Steh nachts nicht auf, nur wenn du spähst
Und auf Wache stehst.
LODDFAFNIRS LIED
Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Thorgrim wach genug war, um zu erkennen, dass ihn da jemand anstupste. Er öffnete die Augen. Finsternis umfing ihn, und das hieß, dass es noch mitten in der Nacht war.
»Hör auf damit«, knurrte er, ohne zu wissen, wen er ansprach, doch das Stupsen hörte tatsächlich auf.
Thorgrim setzte sich auf und schlug das Fell zur Seite, mit dem er sich zugedeckt hatte. Failend lag links von ihm. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, und jetzt zuckte sie mit den Schultern, als ihr die warme Decke genommen wurde. Sie war vollständig angezogen, wie Thorgrim zufrieden sah.
Er schaute nach rechts und verzog das Gesicht. Eine Gestalt kniete neben ihm, und im schwachen Licht der heruntergebrannten Lagerfeuer erkannte er Louis de Roumois.
Thorgrim hatte nicht die geringste Ahnung, wie spät es war. Als er und Failend nach dem langen Marsch und dem erfolglosen Rettungsversuch sich auf ihre Felle hatten fallen lassen, war es noch Tag gewesen. War die Sonne nun gerade erst untergegangen, oder würde sie schon bald wieder aufgehen? Hatte er die Nacht durchgeschlafen?
In jedem Fall war Thorgrim wach genug, um sich daran zu erinnern, dass es sinnlos war, Louis etwas direkt zu fragen. Also drehte er sich zu Failend um und schüttelte sie. Ihre Schulter fühlte sich geradezu winzig in seinen großen, schwieligen Händen an. Die Irin stöhnte widerwillig und rollte sich herum. Dann öffnete sie die Augen und richtete sich auf den Ellbogen auf. Sie schaute an Thorgrim vorbei zu Louis. Thorgrim versuchte, ihren Gesichtsausdruck zu deuten, doch dafür war es zu dunkel.
Failend sagte ein paar Worte, und Louis antwortete. Dann drehte Failend sich wieder zu Thorgrim um.
»Louis sagt, er fürchtet, dass sich Verrat zusammengebraut hat, während du schliefst.«
Thorgrim verzog das Gesicht noch mehr. Er setzte sich weiter auf und rückte ein Stück zurück, damit er beide zugleich sehen konnte. »Was für ein Verrat?«, fragte er.
Thorgrim wartete, während Failend und Louis sich unterhielten. Dann wechselte Failend von ihrer irischen Muttersprache ins Nordische. »Louis sagt, er habe Béccs Lager beobachtet. Er meint, kurz nachdem du mit Bécc gesprochen hättest, sei der weggeritten. Einer seiner Männer hat Louis erzählt, Bécc habe zum Abt gewollt, zu Columb.«
Thorgrim nickte. Das war ganz normal. So wie Thorgrim das verstanden hatte, war der Abt Béccs Herr. Columb traf die Entscheidungen, und Bécc wollte wissen, was sein Herr wünschte.
»Als Bécc wieder zurückgekommen ist, war es bereits dunkel«, fuhr Failend fort. »Dann, viel später, wurde Airtre in Béccs Zelt gebracht. Er ist eine Zeitlang dortgeblieben. Worüber sie gesprochen haben, weiß Louis natürlich nicht, doch als Airtre wieder herausgekommen ist, wirkte er nicht gerade niedergeschlagen.«
»Und was schließt Louis daraus?«, hakte Thorgrim nach.
Erneut unterhielten sich Failend und der Franke. »Louis sagt, Airtres Gesichtsausdruck und Gang nach zu urteilen und aufgrund der Tatsache, dass er nicht allzu streng bewacht wurde, nimmt er an, dass sie freundlicher miteinander gesprochen haben, als es angebracht gewesen wäre. Und das macht ihn misstrauisch.«
»Ja«, sagte Thorgrim, »das sollte es auch.«
Louis sprach erneut. Failend hörte zu und übersetzte dann: »Er sagt, nicht lange, nachdem Airtre Béccs Zelt verlassen hat, seien Reiter ausgeschickt worden. Heimlich. Louis hat jedoch nicht genau gesehen, in welche Richtung sie geritten sind.«
»Das könnten Kundschafter sein«, sagte Thorgrim. »Da der Feind in der Nähe ist und es vermutlich schon bald zum Kampf kommen wird, ergibt das durchaus Sinn.«
Louis sprach. Failend übersetzte. »Louis stimmt dir zu, dass es in der Tat Kundschafter gewesen sein könnten«, sagte Failend; aber der Ausdruck auf Louis’ Gesicht verriet, dass er nicht wirklich daran glaubte. Und Thorgrim dachte genauso.
