Nikkie
Die Vorstellung, die Höhle zu verlassen, macht mir Angst. Doch es ist höchste Zeit, nach Hause zu gehen: Gestern sind wir vor Tagesanbruch losgegangen und nach unseren Schätzungen dürfte es schon bald Mittag sein. Aber wie wird das Rudel reagieren, wenn es erfährt, dass die Hexe, die Cara gegen ihren Willen ‚wiederbelebt‘ hat, von jetzt an eine von ihnen ist? Den ganzen Weg über versucht Tyee mich mit ironischen Bemerkungen und zynischen Scherzen zu beruhigen.
Und ich gebe zu, dass das Wirkung zeigt.
„Sie haben schon ganz andere Dinge gesehen“, bekräftigt er, dann fügt er schelmisch hinzu: „Ich denke, wir haben viel größere Probleme ...“
„Und die wären?“, frage ich nach und versuche, tief durchzuatmen.
„Zunächst einmal die Uni. Weder du noch ich sind in den letzten Tagen besonders präsent und fleißig gewesen“, fügt er mit einem Augenzwinkern an.
Ach! Das ...
Eine Studentin wird wohl kaum der Uni verwiesen werden, nur, weil sie mal eine Woche lang geschwänzt hat. Ein Professor hingegen ...
„Was wirst du ihnen sagen? Der Verwaltung?“, frage ich mit Schuldgefühlen.
„Die Wahrheit“, scherzt er. „Dass ich deiner Spur bis nach Tijuana gefolgt bin, um dir zu sagen, dass ich dich liebe, um mit dir zusammen gegen all unsere bösen Geister zu kämpfen und dir dann dabei zuzusehen, wie du dich in einer geheimnisvollen Höhle in ein Tier verwandelst. Der Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät wird sicher begeistert sein.“
„Mit etwas Glück“, fahre ich in demselben scherzhaften Tonfall fort, „wird ihn an der ganzen Sache nur eines stören, nämlich, dass du eine Liebesbeziehung mit einer Studentin hast: Der Mann ist furchtbar prüde.“
„Ich denke, er wird mir verzeihen: Schließlich ist allseits bekannt, dass du die schönsten Beine der ganzen Uni hast. Und die besten Noten. Welcher Mann könnte dieser Kombination wiederstehen?“
„Hmm, wenn ich so darüber nachdenke, dann ist es wohl besser, du behältst das, was in dieser Woche passiert ist, für dich und täuschst eine richtig fette Grippe vor, mit Fieber und obendrein noch Wahnvorstellungen.“
„Ja, du hast Recht“, sagt er und lächelt geheimnisvoll. „Es wird sich schon eine Gelegenheit finden, um unsere Situation zu klären ... Na gut, Schluss mit lustig“, fügt er plötzlich hinzu. „Bist du bereit, deine neue Familie kennenzulernen?“
Ich halte an und stelle verblüfft fest, dass wir, während wir versucht haben, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen, an dem Haus am Wasserfall angekommen sind.
Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit.
Nervös gehe ich bis zur Türschwelle, doch ich komme gar nicht dazu, anzuklopfen: Die Tür geht weit auf und da steht Fiona, die mich in ihre Arme nimmt und mich so fest an sich drückt, dass ich beinahe ersticke.
„Verflucht, ihr habt euch aber Zeit gelassen! Seit heute Morgen hält es niemanden in diesem Irrenhaus mehr auf seinem Platz ...“
Als Fiona ihre Umarmung lockert, sehe ich, dass sich alle Wölfe in den Eingang drängen. Sie blicken freundlich drein und sehen mich an, als hätten sie mich noch nie zuvor gesehen.
„Wir haben gespürt, wie du dich mit uns in Verbindung gesetzt hast“, erklärt mir Fiona, als sie meinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkt. „Ich denke, ich spreche im Namen aller, wenn ich sage, dass wir wirklich glücklich sind, dich am Leben zu wissen. Erstaunt, aber glücklich. Ich muss zugeben, dass wir gestern, als Rufus zurück war, die Hoffnung schon aufgegeben hatten ...“
„Ich nicht“, bekräftigt Naomi und taucht aus dem Nichts auf, um mir um den Hals zu fallen und mir ins Ohr zu flüstern: „Aber trotzdem hatte ich noch nie eine solche Heidenangst! Außerdem habe ich während deiner Verwandlung gespürt, wie du aus dem Coven verschwunden bist. Das war schrecklich! Zum Glück hat das Rudel mir Bescheid gegeben, dass du nur das Team gewechselt hast!“
Einen Moment lang schließe ich meine Freundin fest in die Arme. Sie spielt zwar sonst immer die Starke, aber ich spüre, dass sie leicht zittert und dass sie Trost braucht.
