Malte Dominik Krüger

Work-Life-Balance? Evangelische Arbeitsethik heute

Abstract The call for work-life-balance articulates an essential problem of the context of contemporary ways of living, which has its roots in the Protestant work ethic. This essay argues that instead of fixating on work-life-balance only the cultivation of appreciation can lead to relative unison of a human person with him-/herself.

Jesus tut wundervolle Dinge. Und keiner kann sich – jedenfalls so ganz genau – erklären, wie er das macht. Jeden Tag arbeitet Jesus hart, um die Welt besser und schöner zu machen. Doch eines Morgens wacht er auf und ist völlig erschöpft. Beim Gang über das Wasser versinkt Jesus und beim Erzählen seiner Geschichten vergisst er plötzlich deren entscheidendes Ende. Also geht Jesus zum Arzt. Dieser untersucht ihn und kommt zum Ergebnis: Jesus hat ein Burnout. Der Arzt verordnet Jesus einen Tag, an dem der bloß das machen soll, wozu er Lust hat. Und so picknickt Jesus gemütlich unter einer Palme, badet zweckfrei im Meer und testet auf einem Esel seine Reitkünste. Doch als es Abend wird, bekommt er ein schlechtes Gewissen. Denn er hat an diesem Tag niemanden geholfen. Und so wendet er sich zerknirscht an seinen himmlischen Vater, der ihn beruhigt, es sei alles in Ordnung. Soweit das Bilderbuch des englischsprachigen Autors Nicholas Allan „Jesus’ Day Off“ aus dem Jahr 1998, das auf Deutsch „Jesus nimmt frei“ erstmals im Jahr 1999 erschienen und inzwischen in dritter Auflage auf dem Markt ist.1

In der Landeskirche Hannover habe 2008 ich dieses Buch zu meiner Ordination als Pfarrer geschenkt bekommen, und ich war damit nicht der einzige. Offenbar ist die in die Gestalt Jesu zurückgespiegelte Erschöpfung des – in Anführungsstrichen: „göttlichen“ – Berufs, der Leistungsdruck und das Effizienzdiktat, die Betriebsamkeit und Fremdbestimmung, der rasante Stillstand im Hamsterrad des Alltags auch für den Pfarrberuf ein zentrales Thema – einschließlich eines schlechten Gewissens, das als gut protestantisch gilt. Das „Deutsche Pfarrerblatt“ hat in der Ausgabe vom September 2014 die „Burnout“-Problematik und die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ – auf Englisch: Work-Life-Balance –←313 | 314→ als sogenannte „Gretchenfragen“2 des Pfarrberufs bezeichnet. Ähnlich urteilt der rheinische Theologe Siegfried Eckert in seiner Streitschrift „2017. Reformation statt Reförmchen“3, die in den betriebswirtschaftlich inspirierten EKD-Reformvorgaben den Grund für die Erschöpfung sieht. Letzteres sei einmal dahingestellt. Doch auch aus einer Außenperspektive, in dem ebenfalls soeben veröffentlichten Buch „Burnout“ von Manfred Nelting4, eines Bonner Facharztes für Psychosomatik, wird neben verschiedenen Berufen wie denen des Managers bzw. der Managerin und des Lehrers bzw. der Lehrerin der Pfarrberuf zu den Berufen mit sehr hohem Burnout-Faktor gezählt. Pfarrerinnen und Pfarrer haben damit an etwas teil, das inzwischen fast sämtliche Berufs- und Altersgruppen erfasst und dem man programmatisch die Forderung einer „Work-Life-Balance“ entgegensetzt.←314 | 315→

Dem möchte ich im Folgenden mit drei Fragen nachgehen. Erstens „Worum geht es, wenn man von Work-Life-Balance spricht?“, zweitens „Was hat die Work-Life-Balance mit protestantischer Arbeitsethik zu tun?“ und drittens „Taugt die Work-Life-Balance als Programm protestantischer Arbeitsethik?“

I. Worum geht es, wenn man von Work-Life-Balance spricht?

Um die Antwort vorwegzunehmen, die ich gleich erläutern werde: Wenn man von Work-Life-Balance spricht, dann hat man es mit einem Begriff zu tun, der ursprünglich der sich dynamisch wandelnden Arbeitskultur entstammt und mit einem zunehmend ausgeweiteten Verständnis verknüpft ist. So bezieht sich die Work-Life-Balance im ersten Schritt auf berufstätige Frauen in den USA. Im zweiten Schritt weitet sich das Verständnis auf Erwerbstätige überhaupt aus. Im dritten Schritt wird die Work-Life-Balance mit Nichterwerbstätigen zusammengebracht.

