Kapitel 15

Krachendem Bogen, knisternder Flamme,
Schnappendem Wolf, geschwätzigem Raben,
Grunzender Bache, wurzellosem Baum …
Dem Allen soll niemand voreilig trauen.

HÁVAMÁL

Thorgrims Geist war stets klar und verständnisvoll gewesen, doch jetzt herrschte das reinste Chaos darin. Seine Gedanken waren wie das aufgewühlte Meer und trieben ihn in den Wahnsinn.

Bis jetzt war der Weg klar gewesen, wie ein Pfad durch den Wald, viel benutzt, das Gestrüpp weggeschlagen und die Kanten scharf: Repariere die Schiffe. Sichere dir Segeltuch mit Silber und Waffengewalt, doch nicht gegen das Kloster, sondern gegen dessen Feinde. Richte deine Waffen nur gegen jene, die die Christen davon abhalten wollen, das Segeltuch zu weben, das du und deine Männer brauchen. Dann flick die Segel. Zieh sie auf, und segel fort. Nach Wessex, wenn die Götter es gestatten. Dann zurück nach Vik.

Doch jetzt war gar nichts mehr klar. Thorgrim gelang es einfach nicht mehr, seine Gedanken lange genug zu ordnen, um seine Probleme wirklich anzugehen. Vielleicht war es die Finsternis, die mehr und mehr von ihm Besitz ergriff, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht war es schlichte Unsicherheit … oder der Wahnsinn.

Thorgrim taumelte vom Feuer weg, weg vom Lager der Iren und Nordmänner, diesen unwahrscheinlichen Verbündeten, und aufs offene Land hinaus. Nur vage war ihm bewusst, dass er mit Bécc geredet hatte, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was er gesagt hatte. Das Einzige, was ihm noch im Gedächtnis geblieben war, war der Moment, da er es nicht länger ertragen hatte, in diesem Zelt zu sitzen und Höflichkeit vorzutäuschen. Der Moment, da er einfach hatte gehen müssen.

Failend war auch dagewesen. Dessen war Thorgrim sicher. Glaubte er. Nein, es musste so gewesen sein. Ohne Harald konnte er nur über sie mit diesen Iren reden.

Harald … Darum drehte sich der Wahnsinn. Harald war weg … irgendwo. Thorgrim fiel es schwer, sich zu erinnern. Ein Gefangener? Nein. Das nicht.

Aber wo auch immer sein Sohn sein mochte, es war nicht gut, und Thorgrim fühlte sich hilflos. Früher am Tag hatte er noch gewusst, was er tun musste, um den Jungen wieder zurückzubekommen, doch jetzt nicht mehr. Nun konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wo Harald war und in welcher Gefahr er schwebte.

Thorgrim blieb taumelnd stehen und ließ seinen Blick über das dunkle Land schweifen. Da war nichts. Gar nichts. Der letzte Rest Tageslicht war schon lange verschwunden, und schwere Wolken versperrten die Sicht auf Mond und Sterne, die die umliegenden Hügel ansonsten erhellt hätten. Hinter sich hörte Thorgrim schwach die Geräusche seiner Männer, die ihr Bier tranken, sich am Feuer trockneten und Lieder sangen, die sich für die Iren wie das Geschrei von Tieren anhören mussten.

Thorgrim ließ sich auf die Knie fallen, als ihn plötzlich die Erschöpfung überkam. Seine Arme hingen an der Seite, und sein Mund stand offen. Eisenzahn zog am Gürtel. Die Finsternis hatte Thorgrim nun fest im Griff.

So viel Zeit, so unglaublich viel Zeit …, dachte er. Die Finsternis hatte ihn lange nicht mehr übermannt … länger, als er sich erinnern konnte. Er hatte schon geglaubt, sie würde nie mehr zurückkehren, dass sie nur ein wilder Teil seiner Jugend gewesen war, doch vielleicht hatte er sich geirrt. Thorgrim ließ sich auf die Seite fallen und schloss die Augen.

Und dann träumte er. Es waren Wolfsträume, von denen er gewusst hatte, dass sie kommen würden, seit er den ersten Hauch von Wut früher an diesem Tag gefühlt und ihre Natur erkannt hatte.

