Marianne Schröter

Sozialstruktur und Politik

Schleiermacher als Prediger des Alten Testaments

Abstract Schleiermacher’s examination of the Old Testament in his sermons focuses on main concepts and attempts to translate and apply them to the conditions of contemporary Christian reception. The civil religious meaning, which he attributes to the Old Testament texts, is particularly emphasized. In the context of the collective duty of shaping society, the Old Testament reveals patterns which can nourish social identity and help regulate societal connections.

Zu den heikelsten Gegenständen einer jeden Schleiermacher-Interpretation gehört wohl dessen Bestimmung des Verhältnisses von Christentum und Judentum und – damit verbunden – die Frage der christlichen Bedeutung des Alten Testaments.1 Dies wurde schon von den Zeitgenossen so empfunden, ich erinnere nur an die mehrjährige Debatte mit Ernst Wilhelm Hengstenberg um die Rolle der messianischen Weissagungen für den christlichen Glauben.2 Selbst Schleiermachers Freunde und Schüler versuchten, möglichen Missverständnissen der von ihm vorgenommenen Verhältnisbestimmung durch genauere Ausführungen oder Abschwächungen zu wehren.3

Schleiermachers eigene Intention ging hingegen in eine ganz andere Richtung. Mehr und mehr bildete sich bei ihm die Überzeugung heraus, keine←101 | 102→ alttestamentlichen Belege zur Erörterung des genuin Christlichen heranziehen zu können. Die These von der Neuheit des Christentums erlaubte es ihm nicht, dergleichen in der zeitgenössischen Dogmatik gebräuchliche Strategien einzuschlagen. Diese Signatur der ‚Neuheit‘ betrifft zum einen die allgemeine religionsgeschichtliche Tatsache der Entstehung der christlichen Religion, verlangt gleichzeitig zum anderen aber die Klärung der Art der dennoch bestehenden und bleibenden Verbindung zwischen Judentum und Christentum. Beide stehen – in dem religionstypologischen Sinne, wie ihn Schleiermacher im Kontext der Wesensbestimmung in den „Lehnsätzen aus der Religionsphilosophie“ seiner Glaubenslehre entwickelt hat – gemeinsam auf der Stufe des „ethischen Monotheismus“.4 Zwei Stichworte prägen dann die nähere Charakteristik der jüdischen Religion: ‚Ahndung‘ und ‚Erlösungsbedürftigkeit‘.5 Während ersteres auf eine noch ausstehende vollkommenere Entwicklung des menschlichen Gottesverhältnisses, die dann idealtypisch in Jesus von Nazareth erreicht ist, abzielt, benennt das zweite Stichwort in struktureller Entsprechung den Bewusstseinszustand hinsichtlich des Leitbegriffs der Erlösung. In beiderlei Hinsicht wird die Rolle des Alten Testaments somit als Vorbereitung auf das Christentum hin gewertet.

Auf eine solche vorbereitende Funktion fokussieren auch Schleiermachers Predigten über das Alte Testament, denen wir uns im Folgenden zuwenden wollen.6 Nach einem Überblick über den erhaltenen Bestand der Predigten und – zugleich als Versuch einer Rubrizierung – über die jeweiligen Kasus, sollen vier verschiedene Gattungen von Schleiermachers homiletischer Beschäftigung mit dem Alten Testament eruiert und an Beispielspredigten nachgezeichnet werden. Dabei ist ein gewisses Ungleichgewicht nicht zu vermeiden, vor allem, weil die Quellenlage differiert.

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Zunächst also zum Überlieferungsbefund:7 Schleiermacher hat in der Zeit seiner mehr als vierzigjährigen Predigttätigkeit lediglich ca. 30mal auf alttestament←102 | 103→liche Texte zurückgegriffen, die zudem teilweise – als behördlich vorgeschriebene – sich nicht eigener Wahl verdankten. Und selbst wenn das Alte Testament als Textbasis vorgegeben war, ging sein Blick immer wieder hinüber zu neutestamentlichen Stellen, sobald sich ein Bezug nahelegte. Betrachtet man die alttestamentlichen Bücher, aus denen die von Schleiermacher den Predigten zugrunde gelegten Worte stammen, dann fällt eine klare Präferenz ins Auge. Texte des Pentateuch begegnen nicht, die Geschichtsbücher lediglich marginal und dazu in starker Konzentration auf exemplarische Frömmigkeitsgestalten, wie sie etwa im Tempelweihgebet des Salomo zu greifen sind, das in beiden Fassungen (1Kön 8,56–58; 2Chr 1,10) als Predigtvorlage dient. Die Propheten bilden einige Male den Bezugspunkt politischer Predigten, dort allerdings meist als obrigkeitlich vorgeschriebene Texte. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Weisheit. Schleiermacher schätzt diese Texte als dasjenige Korpus alttestamentlicher Überlieferung, das am wenigsten durch partikulare oder historisch-politische Bezüge verstellt und insofern am leichtesten auf religiöse Grundgestimmtheiten des christlichen Predigthörers übertragbar ist.

Beim Blick auf die Predigtanlässe und -gattungen8 werden vier verschiedene Verweiszusammenhänge greifbar. Zum ersten ergibt sich ein Komplex der sog. Betstunden in der Charité.9 Allerdings sind diese Auslegungen lediglich als Skizzen überliefert; es existieren auch keine Nachschriften, wie wir sie sonst bei Schleiermacher zumeist überliefert finden. Auffällig ist jedoch schon aufgrund der Dispositionen dieser 17 Predigten, dass bis auf eine Ausnahme alle Texte aus dem ersten Psalmenbuch (Ps 1–41) stammen. Allem Anschein nach fiel die Wahl auf sie, weil sie am ehesten dem entsprachen, was Schleiermacher sich von der Bedeutung des Alten Testaments für die Gegenwart versprach – ethisch-religiöse Meditationen allgemeiner Art. Sucht man nach Gründen für diese Präferenz, ist←103 | 104→ natürlich erst einmal auf seine Stellung als reformierter Prediger an der Charité und die Bedeutung der Psalmen und Psalmenlieder in reformierter Liturgie zu erinnern. Betrachtet man dies aber vor dem Hintergrund seiner biographischen Herkunft, dann kommt noch eine andere Tradition in Betracht. Als Schleiermacher in Halle studierte, bestand immer noch die Tradition der ‚Ascetischen Vorlesungen‘, die seit der Gründung der Universität an der Theologischen Fakultät fest zum Curriculum gehörten. Auch wenn nicht belegt ist, ob er jene Vorlesungen – damals gehalten von Johann Salomo Semler – gehört hat, ist eine Prägung durch die hallesche Theologie nicht auszuschließen.

Die zweite Rubrik liegt bei den Neujahrs- und Bußtagspredigten.10 Beiden Gelegenheiten, die Schleiermacher durch das gemeinsame Thema von Rückschau und Vorschau, von Vergangenheit und Zukunft verbunden sieht, widmet er über den Zeitraum seiner gesamten pfarramtlichen Tätigkeit sieben Predigten zu alttestamentlichen Texten, die sämtlich aus dem Bereich der Weisheit stammen. Aus diesem Spektrum sollen uns drei Beispiele zur Illustration seines Umgangs mit jener Tradition und Literaturgattung dienen, die aufgrund ihrer universalen Perspektive und zeitübergreifenden Bedeutung seine besondere Wertschätzung innerhalb des Korpus alttestamentlicher Schriften genießt.11←104 | 105→

Eine dritte Rubrik umfasst Schleiermachers Adventspredigten. Unter den beinahe 40 Adventspredigten, die er zwischen 1790 und 1834 gehalten hat, berühren nicht wenige, obgleich ihnen durchgängig neutestamentliche Texte zugrunde liegen, zentrale Traditionen des Alten Testaments wie die Abraham-Überlieferung oder die Prophetie. Teilweise versucht Schleiermacher anlässlich dieses homiletischen Verweiszusammenhangs auch eine generelle Verhältnisbestimmung von Christentum und Judentum resp. ihrer heiligen Urkunden. Daher sollen auch aus diesem Zusammenhang drei Predigten exemplarisch herausgegriffen werden.12 Es wird sich zeigen, dass für Schleiermacher gerade die Adventszeit als Zeit der Vorbereitung auf das Kommen Christi und Beginn eines neuen Kirchenjahres jene Verhältnissetzung als virulent erscheinen lässt.