»Das ist eine interessante Geschichte, die Louis da erzählt«, bemerkte Thorgrim. So interessant wie ärgerlich. Bécc sprach unter vier Augen mit Airtre. Hatten die beiden dabei einen Handel abgeschlossen? Wenn sie sich wirklich verschworen hatten, dann erklärte das zumindest, warum Bécc nicht allzu glücklich darüber gewesen war, dass Thorgrim Airtre gefangen genommen hatte.
Doch Thorgrim war auch noch aus einem anderen Grund verärgert. Er selbst war nach dem Befreiungsversuch derart erschöpft gewesen, dass er sofort eingeschlafen war, doch Louis, der genauso weit marschiert war und genauso viel gekämpft hatte, war hellwach geblieben. Und jetzt würde seine Entdeckung sie vielleicht noch alle retten.
Louis ist halb so alt wie ich, dachte Thorgrim, doch auch dieser Gedanke sorgte nicht dafür, dass er sich besser fühlte. Tatsächlich fühlte er sich sogar noch schlechter, und er fragte sich, ob Failend dieser Unterschied wohl auch auffiel.
Thorgrim schaute vom einen zum anderen. »Ihr zwei kennt die Iren besser als ich«, sagte er. »Was denkt ihr? Was führen die im Schilde?«
Wieder plapperten Failend und Louis miteinander, und als sie fertig waren, drehte Failend sich zu Thorgrim um. »Louis glaubt, dass Bécc und Airtre sich verständigt haben. Er denkt, dass Bécc zu jener Art von Männern gehört, die nicht mit Heiden gegen Christen kämpfen wollen, egal was der Abt auch sagt. Und ich stimme ihm zu.«
Thorgrim nickte. Bécc war noch nie sehr kooperativ gewesen, doch bis jetzt hatte Thorgrim das immer auf seine kriegerische Natur zurückgeführt. Schließlich hatte Thorgrim schon viele Krieger kennengelernt, die nicht so gut mit anderen konnten. Er selbst war ja auch nicht gerade als jovial bekannt.Aber vielleicht steckte auch etwas anderes dahinter.
»Und wie sollen wir herausfinden, ob wir verraten worden sind?«, fragte Thorgrim. Failend leitete die Frage an Louis weiter. Der zuckte mit den Schultern, bevor er antwortete.
»Louis sagt, wenn Béccs und Airtres Männer gemeinsam ihre Speere nach uns werfen, wissen wir es.«
Eigentlich hätte solch eine unverschämte Antwort Thorgrim weiter verärgern müssen, doch er wusste genau, was Louis damit meinte. Wenn Bécc sie verraten wollte, dann würde er das geschickt anstellen. Dieser Mann war kein Narr. Er würde sicherstellen, dass die Nordmänner es nicht kommen sahen.
»Sag Louis, dass ich ihm danke«, sagte Thorgrim. »Sag ihm, wir werden die Augen offen halten. Und sag ihm, er soll was schlafen.«
Failend übersetzte. Louis nickte, stand auf und ging davon. Thorgrim drehte sich zu Failend um.
»Der Franke … Louis … Er ist ein Rätsel für mich«, sagte er.
»Ja«, erwiderte Failend in abwehrendem Ton.
»Warum tut er das? Warum hilft er mir? Vor noch gar nicht allzu langer Zeit wollten wir beide uns noch gegenseitig die Köpfe einschlagen.«
»Woher soll ich Louis’ Herz kennen?«, antwortete Failend. Thorgrim erwiderte nichts darauf, sondern schaute ihr einfach in die Augen. Sie wussten beide, warum Thorgrim glaubte, dass sie Louis’ Herz kannte. »Bist du eifersüchtig?«, fragte Failend schließlich.
»Ich will einfach nur wissen, ob ich ihm vertrauen kann«, sagte Thorgrim.