Wenden wir uns dem ersten Schritt zu. Trotz der prominenten Rolle, die der Begriff „Work-Life-Balance“ spielt, liegt für ihn meines Wissens bisher noch keine einzige begriffs- oder problemgeschichtliche Studie vor. Das mag damit zusammenhängen, dass derzeit fast jede(r) meint, den Begriff und seine Bedeutung zu kennen. Das war nicht immer so. Zwar lässt die englischsprachige Fassung leicht den Schluss zu, dass es um ein Gleichgewicht von Arbeit und Leben geht. Doch erst am Ende der 1990er Jahre wurde der Begriff Work-Life-Balance in Deutschland richtig prominent, zunächst übrigens besonders in der Übersetzung „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Diese Übersetzung ist genauer, als es den Anschein hat. Denn sie verrät den Hintergrund des englischsprachigen Begriffs. Soweit es sich ermitteln lässt, ist er ein Begriff aus der Arbeitswelt im Kampf um kürzere Arbeitszeiten. Er wird am Anfang der 1990er Jahre in den USA zu einem Schlagwort, als sehr gut ausgebildete Frauen in Führungspositionen aufsteigen und vor dem Problem stehen, Familie und Beruf zu verbinden.5 Anders als die in ähnlichen Zusammenhängen häufig gebrauchten Begriffe wie Stress und Burnout, die aus der modernen Technik und ihrer naturwissenschaftlichen Theorie stammen – „Stress“ stammt aus der Materialphysik und meint ursprünglich den Grad der Belastbarkeit eines Stoffes, und „Burnout“ stammt aus der←315 | 316→ Raketentechnologie und meint ursprünglich das Teil einer Raketenstufe, das ausgebrannt als unbrauchbarer Schrott auf die Erde fällt6 – stammt der Begriff Work-Life-Balance also ursprünglich aus der spätmodernen Arbeitskultur und ihrer individuellen Praxis. Thetisch zugespitzt: Die Rede von der Work-Life-Balance reagiert auf die Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelt unserer Spätmoderne, und zwar mit einer starken Konzentration auf ihre individuellen Auswirkungen. Das wird sich, wie noch zu zeigen ist, als ein Problem erweisen.

Im Folgenden geht es um den zweiten Schritt der genannten Entwicklung. Im Verlauf der 1990er Jahre fühlen sich in den USA auch Alleinerziehende, ob nun Frauen oder Männer, und Singles von dem Begriff „Work-Life-Balance“ angesprochen, schließlich auch Paare. In diesem erweiterten Sinn kommt zeitnah die Work-Life-Balance auch zunehmend in Europa an und auf. Sie wird zum Programm derer, die nicht mehr 60 oder 70 Stunden arbeiten wollen. „Arbeit ist das halbe Leben“, wie es im Sprichwort heißt, aber eben auch nicht mehr.7 60 oder 70 Stunden sind übrigens nicht grundsätzlich so unglaublich, wie manche(r) denken mag. So betrug in Deutschland im 19. Jahrhundert die Wochenarbeitszeit über 80 Stunden. Im Jahr 1900, nunmehr auch infolge der 6-Tage-Woche, sank sie auf 60 Stunden ab. Und 1918, mit dem Übergang zum 8-Stunden-Tag, ging sie auf 48 Stunden herunter. 1956 setzten die Gewerkschaften die 5-Tage-Woche durch. Und in den folgenden Jahrzehnten nahm die Arbeitszeit weiter ab. Seit←316 | 317→ 1990 ist es dazu gekommen, dass die Freizeit die Arbeitszeit übertrifft.8 Das heißt: Die Forderung nach der Work-Life-Balance kommt also dann auf, als man durchschnittlich so wenig arbeitet, wie es anscheinend regelhaft niemals zuvor der Fall war.