Schließlich bedenkt eine vierte Rubrik, die der politischen Predigt, aktuelle Anlässe des Zeitgeschehens oder besondere Gedenktage. Das Spektrum reicht hier vom Totengedenken für Königin Luise im August 1810 bis zum bekannten Aufruf zum allgemeinen Landsturm vom März 1813.13 Auf diesen Zusammenhang möchte ich – unsere Skizze beschließend – anhand dreier Beispielpredigten eingehen, konzentriert auf die Art und Weise des exegetisch-hermeneutischen Umgangs mit den, diesen Predigten zugrundeliegenden alttestamentlichen Texten.←105 | 106→

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Damit kommen wir zum thematischen Zusammenhang der Schleiermacherschen Neujahrs- und Bußtagspredigten. Ihr gemeinsames Thema – das wurde eingangs schon gesagt – liegt im Zusammenspiel von Retrospektive und Zukunftssichtung, was sich einerseits durch den Wechsel des Kalenderjahres zu Neujahr, andererseits durch das Ineinander von rückblickender Bußmeditation und sich auf das Kommende richtender Fürbitte am Buß- und Bettag nahelegt. Die sieben Predigten, bei denen zu jenem Doppelanlass alttestamentliche Texte herangezogen werden, thematisieren Momente wie die Schätzung des Lebens, die Unentbehrlichkeit von Gerechtigkeit zur Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen oder Gottes Zuwendung zu den Menschen als Schöpfer und Erhalter. Mit Ps 90,10 (Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre …), dem Text einer frühen Predigt vom Neujahr 1792, oder Koh 1,9 (Es geschieht nichts Neues unter der Sonne), der Auslegung zu Neujahr 1797, begegnen bekannte und auch in Schleiermachers Gegenwart oft ausgelegte Passagen, die weisheitliche Anthropologie und Theologie aufzeigen und bündeln. Auch Hiobs letzte Reaktion auf die beiden Gottesreden, Hi 42,1–3 (Ich erkenne, daß du alles vermagst), als Bekenntnis der uneinholbaren Übermächtigkeit Gottes entstammt dem Zusammenhang der Weisheit. Überhaupt stellt die Figur Hiobs als exemplarisches Muster der für den Menschen so typischen Doppelgestalt von Zweifel und Glauben für Schleiermacher ein bevorzugtes Motiv dar. Ähnliches gilt für den Prediger, der trotz seiner Wahrnehmung der Vergeblichkeit und Begrenztheit der dem Menschen eignenden Gestaltungsmöglichkeiten nicht verzagt, sondern zu einem heiter-produktiven Umgang mit jenen Gegebenheiten gelangt. Im Folgenden wollen wir drei Predigten aus diesem Zusammenhang herausgreifen und hinsichtlich ihrer hermeneutischen Aussagen nachzeichnen. Dabei wird jeweils eine Interpretation aus dem Kontext des Predigerbuches und des Hiobbuches sowie aus Proverbia vorgestellt.

Zum Bettag des Jahres 181014 widmet sich Schleiermacher unter der Überschrift „Wie wir es erringen, fröhlich zu sein in der Arbeit“ der Passage Koh 3,11–13 (der Mensch kann das Werk, das Gott tut, nicht ergründen, weder Anfang noch Ende). Der Text der Predigt ist nicht vollständig überliefert, lässt aber gleichwohl die Anlage wie den Argumentationsgang der Ausführungen erkennen. Zu Beginn der Auslegung thematisiert Schleiermacher den für seine Wahrnehmung des Anlasses zentralen Sachverhalt, dass dieser Feiertag nicht aus der Geschichte der Kirche hervorgegangen, sondern als Stiftung der Obrigkeit zur Förderung einer←106 | 107→ „besonnene[n] Ueberlegung unseres gemeinschaftlichen Zustandes“ (66) „als Untergebene Eines Gesezes als Bürger Eines Volkes“ (67) zu verstehen und zu begehen ist. Daher stellt sowohl die sich auf die Vergangenheit richtende Buße wie die auf die Zukunft zielende Fürbitte zunächst eine Angelegenheit eben jener Gemeinschaft dar und ist nicht vorschnell in den privatreligiösen Bereich zu überführen. Das Buch des Predigers kann mit der hier begegnenden Doppelperspektive des Wissens um die Vergeblichkeit menschlicher Bemühungen und der heiteren Gelassenheit, mit eben jenem Wissen umzugehen, auch der christlichen Gemeinde als Predigthörer Hilfestellungen bieten. Schleiermacher entwickelt diesen Gedanken in zwei Hinsichten. Zum einen betont er, dass der Aspekt des fröhlichen Umgangs gerade in der Arbeit liegt und liegen muss, zum anderen versucht er, aus dieser Prämisse applikative Folgerungen zu ziehen. Hinsichtlich des erstgenannten Moments wird – durchaus in Nähe zu neologischen Modellen, ich denke hier in erster Linie an Johann Joachim Spalding – der Genuss als möglicher Kandidat eines gelingenden Lebenskonzepts nicht etwa grundsätzlich suspendiert, sondern tritt lediglich aufgrund der ihm eigenen Momenthaftigkeit und Singularität, Schleiermacher spricht von einem nur „flüchtig erhöhte[m] Lebensgefühl“ (68), hinter das tätige Arbeiten als durchgängige Einstellung zurück. Dass diese Vorordnung die richtige ist, lässt sich besonders in Zeiten großer Umwälzungen oder äußerer Not – so Schleiermacher – unschwer empfinden. Die schwierige politische und gesellschaftliche Situation des Frühjahres 1810 wird hier also eingespielt, ohne dass Schleiermacher die Probleme konkret benennen würde. Die Arbeit in einer zusammengreifenden Interpretation des Kulturauftrags von Gen 1 und des Loses des Menschen von Gen 3, also im Gestaltenkönnen, gebrochen durch den durchgehenden Charakter der Mühseligkeit dieser Tätigkeit, bildet den Ausweis der allgemeinen menschlichen Situation quer durch alle Gesellschaftsschichten oder Konstellationen hindurch. Diese Form des Aktivwerdens versteht Schleiermacher wiederum – analog zu seinen Ausführungen anlässlich des Totengedenkens für Königin Luise aus dem gleichem Jahr, auf die noch einzugehen sein wird – als Synergiemodell des Zusammentretens der individuellen Möglichkeiten möglichst Vieler: „Nein, ein Jeder soll immer hinschauen wo es fehlt, und mit dem Ueberfluß seiner Kräfte von welcher Art sie nun sein mögen aushelfen und unterstützen“ (69). Eben jenem Kräfte-Ergänzungs-Modell inkludiert dann auch die Einsicht, dass kein einzelner Mensch in seinem Tun den Willen Gottes treffen kann und alle Arbeit notwendig immer Stückwerkcharakter trägt. Den Übereinstimmungseffekt verbürgt nur Gott allein. In diesem Sichhineinstellen in den göttlichen Willen liegt aber gerade der tiefere Grund, das Unternehmen dennoch mit Fröhlichkeit angehen zu können: „Also ohne←107 | 108→ aufs Ende zu sehen laßt uns arbeiten als solche die nichts selbst beschließen und ausführen, sondern die als treue Arbeiter wissen und fühlen, daß nur die Weisheit des Herrn beides vermag.“ (69). Um aber so handeln zu können – und damit sind wir bei den applikativen Möglichkeiten, die Schleiermacher aus dem Text zieht, angelangt – ist das Motiv des Gestelltseins zwischen Vergangenheit und Zukunft, das den Bußtag als Kasus ja bestimmte, einschlägig. Es kommt darauf an, das Verhältnis zu ersterer zu reflektieren, um eine „Entschuldung“ durch ein „waches Gewissen“ (71) zu erreichen, und in die letztere mit Vertrauen hineinzugehen. Grund dieses Vertrauens ist die Liebe Gottes, die den Menschen allein die Sinnhaftigkeit ihres Tuns erhoffen lässt (71). Auch in der Schlusspassage interpretiert Schleiermacher die Arbeit im Zusammengriff der Aussagen von Gen 1 und Gen 3. Allerdings fehlt jeder Verweis auf den Aspekt der Sündenstrafen, vielmehr fokussiert die hier vorgenommene Deutung auf eine Variation des Kulturauftrags unter den Bedingungen von Geschichte und damit – so könnte man sagen – auf eine gottgewirkte Bestimmung des Menschen. Schleiermacher redet im angeschlossenen Fürbittgebet auch von der Arbeit als „unserm Beruf“ (73): „Mühe und Arbeit also, und darin Fröhlichkeit des Herzens, das ist unser Theil; aber wir kommen nur zu Genuß dieser Fröhlichkeit und diesen guten Muthes durch die Gnade des Herrn.“ (72).