»Mit mir oder in der Schlacht?«
»Mit beidem«, antwortete Thorgrim. »Wenn ich einem Mann nicht mit beidem trauen kann, kann ich ihn nicht gebrauchen.«
Thorgrim hatte so eine Vorstellung davon, was Failend ihm wirklich sagen wollte. Sie wollte ihm sagen, dass er Angst vor einem Rivalen um ihre Gunst hatte, dass sie und Louis die alte Leidenschaft wieder aufflammen lassen könnten, dass er es nicht ertragen könnte, wenn etwas zwischen sie kommen würde.
Thorgrim wusste, dass sie ihm all das sagen wollte, doch sie konnte nicht.
Es war nicht so, als hätte er keine Gefühle für sie. Er mochte sie wirklich sehr. Vielleicht liebte er sie sogar. Er würde trauern, sollte ihr etwas geschehen, und das tat er nicht oft. Aber er war schon viel zu viele Meilen gewandert, hatte in all den Jahren viel zu viel ertragen, als dass er jetzt den eifersüchtigen Liebhaber hätte spielen können, und er glaubte, dass Failend das verstand. Zumindest hoffte er es.
Failend seufzte resigniert. »Ich kenne Louis’ Herz nicht«, sagte sie, »aber ich habe eine Vorstellung davon. Durch das, was ich weiß, und durch das, was er sagt. Im Frankenreich war er ein Krieger, der gegen die Nordmänner gekämpft hat, die dort auf Plünderfahrt gekommen sind. Er hat sie gehasst. Und dann ist er von seinem Bruder verraten und gegen seinen Willen nach Irland geschickt worden. Er hat die Iren nicht geliebt, aber wenigstens waren sie Christen. Und dann haben sie sich gegen ihn gewandt und wollten ihn für ein Verbrechen hängen, das er nicht begangen hat. Und schließlich haben auch noch Brunhard und seine Friesen versucht, ihn zu töten.«
»Er scheint Schwierigkeiten zu haben, Freunde zu finden«, bemerkte Thorgrim.
»Oh, ja. Ich weiß nicht, warum. In jedem Fall ist er fertig mit der Welt. Iren, Nordmänner, Friesen … Ich glaube, er hasst sie alle. Er will einfach nur nach Hause und sich an seinem Bruder rächen. Und …« Failend hielt inne und überdachte ihre nächsten Worte genau.
»Und ich glaube, er mag Harald«, fuhr sie fort. »Seit sie zusammen gekämpft haben und dir zu Hilfe gekommen sind. Natürlich ist Harald auch der einzige Nordmann, mit dem er je gesprochen hat. Aber ich glaube, er mag ihn wirklich, und das ist auch der Grund, warum er tut, was er tut. In jedem Fall war das der Grund, weshalb er uns begleitet hat, als wir Harald befreien wollten.«
Thorgrim hatte sich schon gefragt, warum Louis sich für den harten Marsch freiwillig gemeldet hatte. Langsam änderte sich seine Sicht auf den Franken. Er verfluchte sich selbst dafür, dass so eine Kleinigkeit seine Meinung änderte, aber er konnte nicht anders. Er konnte schlicht niemanden hassen, der mit seinem Sohn befreundet war und sein Leben riskiert hatte, um Harald wieder zurückzubringen.
»Nun gut«, sagte Thorgrim. »Wenn du Louis vertraust, dann werde ich das auch tun.« Er warf das Fell beiseite, unter dem sie geschlafen hatten. Im Osten wurde der Himmel allmählich grau.
Thorgrim stand auf und reckte sich. »Dann lass uns mal sehen, welch neue Schrecken dieser Tag bringt.«
Sosehr er sich eine Antwort auf diese Frage auch wünschte, offenbar bekam er keine. Thorgrims Männer wachten langsam auf und wuschen sich die Gesichter. Die Iren schienen es nicht sonderlich eilig zu haben; also beeilten sich auch die Nordmänner nicht. Sie schürten die Feuer, machten Frühstück und aßen, während die irischen Krieger es ihnen gleichtaten.