Einer nach dem anderen treten dann auch die Wölfe an mich heran. Einige kenne ich schon gut, andere stellen sich offiziell vor: Hadrien, Jonas, David, Krissie, Calliope, Nathan, Farah, Aaron ... Alle danken sie mir dafür, dass ich Declan enttarnt habe und dass ich Tyee dazu gebracht habe, gegen ihn zu kämpfen. Anschließend heißen sie mich in ihrem Rudel willkommen. Sie erzählen mir ununterbrochen, was mir alles in der nächsten Zeit bevorsteht, versprechen mir, dass sie mir helfen und mich unterstützen werden. Ich danke ihnen, während ich, wie benommen, Tyees Blick suche.
Merkwürdig, er ist nirgends zu sehen.
Es muss schwer für ihn sein, Declans Namen zu hören, wahrscheinlich hat er sich lieber davongemacht. Schließlich haben die anderen zwar ihren Anführer verloren, aber er, er hat einen Bruder verloren. In so einer Situation ist es schwer, seine Gefühle zu ordnen, beziehungsweise zu verarbeiten, dass der Mörder und Verräter dieselbe Person sind wie der langjährige Vertraute. Sein Verstand wird eine Weile brauchen, um das zu akzeptieren. Aber ich werde für ihn da sein.
Und genauso das Rudel. Wir alle werden für ihn da sein.
Am Ende taucht Tyee wie von Zauberhand wieder auf, stützt sich am Türrahmen ab und wendet sich an sein Rudel – Verzeihung, an unser Rudel.
„Was haltet ihr davon, Nikkie einen Vorgeschmack auf das Leben als Wolf zu geben?“, schlägt er vor und scheint dabei Hintergedanken zu haben.
In dem Rudel macht sich ein amüsiertes Gemurmel breit, während Tyee mit seinem geschmeidigen, eleganten Gang auf mich zu kommt. Er lässt mich eine Drehung vollführen und nimmt mich dann in seine Arme. An meinem Rücken spüre ich seine kräftigen Brustmuskeln. In meinem Nacken flüstert er:
„Mit welcher Geschwindigkeit weht der Wind?“
„9 km/h“, antworte ich nach kurzem Überlegen, ohne wirklich zu wissen, woher ich das weiß.
„Und aus welcher Richtung kommt er?“
„Aus Südost“, erwidere ich prompt.
„Willst du sehen, wie eng du mit deiner Umgebung verbunden bist?“, fragt mich Tyee.
„Ja, unbedingt“, erwidere ich und halte den Atem an.
Was haben sie mit mir vor? Ich weiß es nicht, aber ich brenne darauf, es herauszufinden. Bei dieser Aussicht sind ihre Ungeduld und ihre Freude noch mehr zu spüren.
„Du kannst dich zwar noch nicht verwandeln, aber das heißt nicht, dass nicht schon die Kraft eines Wolfes in dir steckt. Deine Sinne sind geschärft, deine Fähigkeiten sind um ein Vielfaches gesteigert, und, falls du dich verletzt, wirst du praktisch sofort wieder geheilt sein. Und außerdem bist du schnell“, fügt Tyee hinzu. „Sehr viel schneller als vorher. Mir nach!“, ruft er und stürzt los in Richtung Wald.
Ohne nachzudenken laufe ich ihm hinterher. Der Rest des Rudels lacht, bellt, heult in unserem Rücken. Ich drehe mich um und sehe sie an: Sie sind dabei, sich auszuziehen.
Gleich verwandeln sie sich.
Tatsächlich nimmt der Großteil des Clans in animalischer Gestalt unsere Verfolgung auf. Als ich mich wieder zu Tyee umdrehe, stelle ich fest, dass er schneller geworden ist. Ich lächele und tue es ihm gleich. Der Wind peitscht mir ins Gesicht. Das Unterholz riecht gut, eine Mischung aus Moos, Humus, Regen auf trockener Erde, Blütenstaub und Farn. Als wir an ihnen vorbeirasen, erstarren die Tiere, erschrecken sich oder nehmen Reißaus. Sie verstecken sich, sodass ich sie nicht mehr sehen, sondern nur noch riechen und hören kann. Mir gefällt jeder ihrer Laute. Mir gefällt meine Kraft, das Ziehen in meinen Muskeln, meine Geschmeidigkeit, wenn ich über ein Hindernis springe.
Sag mal, wie weit kann ich eigentlich springen?