22 Jahre später – 1832 – greift Schleiermacher in einer Bußtagspredigt zu Prov 14,34 (Gerechtigkeit erhöht ein Volk; aber die Sünde ist der Leute Verderben) diesen Gedanken wieder auf und führt ihn weiter.15 Zum Einstieg nimmt er explizit darauf Bezug, dass seine Hörer wissen, dass er gewöhnlich über Texte des Neuen Testaments predigt, über „Worte aus unseren im engeren Sinne christlichen heiligen Büchern“ (272). Der Bußtag ist ihm jedoch der geeignete Anlass, um diese Praxis zu verlassen, da dieser Kasus – wie kennen die Herleitung schon aus der früheren Predigt – keinen aus der Geschichte oder dem innerem Bedürfnis der christlichen Gemeinschaft hervorgegangenen, sondern einen von der Obrigkeit für den „Verein“ Kirche gesetzten Gedenktag darstellt. Insofern bieten die alttestamentlichen Bücher reiche Bezugsmöglichkeiten, „weil jene älteren heiligen Schriften sich ganz und gar auf das gemeinsame Leben desjenigen Volkes, welches Gott zu einer besonderen Bestimmung auserwählt hatte, beziehen“ (272). Analog zu der Predigt über Koh 3 gestaltet Schleiermacher den Doppelbezug von Rück- und Vorschau zum Zentrum seiner Auslegung. Der Text für den Bußtag←108 | 109→ des Jahres 1832, Prov 14,34, wurde gewählt, weil er diesem Doppelgefühl den „natürliche[n] Ausdruck“ (273) verleiht und das in kurzer, eingängiger Form. Für Schleiermacher stimmt der thematisierte Volksbezug durchaus zum Anlass eines staatlichen Feiertags, allerdings verweist das Stichwort der Gerechtigkeit als Orientierungsgröße gleichzeitig auf das Gesetz als „äußere[n] Buchstabe[n]“ (274) jener Gerechtigkeit. Da diese rein juridische Gerechtigkeitsordnung aber wiederum erst in der göttlichen Liebe ihren inneren Grund erfährt, ist unter dieser Perspektive Prov 14,34 ein durchaus auch christlich zu rezipierender Satz, dessen Gehalt Schleiermacher im Verlauf seiner weiteren Auslegung in Gestalt einer doppelten Paränese, die Tendenzen seiner Gegenwart wehren will, verdeutlicht. Zum ersten ist die Neigung, „immer schlimmeres vorauszusetzen als wirklich zu Tage liegt“ (275), – von Schleiermacher auch als Argwohn charakterisiert – unter der Perspektive des vom eigenen inneren Zustand auf die allgemeine anthropologische Verfassung schließenden Sündenbewusstseins durchaus nachvollziehbar, erweist sich jedoch, gerade was die Ebene des „gemeinsamen Leben[s]“, also die Gestaltung der politisch-sozialen Welt, angeht, als „Vorurtheil“ (280), das kontraproduktiv ist und sogar als sündhaft bezeichnet wird. Der Grund für diese Charakterisierung liegt in der mangelnde Inrechnungstellung der göttlichen Gnadenwirkungen, mit denen im Sinne der gratia praeveniens immer zu rechnen ist (276). Gerade als Mitglieder des „christlichen Volkes“ (276) als „Verein zu bürgerlichem Recht und Ordnung“ (277) sind wir – so Schleiermacher – aufgerufen, im Menschen zuallererst den Mitmenschen zu erblicken und ihm in Liebe zu begegnen. Den eigentlichen Fluchtpunkt der Argumentation bildet wieder das schon bekannte Kraft-Mischungs-Modell, nach dem ausschließlich durch das Zusammentreten der verschiedensten Gaben und Fähigkeiten in der Ganzheit der Gemeinschaft Einheit erreicht werden kann (280). Ein mit dem Stichwort des Argwohns verbundener verfehlter Individualismus führt dagegen auf allen Ebenen des gesellschaftlich-politischen Lebens ins Leere. Im Zusammenhang dieser Ausführungen zeigt sich bei Schleiermacher ein Reflex auf die zurückliegende französische Besatzungszeit, deren lähmende und resignative Folgen nur durch einen neuen Gemeinschaftsimpuls überwunden werden konnten (279). Es kommt also darauf an – und so schließt diese erste Paränese –, aus dem mit dem Argwohn verbundenen ethischen Pessimismus zurückzufinden zum Ideal „der Gerechtigkeit, welche das rechtliche das gesetzmäßige bei Jedem im voraus annimmt, bis das Gegentheil offenbar wird“ (275; 277). Dieses Bewusstsein zu erzeugen und lebendig zu erhalten soll der Buß- und Bettag dienen (280). Die sich anschließende zweite paränetische Ausführung benennt mit dem Stichwort des Eigensinns eine weitere Quelle der Gefährdung des Gemeinwesens. So nachvollziehbar←109 | 110→ das Beharren auf eigenen Wahrheitsüberzeugungen auch ist, ist es doch nicht hinreichend, denn „die ungetheilte reine Wahrheit […] ist das unzugängliche Licht – es bricht sich in dem menschlichen Geist in mancherlei Strahlen“ (281). Schleiermacher verweist hier also auf die unhintergehbare Perspektivität und Aspekthaftigkeit menschlichen Verstehens und Gestaltens. Wahrheit kann lediglich als „Gemeingut“ (283), so sein Ausdruck, angenommen werden. Nur unter dieser Prämisse ist eine Gemeinschaft, die diesen Namen wirklich verdient, möglich. Für beide Ebenen, Kirche wie Gesellschaft, beschreibt Schleiermacher das Ideal einer „Gemeinschaft des Wirkens“ (283). Wort und Tat gehören hierbei zusammen (284 f.); alle Meinungen oder Überzeugungen müssen sich unmittelbar in Handlungen niederschlagen. Die Schlussbetrachtungen der Predigt zu Prov 14,34 sind der Stellung des Buß- und Bettages im Jahresverlauf gewidmet. Es kommt darauf an, die mit diesem Tag verbundenen kritischen Reflexionen in den Alltag zu überführen und dort zu praktizieren (286): „Nur in dieser ununterbrochenen Fortsetzung hat ein solcher Tag der Buße und des Gebets seinen Werth; aber so muß er uns auch Gewinn bringen.“ (287).

Schließlich soll, diese Rubrik abschließend, noch auf eine der Neujahrspredigten eingegangen werden. Zum Jahreswechsel 1823/24 wählt Schleiermacher unter der Überschrift „Gott, der allen Dingen ihr Maaß bestimmt“ Hi 38,11 (Gott sprach: Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen) zum Gegenstand der Auslegung.16 Gerade an einem solchen Tag wie Neujahr empfinden die Menschen, so die Hinleitung zum Text, eine tiefe Situationsanalogie zur psychisch-religiösen Verfassung des Hiob, die aus der Verborgenheit und Fremdheit des göttlichen Willens resultierte, und unter deren Eindruck er seinen verzweifelten Appell an Gott richtete. Da eine solche Resignation und Ohnmacht nicht der Absicht Gottes mit den Menschen entspricht, antwortet er dem Hiob. Dieser ersten Gottesrede aus dem Wettersturm ist der Predigttext entnommen. Das gebietende Wort zur tehom, der Chaosmacht der Urflut, „bis hierher sollst du kommen und nicht weiter“ versteht Schleiermacher dabei als „körnigen Auszug“ (110) der gesamten Rede. Gott präsentiert sich dem Hiob in der Entgegnung auf dessen Anklage als Schöpfer, Erhalter und Ordner, der allein aus der Kraft seines Wortes agiert. Diesem Gedanken ist die gesamte Auslegung verpflichtet, die – zweiteilig angelegt – zunächst dessen Trostpotential für gegenwärtige Zeiten eruieren und dann in einem weiteren Schritt←110 | 111→ Perspektiven für die individuelle Lebensgestaltung aufweisen will. Schleiermacher beginnt den ersten Hauptteil seiner Textinterpretation mit der These, dass sich der Großteil der Gottesrede in „jenem alten heiligen Buche“ (110) auf die Ordnung und Erhaltung der Natur durch das Wirken Gottes bezieht. So wie Gott Kräfte wie die tehom entbunden hat, verweist er sie auch wieder auf das ihnen zustehende Maß zurück und bindet ihre chaotische Macht. Dieser Gedanke, der von Schleiermacher zunächst am Beispiel der Natur anschaulich gemacht wird, erinnert mit der ihm zugrundeliegenden Kraft/Gegenkraft-Wechselwirkung an entsprechende Passagen aus den Reden, die die dualistische Verfasstheit des Geistes ebenfalls aus einem solchen „ewig fortgesetzten Spiel entgegengesezter Kräfte“17 herleiten. Die diesem Wechselspiel eignende Dynamik macht – so Schleiermacher in der Hiob-Predigt – das Leben auf der Erde aus. Störungen einer einmal erreichten Balance dienen dabei dazu, die Lebendigkeit des Gesamtprozesses zu gewähren und die Menschen aus ihrer Sicherheit zu reißen: „und überall ist es Gott, der das rechte Maaß ordnet und allmählig immer schöner und genauer entwickelt, und immer und überall sehen wir aus der scheinbaren Zerstörung eine neue und bessere Ordnung hervorgehen.“ (112) Vor hier aus erschließt sich dem Menschen dann auch die göttliche Absicht der Zulassung solcher Irritationen. Was für die Natur gesagt werden kann, gilt – auch hier wieder parallel zur Argumentation in Schleiermachers erster Rede – nun auch für das Reich des Geistes. Leidenschaften sind im sozial-kulturellen Leben das, was die Chaosmächte im Reich der Natur darstellen. Die Natur dient Schleiermacher in seiner Hiob-Auslegung durchgängig als Metapher, er sagt, als „Sinnbild“ der menschlichen Erfahrung. Überall begegnen Entzweiungen und Kraft/Gegenkraft-Missverhältnisse, die „Maaß und Einheit nicht nur jedes Einzelnen sondern auch des gemeinsamen Lebens“ (113) gefährden. Aber auch im Gebiet sozialer Beziehungen lässt es Gott nicht zum Äußersten kommen. Nach schweren Erschütterungen führt er durch sein Wort doch das geordnete Maß wieder herbei, „gereifter durch traurige Erfahrungen“ und „gestärkt durch die gemeinsam erduldeten Leiden“ (114). Einen dritten Anwendungsfall jener göttlichen Regulierungstätigkeit stellt dann die psychische Disposition des Einzelnen dar. Je tiefer ein Mensch in das Nachdenken über das Wesen der Dinge und seiner selbst eintaucht, je mehr er sich in einen solchen „eisige[n] Strom liebloser und ungläubiger Vernünfteley“ (115) begibt, desto größer die Gefahr, den Kontakt zum Leben←111 | 112→ zu verlieren bzw. die Dimension praktischer Lebensgestaltung sogar zu verachten. Für eine solche selbstherrliche Haltung, die wähnt, sie habe das Geheimnis der Welt und ihrer Ordnung ergründet, stehen bei Schleiermacher die Freunde Hiobs. Aber auch eine solche Form des Aus-dem-Gleichgewicht-Tretens wird von Gott nur für bestimmte Zeit zugelassen, „dann ruft der Herr auch solchen losgelassenen Elementen des Geistes zu, Bis hieher und nicht weiter …“ (115). Der forschende Geist erkennt, dass er nicht alles zu erkennen vermag – dies ist die Einsicht Hiobs –, empfindet Demut und tritt in Gemeinschaft seiner Mitmenschen zurück. Schleiermachers Überlegungen richten sich an dieser Stelle von Hiob als dem Weisen einer zeitlich und räumlich fernen Kultur weg, hin auf die christliche geistgewirkte Gemeinschaft. Im Zusammenhang kirchlicher Gemeinschaft könnte man ja erwarten, dass solche Störungen der Ordnung nicht mehr statt hätten. Die Erfahrung stellt uns jedoch ein deutlich anderes Bild vor Augen. Für Schleiermacher ist auch im Kontext dieser Frage der für sein Denken grundsätzlich ausschlaggebende Gedanke von Christus als Urbild zentral: „aus dem schönsten und vollkommensten Maaße nie zu weichen, und die reinste Zusammenstimmung sich immer zu erhalten, das war das ausschließende Vorrecht des Einen“ (116). Christen können an diesem Balanceverhältnis zwar partizipieren, allerdings aufgrund der vorauszusetzenden Uneinholbarkeit jenes Urbildes immer nur partiell und unvollkommen. Diese Tatsache zeigt sich – so Schleiermacher mit Verweis auf 1 Kor 1 – bereits von Beginn der Geschichte des Christentums an. Je mehr Diversität mit der Ausbreitung zu einer weltweit lebenden Religion, die als solche notwendig war, auf „daß das Evangelium Allen Alles werden“ (117) konnte, in Lehre, Kultus und Ethik eintrat, desto mehr Streit und Entzweiung war zu finden. Solche Tendenzen stellen „die schaudervollsten Erscheinungen der losgerissenen menschlichen Natur“ (118) dar. Aber auch diese Störungen geschehen letztlich auf Zulassung Gottes, als „Zeichen“, dass diese Welt nicht das eigentliche Ziel ist. Derartige sinnerschließende Kontextualisierungen können – so Schleiermacher – für die Wahrnehmung der eigenen Gegenwart und die in ihr begegnenden Aufgaben durchaus tröstlich sein: „Es sey! Laßt uns auch mit dieser Voraussicht heiter in die Zukunft hineinschauen, die vor uns liegt.“ (119) Gott setzt das Maß in der Natur, der Geschichte und der Kirche. Für alle genannten Sphären gilt, dass Erschütterungen in letzter Konsequenz festere Ordnungen und harmonischere Gestaltungen hervorbringen. Eine solche Entwicklung einer graduellen Annäherung an die in Christus verbürgte Einheit erhofft sich Schleiermacher auch in Fragen der konfessionellen Entzweiung. Dieser gewonnene Trost muss nun – und da beginnt der zweite Teil der Predigt – auch auf Fragen der Lebensgestaltung übertragen werden. Dabei sind – wenn man sich←112 | 113→ aus der Resignation, die Hiob vor der Gottesrede ergriffen hatte, erhoben hat – zwei Tendenzen zu vermeiden: einerseits ethische Gleichgültigkeit, die davon ausgeht, dass Gott die Ordnung schon wieder herstellen wird, und auf der anderen Seite ethische Enthaltsamkeit, die als „bloße[r] Zuschauer“ (121) auf eine göttlichen Tat wartet. Beide Irrwege verkennen, dass mit dem Geschenk der Gotteskindschaft die Forderung lebendiger Teilhabe verbunden ist: „Ist es also eben dieser Vater im Himmel, der Allem das rechte Maaß und die gehörige Ordnung setzt, und hat er uns gegeben von seinem Geiste: so kann ja offenbar dieser nicht anders in uns wirken als dazu, daß auch wir streben überall Maaß und Ordnung aufrecht zu halten und wieder herzustellen.“ (123) Noch viel stärker als für den Bereich der Natur gilt dies für die Ebene des zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Dort kommt es allerdings darauf an, nicht einfach Gegenkräfte zur Wirkung zu bringen, sondern vielmehr auf das Herstellen von Balanceverhältnissen hinzuarbeiten. Schleiermacher sieht es als Aufgabe des einzelnen Christen wie der christlichen Gemeinschaft, überall dort zu intervenieren, wo Ausgewogenheit und Maß in Gefahr sind, verloren zu gehen. Wir leben in der Verpflichtung, „durch unser ganzes Daseyn, durch unsere Ansichten und unsere Handlungsweise das wahrhaft gute und richtige [zu] vertreten, welches in sich selbst Maaß und Ordnung trägt“ (124). Diese Aufgabe ist jedem im Rahmen seiner Möglichkeiten in Beruf und Gesellschaft anbefohlen, zeigt sich aber umso wirkungsvoller im Kontext von Vergemeinschaftungen als Zusammenschluss Gleichgesinnter. Die christliche Gemeinde als „geselliger Verein“ (125), die – mit Verweis auf die Gottesrede des Hiobbuches – ruft: Bis hierher und nicht weiter!, kann durch die sie verbindende Kraft der Liebe umso aktiver tätig werden. Für Schleiermacher repräsentiert die Liebe als dieses einigende Band die einzige Kraft, die in sich keinerlei Maß benötigt.