Dass dennoch eine Work-Life-Balance gefordert wird, zeigt, wie stressig die Arbeit heute wahrgenommen wird. Da die Wirtschaftsproduktivität grundsätzlich keineswegs abgenommen hat9, ist das kein Wunder: Was zuvor in deutlich mehr Arbeitsstunden zu erledigen war, muss nunmehr in kürzerer Zeit bewältigt werden, natürlich unter Zuhilfenahme weiterentwickelter Technologie. Doch diese fordert ihren Tribut: Weitverbreitetes Multitasking, Beschleunigung von Informationsvorgängen durch neue Medien wie das Internet und allgemein ein hoher Grad an Flexibilität verursachen Stress und Erschöpfung.10 Psychische Beschwerden sind dabei häufiger im Dienstleistungsbereich als im Bereich der direkten Industrieproduktion anzutreffen.11 Wenn man unter einem Burnout versteht, dass ein Mensch aufgrund von anhaltendem Stress sich hilf- und hoffnungslos, verängstigt und leer sowie chronisch übermüdet fühlt und bzw. oder Störungen des Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Systems hat12, dann ist nach Studien der deutschen Krankenkassen mindestens ein Drittel der Erwerbstätigen burnout-gefährdet.13 Die aktuelle, im Dezember 2014 in Berlin vorgestellte Umfrage des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“14 geht von einem Viertel der Erwerbstätigen aus. Die Chefs der großen Krankenkassen haben dem „Deutschen Gewerkschaftsbund“ zugestimmt, der vor Arbeitsstress warnt, und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihre Unterstützung signalisiert, die schon seit längerem eine Anti-Stress-Verordnung einführen möchte. Frau Nahles hat←317 | 318→ eine sorgfältige Erarbeitung angekündigt – auch hier gilt offenbar in praktischer Selbstanwendung „Nur kein Stress!“ – und möchte demnächst erste Kriterien für eine solche gesetzliche Regelung zur Diskussion stellen. Dies ist scheinbar dringend geboten, warnen doch jüngst zahlreiche Veröffentlichungen vor dem Stress des Arbeitslebens.15

Die Forderung der Work-Life-Balance hängt also nicht nur – in Anlehnung an Kategorien von Karl Marx formuliert – mit der ökonomischen Basis zusammen, sondern ist auch im Überbau medial wirkmächtig. So titelt die Zeitschrift „Stern“ vom 7. Februar 2013 „Rettet den Feierabend“ und warnt: Das Leben müsse vor dem Job gerettet werden. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 17. Januar 2013 diagnostiziert eine neue Sehnsucht, mehr Freizeit haben zu wollen, und stellt das unter den Titel „Puschendeutschland“ – mit der Abbildung von ein paar plüschigen Hausschuhen. Das Wissenschaftsorgan des Deutschen Hochschulverbandes „Forschung und Lehre“ thematisiert in seiner Juliausgabe 2014 die Work-Life-Balance in eingedeutschter Form unter dem Titel „Arbeit und Leben“. Darin findet man den für dieses Organ eher ungewöhnlichen Hinweis auf Jesus, der schon die Vögel dafür gepriesen habe, dass sie leben und essen, obwohl sie nicht arbeiten. Provokativer beschreiben britische Arbeitswissenschaftler in ihrem 2012 erschienenen Buch „Dead Man Working“ – „Working“, nicht „Walking“! – die Arbeitswelt als eine Zone von gleichsam zombiemäßig ihren Job auslebenden Akteuren. Die spätkapitalistische Erwerbstätigkeit kenne keine Grenzen und bringe den Menschen ums Leben. Entsprechend findet sich auf dem Buch-Cover der englischsprachigen Originalausgabe eine Blutlache abgebildet. Und die Sprachgeschichte scheint ihnen Recht zu geben, wenn das germanische „arebeit“ Strapazen, das französische „travail“ – lateinisch auf „Dreipfahl“: „tripalis“ zurückgehend – Folter und das slawische „robota“ Zwangsarbeit bedeutet, wie der „Roboter“ eigentlich nur ein „schwer arbeitender Mensch“ ist. Andere Bücher nehmen diesen schlechten Ruf der Arbeit schon im Titel auf. Ich nenne aus der Vielzahl von Sachbuch-Bestsellern, die sich für eine Begrenzung der Arbeit oder sogar für den Ausstieg aus dem Job aussprechen, um das eigene Leben zu retten, nur das Folgende. So hat Volker Kitz 2012 sein Buch „Die 365-Tage-Freiheit. Ihr Leben ist zu wertvoll, um es mit Arbeit zu verbringen“ veröffentlicht. Schon das Buch-Cover illustriert die These: Menschliche Selbstverwirklichung sei möglich, aber nur, wenn man sich schnell von seinem Job verabschiede.16 Man mag seine←318 | 319→ und ähnliche, weitverbreitete Thesen vielleicht nicht ganz ernst nehmen. Doch die Veröffentlichung „Die erschöpfte Gesellschaft“ des Psychologen Stephan Grünewald aus dem Jahr 2012 beruht auf mehreren tausend Tiefeninterviews und zahlreichen Studien. Und auch sie weist in die angedeutete Richtung: Viele Erwerbstätige fühlen sich heute bei ihrer Arbeit und durch ihre Arbeit gestresst und erwägen, weniger zu arbeiten, um mehr vom Leben zu haben. Vor allem zeigt die Studie von Grünewald aber: Unruhe, Stress und Erschöpfung unserer Arbeitsgesellschaft sind keineswegs auf die Erwerbstätigen beschränkt. Vielmehr strahlen der Stress und das Effizienzdiktat, denen die Erwerbstätigen unterworfen sind, auch auf deren Familien und andere Gesellschaftsgruppen aus.17