Ich stürze zuerst nach vorne und laufe los, strampele mit den Beinen, während ich acht oder zehn Meter weit durch die Luft fliege. Ich renne weiter, dann stütze ich mich an einem Baum ab und teste aus, wie hoch ich springen kann.
Wow!
Das Gefühl ist berauschend, als ich mich erst einen Meter, dann zwei Meter, dann fast drei Meter in die Lüfte erhebe ... In der Hocke lande ich wieder auf dem Boden. Das Rudel überholt mich. Tyee dreht sich um und sieht mich herausfordernd an. Ich renne weiter. Rasch habe ich sie wieder eingeholt, abgesehen von Tyee, der immer noch an der Spitze ist. Er weicht außerdem von seinem Weg ab. Die Wölfe laufen weiter nach Westen, doch er wendet sich nach Süden. Ich nehme seine Verfolgung auf, bis ich nach etwas weniger als einem Kilometer auf ein Feld voller Mohnblumen stoße. Das Gras ist hoch, die roten Blüten wiegen sich im Wind. Tyee hat angehalten, ist außer Atem. Er steht ein paar Meter vor mir.
„Nicht schlecht für eine Anfängerin“, ruft er mir zu. „Jetzt wollen wir mal sehen, wie du dich als Spürhündin machst. Welches Wild befindet sich in unserer Umgebung?“
Ich schließe die Augen und konzentriere mich. Laute, Gerüche: Alles gibt mir Auskunft.
„Es sind ... zwei Hasen, ein Fuchs und ein Hirsch in einem Umkreis von weniger als einem Kilometer“, antworte ich und mache die Augen wieder auf.
„Du machst dich gut.“
„Ich war schon immer eine gute Schülerin“, sage ich lächelnd und gehe auf ihn zu.
„Sag‘ mir, wie weit der Rest des Rudels von uns entfernt ist.“
„Sie sind sechs Kilometer von hier entfernt“, erkläre ich ihm, nachdem ich mich nochmals konzentriert habe.
„Beeindruckend“, pfeift Tyee, dann holt er etwas aus seiner Hosentasche.
Bevor ich sehen kann, was es war, hat er es schon weggeworfen. Das Objekt, das klein genug ist, um in meine Hand zu passen, verschwindet in dem hohen Gras.
„Mal sehen, ob du es wiederfindest“, fordert er mich heraus.
Ich lache und mache mich auf die Suche, wobei ich immer wieder behaupte, dass seine Aufgabe nicht zu bewältigen sei: Ich konnte das Objekt weder riechen noch sehen, und ich habe auch nicht gehört, wo es hingefallen ist, weil ich ja nicht wusste, dass ich mich konzentrieren sollte.
„Na dann ist es ja gut, dass du oft ‚großes Glück‘ hast“, zieht mich der sture Alphawolf auf und verschränkt seine Arme, während er mir beim Herumschnüffeln zusieht.
Ich durchkämme das Feld, stoße auf so manch einen Schatz: einen Penny, eine leere Wasserflasche, ein Schlüsselbund ... aber nicht auf das mysteriöse Objekt, das Tyee versteckt hat. Doch er hilft mir, wie bei dem Kinderspiel ‚Topfschlagen‘.
„Wärmer“, sagt er zu mit. „Nein, wieder kälter ... sogar eiskalt! Aha, jetzt wird es wieder wärmer. Heißer ... ganz heiß ...“
Ich bücke mich und fühle eine kleine Schatulle aus Samt zwischen meinen Fingern. Triumphierend schwenke ich sie durch die Luft. Tyees zufriedenem Blick entnehme ich, dass es sich um das Objekt handelt, das ich finden sollte: ein Schmuckkästchen, das mit dunkelblauem Samt überzogen ist. Dann begreife ich plötzlich. Ein ... Schmuckkästchen? Das in eine Hand passt?
So wie bei: ‚Willst du meine Frau werden‘?
Nein, bestimmt bin ich ein bisschen voreilig. Sicher ist es ein Anhänger, als Ersatz für denjenigen, den ich dummerweise weggeschmissen habe, bevor ich nach Tijuana aufgebrochen bin.
Aber Schmuckkästchen in dieser Größe sind normalerweise für Ringe bestimmt, oder? Höchstens noch für Manschettenknöpfe? Aber warum sollte Tyee mir Manschettenknöpfe schenken?
Oh je, ich muss mich beruhigen: Sonst kriege ich noch einen Herzanfall oder sowas in der Art.
Mist, Mist, Mist: Ich habe den Hochzeitsmarsch im Kopf. Das ist ja wie bei Bridget Jones.