Für Schleiermacher erweist sich im Kontext der Neujahrs- und Bußtagspredigten das Alte Testament als Repräsentant einer Frömmigkeitsform, die auf einem Ineinander von Religion und Sozietät aufruht, aus formalen Gründen als geeigneter Anknüpfungspunkt für diejenigen christlichen Feiertage, die ebenfalls als staatlich gesetzt zu gelten haben. Inhaltlich stellt die Tradition der alttestamentlichen Weisheit darüber hinaus Figuren bereit, deren Reflexion über Möglichkeiten der Lebensgestaltung im Wissen um die Partikularität und Endlichkeit menschlichen Daseins oder über Begründungen der Gewährleistungen der Ordnung in der Welt auch für christliche Rezipienten anschlussfähig sind. Schließlich lässt sich im Gegenüber zu jenen Texten auch die neue Qualität der christlichen Geistgemeinschaft aufweisen, die als solche allerdings noch in der Spannung des Erlöstseins und Noch-nicht-Erlöstseins lebt. Bemerkenswert ist, dass auch in diesem Ver←113 | 114→weiszusammenhang von Schleiermacher solche alttestamentlichen Texte gewählt werden, denen möglichst idealtypische Aussagekraft und damit eine hohe Übertragbarkeit zugesprochen werden kann.

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Damit sind wir bei der nächsten Rubrik, der der Adventspredigten angelangt. Diese Predigten sind insofern interessant und können das Bild näher fassen, als sie im Stil einer antithetischen Entgegensetzung Aspekte der Wirksamkeit und Person Jesu Christi mit denen von Zentralgestalten des Alten Testaments kontrastieren.

Als erstes Beispiel kann uns die Predigt vom 30.11.181718 über Mt 21,9 (der Hosianna-Ruf beim Einzug Jesu in Jerusalem) dienen. Unter der Überschrift „Christus der da kommt in dem Namen des Herrn“ (9) reflektiert Schleiermacher die Adventszeit als Zeit der Vorbereitung auf das Kommen des Erlösers und entwickelt diesen Gedanken über eine dreifache Entgegenstellung zu entsprechenden Erwartungen innerhalb des israelitisch-jüdischen Vorstellungskreises. Zunächst führt er als religionsgeschichtlichen Tatbestand an, dass der Hosianna-Ruf als Begrüßung jedem galt, der zum Tempel pilgerte. Wenn Israel sich diesen Brauch des Heraustretens aus dem Alltag und diese Form der Teilnahme erhalten hat, so Schleiermachers Ermahnung, um wie viel mehr sind die christlichen Gemeinden, die nicht mehr „dem Herrn dienen nach einem Gesetz des Buchstaben, sondern im Geist und in der Wahrheit ihn anbeten“ (12) dazu aufgefordert. Da Christus der einzige ist, der im Vollsinn dieser Aussage von Gott kommen kann, kommt es darauf an, die Zeit des Advents einer solchen Begrüßung zu widmen. Als zweiter Sachverhalt wird das prophetische Selbstverständnis einer göttlichen Sendung angeführt. Die häufige Verwendung der Wort-Ereignis-Formel zeigt dieses Bewusstsein, das auch den Grund für die Tradierung der Botschaft über die Jahrhunderte bildete. Auch Jesu Einzug in Jerusalem mussten die Zeitgenossen in diesem Sinne als Kommen eines Propheten verstehen. Schleiermacher findet eine solche Deutung durchaus legitim, hat sie Anhaltpunkte doch auch in bestimmten jesuanischen Aussagen. Allerdings liegt es ihm für den Zusammenhang dieser Predigt daran, die grundsätzliche Differenz Jesu und der ihm vorausgehenden alttestamentlichen Propheten zu betonen. Jene zielten mit ihrer Verkündigung lediglich auf die Wiederherstellung des mosaischen Gesetzes, blieben dabei notwendig aktuell-momenthaft, kasuistisch orientiert und damit partikular. Zudem musste der jeweilige Prophet erst selbst berufen werden. Es bedurfte daher der ständigen Wiederholung, „immer andere mußte der Herr erwecken, wenn sein Volk nicht sollte rathlos dastehen“ (16). Bei Jesus Christus hingegen als dem letzten der Pro←114 | 115→pheten, „dem sein Gotteswort nicht erst auf diese oder jene Veranlassung kam von außen oder von innen in Bildern und Erscheinungen […], sondern dem es ursprünglich und beständig einwohnte als eine Fülle göttlicher Kraft und Weisheit“ (17), gestaltet sich die Gottesbeziehung auf eine völlig neue Weise. Seine Lehre und seine Handlungen zeigen neben der Ursprünglichkeit der Einsicht, die Kontinuität der Verkündigung, die Authentizität des Lebens, die Ganzheit und Einheit des Gegenstands und die Universalität des Gehalts der Botschaft. Er ist zudem der einzige Prophet, der von sich selbst und seinem Reich zeugt. Durch diese Form der Überbietung ist alle andere Prophetie überflüssig geworden und beendet. Schließlich bleibt es nach Schleiermacher drittens noch zu bedenken, dass auch Mose als Führer des Volks aus der Knechtschaft und als Überbringer des Gesetzes als von Gott kommend und legitimiert gilt. Allerdings erweisen sich die mosaischen Satzungen als nicht in der Lage, auch die Kraft ihrer Erfüllung zu gewährleisten. Die einzigen Sanktionierungsmöglichkeiten bleiben äußere Zwangsmittel. Außerdem können die Einzelbestimmungen immer nur konkrete Fälle im Zusammenhang einer bestimmten Rechtskultur regulieren und sind daher notwendig partikular. Vor diesem Hintergrund wird wiederum eine Kontrastfolie entwickelt. Das von Christus gegebene Gesetz ist keine einfache, erwählungsverpflichtete Wiederherstellung des Mosaischen, es ist vielmehr universal angelegt und statt an Furcht an gläubigem Vertrauen ausgerichtet. Dieses neue Gesetz repräsentiert nicht mehr bestimmte Rechtssatzungen und Ordnungen, sondern ist als „Gesetz seines eigenen Wesens“ (23) die göttliche Liebe selbst. Diese wird in das Herz der Gläubigen gelegte als ein „Absenker gleichsam seines eigenen alles überwindenden Lebens“ (24), der seine eigene Dynamik entwickelt und freisetzt. Als Fazit seiner Betrachtungen bleibt für Schleiermacher festzuhalten: „Keiner soll kommen, der uns ein vollkommneres Wort Gottes brächte, und keines Menschen Weisheit je etwas herrlicheres reden als Gott zu uns geredet hat durch seinen Sohn …“ (26).