Damit sind wir beim dritten Schritt: Die Forderung der Work-Life-Balance wird nunmehr als Lebenskonzept verstanden, das Menschen vor und nach ihrer Erwerbstätigkeit und auch ohne Erwerbstätigkeit betrifft. So nehmen Kinder teil am Arbeitsstress ihrer Eltern, wenn kranke Kinder häufiger als früher, in die Kita gegeben werden, weil die Eltern aufgrund des eigenen Berufsdrucks keine andere Lösung sehen. Das Effizienzstreben zeigt sich darüber hinaus, wenn Kinder nach einem Kita-Ganztagsplatz noch zahlreiche Aktivitäten wahrnehmen. In der Schule empfinden viele Beteiligte aufgrund verkürzter Schulzeit ihren Alltag zunehmend als stressig; Freizeitaktivitäten an Feiertagen und Zusatzförderungen kommen hinzu. Schule – das ist heute für weite Teile der Lehrer-, Schüler- und Elternschaft vor allem Stress und Druck. Und im Studium führt die Bologna-Reform – mit dem Reizwort der „Modularisierung“ – zu einer stärkeren Überprüfung von Leistungen bei kürzeren Studienzeiten.18 Auch nach der Erwerbsarbeit tritt keineswegs der Ruhestand ein. Wie Grünewald in seiner Studie belegt, sind Senioren heute im vermeintlichen Ruhestand rastlos. Das hat auch mit inneren Einstellungen zu tun, die sich von Veränderungen der Arbeitswelt nicht ganz abkoppeln lassen. Das Bild vom Rentner auf der Parkbank wird als trostlos empfunden und das Idealbild entworfen, mit 66 Jahren finge das Leben erst richtig an, wie Udo Jürgens schon seit 1977 gesungen hat. Doch anders als Udo Jürgens meint(e), ist der Stress mit dem Beruf eben nicht vorbei: Heute stehen Menschen nach dem Erwerbsleben unter dem Druck, mithilfe von Sport, gesunder Ernäh←319 | 320→rung und verschiedenster Aktivitäten bis ins hohe Alter hinein dem Idealbild des immer agilen Menschen zu entsprechen.19 Besonders betroffen vom Burnout sind Erwerbslose. Zwar haben sie keine Arbeit, die zur Forderung einer Work-Life-Balance führen könnte. Doch Erwerbslose sind gerade von der Arbeit gestresst, die sie nicht haben. Hier ist an die Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ aus dem Jahr 1933 zu erinnern. Dieses Pionierwerk empirischer Sozialforschung untersucht die Situation der Menschen in Marienthal (nahe Wien), in dem in den 1930er Jahren infolge der damaligen Weltwirtschaftskrise ungefähr 75 % der Familien von Arbeitslosenunterstützung abhängig waren. Ihr Fazit lautet: Es gibt fast nichts, was Menschen so resignieren und ihr Leben so sinnentleert empfinden lässt wie die Tatsache, keine Arbeit zu haben: Arbeit strukturiert den Tag, Arbeit bringt Sozialkontakte, Arbeit stiftet Sinn und Identität.20 Eindrucksvoll wird dies von der aktuellen DGB-Studie: Arbeit ist entscheidend für den Einzelnen, um sich in der sozialen, sinnstiftenden Dimension seiner selbst zu vergewissern. Laut DGB-Studie identifizieren sich 87 % der Erwerbstätigen mit ihrem Beruf und 69 % haben den Eindruck, „dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten“; für DGB-Chef Reiner Hoffmann ist diese Motivation „ein Wettbewerbsvorteil für Deutschland“21. Doch auch die Alltagsfrage „Und was machen Sie?“ verrät die basale Bedeutung von Arbeit. Denn als Antwort erwartet man den Beruf des Gefragten. Verständlicherweise setzen wir voraus: Was wir sind, lässt sich nicht ganz davon trennen, was wir regelmäßig und hauptsächlich tun.