„Und?“, fragt mich Tyee, kommt näher und amüsiert sich über meinen aufgeregt-panisch-ungläubigen Gesichtsausdruck. „Was sagst du?“
„Ist das ... Ist es das, was ich denke?“
„Mach‘ es auf und sieh‘ selbst“, schlägt mir der Alphawolf vor.
Aber anstatt seinem Rat zu folgen, stehe ich nur blöd da und rühre mich nicht. Meine Angst ist zu groß. Die Angst, enttäuscht zu werden, die Angst, vor Freude in Ohnmacht zu fallen, falls das hier doch ein Heiratsantrag ist, die Angst vor der Verantwortung, die daraus erwächst: Nämlich das Rudel anzuführen, obwohl ich doch erst seit heute Nacht eine Wölfin bin.
„Du hast es ja nicht sehr eilig“, macht Tyee sich lustig, nimmt mir das Schmuckkästchen ab und öffnet es unter meiner Nase.
„Oh! Tyee ...“
Ich lege meine Hand auf mein Herz: Es ist wirklich ein Ring. Der schönste, der allerschönste Ring von allen! Eine Margerite, die auf einem extrem filigranen Ring aus Roségold aufgebracht ist. Sie besteht aus einem glatten, trüben Stein, ähnlich wie eine Perle, ist leicht opaleszent und von Diamanten eingerahmt. Zaghaft strecke ich die Hand nach dem Ring aus.
„Das ist Mondstein“, erklärt er mir, als ich ihn berühre. „Du weißt, was ich für dich empfinde, Nikkie. Ich weiß, wie du dir deine Zukunft ausmalst, und ich will sie dir schenken. Ein Zuhause mit einem Grammofon, zwei Bädern und vier Kindern ... Das alles und noch viel mehr werde ich dir schenken, sofern du das willst. Und außerdem“, fügt er im Scherz hinzu, „kann ich, wenn du meine Frau bist, jede Nacht, bis ans Ende meiner Tage mit dir schlafen, ohne dabei gegen die Richtlinien der Uni zu verstoßen.“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin zu geschockt. Ich starre nur noch den Stein an.
„Ich nehme an, dass er schon lange im Besitz des Rudels ist ...“, denke ich laut und bin völlig neben der Spur.
Da haben wir’s: Das wird er sein, der verdammte Herzanfall.
Warum sage ich nicht einfach, was ich denke? ‚Ja, tausend Mal, ja, oh ja ja ja‘?
Weil ich es einfach nicht fassen kann.
„Ganz und gar nicht“, lacht er und nimmt den Ring zwischen Daumen und Zeigefinger. „Ich habe ihn zusammen mit deinem Anhänger gekauft, kurz bevor ich dir vorgeschlagen habe, nach Europa zu gehen. Ich hatte vor, dir den Antrag im Flieger zu machen. Auch wenn sich unsere Pläne anschließend radikal geändert haben, sind gewisse Dinge doch unverändert geblieben, wie du siehst“, fügt er mit einem zärtlichen, amüsierten Blick hinzu, wie nur er ihn beherrscht.
Ohne dass ich weiß, warum, steigen mir Tränen in die Augen. Ich habe mich nie gefragt, wie der Moment meiner Verlobung aussehen würde, aber er könnte nicht schöner sein als dieser hier. Zitternd reiche ich ihm meine linke Hand und flüstere:
„Ja.“
„Hey! Du hast es aber eilig“, neckt er mich, auch wenn er damit kaum seine Rührung kaschieren kann. „Dieser Finger hier ist für den Tag X bestimmt. Jetzt brauche ich erst einmal deine rechte Hand“, erklärt er mir und hält sie fest.
„Ich habe dir ja gesagt“, verteidige ich mich in demselben Ton, „dass ich nicht unbedingt der Typ Frau bin, die irgendwelche Hochzeitsblogs liest, um sich zu entspannen.“
„Ich weiß. Aber das wird dich nicht daran hindern, eine perfekte Braut abzugeben.“
Er steckt mir den Ring an und wir sehen uns lange in die Augen. Wir sind gerührt, unbeholfen und etwas verlegen.
„Was macht man denn in so einer Situation?“, frage ich ihn kleinlaut, als eine Minute vergangen ist.
„Ich weiß nicht“, gesteht er. „Auf diesem Gebiet habe ich auch nicht mehr Erfahrung als du. Aber ich denke“, sagt er, umschließt mein Gesicht mit seinen Händen und beugt sich zu meinen Lippen herunter, „da wir uns bisher an alle Gebote gehalten haben, sollten wir uns jetzt dem allerhöchsten zuwenden.“
„Und das wäre?“, frage ich mit klopfendem Herzen.