Als zweites Beispiel jener antithetischen Entgegensetzung soll eine Predigt über Joh 8,5619 (Abraham, euer Vater, wurde froh, daß er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich) vom 27.11.1831 herangezogen werden. Hier entwickelt Schleiermacher unter der Fragestellung „Unser Blick in die Zukunft verglichen mit dem des Abraham“ eine Verhältnisbestimmung der Glaubensgewissheit des Erzvaters, die ihm durchaus als beispielhaft gilt, mit derjenigen Gestalt von Gewissheitsüberzeugung, die für christliche Gemeinden selbstverständlich sein sollte. Abraham hatte keinen Gewinn jener großen, an ihn ergan←115 | 116→genen Verheißungen für seine unmittelbare Gegenwart zu erwarten und richtete dennoch, nur aufgrund einer „Ahndnung“ (12), sein ganzen Leben auf diese Hinsicht aus. Die christliche Gemeinde lebt dagegen fest in jener Verheißung, auf die Abraham nur hoffen konnte. Diese gänzlich veränderte Situation kann weiterführende Perspektiven im ethisch-religiösen Bereich freisetzen. Abrahams Freude am Tag des Herrn, von der der Predigttext Joh 8,56 spricht, meint nicht, und das stellt eine Pointe der Schleiermacherschen Interpretation dar, den endzeitlich-kosmologischen Jom Jhwh, sondern Christi Inkarnation, „den großen Wendepunkt der Geschichte, an dem alles alte verging und ein neues ward“ (15). Wenn Abraham dies aus der Distanz wahrnehmen konnte, umso mehr wir, denen dieses Geschehen als christliche Gemeinde unmittelbar vor Augen steht. Insofern kann dieses Jesuswort auch die Funktion übernehmen, die spekulative Kraft des menschlichen Geistes zu zügeln. Eine jede Beschreibung eines über die Gegenwart Christi hinausgehenden eschatologischen Zustandes verfehlt für Schleiermacher notwendig ihre Absicht, weil sie in menschlichen Vorstellungen und in menschlicher Sprache von Dingen reden, über die keine Aussagen möglich sind. Die christliche Gemeinde weiß nur, dass jene Zukunft in der Gemeinschaft der Gotteskindschaft besteht (Joh 17). Wie Abrahams Blick weit über seinen unmittelbaren Kontext hinausging, so richtet sich auch unsere Hoffnung auf das Verborgene, aber im Unterschied zu ihm nicht auf grundsätzlich Neues und noch Ausstehendes, sondern auf die Entfaltung, Ausbreitung und Durchsetzung des schon Gegebenen. Jede menschliche Handlung „muß ausgehen von dem höheren Leben das uns mitgetheilt ist durch den Einen“, der „sich nur immer mehr verherrlichen wird bei allem Wechsel irdischer Dinge“ (19).

Zuletzt ist noch auf Schleiermachers Adventspredigt vom 23.12.1832, die unter der Themenstellung „Der Unterschied zwischen dem Wesen des neuen und des alten Bundes an ihren Stiftern dargestellt“ Hebr 3,5 f. (Mose war treu als Knecht; Christus aber als Sohn) thematisiert, einzugehen.20 Das Zentrum des Textes besteht für Schleiermacher in einer Verdeutlichung der Spezifik des Selbstverständnisses und der Wirksamkeit Jesu, entwickelt an der Kontrastfolie der Rolle des Mose, „und zwar so, daß wir aus dieser Entgegensetzung begreifen, wie der eine nur konnte äußerliches begehren, einrichten, vollbringen, der Andere aber nothwendig mußte und nur konnte auf das innere sehen“ (42). Es geht also letztlich um eine Wesensbestimmung von Judentum und Christentum, die – ganz im Sinne der Reden – ihren Anhalt an den maßgeblichen Figuren als Stiftergestalten sowie deren unterschiedlicher Weise der Gestaltung des Gottesverhältnis←116 | 117→ses nimmt. Die Argumentation ist zweiteilig angelegt. Zunächst soll das beiden Stiftern gemeinsame Auszeichnende und dessen interne Differenz, dann der in ihrer Tätigkeit sich zeigende Gegensatz offengelegt werden. Der Einstieg geschieht über die Feststellung, dass in Hebr 3,5 f. Mose wie Jesus die Eigenschaft der Treue attestiert wird. Mose ist allerdings nur die Treue eines Knechtes zu eigen, der als solcher in einem grundsätzlich asymmetrischen Verhältnis zu seinem Herrn stand, insofern „in ihrem Zusammenleben nur der Wille des Einen galt, der Andere aber nichts zu wollen hatte, sondern nur auszuführen“ (43). Einem Knecht bleibt der Grund von Weisungen und ihr innerer Zusammenhang bei allem Gehorsamswillen verschlossen. Seine Treue ist rein ausführend, Schleiermacher kann auch vom Knecht als „Werkzeug“ reden. Mose nun zeichnete sich als geeignetes Werkzeug Gottes gerade dadurch aus, dass er – obwohl im Kontakt zum Hof des Pharao stehend – an der Eigenart Israels im Gegensatz zu allen anderen Völkern festhielt; darin erwies er sich als „große[r] Mann“ (45). Sein Interesse richtete sich unmittelbar auf den Landgewinn. Auf diese als nah bevorstehend erhoffte Erwartung zielte seine Tätigkeit als Gesetzesgeber und -hüter, als Richter und Prophet. Mose ist für Schleiermacher demnach der große Mann für die Sozialgröße Israel, insofern er die Doppelfunktion staatlicher und kirchlicher Ordnungsgewalt ausübte, also die Gesamtverfassung des Lebens bestimmte, ohne jedoch Anzeichen eines tieferen Verständnisses oder einer inneren Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen zu zeigen. Aus dieser Spannung rühren auch die Zweifel und Konflikte, die letztlich dazu führten, dass er das gelobte Land nicht betreten darf (Num 14,29). Die als heiliger Ort zunächst eingesetzte Stiftshütte und dann auch der Tempel stellen Institutionen dar, die der Vergewisserung der Erwählung und damit des Herausgehobenseins aus den Völkern dienen sollten. Dieser „Geist der Absonderung“ (56) sicherte zwar den monotheistisch ausgerichteten Gottesbegriff, führte aber gleichzeitig zu einer unlebendigen Ritualisierung und Erstarrung des Kultverhaltens, wie er für Schleiermacher den „ästhetischen Monotheismus“ notwendig prägt. Mose stiftete also den Typus einer abgegrenzten Gemeinschaft, in der sich religiöse und weltliche Ordnung durchdringen. Alle denkbaren hermeneutischen oder dogmatischen Versuche, jenes partikulare Interesse auf eine gesamtheilsgeschichtliche Vorausschau zu erweitern, können nach Schleiermacher nur „auf erkünstelte Weise“ (46) erbracht werden. Dies gilt auch hinsichtlich aller Prophetengestalten, deren höchster, in den Schriften des Alten Testaments bezeugter Ehrentitel gleichfalls der eines Knechtes war.

Für Christus dagegen bezeugt Hebr 3,6 die Treue eines Sohnes. Schleiermacher verweist in diesem Zusammenhang auf den grundsätzlichen Unterschied der Verwendung der Prädikate ‚Kind‘ und ‚Sohn‘ in den Schriften des Neuen Testa←117 | 118→ments. Das Kind ist der unmündige und unselbständige Abhängige und insofern dem Knecht ähnlich; der Sohn ist der dem Vater gleichberechtigte, sich freiwillig seinem Willen fügende Mitgestalter desselben. Als Sohn benötigt er keine Rechtssätze oder einzelne Befehle, sondern erfasst die väterliche Absicht in selbständiger intuitiver Aneignung und Anverwandlung. Eine solche Beziehung fundiert nun die Treue Jesu und macht sie einzigartig: „Was er sagte, das war der Wille Gottes“ (50). In diesem Sachverhalt liegt für Schleiermacher auch der eigentliche Grund für die Identitätsaussage in Joh 10,30. Daher ist im Verhältnis Jesu zum Vater – anders als im Falle des Mose – auch kein Konflikt denkbar. Die Gethsemaneszene, das sei nur angemerkt, bleibt auch hier – wie in der ‚Leben-Jesu-Vorlesung‘ von 1819 – unberücksichtigt. In dieses Sohnesverhältnis nimmt Jesus zunächst die Jünger und dadurch vermittelt alle Menschen hinein. Von daher ist seine Botschaft durch keine Form von Partikularität begrenzt, vielmehr über das Thema der Liebe und der Gotteskindschaft generell universalistisch angelegt. Für Schleiermacher besteht die göttliche Absicht, die sich in der Erwählung des Knechtes Mose und der von diesem vollbrachten Taten äußert, letzten Endes in der Vorbereitung des in seinem Sohn aufgerichteten neuen Bundes. „Um dieses einzigen Nachkommen Abrahams willen war die ganze Nachkommenschaft desselben heilig …“ (45). Es geht ihm, wie er beteuert, nicht etwa darum, „den alten Bund herabsetzen“ zu wollen (53). Vielmehr kann dieser als notwendige Vorbereitung aufgefasst werden, die dazu diente, die Sendung Jesu Christi umso stärker zum Leuchten zu bringen.