Thorgrim rannte. Er rannte auf eine Art, von der er wusste, dass seine alten Knochen das eigentlich nicht mehr konnten: schnell, mühelos, leise. Das Gras rauschte in atemberaubender Schnelligkeit unter seinen Füßen hindurch, wie bei einem galoppierenden Pferd, doch er atmete leicht und gleichmäßig. Er fühlte sich stark, machtvoll, und besser noch: Sein Geist war klar. Zwar hatte er keine bewussten Gedanken; keine Worte kamen ihm über die Lippen. Da war einfach nur Klarheit.

Die Gerüche der Nacht und des Landes zogen an ihm vorbei, eine Parade von Düften, manchmal gemischt, manchmal klar und deutlich. Da waren die nasse Erde und das feuchte Gras, die Kühe, und weit entfernt ein Hauch von Rauch. Und da war auch die kühle Nachtluft, die ihren eigenen Geruch besaß. All diese Düfte konnte Thorgrim auseinandernehmen und untersuchen, als wären sie ein festes Ding, etwas, das er in Händen hielt.

All das, die Düfte, die Geräusche und das Gefühl des Grases unter seinen Füßen, nahm er im Laufen auf. Wohin er aber lief, das wusste er nicht. Der Traum verriet ihm das nicht. Er befahl ihm nur, zu rennen.

Und dann kam ein weiterer Geruch, und Thorgrim wusste irgendwie, dass das der einzige war, dem er folgen musste: Männer. Doch das waren keine Hirten mit ihren Herden, sondern viele Männer, sehr viele, alle dicht beisammen. Thorgrim roch Schweiß, Lagerfeuer und Gebratenes. Er roch Bier. Und durch all das hindurch nahm seine Nase noch etwas anderes wahr, das ihn immer weiter vorwärtstrieb; aber wieder verriet der Traum ihm nicht, was das war.

Thorgrim war nun nahe an seinem Ziel, und er wurde langsamer, bis er schließlich nur noch ging. Die Gerüche waren stark, fast überwältigend. Und jetzt konnte er auch etwas hören, obwohl es nur wenige Geräusche waren, denn es war schon spät: das letzte Knistern der fast heruntergebrannten Feuer, das Atmen schlafender Männer, das Summen der Insekten und in der Ferne die Geräusche kleiner Kreaturen, die durch die Nacht huschten.

Thorgrim wurde noch einmal langsamer, als er sich der Kuppe eines Hügels näherte, und er wusste, dass dieser lange, sanfte Anstieg alles war, was noch zwischen ihm und dem lag, was ihn dahinter erwartete. Geduckt schlich er auf die Kuppe, obwohl es ohnehin sehr unwahrscheinlich war, dass ihn irgendjemand in der finsteren Nacht sehen würde – falls denn überhaupt noch jemand wach sein sollte, hieß das.

Schließlich erreichte Thorgrim die höchste Stelle, und da lag es: ein Feldlager. Er sah ein paar größere und viele kleine Zelte. Feuer glühten in flachen Gruben; Speere waren zu Türmen zusammengestellt, und ein paar verschlafene Männer hielten Wache. Aus einem der größeren Zelte drang ein sanftes Glühen. Dort brannten noch die Laternen, und das wiederum hieß, dass da noch jemand wach war.

Thorgrim schlich den Hang hinunter. All seine Sinne waren geschärft, als er sich dem Lager näherte. Nur vereinzelt waren Wachposten zu sehen, und die starrten einfach nur in die Dunkelheit. Ihre Gedanken waren woanders. Niemand schien zu glauben, dass Gefahr in den Schatten lauerte.

Am Rande des Lagers hielt Thorgrim inne und schaute sich um. Für die Männer hier war er noch immer unsichtbar. Er ging weiter zwischen den Zelten hindurch. Auf dem weichen Untergrund waren seine Schritte kaum zu hören. Niemand schlug Alarm. Kein Mensch wusste, dass er hier war.

Thorgrim schlich an dem großen Zelt vorbei, in dessen Innerem die Lampen brannten. Er roch Öl und hörte das leise Schlurfen des Bewohners. Nur ein Mann, mehr nicht.

