskau, aber der Wechsel von Schnee und Regen, aufgewirbelt von einem strengen Ostwind, trieb die Menschen nach Feierabend auf kürzestem Wege in ihre Wohnungen. Oder in die Hals-Nasen-Ohren-Praxen. Wobei der Blick nach draußen geradezu etwas Beruhigendes hatte, und das nicht nur im Kontrast zu den Wandmalereien des Kalender-Killers.
Hinter den hohen Fenstern sah es aus, als hätte eine Filmcrew eine Konfetti-Kanone vor die Charlottenburger Straßenlaternen geräumt, um den Bewohnern der begehrten Gründerzeitwohnungen rund um den Lietzensee ein vorgezogenes Weihnachtsschauspiel zu bieten. Unzählige Flocken tanzten wie ein Schwarm Glühwürmchen in dem warmen Lichtkegel und wurden von dort aus über die vereiste Oberfläche des Sees Richtung Funkturm getrieben.
»Hindert Sie jemand daran, mit mir zu sprechen?«, fragte Jules den vermuteten Teilnehmer am Telefon. »Wenn ja, dann husten Sie bitte einmal.«
Jules war sich nicht sicher, aber er meinte, ein leises Keuchen gehört zu haben, ähnlich dem eines Läufers, der sich an seinem eigenen Atem verschluckt hat.
War das ein Husten?
Er drehte am Laptop, über dessen Software das Gespräch gestreamt wurde, die Lautstärke hoch. Der XY-Moderator drang dennoch zu ihm durch. Wenn Jules die TV-Fernbedienung nicht fand, würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als den Stecker des Fernsehers zu ziehen.
»Wir haben lange mit uns gerungen, ob wir Ihnen die Original-Tatortbilder noch einmal in dieser Deutlichkeit zeigen sollen. Aber diese Aufnahmen sind bislang die einzige Spur der Ermittler zum sogenannten Kalender-Killer.
Wie Sie sehen …«
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Jules, wie sich die Kameraperspektive änderte und an die blutige Schrift auf der Wand gezoomt wurde. So dicht heran, dass der grobkörnige Putz wie eine Mondlandschaft wirkte, die ein Serienkiller als Leinwand missbraucht hatte.
»… ist die Ziffer 1 am oberen Ende verschnörkelt, wodurch die Zahl, die der Täter bei seinem ersten Mord an die Wand geschrieben hatte, mit etwas Fantasie wie ein Seepferdchen aussieht. Unsere Frage daher an Sie: Erkennen Sie die Handschrift? Ist sie Ihnen schon einmal in irgendeinem Zusammenhang begegnet? Für sachdienliche Hinweise …«
Jules zuckte zusammen. Jetzt war es deutlich. Er hatte etwas in der Leitung gehört.
Ein Räuspern. Atmen. Plötzlich riss das Rauschen ab.
Die von den Kopfhörern übertragene Atmosphäre hatte sich verändert, so als sei der Teilnehmer aus einem Windkanal heraus in einen geschützten Bereich getreten.
»Ich habe Sie nicht verstanden, weshalb ich jetzt einfach mal davon ausgehe, dass Sie bedroht werden«, sagte Jules, und in diesem Moment entdeckte er auf dem Schreibtisch die Fernbedienung unter einem Prospekt für eine Rehaklinik.
Berger Hof – Gesund im Einklang mit der Natur.
»Was auch immer passiert, Sie müssen unbedingt in der Leitung bleiben. Legen Sie nicht auf. Unter gar keinen Umständen!«
Er schaltete den Fernseher aus und sah sich selbst in dem plötzlichen Schwarz des Flachbildschirms, der zu einem düsteren Spiegel geworden war. Jules schüttelte den Kopf, unzufrieden mit seinem Ebenbild, auch wenn er sich eingestehen musste, dass er sehr viel besser aussah, als er sich fühlte. Eher wie fünfundzwanzig als fünfunddreißig. Eher gesund als krank.
Wobei das schon immer sein Fluch gewesen war. Selbst mit einer Magen-Darm-Grippe und Liebeskummer wirkte Jules auf sein Umfeld wie das blühende Leben. Einzig Dajana hatte gelernt, ihn im Laufe ihrer Beziehung zu »lesen«. Sie war lange Zeit freie Journalistin gewesen, und dank ihres ausgeprägten Einfühlungsvermögens hatte sie schon so manchem Interviewpartner ein zuvor gut gehütetes Geheimnis entlocken können. Was ihr bei Fremden gelang, gelang ihr natürlich erst recht bei ihrem engsten Vertrauten.
Sie erkannte bei Jules die Anzeichen eines drohenden Erschöpfungskollapses, wenn nach einer Doppelschicht in der Notrufzentrale seine braunen Augen eine Nuance dunkler schimmerten oder wenn die markanten Lippen einen Hauch trockener waren als sonst, weil er es nicht geschafft hatte, eine Mutter am Telefon erfolgreich anzuleiten, ihr Kind zu reanimieren. Dann hatte Dajana ihn wortlos in die Arme genommen und ihm die verspannte Schulter massiert. Sie hatte die Magenschmerzen, die Übermüdung und seine oftmals tiefe Melancholie an ihm regelrecht riechen können, wenn sie auf dem Sofa lagen und sie das Gesicht in seinen dichten, ungezähmten Haaren vergrub. Vielleicht hatte sie ihn auch im Schlaf studiert, seine nervösen Zuckungen, sein Gemurmel, und ihn womöglich mit einem sanften Griff nach dem Oberarm beruhigt, wenn er geschrien hatte. Womöglich. Er hatte versäumt, sie danach zu fragen, und nun würde er nie wieder die Gelegenheit dazu haben.
Da!
Diesmal war er sich ganz sicher. Der Anrufer hatte aufgestöhnt. Ob Mann oder Frau, war noch nicht zu erkennen, nur dass die Person offenbar unter Schmerzen litt, die sie zu unterdrücken versuchte.
»Wer … wer ist da?«
Endlich. Der erste vollständige Satz. Und er klang nicht so, als würde der Anruferin eine Waffe an den Kopf gehalten, aber man konnte nie wissen.
»Mein Name ist Jules Tannberg«, antwortete er, konzentrierte sich und begann kurz darauf die intensivste und folgenschwerste Unterhaltung seines Lebens mit den Worten: »Sie sind mit dem Begleittelefon verbunden. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Die Antwort zerriss ihm beinahe das Trommelfell.
Sie bestand aus einem einzigen, entsetzlich verzweifelten Schrei.
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