Letzteres gilt freilich nicht nur von der Erwerbstätigkeit. Im Fall einer Familie mit Kindern werden zum Privatleben etwa Partnerschaft und Kindererziehung, Hausarbeit und Freizeitaktivitäten gezählt. Dabei steckt nicht nur im Begriff „Hausarbeit“ der Begriff der Arbeit. Man kann auch Kindererziehung als Erziehungsarbeit auffassen, Freizeitaktivitäten durchaus als Ehrenamtsarbeit ausüben und die Partnerschaft als Beziehungsarbeit ansehen. Alles scheint Arbeit zu sein können. Dies hatte der Intellektuelle und Schriftsteller Ernst Jünger schon 1932 in seinem Essay „Der Arbeiter“ hellsichtig feststellt. Jünger gilt die Gegenwart als Beginn einer neuen Epoche von umfassendem Arbeitscharakter, auch wenn Jünger noch nicht gerade vorrangig die Hausarbeit für Männer im Blick hatte. Wie das Titelbild der Erstausgabe verrät, hat der Soldat und Insektenkundler, der←320 | 321→ Jünger auch war, einen soldatisch organisierten Ameisenstaat im Auge, der in den verhängnisvollen Jahren um 1933 – politisch hochproblematisch – als attraktiv galt.22 Doch wenn alles Arbeit sein kann, was unterscheidet dann die Erwerbsarbeit von privaten Tätigkeiten? Die Antwort ist ebenso basal wie naheliegend: Es ist grundsätzlich die Bezahlung, die Entlohnung. Insofern ist die Work-Life-Balance elementar mit der Frage verknüpft: Wie ist die Entlohnung mit gesellschaftlicher Anerkennung verbunden? Das Schlagwort „Anerkennung“ deutet hier theoretische Dimensionen an, auf die ich noch zurückkommen werde. Doch fragen wir zuvor:

II. Was hat protestantische Arbeitsethik mit der Work-Life-Balance zu tun?

Die Work-Life-Balance ist aus zwei Gründen ein Thema protestantischer Arbeitsethik.

Der erste Grund ist basal: Wenn protestantische Arbeitsethik aktuell sein möchte, und es ist ihr programmatischer Anspruch, normativ ansprechend zu sein, dann muss sie sich auf aktuelle Problematiken einlassen, wie sie mit der geforderten Work-Life-Balance verbunden sind. „Normativ ansprechend“ – das heißt: Man soll nicht einfach wünschenswerte Normen für eine bestehende Gesellschaft aufstellen, die man ihr dann abstrakt entgegenhält. Vielmehr muss deutlich werden, wie Veränderungen in der bestehenden Gesellschaft sich bereits anbahnen und worin ihre bisher noch nicht verwirklichten Möglichkeiten liegen.23

Der zweite Grund ist historisch, aber darin durchaus von systematischer Bedeutung: In der Forderung einer Work-Life-Balance begegnet die protestantische Arbeitsethik sich selbst, und zwar in einer zweideutigen, gleichsam halbierten Gestalt. Protestantische Arbeitsethik begegnet nämlich den Folgen eines Kapitalismus, der seine protestantische Eigenart und damit verbundenen Begrenzungen←321 | 322→ abgestreift hat und so die Forderung einer Work-Life-Balance provoziert. Kein Geringerer als Max Weber, der berühmte Heidelberger Nationalökonom und einer der Begründer der modernen Soziologie in Deutschland, ist hier zu nennen. Er hat nicht nur den Begriff der protestantischen Arbeitsethik geprägt, sondern hat zu ihr wirkmächtig eine klassische These formuliert.24 Ihren vermutlich elementarsten Niederschlag findet diese These in dem 1961 verfassten Kirchenlied „Danke für diesen guten Morgen“ und dessen Textzeile „Danke für meine Arbeitsstelle“25.