Thorgrim ging geräuschlos weiter, und am anderen Ende des Lagers kam er zu noch einem Zelt, einem großen, wenn auch nicht so groß wie das helle. Vor diesem standen Wachen nahe der Zeltklappe, und sie sahen deutlich wachsamer aus als die am Rand des Lagers; doch auch sie waren nicht so aufmerksam, dass sie ihn bemerkten.

Thorgrim duckte sich, lauschte und ließ die Gerüche an seiner Nase vorbeiziehen. Er hörte die Geräusche eines einzelnen schlafenden Mannes hinter der Zeltklappe, und er roch die Wachen und den scharfen Geruch ihrer eisernen Speerspitzen.

Dann kam ein weiterer Geruch, und der war Thorgrim so vertraut, dass er erschreckte. Es war der eines Mannes, den er nur allzu gut kannte, und er erfüllte ihn mit einer Vielzahl von Gefühlen: Da war Freude über die Entdeckung, aber auch Angst und Wut. Thorgrim wusste nicht, was das für ein Geruch war oder zu welchem Mann er gehörte, doch er war wichtig; so viel wusste er. Der Wolfstraum, die Reise, auf der er sich befand, all das war in diesem Duft gebündelt.

Eine Zeitlang, eine lange Zeit, blieb er, wo er war, beobachtete und wartete. Er ließ seine Nase die Gerüche der Nacht genauso auseinandernehmen, wie er es mit den anderen getan hatte. Der Geruch von Angst war stark und unverkennbar, doch der Mann in dem Zelt strahlte nichts davon aus. Die Wachposten traten dann und wann von einem Fuß auf den anderen. Stundenlang im Dunkeln zu stehen, ohne dass wirklich Gefahr drohte, ließ sie ermüden.

Dann war Thorgrim fertig. Warum, das wusste er nicht. Er wusste nur, dass er gefunden hatte, was er hatte finden müssen. Langsam wich er zurück, bis das Zelt und die Wachen außer Sicht waren; dann machte er auf dem Absatz kehrt und rannte geräuschlos in die Dunkelheit.

Und dann war er wieder wach. Er lag auf der Seite, die Augen noch immer geschlossen, und ihm wurde bewusst, dass seine Kleidung auf der Seite, auf der er lag, nass, aber warm von seinem eigenen Körper war. Das verstand er, noch bevor er die Augen öffnete, doch er wusste nicht, warum. Der Schlaf drückte ihn noch immer nieder wie ein schwerer Pelz, ein Bärenfell, und es bereitete ihm Mühe, sich davon zu befreien.

Schließlich öffnete Thorgrim die Augen. Er lag im Gras. Die Sonne war gerade aufgegangen, doch dank der dichten Wolkendecke vermochte er nicht zu sagen, wie spät es wirklich war. Thorgrim rappelte sich mit einem Stöhnen auf. Er roch nasses Gras und verbranntes Holz. Vertraute Gerüche. Beruhigende Gerüche.

»Nachtwolf«, sagte jemand hinter ihm.

Thorgrim musste nicht nachsehen, wer das war. »Starri«, sagte er.

»Ein Wolfstraum?«, fragte Starri.

»Ja.«

»Und was haben die Götter dir gezeigt?«

Thorgrim schwieg kurz und rief sich ins Gedächtnis zurück, was er in seinem Traum gesehen, gerochen und geschmeckt hatte, doch es waren nur flüchtige Bilder. Er versuchte, sie zusammenzusetzen.

»Harald«, antwortete er schließlich. Mit einem weiteren Stöhnen reckte er sich, drehte sich um und schaute Starri an, der mit verschränkten Beinen hinter ihm saß. »Die Götter haben mit mir über Harald gesprochen.«

»Was ist mit ihm?«

Wieder dachte Thorgrim kurz nach. »Er ist nicht in der Nähe, aber auch nicht so weit weg. Im Augenblick ist er in Sicherheit. Unverletzt. Aber ich weiß nicht, wie lange das so bleiben wird.«

Starri nickte. »Und, kannst du ihn finden?«

»Ich glaube schon.« Thorgrim schaute an Starri vorbei und zu dem Lager in der Ferne. Rauchfahnen stiegen aus den Feuergruben empor, und Männer bewegten sich langsam durch das Lager. Niemand schien es eilig zu haben, und das verriet Thorgrim, dass es in der Tat noch früh am Morgen war. Im Norden waren die Zelte der irischen Krieger zu sehen, und im Süden kümmerten sich ein paar von ihnen um ein Feuer.