„‚Sie dürfen die Braut jetzt küssen‘“, flüstert er und legt dann seine Lippen auf meine.
Ich bin erledigt, benommen, überglücklich. Ich koste diesen Kuss voll aus, der mit Sicherheit der romantischste Kuss meines Lebens ist, dann sehe ich den Alphawolf an – meinen Alphawolf, der unverschämt gut aussieht und so unglaublich lässig und sexy wirkt. Wieder einmal verliere ich mich in seinen goldenen und bernsteinfarbenen Augen. Ich berausche mich an seinen feinen Zügen, die im Widerspruch zu seinem kräftigen Körper stehen.
Ist das wirklich wahr? Wir werden heiraten?
Das realisiere ich noch nicht. Ich weiß nur eines: Ich will ihn, jetzt sofort, ich will ihn so sehr wie noch nie zuvor. Ich übersäe ihn mit Küssen – seine Lippen, sein Ohr, seinen Hals – und zerreiße dabei sein Baumwollshirt.
„Hey!“, sagt er amüsiert. „Sachte, sachte, junge Wölfin.“
Doch seine festen Brustmuskeln und seine stahlharten Bauchmuskeln lassen mich nicht die geringste Lust verspüren, sachte vorzugehen, ganz im Gegenteil. Das, was noch von seinem T-Shirt übrig ist, schleudere ich achtlos weg und streichele seinen glühend heißen Oberkörper. Das Gefühl seiner glatten Haut macht mich ganz verrückt, in seinen Armen fühle ich mich winzig klein. Er lässt seine Hände über meinen Rücken wandern. Spürt er auch das Spiel meiner Muskeln, so wie ich seine Muskeln spüre? Spürt er auch meine Kraft, so wie ich seine Kraft spüre? Jedenfalls zieht Tyee mir keuchend mein Sweatshirt aus. Ein Träger meines BHs rutscht mir über die Schulter, während mein Liebhaber an meinem Hals knabbert und knurrt. Ich werfe den Kopf in den Nacken, verdrehe vor Lust die Augen. Ich kralle mich in sein dickes Haar, vergrabe mein Gesicht darin. Er riecht nach einer Vielzahl von Düften, die alle zusammen pure Männlichkeit verkörpern. Jeder heisere Laut, der seiner Kehle entrinnt, macht mich verrückt vor Verlangen. Auch ich bin kurzatmig. Auch ich keuche. Und ich räkele mich auf ihm, reibe mein Becken an seiner Erektion. Zwar sind noch unsere Jeans zwischen uns, doch trotzdem kann ich sein enormes Glied spüren, das unter dem Stoff so geschwollen und hart ist, dass es ihn anscheinend zerreißen könnte. Allein der Gedanke daran ... sein Glied ... dabei gerate ich außer mir. Die Lust, die mich überkommt, wird immer durchtriebener. Tyee will sie offenbar befriedigen. Er umfasst meine Brust und drückt sie zwischen seinen Händen. Durch den Stoff meines BHs hindurch streichelt er meine Brustwarzen. Er zerrt an dem Ausschnitt, vergräbt sein Gesicht zwischen meinen Brüsten und atmet meinen Geruch tief ein.
„Dein Duft macht mich wahnsinnig.“
„Und an dir macht mich alles wahnsinnig.“, erwidere ich.
Als wollte er mir noch mehr Anlass geben, den Kopf zu verlieren, schnappt er mit den Zähnen nach meiner Brustwarze und beißt zu. Blitzschnell explodiert in meinem tiefsten Innern die Erregung. Das pure Verlangen, die pure Lust. Mit seinem sinnlichen Mund fährt Tyee über meinen Busen, lässt seine Zunge mit meinen Brustwarzen spielen, während ich lustvoll aufstöhne. Erneut werfe ich den Kopf zurück, dabei stütze ich mich mit den Händen ab. Als ich meinen Oberkörper seinem Mund entgegenstrecke, der genau weiß, was er da tut, gebe ich mich ihm ganz und gar hin. Mit einer Hand knöpft der Wolf meine Jeans auf. Er packt meinen Hintern, hebt mich hoch und geht in die Knie. Dann legt er mich auf dem Boden ab. Die Mohnblumen bilden ein Gewölbe zwischen unseren beiden ineinandergeschlungenen Körpern und dem Himmel. Tyee zieht mir im Nu meine Jeans aus, obwohl sie immer noch nass ist und an meiner Haut klebt. Durch meinen Slip hindurch streichelt er meine Scham. Ich drücke den Rücken durch, um seiner Hand näher zu sein. Dominanter denn je genießt der Alphawolf es, zu beobachten, in welchen Zustand er mich versetzt. In seinem Blick scheint ein animalisches Leuchten auf, das ich noch nie an ihm gesehen habe.