»So, Nachtwolf«, sagte Starri und setzte sich neben Thorgrim, ein paar Fuß vom Feuer entfernt und mit einem Teller in der Hand. »Der Feind ist in der Nähe. Greifen wir heute an? Sie haben mit Sicherheit nicht gut geschlafen.«
»Ich bin nicht sicher«, antwortete Thorgrim. »Das ist Béccs Entscheidung, nicht meine. Wir sind hier, um Ferns zu verteidigen, solange sie unser Tuch weben.«
»Ha!«, rief Starri. »Ich glaube, deine Männer werden allmählich unruhig. Wenn sie nicht bald etwas zu tun bekommen, plündern sie Ferns vielleicht einfach so. Soll Loki doch das Tuch holen.«
»Die Männer werden tun, was ich ihnen sage«, erklärte Thorgrim und konnte nur hoffen, dass das auch stimmte.
Natürlich stimmt das, beruhigte er sich. Er schaute sich im Lager um. Seine Männer waren gelangweilt – daran bestand kein Zweifel –, aber sie waren noch weit davon entfernt, dass diese Langeweile in Gewalt umschlug und ihre Treue infrage stand. Thorgrim hatte derartige Ausbrüche schon gesehen, wenn die Winter in Vík-Ló lang und hart gewesen waren, doch er glaubte nicht, dass so etwas auch hier passieren würde.
Bevor es so weit ist, wird Bécc versuchen, uns allen die Kehlen durchzuschneiden, dachte Thorgrim.
Das Frühstück war vorbei, und die Männer machten sich daran, die Waffen zu schärfen. Thorgrim beschloss, dass es nun an der Zeit war nachzusehen, was los war. Doch bevor er auch nur Gelegenheit hatte, nach Failend zu rufen, damit sie ihn zu Béccs Zelt begleitete, kam einer von dessen Männern und verneigte sich formell vor Thorgrim.
»Failend!«, rief Thorgrim. »Bitte, komm her, und sag mir, was dieser irische Hurensohn von mir will.«
Failend hörte sich Béccs Mann an. »Er sagt, Bruder Bécc möchte dich in seinem Zelt sprechen.«
»Und müssen wir wieder warten, bis er seine Gebete beendet hat?«, fragte Thorgrim. Failend gab die Frage weiter.
»Er sagt, Bruder Bécc habe seine Gebete beendet.«
Thorgrim nickte. »Ich glaube, ich werde Louis den Franken bitten, mich zu begleiten«, sagte er zu Failend. »Zwei Leute, die Bécc verstehen können, sind wohl besser als einer. Oder gibt es einen Grund, warum ich das nicht tun sollte?«
Failend zuckte mit den Schultern. »Was immer du willst«, antwortete sie zweideutig, doch Thorgrim hatte nicht die Geduld, die wahre Bedeutung dieser Antwort zu deuten. Er rief nach Louis, und zu dritt folgten sie Béccs Mann zu dem großen Zelt.
Wie sich herausstellte, war Bécc jedoch nicht im Inneren, sondern saß an einem Tisch davor. Mehrere Stühle warteten dort auf sie, und Thorgrim war froh, dass sie nicht wieder in den düsteren, stickigen Pavillon mussten. Bécc winkte ihnen allen, sich zu setzen. Dann rief er jemandem hinter Thorgrims Rücken etwas zu, und einen Augenblick später kamen Becher mit Bier. Und der Kriegermönch begann.
»Bruder Bécc sagt, der Feind sei ungefähr acht Meilen entfernt, und er scheint heute nicht kämpfen zu wollen. Aber morgen früh könnte er marschieren.«
»Und woher weiß Bécc das?«, fragte Thorgrim.