Thorgrim beobachtete, wie das Lager langsam erwachte, doch er sah es nicht wirklich. Seine Gedanken waren woanders, rangen mit anderen Dingen, denn jetzt hatte er ein Problem.

Die Götter hatten ihm offenbar sagen wollen, dass Harald sicher war. Für den Augenblick jedenfalls. Thorgrim hatte schon befürchtet, dass das Erscheinen seiner Männer auf dem Schlachtfeld gestern als Verrat missverstanden worden sei und dass der Ire, der Harald gefangen hielt, beschloss, seine Geisel umzubringen. Offensichtlich hatte er das jedoch nicht getan, aber wenn die Nordmänner tatsächlich in den Kampf zogen, würde er das mit Sicherheit nachholen.

Solange Harald eine Geisel war, konnten sie ihr Versprechen Bécc gegenüber nicht einlösen. Andererseits konnte Thorgrim Bécc jedoch auch nicht sagen, dass diese anderen Iren seinen Sohn hatten, denn wenn er das tat, dann würde Bécc ihm nicht länger vertrauen. Also mussten sie Harald befreien, bevor sie in die Schlacht zogen. Doch der Feind war nahe, und Thorgrim hegte keinerlei Zweifel daran, dass Bécc darauf brannte, gegen ihn ins Feld zu ziehen.

»Ich muss mit Bécc reden«, erklärte Thorgrim, nachdem er eine Entscheidung getroffen hatte.

»Und was willst du ihm sagen?«, verlangte Starri zu wissen.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Thorgrim. Er hatte beschlossen zu reden, doch welche Worte über seine Lippen kommen würden, das wusste er nicht. Aber nach so vielen Jahren und Meilen in feindlichem Gebiet hatte Thorgrim gelernt, dass es manchmal besser war, einfach abzuwarten, was passiert, als schon im Vorfeld alles bis zum Erbrechen zu durchdenken.

Thorgrim ging in Richtung der Iren, und seine Schritte hinterließen eine tiefe Spur im nassen Gras. Er konnte sich kaum daran erinnern, wie er in der Nacht zuvor aus dem Lager getaumelt war, aber er wusste noch, dass er vollkommen verwirrt und verunsichert gewesen war. Diese Gefühle waren jetzt weg. Jetzt war ihm klar, was getan werden musste, und er beabsichtigte auch, es zu tun, egal, was Bécc und dieser andere irische Scheißer wollten.

Die am Feuer versammelten Männer drehten sich um und nickten zum Gruß, als Thorgrim an ihnen vorbeiging. Es hatte schon Gerede im Lager über den Wolfstraum gegeben, dessen war Thorgrim sicher. Die Männer wussten nie, wie sie ihn begrüßen sollten, wenn er einen gehabt hatte, oder ob er nach solch einer Nacht noch immer übel gelaunt war. Das war aber auch egal, denn Thorgrims Geist war nun ruhig, seine Gedanken waren klar.

»Failend!«, rief er, als er die Irin auf der anderen Seite der Männer sah. Sie saß auf einem Baumstumpf und zwang einen Kamm durch ihr langes dunkles Haar. Es war schönes Haar, Thorgrim hatte es schon immer gemocht. »Komm bitte mit.«

Failend nickte, warf sich das Haar über die Schulter und lief ihm hinterher.

»Alles in Ordnung mit dir, Thorgrim?«, fragte sie, und diese Frage war weit tiefgehender, als es die schlichten Worte suggerierten.

»Es geht mir gut«, antwortete Thorgrim. »Und dir?«

»Auch gut«, sagte Failend, und Thorgrim nahm an, dass das auch stimmte. Deutlich hörte er die Erleichterung in ihrer Stimme.

»Ich muss mit Bécc reden«, fuhr Thorgrim fort. Gemeinsam gingen sie durch den irischen Teil des Lagers, und die Augen der keltischen Krieger folgten ihnen. Vor Béccs Zelt stand ein Wachposten, in der Hand einen Speer. Thorgrim und Failend blieben stehen, und Failend sprach mit dem Mann.

