Die Toilettenkabine ist so klein, dass Tyler und ich praktisch aufeinandersitzen. Meine Füße liegen auf seinem Schoß, und er massiert sie sanft, auf seinem Gesicht liegt immer noch ein benommenes Lächeln.
»Es ist so schwer, es geheim zu halten«, gebe ich zu und presse dann die Lippen fest zusammen, weil ich fürchte, dass mich eine neue Woge Übelkeit überkommt.
Ich bin erst in der neunten Woche, und wir haben entschieden, dass wir bis zur zwölften warten, um diese aufregende Nachricht mit allen zu teilen. Wir wollen das zweite Bruce-Baby nächsten Monat bei Tylers dreißigstem Geburtstag verkünden, wenn wir diesen zusammen mit unserer Familie und Freunde feiern. Bis dahin wird es immer schwieriger werden, mich unauffällig zu verhalten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Rachael und Ella die Augenbrauen hochgezogen haben, als ich den Champagner nicht anrühren wollte.
»Denk nur daran, wie sehr sich alle freuen werden. Erinnerst du dich, wie wir ihnen von Jaxson erzählt haben?«, fragt Tyler mit schiefgelegtem Kopf. Behutsam nimmt er meine Hand, verstummt und betrachtet schweigend die Ringe an meinem Finger. Er berührt meinen Verlobungsring und dreht an meinem Ehering. Dann sieht er auf. »Ich kann nicht fassen, was wir für ein Glück haben.«
»Das haben wir wirklich«, sage ich leise, und ein Lächeln hellt mein Gesicht auf, als ich meinen geliebten Mann ansehe.
Die Geschichte unserer Beziehung war alles andere als konventionell. Bis heute kann ich kaum glauben, dass wir wirklich zusammen sind. Und nicht nur zusammen: Wir sind verheiratet und haben einen wundervollen Sohn, und ein zweites Kind ist unterwegs.
Ich erinnere mich noch an das aufregende Gefühl, als ich mit neunzehn nach Portland abgehauen bin, um es richtig mit Tyler zu versuchen, obwohl mein Vater ihm gegenüber so feindselig war und es schien, als wäre die ganze Welt gegen uns. Ich wünschte mir so sehr, dass unsere Beziehung im echten Leben funktionierte. Ein paar Jahre lang lebten wir zusammen in Tylers Apartment, während er sein Jugendzentrum leitete und ich an der Portland State meinen Bachelor in Psychologie machte. Hin und wieder flogen wir heim nach Santa Monica, und unsere Eltern besuchten uns ein paar Mal in Portland, aber es dauerte lange, bis mein Vater akzeptieren konnte, dass Tyler und ich zusammen sein wollten. Doch irgendwie haben wir ihn überzeugt; ich möchte gern glauben, dass er nachgegeben hat, als er sah, wie glücklich wir miteinander sind und dass wir das Beste aus unserem Leben machen. Unsere Bindung war so stark, dass Tyler mich sogar unterstützte, als ich für zwei weitere Jahre an die Portland State ging, um meinen Master in Sozialer Arbeit zu machen, bevor er mich, als Geschenk zu meinem Abschluss, nach New York entführte.
Auf dieser Reise machte er mir den Antrag: auf dem Schlagmal eines Baseballfelds mitten im Central Park. Es macht mich immer noch verlegen, wie bereitwillig ich mir diesen diamantenbesetzten Verlobungsring an den Finger gesteckt habe. Ich habe keine Sekunde lang darüber nachgedacht.
Ein paar Monate später zogen wir wieder nach Hause. Es war keine leichte Entscheidung, aber wir wussten, dass es vernünftig war. Für mich gab es in LA mehr berufliche Möglichkeiten und für Tyler ebenfalls – die Firma seines Vaters expandierte, und hier in Santa Monica wartete eine Stelle auf ihn. Die Arbeit mit den Jugendlichen fehlt ihm manchmal, das spüre ich, aber er wusste, dass es Zeit war, sich einen besser bezahlten Beruf zu suchen. Wir waren uns beide sicher, dass wir bald Kinder haben wollten, und sowohl meine als auch Tylers Eltern wohnen hier. Die Vorstellung, die Großeltern als Babysitter zu haben, war ein wichtiger Faktor bei unserer Entscheidung.
Wir heirateten am Strand. Es war eine kleine private Feier im engsten Familien- und Freundeskreis, und direkt im Anschluss flogen wir nach St. Lucia in die Flitterwochen. Es war perfekter, als ich es mir je hätte erträumen können.