»Bruder Bécc sagt, er habe Kundschafter im Land«, übersetzte Failend Béccs Worte, »und es ist ihm gelungen, ein paar Informationen aus dem Gefangenen herauszubekommen.«
»Ich verstehe«, sagte Thorgrim. »Und was hat er sonst noch von dem Gefangenen erfahren? Von meinem Gefangenen?«
Thorgrim wartete auf Béccs Antwort beziehungsweise Failends Übersetzung. »Er sagt, er weiß, dass der Feind ungefähr hundert Mann stark ist. Damit hat er genauso viele Männer wie wir, doch viele sind keine Krieger.«
»Da ihr Anführer ein Gefangener ist, warum wollen sie dann noch kämpfen?«, hakte Thorgrim nach. »Da sollte man doch glauben, sie würden einfach wieder auf ihre Höfe gehen.«
»Bruder Bécc sagt, dass der Stellvertreter, ein Mann mit Namen Tipraite, ausgesprochen ehrgeizig sei«, gab Failend Béccs Antwort weiter. »Bruder Bécc sagt, Tipraite wird nicht einfach aufhören, nur weil Airtre in Gefangenschaft geraten ist. Tatsächlich glaubt Bécc, dass Tipraite direkt gegen Ferns marschieren wird in der Hoffnung, dass wir Airtre töten und er allen Ruhm und die Beute für sich behalten kann.«
Thorgrim nickte. »Morgen also, ja?«, sagte er. »Ist das wieder so ein heiliger Tag, der von uns verlangt, im Lager zu bleiben?«
Failend funkelte ihn verärgert an. Thorgrim ignorierte sie. Sie nutzte jede Gelegenheit, »Bruder Bécc« zu sagen, denn sie wusste, dass ihn das fuchste. Nun ärgerte sie sich, weil er es ihr mit gleicher Münze heimzahlte. Sie übersetzte die Frage. Bécc schaute verwirrt drein und antwortete.
»Bruder Bécc sagt, morgen sei das Fest des Heiligen Athanasius, aber das wird uns nicht davon abhalten, in die Schlacht zu ziehen.«
»Das freut mich zu hören«, sagte Thorgrim. »Frag Bécc, was er plant. Will er die Iren … Den Feind, meine ich … Ich weiß, dass sie alle Iren sind. Wird er sie zu uns kommen lassen, oder sollen wir ihnen entgegenziehen?«
Failend und Bécc unterhielten sich. »Bruder Bécc sagt, er will nicht, dass Tipraite auch nur einen Schritt näher an Ferns herankommt. Er sagt, wir werden bei Sonnenaufgang marschieren in der Hoffnung, sie zu überraschen. Wenn er dann das Schlachtfeld sieht, wird er schon wissen, wie er seine und unsere Männer aufstellen muss.«
»Nun gut«, sagte Thorgrim. »Das hört sich doch vernünftig an.« Und das tat es wirklich. Das galt schließlich für jede gute Lüge.
Sie besprachen noch ein paar weitere Angelegenheiten: die Summe und die Qualität des Proviants, den Thorgrims Männer bekommen sollten, die Qualität der Krieger unter Béccs Befehl und die jener, die Tipraite führte. Und sie redeten auch über den Fortschritt der Weber von Ferns. Allerdings behauptete Bécc, von solchen Dingen keine Ahnung zu haben.
Kurz darauf verabschiedeten sie sich voneinander, und Thorgrim, Failend und Louis de Roumois kehrten langsam ins Lager der Nordmänner zurück. Schweigend gingen sie nebeneinander her und blieben schließlich vor einer Feuergrube stehen.
»Was denkst du über das, was Bécc gesagt hat?«, fragte Thorgrim Failend.
»Ich denke, er hat ehrlich geklungen«, antwortete Failend. »Den Feind so weit weg wie möglich vom Kloster fernzuhalten, ergibt durchaus Sinn für mich. Nicht, dass ich mich mit solchen Dingen auskenne. Aber ich weiß nicht, ob wir ihm trauen können.«
Thorgrim dachte darüber nach. Failend hatte in jedem Punkt recht.
»Frag Louis, was er von Béccs Worten hält«, bat Thorgrim, und Failend fragte nach. Wie er erwartet hatte, zuckte der Franke erst einmal mit den Schultern, bevor er antwortete.
»Er sagt, er glaubt, Bécc sei vermutlich ein guter Krieger«, übersetzte Failend. »Und er sagt, als guter Krieger kümmere ihn vor allem der Schutz von Ferns. Er wird sich gegen den wenden, den er für die größte Bedrohung hält. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass die gottlosen Heiden die größte Bedrohung sind, egal auf welcher Seite sie angeblich kämpfen.«
Thorgrim hörte aufmerksam zu und dachte wieder nach. Auch Louis hatte vermutlich recht.
Oder sie irrten sich alle. Vielleicht verließ Bécc sich ja tatsächlich auf Thorgrim und seine Männer, um diese Heerschar auf ihrem Weg nach Ferns zu besiegen. Aber wie dem auch sei … Schon bald würden sie gegen einen Feind in die Schlacht ziehen, der sie vernichten wollte. Das Problem war nur, dass sie noch immer nicht wussten, wer dieser Feind sein würde.