Für die Adventspredigten ist es charakteristisch, dass Schleiermacher Judentum und Christentum als zwei nach ihren Stiftergestalten, Zentralanschauungen und Ursprungserlebnissen zu unterscheidende Religionen vorstellt, die sich auf unterschiedliche Gestaltungen des Gottesverhältnisses hin ausrichten. Auch die heiligen Urkunden beider Religionen stehen unter einer solchen individuationstheoretischen Prämisse. Die Inkarnation Christi lässt die Zeit des alten Bundes und die Zeit des Neuen Bundes antithetisch auseinandertreten. Der Begriff „Wende der Zeiten“ kennzeichnet für Schleiermacher die Grenzziehung zwischen beiden Religionen und damit verbunden beiden Spielarten von Monotheismus. Diese Zeitenwende gilt ihm als ewige Ordnung, die im Christentum ihre endgültige Manifestation erfahren hat (Predigten V, 285).

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Unseren Durchgang abschließend soll der Kontext der politischen Predigten zu stehen kommen. Schleiermacher hat im Rahmen dieses Bezugsfeldes siebenmal über alttestamentliche Texte gepredigt. Den ersten Anlass bot dabei im Mai 1795 der Friede von Basel, mit dem Preußen aus der Koalition gegen das revolutionä←118 | 119→re Frankreich ausschied, zu dessen Feier unter der Überschrift „Anregung zum Danke gegen Gott wegen der Wohlthat des wiedergeschenkten Friedens“ Ps 100,4 f. (Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seine Vorhöfen mit Loben) ausgelegt wurde. Weitere Psalmentexte als Predigtgrundlage begegnen in späteren Jahren anlässlich des Sieges von Großbeeren und Dennewitz im September 1813, der Wende im Verlauf der Befreiungskriege, wo Schleiermacher mit der Kernaussage ‚Recht muß doch Recht bleiben‘ Ps 94,12–15 interpretiert, sowie anlässlich der Fünfjahresfeier der Völkerschlacht im Oktober 1818, wo Ps 68,3 f. (Gott richtet die Gottlosen und richtet die Gerechten auf) zur Grundlage der Auslegung gemacht wird. Interessant ist, dass alle drei genannte Psalter-Perikopen dem unmittelbaren Kontext der Jahwe-Königs-Psalmen entstammen bzw. Gott als siegreichen Feldherren im Kampf vorstellen. Der 400. Jahrestag der Herrschaft des Hauses Hohenzollern in der Mark Brandenburg (1815) wird von Schleiermacher mit dem Tempelweihgebet Salomos aus 1Kön 8 unterlegt, das ihm als exemplarischer Ausdruck des angemessenen Gottesverhältnisses eines weisen und frommen Königs gilt. Das 25-jährige Thronjubiläums Friedrich Wilhelm III. im November 1822 thematisiert mit Prov 22,11 (Wer ein reines Herz und liebliche Rede hat, dessen Freund ist der König) ebenfalls ein Element der traditionell mit jenem großen alttestamentlichen Herrscher verbundenen Weisheitslehren. In beiden letztgenannten Fällen wird die eigene Obrigkeit und die mit deren Regierung verbundene Erwartungshaltung also vor der Folie des weisen und gottgefällig lebenden Königs Salomo entwickelt. Hinter diesen Idealtyp tritt die Geschichte der regierenden Könige in Israel und Juda als Zeugnis einer fremden Kultur weit zurück. Eine weitere Tradition ist noch zu nennen: Zum Anlass der Trauerfeier für Königin Luise sowie zur Mobilmachung für den Befreiungskrieg sind Texte aus dem corpus propheticum Grundlage der Auslegung. Auf die zuletzt genannten Predigten sowie auf den Entwurf über Ps 94 soll nun näher eingegangen werden.

Für das Totengedenken Luises, die im August 1810 im Alter von nur 35 Jahren überraschend starb, wurde von behördlicher Seite der Text Jes 55,8–9 (Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken) vorgeschrieben.21 Schleiermacher nimmt diese Verse aus der Schlusspassage Deuterojesajas zum Anlass, menschliche Erwartungen und göttliche Absichten zueinander ins Verhältnis zu setzen. Es kommt ihm darauf an, dass die Unergründlichkeit des Willens Gottes nicht verwechselt wird mit einer lediglich zeitlich noch ausstehen←119 | 120→den, aber innergeschichtlich zu erwartenden Übereinstimmung, es ist hier „nicht die Rede von dem Gegensaz zwischen Erwartung und Ausgang, sondern zwischen göttlichem und ungöttlichem Sinn“ (143). Dieser Prämisse verpflichtet versucht die Auslegung eine Annäherung an jenen uns verborgenen Sinn des göttlichen Willens; Schleiermacher hat die Intention, „unsere Gedanken mit Gottes zu einigen“ (143). Jene Annäherung verfährt in einem Dreischritt, wobei stets abschließend auf die Lebensleistung der Königin reflektiert wird. Zunächst geht es Schleiermacher um die Charakterisierung des Wertes des menschlichen Lebens, der weder von der Lebensdauer noch vom Grad des Besitzes an irdischen Gütern abhängen kann, sondern nur davon, „wie reichlich sie [die Lebenszeit] mit demjenigen angefüllt ist, was den wünschenswerthen Inhalt des Lebens ausmacht“ (144). Näher entfaltet wird dieser Gedanke über ein – aus der pietistischen Hermeneutik bekanntes – Modell, das Schema von Schale und Kern. Zum Bereich der ‚Schale‘ gehört für Schleiermacher alles, was an Gegebenheiten und Einflüssen von außen begegnet. Der ‚Kern‘, von ihm auch als „Wesen“ (144) des Menschen bezeichnet, repräsentiert dagegen das, was der Mensch ist und sein kann, sein „innerste[s] Selbst“ (144), das ihm qua Gottebenbildlichkeit aufgegeben ist. Zum Ziel eines erfüllten Lebens erklärt Schleiermacher die möglichst vollständige Entfaltung aller potentiell in ihm angelegten geistigen Kräfte und Vermögen. Zu den von Gott zur Beförderung jenes Impulses den Menschen vor Augen gestellten Figuren gehört dann Königin Luise, deren Lebensentwurf mit der Fähigkeit zur Liebe ein klares Zentrum aufweist. Mit dem Thema der Liebe kommt Schleiermacher dann auf einen zweiten Aspekt der Auslegung des Jesajatextes zu sprechen. Gegen deren Herleitung rein aus egoistischen Interessen oder ausschließlich aus der geselligen Neigung des Menschen betont er mit impliziten Bezug auf Dtn 6, dass menschliche Liebe nur da gelingt, wo sich Selbstliebe wie Nächstenliebe an der Gottesliebe orientieren und von dieser abstrahlen. Wiederum steht Königin Luise als exemplarische Gestalt einer solchen Orientierung da, insofern sich „in ihr die gottähnliche Natur und Abstammung des Menschen offenbarte!“ (147). Die Predigt schließt mit einer Betrachtung der Bedeutung ethischen Handelns. Diese Bedeutung ausschließlich über den äußerlich wahrnehmbaren Erfolg einer Lebensgestaltung ablesen zu wollen, wäre ein „falsche[r] Maaßstab“ (148). Der Grund für diese Reserve liegt aber weniger in einer resignativen Haltung bezüglich der Möglichkeiten menschlicher Betätigung, sondern ist vielmehr einheitstheoretisch begründet. Für Schleiermacher widerspricht es Gottes Absicht, seinen Willen durch die Leistung eines Einzelnen durchsetzen zu lassen. Erst die durch das Zusammentreten Vieler zu einer neuen Einheit gebündelten Kräfte sind dieser Aufgabe gewachsen. Es „kommt darauf an, wie die Thätigkeit und der Sinn des←120 | 121→ Anderen mit dem was der Eine will, zusammenstimmt oder nicht“ (148). Dieses Modell des Zusammenspiels von Kräften und Wirkungen, das bereits in Schleiermachers Neujahrs- und Bußtagspredigten prominent begegnet war, wird von ihm aus der inneren Verfasstheit der Natur auf die Sphäre des Geistes und der Kultur übertragen. Es kommt auf die „Wirksamkeit des Einzelnen durch die der übrigen“ (148) an, eine Haltung, die wiederum von Luise hervorragend repräsentiert wurde. Ihr Leben zeigt „das Wort, das nicht leer zurückkommt“, von dem Deuterojesaja am Ende der auszulegenden Perikope spricht.