„Jetzt bin ich nicht mehr gezwungen, mich zurückzuhalten“, warnt er mich. „Ich werde dich noch härter rannehmen als sonst.“
Ich weiß nicht, ob das eine Drohung oder ein Versprechen ist, genauso wenig wie ich weiß, ob ich meine Oberschenkel spreize, um ihm die Stirn zu bieten oder ihn zu ermutigen. Aus meinem feuchten Mund ertönt ein Stöhnen. Tyee nutzt die Gelegenheit und lässt seine Finger hineingleiten. Seine Geste bringt mich völlig durcheinander. Ich habe das Gefühl, eine einzige erogene Zone geworden zu sein. Ich lecke ihn, lutsche an ihm, sauge erst an seinem Mittel-, dann an seinem Ringfinger. Ich schließe die Augen und öffne sie wieder, bin überwältigt von meiner Erregung.
„Du kannst mich so hart rannehmen, wie du willst“, seufze ich. „Ich gehöre dir.“
Zufrieden lächelt er, dann zieht er seine Hand zurück, um sie auf meinen Schritt zu legen. Er schiebt den Gummibund meines Slips zur Seite und reibt seine Hand über meine nackte Scham, um zu spüren, wie feucht ich bereits bin. Ich hebe mein Becken an, um ihn mit allen Mitteln dazu zu bringen, in mich einzudringen. Er befriedigt mich nicht, sondern betrachtet mich und genießt es zu sehen, wie ich mich verzehre. Schließlich schiebt er seinen Mittel- und Zeigefinger in mich hinein und sagt mit tiefer, unfassbar sexy Stimme:
„Seit vorhin denke ich nur noch daran, dich zu lecken.“
Seine Worte bringen mich um den Verstand. Um ihn zu ermutigen, stöhne ich und spanne meinen Körper an. Mein Schoß zieht sich um seine zwei Finger zusammen, die sich in mir bewegen und mir unsagbare Lust bereiten. Als ich noch ein Mensch war, hat Tyee mich schon wahnsinnig gemacht, aber das, was ich jetzt erlebe, ist nicht in Worte zu fassen. Ich bin nur noch eine Woge der Lust. All meine Sinne sind hellwach, und das ist derart berauschend, dass ich alles andere um mich herum vergesse. Ich will einfach nur kommen – eigentlich fühlt es sich schon wie der Höhepunkt an, als ob all das, was Tyee gerade mit mir anstellt, mich zum Höhepunkt bringt, als ob ich nie mehr aufhören werde, zum Höhepunkt zu kommen ... Ich muss mir auf die Unterlippe beißen, um meine Schreie zu unterdrücken.
„Nein, halt dich nicht zurück“, befiehlt mir Tyee. „Ich will hören, was ich in dir auslöse.“
Er beugt sich zu meiner Scham und zieht mir meinen Slip aus. Dann legt er seinen Mund auf meinen Schlitz und entreißt mir damit einen markerschütternden, flehenden Schrei. Er beginnt mich ganz langsam und genussvoll zu lecken, von oben nach unten, wobei er mich auch mit den Fingern befriedigt. Ich stöhne wie verrückt. Tyee saugt an meiner Klitoris, umkreist sie mit seiner Zunge, knabbert leicht an meinen Schamlippen – gerade so viel, dass ich vor Angst und Verlangen erzittere und gleichzeitig das Gefühl habe, den Kopf zu verlieren. Er hebt meinen Oberschenkel an. Ich spüre, wie er erst genüsslich an mir riecht und mich dann ausgelassen leckt. In dieser Stellung dringen seine Finger noch tiefer in mich ein. Das fühlt sich so gut an ... So unglaublich gut ...
So als wäre ich federleicht, dreht er mich um, sodass ich auf allen Vieren stehe. Während eine seiner Hände meinen Hintern umfasst, lässt er seine Zunge von unten bis zu meinem Schlitz gleiten. Ich japse vor Erregung und drücke den Rücken durch. In dieser Stellung spüre ich noch mehr, wie mein Schoß sich öffnet, die Leere in mir und die Lust, die Tyee mir mit seiner Zunge bereitet. Ich wende mich um und streiche durch seine Jeans hindurch seine Erektion. Ich verzehre mich nach seinem harten, geschwollenen, steifen Glied. Ich will spüren, wie auch er vor Verlangen erzittert, will spüren, dass er nicht ohne mich auskommt.