»Er sagt, Bécc betet gerade, aber er wird gleich fertig sein«, übersetzte Failend.

»Was heißt ›gleich‹?«, verlangte Thorgrim zu wissen.

»Gleich eben«, übersetzte Failend die Antwort der Wache.

Thorgrim dachte darüber nach, einfach wieder zu gehen und sich Bescheid geben zu lassen, wenn Bécc fertig war. Vor dem Zelt zu stehen und auf die Laune eines anderen zu warten, so etwas hatte er schon seit vielen Jahren nicht mehr gemacht, und er beabsichtigte nicht, jetzt wieder damit anzufangen. So öffnete er den Mund, um Failend genau das zu sagen, doch just in diesem Augenblick öffnete sich die Zeltklappe, und Bécc winkte ihnen reinzukommen.

Sie traten ins Dämmerlicht des Pavillons. Thorgrim erinnerte sich von der Nacht zuvor vage an den Ort, aber er hatte fast keine Erinnerung daran, was hier gesagt worden war. Bécc winkte ihm und Failend, sich zu setzen, und wortlos gab er jedem einen Becher Bier. Dann sprach er.

»Bruder Bécc fragt, ob es dir gut geht und ob deine Männer alles bekommen, was sie brauchen«, übersetzte Failend, und Thorgrim nickte. Soweit er sagen konnte, war tatsächlich alles in Ordnung, und was ihn selbst betraf, so fühlte er sich verjüngt. So war das zwar nicht immer nach einem Wolfstraum, diesmal aber schon.

»Sag Bécc, der Feind liegt gut sieben Meilen östlich von uns. Dort hat er ein Lager«, sagte Thorgrim. Failend übersetzte, und diesmal war es Bécc, der nickte.

Ich bin sicher, das weiß er schon längst, dachte Thorgrim. Er hat mit Sicherheit Kundschafter ausgeschickt. Bécc wäre auch mehr als nur dumm gewesen, hätte er das nicht getan, und Thorgrim hatte nicht den Eindruck, als habe er es mit einem Narren zu tun.

»Frag Bécc, was er vorhat und wann und wie er angreifen will. Marschieren wir bald los?« Das war die entscheidende Frage. Ein Angriff schon an diesem Nachmittag könnte Haralds Tod bedeuten.

Failend stellte die Frage, doch noch während sie sprach, schaute Bécc sie verwirrt an. Das war nicht gerade die Reaktion, mit der Thorgrim gerechnet hatte. Dann sprach der Mönch.

»Bruder Bécc sagt, heute sei Sabbat«, erklärte Failend. Sie benutzte das irische Wort. Offenbar wusste sie nicht, wie sie das auf Nordisch sagen sollte. »Heute wird nicht gekämpft.«

»Was? Was ist das, was du da gerade gesagt hast?«, hakte Thorgrim nach.

»Der Sabbat? Das ist ein heiliger Tag. Bruder Bécc wird heute nicht kämpfen.«

»Eure Götter erlauben es euch nicht, an diesem Tag zu kämpfen?«, fragte Thorgrim verwundert.

»Unser Gott, nicht Götter. Und ja, nachdem Gott die Welt erschaffen hat, da hat er anschließend einen Tag lang geruht. Deshalb arbeiten wir nicht an diesem Tag, und vor allem kämpfen wir nicht«, erklärte Failend.

»Jedes Jahr an diesem Tag arbeitet und kämpft ihr nicht?«, fragte Thorgrim.

»Nicht jedes Jahr, jeden siebten Tag.«

Thorgrim runzelte die Stirn. Das war ihm völlig neu; doch diese Information mochte sich noch als nützlich erweisen. Er nahm allerdings an, dass nicht alle Christen das so streng sahen wie Bécc, sonst hätte er sicher schon davon gehört.

Bécc sprach erneut. »Er sagt, morgen, bei Sonnenaufgang, werden wir aufbrechen und uns dem Feind stellen.«

»Sag ihm, das ist gut«, bat Thorgrim. Und das war es auch. Tatsächlich hätte es nicht besser sein können. Denn jetzt wusste Thorgrim, was er morgen früh tun würde, und wichtiger noch: Jetzt wusste er, was er in dieser Nacht tun würde.