Eine zweite Predigt22 über einen Text aus dem Komplex der Prophetie soll uns Schleiermachers Umgang mit jener Tradition weiter illustrieren. Anlässlich der mit dem Aufruf des Königs ‚An mein Volk‘ verbundenen allgemeinen Mobilmachung im März 1813 kompiliert Schleiermacher einen Predigttext aus zwei Kapiteln des Buches Jeremia. In diesem Fall wählt er also den auszulegenden thematischen Bezug selbst aus (566). Ich rekapituliere kurz die Aussage der Kapitel Jer 17 und 18: Dem sich nur auf Menschen verlassenden Frevler, der scheitern wird wie ‚die Heide in der Wüste‘, setzt der Prophet in großer Nähe zu der in Ps 1 verwendeten Metaphorik den vom Herr Gesegneten gegenüber, der sich auf Gottes Führung verlässt und dessen Leben ‚wie ein Baum an Wassern gepflanzt‘ gelingt. Schleiermacher kommt es nun zunächst darauf an, einem naheliegenden Missverständnis zu wehren. Jener Gegensatz ist nicht etwa auf das Gegenüber der in den Krieg eintretenden Mächte, also Frankreich und Preußen, zu beziehen. Einer solch einfachen Differenzierung würde ein partikularistisches Vorurteil zugrunde liegen. Vielmehr dient ihm die Betrachtung des Jeremiatextes dazu, die innere Geschichte Preußens vor diesem Entweder-Oder kritisch zu reflektieren. Jeremia zeige mit seinen Worten die allgemeine Regel auf, dass das Geschick des Einzelnen wie der Gemeinschaft von der Gestaltung des Gottesverhältnisses abhängt. Schleiermacher entwickelt diesen Gedanken in zweifacher Hinsicht, zum einen nach der in politischen Veränderungen liegenden Chance für den „bürgerlichen Zustand […]“ (567) und zum anderen nach damit verbundenen Orientierungsmöglichkeiten für die Handlungsdimension. Im Zuge der ersten Betrachtung begegnen deutlich kritische Töne: Der Aufstieg Preußens zu einer der führenden europäischen Mächte geriet – so Schleiermacher – im Verlauf der letzten Jahrzehnte zu einer nicht mehr bewusst hinterfragten oder aktiv verfochtenen Selbstverständlichkeit, nach der „uns ohne Anstrengung der eigenen Kraft, ohne eigne gottgefällige Werke die Nachwirkung des alten Ruhmes immer höher tragen“ (567) sollte. Für ihn führ←121 | 122→ten ungezügelte Expansionsbestrebungen, das Versäumnis verlässlicher Bündnisschlüsse und eine unkritisch gepflegte Frankophilie (570) zu dem Zustand, der Preußen dem bei Jeremia genannten ‚Frevler, der sich nur auf Menschen verlässt‘ ähnlich werden ließ. Stichworte wie „Schlaffheit“, „Entnervung“, „Feigherzigkeit“ und „Heuchelei“ (568) fallen in diesem Zusammenhang. Den im Resultat der Schlacht von Jena und Auerstedt aufoktroyierten Frieden von Tilsit sieht Schleiermacher als göttliches Strafgericht, als „innere[s] geistige[s] Verderben“ (568). Dagegen kann die den Predigtanlass darstellende Mobilmachungserklärung das Signum eines grundsätzlichen Neubeginns tragen. Als „Rückkehr zu Wahrheit“ (569) umgreift sie die Möglichkeit, das einem Volk als charakteristisch Spezifisches von Gott Bestimmte auch leben zu können. Hier ist eine Form von Individuationstheorie leitend, nach der jeder vergemeinschafteten Größe eine spezifische Art und Weise der Gestaltung des politisch-sozialen Lebens zukommt. Im Aufbruch der allgemeinen Mobilmachung liegt für Schleiermacher die „Hoffnung, daß wir uns erhalten werden unsere eigentümliche Art, Gesetz, Verfassung und Bildung“ (570). Daneben bietet sich die Chance, aus den Grenzen des rein legalistisch Sanktionierten auszubrechen, insofern in dieser Zeit der Entscheidung nicht der „Buchstabe des Gesetzes“, sondern „That und Gefühl“ (570) leitend sind. Quer durch alle Standes- und Bevölkerungsgruppen ruft Schleiermacher zu in Liebe verbundener Aktivität auf, die er als gemeinsamen „Beruf“ (572) aller Preußen bezeichnet. Hier ist wiederum das Motiv der Bündelung der Kräfte leitend, das uns in der Auslegung von Jes 55 bereits begegnet war. Im Falle unserer Predigt stellt also der alttestamentliche Text die Notwendigkeit einer Entscheidung vor Augen. Das Prophetenwort soll die Unvermeidlichkeit einer Positionierung in Zeiten der Krisis illustrieren. Als Schlussparänese formuliert Schleiermacher: „So stehe jeder auf seinem Posten und weiche nicht! so halte sich jeder frisch und grün im Gefühl der großen heiligen Kräfte, die ihn beleben! so vertraue jeder Gott und rufe ihn an“ (577).

Der zuletzt ausgeführte Gedanke der aktualen Entscheidungsnotwendigkeit zeigt sich auch in dem nicht vollständig überlieferten Text der Predigt anlässlich der Schlachten von Großbeeren und Dennewitz im September 1813, den wir – den Bereich der politischen Predigten über alttestamentliche Texte abschließend – noch kurz heranziehen wollen. Der für diesen Anlass vorgeschriebene Text Ps 94,12–15 mit seiner Zentralaussage ‚Recht muß doch Recht bleiben‘ dient Schleiermacher als Ausgangspunkt, die gegenwärtige Situation vor dem Hintergrund eines Rückblicks auf die Vergangenheit und des Versuchs eines Vorblicks in die Zukunft zu bedenken. Die überführende Kraft des Gesetzes, von der im Eingang der Perikope die Rede ist, zeigt sich für ihn bei einer unvoreingenom←122 | 123→menen Betrachtung der eigenen Geschichte. Ähnlich wie in der Predigt anlässlich des Aufrufs zur Landwehr begegnen diagnostische Termini wie „Trägheit, Sicherheit und Selbstsucht“ (586), die die Zeit der napoleonischen Besatzung kennzeichneten. Ebenfalls vergleichbar ist, dass Schleiermacher seine unmittelbare Gegenwart dagegen als Situation der Umkehr und der Revision des Gewesenen versteht. Er interpretiert den Psalmtext als Aufruf, im Vertrauen auf den göttlichen Beistand auf die richtige Zeit warten zu können und sich dann, wenn sie eintritt, in Eindeutigkeit zu positionieren.

Schleiermacher verwendet im Bereich seiner Tätigkeit als politischer Prediger alttestamentliche Bezüge und Traditionen überwiegend als Orientierungsgrößen für eine Form des Obrigkeitsverständnisses, das in Analogie zum Jahwe-Königtum bzw. zum salomonischen Idealkönigtum aufgebaut wird. Die Propheten stellen daneben einen zweiten konstruktiven Anknüpfungspunkt dar, insofern sie als Mahner zu Umkehr und Entscheidung fungieren, eine Aufforderung, die über den unmittelbaren Kreis der ursprünglichen Adressaten hinaus zeitübergreifend wirken kann.

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Zuletzt möchte ich ein Fazit unserer Betrachtungen versuchen. Dass dies lediglich in Form von Stichpunkten erfolgen kann, ist sowohl dem Gegenstand als auch dem Anlass der Ausführungen geschuldet. Die von Schleiermacher in den Predigten geleistete Auseinandersetzung mit dem Alten Testament verfährt nie in Gestalt von einzelexegetischen Betrachtungen oder religionsgeschichtlichen Detailuntersuchungen, sondern richtet den Blick auf zentrale Vorstellungsgehalte, die in den Texten begegnen, und versucht deren Übertragung und applikative Fruchtbarmachung unter den Bedingungen gegenwärtiger christlicher Rezeption. In dieser Hinsicht kommen besonders weisheitliche Textbestände in Frage, die folgerichtig auch den größten Teil der von Schleiermacher selbst gewählten Predigtperikopen ausmachen. Der Weise – ob Hiob, der Prediger oder Salomo – steht dabei als Idealtyp des frommen Zweiflers, der genau in diesem Changieren die Grundsituation des Menschen repräsentiert. Insofern ist er Ausweis von dessen bleibender Erlösungsbedürftigkeit, auch wenn im Falle der christlichen Gemeinde jene Erlösung bereits Gestalt gewonnen hat. Den Weisheitstexten wie auch der Prophetie entnimmt Schleiermacher darüber hinaus das Motiv der Dialektik von Vergangenheit und Zukunft, die für die Gegenwart auf eine Entscheidung hindrängt, auch wenn die Handlungsmöglichkeiten weiter unter der Prämisse partieller Entzogenheit stehen. Ein solcher Umkehrruf kann über den Kreis der ursprünglichen Adressaten hinaus zeitübergreifend und unmittelbar wirken, so Schleiermachers Überzeugung. Besonders am Ort der Neujahrs- und Bußtags←123 | 124→predigten kommt zudem die zivilreligiöse Bedeutung zum Tragen, die Schleiermacher den alttestamentlichen Texten zurechnet. Das Alte Testament weist Ordnungsmuster auf, die im Zusammenhang kollektiver Gestaltungsaufgaben soziale Identität stiften und gesellschaftliche Zusammenhänge regulieren helfen. Auch der Reflex auf die ‚großen Männer‘ der Religionsgeschichte Israels verdankt sich diesem zivilreligiösen Kontext. Mit dem Begriff der ‚Wende‘, der bei Schleiermacher als zentraler Topos begegnet, ist die grundsätzliche Auffassung verbunden, dass das Alte Testament durch den in Jesus Christus geschlossenen neuen Bund überholt ist. Daher fordert er eine strikte Unterscheidung beider Bibelteile. Unter der Voraussetzung jener Gegensatzprämisse verbürgt ihm das Neue Testament im Falle vergleichbarer alttestamentlicher Aussagen stets eine höhere Deutlichkeit und damit den geeigneteren Bezugsrahmen für den christlichen Leser.←124 | 125→


1 Zum Problem der Behandlung des Alten Testaments bei Schleiermacher vgl. Steudel, Johann Chr.: „Ueber Schleiermacher’s und Marheineke’s Ansicht über das A. T.“ In: Oehler, Gustav Friedrich (Hrsg.): Vorlesungen über die Theologie des Alten Testaments. De Gruyter: Berlin 1840, Beilage VI, S. 539–543; Diestel, Ludwig: Geschichte des Alten Testaments in der christlichen Kirche. Mauke’s Verlag: Jena 1869, S. 688 f.; Lucas, Erhard: „Die Zuordnung von Judentum und Christentum von Schleiermacher bis Lagarde“. EvTh 23, 1963, S. 590–607.