„Jetzt bist du an der Reihe“, befehle ich ihm, während ich seinen Gürtel öffne.
Grob umfasse ich sein Glied, ziehe es aus seinen Boxer-Shorts und mache mich daran, ihn langsam zu streicheln, wobei ich ihm fest in die Augen sehe. Verführerisch lecke ich mir über die Lippen und schließe meine Finger fester um seinen gigantischen Penis. Tyee seufzt, schließt die Augen, öffnet sie wieder, streicht mir durchs Haar.
„Zieh‘ dich aus“, befehle ich ihm. „Ich will dich in den Mund nehmen.“
„Du hast wohl vergessen, wer hier der Alphawolf ist“, sagt er und amüsiert sich über meine autoritäre Art.
„Nein, habe ich nicht ... Und ich bin willens, alles zu tun, um den mächtigsten Wolf des Rudels zu befriedigen“, erwidere ich mit verführerischer Stimme.
„Dann wollen wir doch mal sehen, was du so draufhast.“
Tyee zieht seine Jeans und seine Boxer-Shorts aus. Er kniet sich mir gegenüber hin. Ich beuge mich über sein Glied und stütze mich mit einer Hand auf seinem heißen, muskulösen, perfekten Bauch ab. Dann nehme ich ihn tief in den Mund, bis zu meinem Rachen, gebe ihn kurz darauf wieder frei und beginne, seine geschwollene, samtweiche Eichel zu lecken. Ich lasse meine Zunge über sein Glied fahren und stürze mich nochmals auf ihn, wobei ich meine andere Hand zu Hilfe nehme und sie über den Ansatz seines Glieds gleiten lasse. In meinem Mund spüre ich, wie er noch größer wird. Vor allem spüre ich, wie er sich anspannt und dann wieder lockerlässt, ich höre, wie er im Takt mit meinen Bewegungen stöhnt. Hin und wieder wirft er den Kopf zurück, dann wieder senkt er seinen Blick zu mir herab. Er packt meine Haare, meinen Hintern, streicht mir ganz leicht über den Rücken, sagt immer wieder meinen Namen und seufzt. Plötzlich zieht er sich zurück, kurz bevor er explodiert, setzt sich mit ausgestreckten Beinen auf die Erde und zieht mich auf sich. Als ich, mit den Knien am Boden, rittlings auf ihm sitze, beginnt er, mit seiner Eichel meine feuchte Klitoris zu streicheln. Das ist ein herrliches, berauschendes Gefühl. Er übt ganz leichten Druck aus, was mich völlig fertigmacht. Ich will unbedingt, dass er in mich eindringt, das weiß er, und ich bin mir nicht sicher, ob er diesen Moment aus purem Sadismus hinauszögert oder nur, um noch etwas länger unser unglaubliches Vorspiel auszukosten. Manchmal rutscht sein Glied ab und dringt beinahe in mich ein, dann zieht er sich wieder zurück und ich bin völlig am Ende. Er hat mich inzwischen so sehr erregt, dass ich alles für ihn tun würde.
Dann endlich gleitet er in mich hinein. Obwohl, nicht wirklich: Eigentlich zieht er mich ganz langsam zu sich herunter, dabei knurrt er und hält mich an der Taille fest, um die Kontrolle über meine Bewegung zu haben. Als er schließlich in mir ist, streicht er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sieht mir in die Augen, mit vor Erregung geweiteten Pupillen.
„Verdammt, ich liebe dich so sehr ...“
Diese Worte ... Es gibt kein besseres Aphrodisiakum.
„Ich liebe dich auch. Ich liebe dich wie verrückt.“
„Nein, nicht wie verrückt“, sagt er mit heiserer Stimme, während ich ihn reite und meine Arme um seinen starken Hals schlinge.
„Okay ... Dann wie das Leben. Komme, was wolle.“
„Komme, was wolle“, wiederholt er mit einem unwiderstehlichen, verschmitzten Lächeln. „Du bist dir bewusst, dass uns von heute an nichts mehr trennen kann?“
Ich muss zugeben, dass mir das bis zu diesem Moment nicht ganz klar war. Mann und Frau ... Es wird für immer so intensiv sein wie jetzt. Es wird ...
... das Paradies sein. Mit all den Sünden der Hölle in Reichweite.