Als wir braungebrannt und glückselig zurückkamen, begannen wir unser neues Leben als junges Ehepaar. Tyler arbeitete weiter für seinen Vater, und ich stürzte mich in meinen Job als Sozialarbeiterin für jugendliche Straftäter in der nächsten Jugendstrafanstalt – die Arbeit ist richtig hart, aber sie gibt einem auch so viel –, und dann, zwei Jahre später, wurde ich mit Jaxson schwanger. Es war keine Überraschung, wir hatten es seit Monaten versucht, und am Abend, als wir es herausfanden, haben wir in der Küche beide vor Freude geweint.
Dieselbe Geschichte spielte sich vor fünf Wochen ab, als ich entdeckte, dass ich wieder schwanger bin. Tyler ist seitdem überglücklich und kann sich sein albernes Grinsen nicht aus dem Gesicht wischen, wenn mir übel wird. Ich könnte ihn dafür umbringen, aber vielleicht sprechen da auch nur die Hormone aus mir.
»Ich hab eine Idee«, sagt Tyler, der noch immer meine Ringe berührt. »Wir stehen irgendwie die nächsten paar Stunden durch. Wenn dir noch mal jemand Champagner gibt, reich ihn direkt an mich weiter, ich kümmer mich schon drum. Dann verschwinden wir von hier und gehen mit Jaxson runter zum Pier. Worauf hast du gerade Heißhunger?«
Ich denke kurz nach, dann werde ich rot. »Eis. Tonnenweise.«
»Also gut, dann besorgen wir dir tonnenweise Eis.« Tyler steht vom Boden auf, fasst mich an beiden Händen und zieht mich behutsam auf die Füße. Wir stehen ganz dicht voreinander. Widerwillig steige ich wieder in meine Schuhe. »Ach so, hier«, sagt Tyler. »Das wäre vielleicht eine gute Idee.« Er zieht ein Päckchen Kaugummi aus der Hosentasche und drückt es mir in die Hand.
Ich verdrehe die Augen, bin ihm aber dankbar. Dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen und küsse ihn auf die Wange. Er legt die Hand an mein Gesicht und streicht mir mit dem Daumen über die Wange. Sein Lächeln ist so echt, und seine grünen Augen funkeln noch genauso berauschend wie damals, als wir Teenager waren und bis über beide Ohren ineinander verliebt. Sie haben sich in den letzten zehn Jahren kein bisschen verändert. Er drückt seine Lippen auf meine Stirn, dann nimmt er mich an der Hand und führt mich zurück in die Bar.
Als wir wieder an unserem Tisch ankommen, zwinkert Rachael mir zu und fragt: »Na, wozu habt ihr zwei euch aufs Klo geschlichen?« Ihr Tonfall ist neckend und zweideutig.
Mein Dad räuspert sich, wendet den Blick ab und tut so, als hätte er nichts gehört, und Ella ist zu sehr damit beschäftigt, Jaxson im Auge zu behalten, der auf seine Kleinkindart zur Musik tanzt. Jamie sitzt jetzt ebenfalls mit am Tisch und schüttet mit finsterer Miene Bier in sich hinein, als wären Familienfeiern eine lästige Pflicht für ihn.
»Ich hab wohl vorhin was Komisches gegessen«, lüge ich, als Tyler mir einen Stuhl zurechtrückt. Wir setzen uns zusammen hin, und aus Gewohnheit lege ich sofort die Hand auf sein Bein; ich mag diese Vergewisserung, dass er in der Nähe ist.
»Mama.« Jaxson kommt zu uns getapst und zupft an meinem Kleid. Er presst die Hände aneinander und streckt sie nach mir aus. Ich hebe ihn hoch, und er kuschelt sich an meine Brust, erschöpft von der Aufregung der Party. Ich bette mein Kinn auf sein dichtes Haar.
Für einen Moment schließe ich die Augen und atme den Duft meines süßen kleinen Jungen, bade in seiner Wärme und halte ihn fest im Arm. Als ich sie wieder öffne, begegne ich Tylers Blick. Er sieht mich an, voller Bewunderung, und es fühlt sich so gut an. Er kann das Lächeln auf seinen Lippen und den Stolz in seinen Augen einfach nicht unterdrücken.
Meine wundervollen Jungs, denke ich, und mir geht das Herz auf vor so viel Liebe.