2 Vgl. Hengstenberg, Ernst Wilhelm: „Ueber Dr. Schleiermacher’s Behauptung der Unkräftigkeit und Entbehrlichkeit der messianischen Weissagungen“. Evangelische Kirchenzeitung 3, 1830, S. 17–21; 4, 1830, S. 25–31. Vgl. dazu die gesamte von Hengstenberg in den Jahren 1829/30 in diesem Journal lancierte Debatte. Ludwig Diestel vermutet Ermangelung eines „tieferen Studiums” der alttestamentlichen Texte. Vgl. Diestel, op. cit., S. 688.

3 Vgl. exemplarisch Nitzsch, Carl Immanuel: System der Christlichen Lehre. Adolph Marcus: Bonn 41839, S. 78–81.

4 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Der christliche Glaube (1830–31). Nachdr. der 7. Aufl., 1960. De Gruyter: Berlin 1999, S. 62–64 (CG2, §9.2).

5 Op. cit., S. 301 (CG2 § 132).

6 Vgl. zum Gegenstand bes. Trillhaas, Wolfgang: Schleiermachers Predigt. De Gruyter: Berlin 19752.

7 Überlieferte Predigttexte: 1Kön 8,56–58; 2Chr 1,10; Jes 55,8 f.; Jer 17,5–8 und 18,7–10; Hi 38,11; 42,1–3; Pss 1,1–3; 6,7; 7,18; 8,5–7; 10,10–12; 10,17; 12,2; 12,4; 13,6; 14,1; 15,1 f.; 15,4; 19,13; 24,1; 26,8; 32,5; 68,3–4; 90,10; 100,4 f.; 143,10; Koh 1,8 f.; 3,11–13; 7,11; Prov 14,34; 21,25; 22,11. Vgl. Meding, Wichmann von: Bibliographie der Schriften Schleiermachers. Schleiermacher-Archiv 9. De Gruyter: Berlin 1992, S. 343 f.

8 Vgl. Meding, op. cit., S. 229–327.

9 1. Rubrik: Betstunden Charité und Dreifaltigkeit (alle 1800): 1) 2Chr 1,10: Sonntag, Vormittag (Dreifaltigkeitskirche) (5.1.1800) E; 2) Ps 6,7: Sonntag, Vormittag (Lazarett) (12.1.1800) E; 3) Ps 7,18: Dienstag, Betstunde (14.1.1800) E; 4) Ps 8,5–7: Sonntag, Betstunde (26.1.1800) E; 5) Ps 10,17: Dienstag, Betstunde (28.1.1800) E; 6) Ps 12,4: Sonntag, Vormittag, Betstunde (2.2.1800) E; 7) Ps 1,1–3: Dienstag, Vormittag, Betstunde (4.2.1800) E; 8) Ps 12,2: Sonntag, Betstunde (23.2.1800) E; 9) Ps 19,13: Dienstag, Betstunde (25.2.1800) E; 10) Ps 14,1: Sonntag, Betstunde (9.3.1800) E; 11) Ps 15,1 f.: Dienstag, Betstunde (25.3.1800) E; 12) Ps 15,4: Mittwoch, Betstunde (23.4.1800) E; 13) Ps 10,10–12: Sonntag. Vormittag, Betstunde (27.4.1800) E; 14) Ps 13,6: Sonntag, Vormittag, Betstunde (4.5.1800) E; 15) Ps 32,5: Mittwoch, Bettag, Betstunde (7.5.1800) E; 16) Ps 24,1: Sonntag, Vormittag, Betstunde (18.5.1800) E; 17) Ps 143,10: 1. Pfingsttag, Vormittag, Betstunde (1.6.1800) E.

10 2. Rubrik: Jahreswechsel/Bettag: 1792/94/96/97/99 (Schlobitten/Landsberg/Charité, Halle, Berlin): 1) Ps 90,10: Die wahre Schätzung des Lebens. Ueber Psalm 90,10. Am Neujahrstage 1792 (1.1.1792, Schlobitten?) L 2) Ps 26,8: Der Werth des öffentlichen Gottesdienstes. Am lezten Sonntage des Jahres (28.12.1794, Landsberg) L; 3) Prov 21,25: Das Leben und Ende des Trägen (16.11.1794, vorletzter Sonntag im Kirchenjahr) L; 4) Prov 14,34: Die Gerechtigkeit ist die unentbehrliche Grundlage des allgemeinen Wohlergehens. An einem allgemeinen Bettage (20.4.1796, Landsberg) L; 5) Koh 1,8 f.: Die Aehnlichkeit der Zukunft mit der Vergangenheit. Am Neujahrstage (1.1.1797, Charité) L; 6) Hi 42,1–3: Demüthigung vor Gott. Am allgemeinen Bettage (17.4.1799, Charité) L; 7) Koh 7,11: Daß die lezten Zeiten nicht schlechter sind als die vorigen. Am lezten Sonntage des Jahres 1806 (28.12.1806, Halle) L; 8) Koh 3,11–13: Wie wir es erringen, fröhlich zu sein in der Arbeit. Ueber Pred. Sal. 3,11–13. Am Bußtage (16.5.1810, Berlin) N; 9) Hi 38,11: Gott, der allen Dingen ihr Maß bestimmt. Am Neujahrstage (1.1.1824, Berlin) L; 10) Prov 14,34: Zwei Beispiele davon, wie, wenn die Gerechtigkeit ein Volk nicht erhöht, die Sünde das Verderben desselben wird (16.5.1832, Berlin) L (2. Mal).

11 An dieser Stelle sei nur angemerkt, dass der Bußtag oder „große Bettag” zu Schleiermachers Zeiten durch einen bereits 1773 ergangenen Erlass Friedrichs II. vom vierteljährlichen Turnus auf einen im Jahresverlauf einmaligen, am Mittwoch nach dem Sonntag Jubilate zu begehenden Gedenktag eingegrenzt war. Auf Grund dieser königlichen Direktive gilt Schleiermacher der Bußtag als staatlicher Feiertag und so wollte er ihn auch behandelt wissen.

12 3. Rubrik: Adventspredigten: Auswahl: 1) Mt 21,9: Christus, der da kommt in dem Namen des Herrn (30.11.1817?) L; 2) Joh 8,9 [eigentlich: Joh 8,56): Unser Blick in die Zukunft verglichen mit dem des Abraham (27.11.1831) L; 3) Hebr 3,5 f.: Der Unterschied zwischen dem Wesen des neuen und des alten Bundes an ihren Stiftern dargestellt (23.12.1832) L.

13 4. Rubrik: Politisches: 1) Ps 100,4 f.: Anregung zum Dank gegen Gott wegen der Wohlthat des wiedergeschenkten Friedens. Ueber Ps. 100,4–5. 1795 (17.5.1795, Landsberg, Frieden von Basel) L; 2) Jes 55,8 f.: Wie wir auch in Bezug auf das Andenken an die vollendete Königin unsere Gedanken mit Gottes zu einigen haben (5.8.1810, Berlin) L; 3) Jer 17,5–8 und 18,7–10: Predigt am 28. März 1813. Zum Besten der Auszurüstenden (Aufruf zum allgemeinen Landsturm) (28.3.1813, Berlin) L; 4) Ps 94,12–15: Predigt am 12.9.1814 anlässlich des Sieges über Napoleon (behördlich vorgeschriebener Text); 5) 1Kön 8,56–58: Predigt am Zwei und Zwanzigsten Oktober in der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin gesprochen (Sieg über Napoleon in Waterloo, zwei Jahre Völkerschlacht; 400 Jahre Hohenzollern in Brandenburg, Treueeid der Untertanen in der Mark) (22.10.1815, Berlin) L; 6) Ps 68,3 f.: Predigt am 18ten Weinmond 1818 in der Dreifaltigkeits-Kirche gesprochen (18.10.1818, Berlin) L. 7) Prov 22,11: Predigt am 17ten November 1822 in der Dreifaltigkeitskirche (17.11.1822, 25jähriges Thronjubiläum Friedrich Wilhelms III.) L.

14 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: KGA III/4, S. 66–73.

15 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Predigten. Siebente Sammlung. Neue, nach der vollständigen und unveränderten dritten Berliner Original-Ausgabe gedruckte Auflage. Enßlin’sche Buchhandlung: Reutlingen 1835, S. 272–288.

16 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Predigten. Fünfte Sammlung. Neue, nach der vollständigen und unveränderten dritten Berliner Original-Ausgabe gedruckte Auflage. Enßlin’sche Buchhandlung: Reutlingen 1835, S. 108–132.

17 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, hrsg. von Günter Meckenstock. De Gruyter: Berlin/New York 2001, S. 59 (Originalpaginierung (1799) S. 6).

18 Schleiermacher, Predigten. Fünfte Sammlung. op. cit., S. 9–28.

19 Schleiermacher, Predigten. Siebente Sammlung. op. cit., S. 7–22.

20 Schleiermacher, Predigten. Siebente Sammlung. op. cit., S. 41–59.

21 Schleiermacher, KGA III/4, S. 138–150.

22 Schleiermacher, KGA III/4, S. 563–577.