Ich küsse ihn leidenschaftlich, verschlinge seinen Mund, reibe meine Brüste an seinen harten Brustmuskeln. Als ich meine Umarmung löse, packt er die Rückseite meiner Oberschenkel und hält mich fest, um sicherzugehen, dass ich auch auf ihm sitzen bleibe, dass ich stillhalte. Dann hebt er sein Becken an und beginnt, sich in mir zu bewegen. Das macht mich fertig. Sein Glied kommt, geht, füllt mich aus, macht mich noch erregter und obwohl ich auf ihm sitze, macht er mit mir, was er will. Alles, was ich tun kann, ist, seinen Namen zu stöhnen – was ich mir auch nicht nehmen lasse. Ich könnte mich ohnehin nicht zurückhalten, selbst wenn mein Leben davon abhinge.
„So hast du mich noch nie genommen“, höre ich mich an seinem Ohr seufzen, wie in Trance.
„Abwarten, das war noch nicht alles“, knurrt der Alphawolf und zieht sich zurück.
Er zieht mich zu sich heran, dann lässt er mich nach hinten kippen. Mit einer herrischen Bewegung legt er mich auf den Rücken. Eine Hand platziert er auf meinem Hals, wie um mich zu erwürgen, nur, dass er nicht zudrückt: Er hält mich fest. Seine Geste, das Gefühl der Unterwerfung, das er mir gibt, ist unglaublich erotisch. Er schiebt seine enorme Männlichkeit wieder in mich hinein, macht mich noch einmal wahnsinnig vor Lust. Ich schreie und meine Augen rollen nach hinten.
„Gefällt dir das?“, fragt er mich.
„Oh, ja! Ja ...“, stöhne ich, als er ganz fest zustößt.
„Und das?“, fragt er, während er meine Oberschenkel anhebt, um sich noch weiter vorzuschieben.
Dieses Mal habe ich nicht die Kraft, zu antworten. Ich habe gar keine Kraft mehr, kann mich nur noch fallen lassen. Ich werde von einem Fieber und einem Wahn ergriffen, die mächtiger sind als die der letzten Tage. Ich weiß nicht mehr, was ich sage. Obwohl, ich weiß es schon: ‚Weiter‘, ‚nimm mich‘, ‚hör‘ nicht auf‘, ‚fester‘, ‚ich will, dass du mich so hart rannimmst, dass es wehtut‘ ... Diese Worte sprudeln aus mir heraus, ich kann sie nicht zurückhalten. Tyee genießt es, ihnen Folge zu leisten. Unser Zweikampf gerät so heftig und animalisch, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Tyee dreht mich auf alle Viere um und dringt von hinten in mich ein, wobei er weiter meine Klitoris streichelt. Er stöhnt an meinem Ohr, während ich meinen Rücken durchstrecke. Dann richte ich mich auf, sodass ich vor ihm knie, und presse meinen Rücken an seinen Oberkörper. Mein Liebhaber beschleunigt das Tempo, stimuliert mich immer noch mit der Hand. Seine Brustmuskeln an meinen Schulterblättern, sein Mund auf meinem Hals, seine Zunge, die meinen Nacken entlangfährt ... All das ist himmlisch. Ich lasse mich wieder auf meine Unterarme fallen, drücke den Rücken noch mehr durch. Er wird langsamer, nimmt sich Zeit, damit ich seine ganze Länge, seine Größe, seine Stärke spüren kann. Er bringt mich dazu, zu kreischen, zu stöhnen, seinen Namen zu rufen. Er packt meine Haare und zieht gerade so fest daran, dass ich den Kopf zurückwerfe und abwechselnd stöhne oder keuche, während meine Hüften unermüdlich gegen seine prallen.
„Ich werde dich jetzt zum Höhepunkt bringen“, raunt er an meinem Ohr, dann drückt er mit seiner Eichel gegen den empfindlichsten Punkt in meinem Innern.
Er kann gerade noch eine kleine, kreisförmige Bewegung vollführen, dann spüre ich schon, wie weggetreten, den Orgasmus, der sich in mir ausbreitet, der meinen ganzen Körper einnimmt, mich niederstreckt. Meine Lust verdoppelt sich noch, als auch Tyee sich anspannt, als der Orgasmus auch ihn mitreißt und ihn dann verlässt, um auf mich überzugehen. Meine Arme und Hände zittern, ich werde von Zuckungen ergriffen. Er krallt sich an meinen Hüften fest und stöhnt meinen Namen, ich schreie den seinen. Ein allerletztes Mal presse ich mich an ihn und höre, wie er ein erlösendes Knurren von sich gibt, dann sinken wir gemeinsam zurück in die Blumenwiese, erschöpft, gesättigt, glücklich – ja, wir sind wirklich befreit, das erste Mal seit Langem.