Ihr ungleich komplexerer Kern findet sich in Webers Studie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ aus den Jahren 1904/05. Webers sogenannte Protestantismusthese besagt: Der Calvinismus beeinflusst grundlegend die Entstehung des modernen Kapitalismus: Die calvinistische Lehre von der Gnadenwahl beinhaltet eine innerweltliche Askese, die im Sinn eines bürgerlichen Berufsethos hervorragend zum Kapitalismus passt. Mit der Zeit verblasst die religiöse Jenseitigkeit zugunsten einer gewinnorientierten Diesseitigkeit. Und so sind wir alle unweigerlich Berufsmenschen, die in den Kapitalismus hineingeboren werden. Was ist gemeint? Weber kann von der Frage ausgehen, wie Protestantismus und moderner Kapitalismus zusammenhängen. Weber dreht dabei – in gewisser Weise – die Marx´sche These um, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. „In gewisser Weise“ heißt: Weber zufolge gibt es keine einlinige Kausalität im Sinn von „Erst Reformation, dann automatisch daraus folgend der Kapitalismus“. Doch es gibt einen engen Zusammenhang der Beeinflussung. Das protestantische Arbeitsethos besagt nämlich: Wir arbeiten nicht, um zu leben. Vielmehr leben wir, um zu arbeiten. Die Berufsarbeit wird zum Selbstzweck. So hat Luther den weltlichen Beruf rechtfertigungstheologisch aufgewertet und die Erfüllung von Pflichten innerhalb des weltlichen Berufes zum wahren Gottesdienst im Alltag der Welt erklärt. Dabei bleibt freilich bei Luther ein stark traditionalistisches Moment, wenn der weltliche Beruf als göttliche Fügung bestimmt wird, die der Mensch hinzunehmen hat. Dies wird nach Weber von Johannes Calvin überboten. Die calvinistische Lehre von der Gnadenwahl übertrifft die bei Luther angelegte Weltfrömmigkeit. Nach dieser calvinistischen Lehre kann dem Individuum kein kirchliches Heil mehr helfen. Denn Gott hat endgültig in seinem ewigen Ratschluss vorherbestimmt, wer erwählt und wer verworfen ist. Was man als Mensch für sich zu klären kann, das ist die Frage, ob man selbst erwählt oder verworfen←322 | 323→ ist. Das zeigt sich wiederum am Erfolg der Berufsarbeit. Damit aber wird die Welt radikal entzaubert. Sie wird der fast uneingeschränkten Bearbeitung durch den Menschen überlassen. Nun möchte der Mensch sich durch den Erfolg seiner Berufsarbeit der Seligkeit vergewissern. Das heißt: Der Mensch lebt, um zu arbeiten, und die Früchte seiner Arbeit verprasst oder genießt er nicht, sondern kann sie als Unternehmer wiederum in Produktionsmittel reinvestieren, die zu noch weiterem Erfolg und umso größerer religiöser Vergewisserung führen. Diese Einstellung zur Arbeit als Beruf gilt aber nicht nur für den Unternehmer, sondern auch für den modernen Arbeiter. So entsteht der moderne Kapitalismus, der das Abendland bestimmt. Und so sind wir heute alle Berufsmenschen, die wir in dieses kapitalistische Triebwerk hineingeboren werden. Wie ein stahlhartes Gehäuse umschließt uns ungefragt.26

Diese These von Weber über den Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus provozierte und provoziert eine Grundlagendebatte, deren Kontroversen andauern. Es gibt hier eine Reihe von Gegeneinwänden. Zwei wichtige Hauptkritikpunkte sind: Weber führt erstens wirtschaftliche Umwälzungen zu sehr auf ideelle Motive zurück.27 Zweitens kann seine umfassende These historisch-empirisch nicht bewahrheitet oder widerlegt werden. Es ist festzuhalten, dass man von Webers „unwiderlegbaren Fehlkonstruktionen“28 spricht. Damit ist indirekt auch angedeutet, dass Weber etwas Richtiges erfasst hat. So kann man zustimmend feststellen: Weber erkennt den Zusammenhang von religiöser Hochschätzung innerweltlicher Askese und der Ausbildung eines an wirtschaftlicher Wirkkraft orientierten Ethos. Das heißt schlicht: Wer aus religiösen Gründen bescheiden und sparsam ist und gleichzeitig sehr viel arbeitet, der verschreibt sich und sein Leben der Arbeit. Die Folge ist, wie wir über Weber hinaus aus heutiger Sicht hinzufügen dürfen: Die Work-Life-Balance ist gefährdet.

Doch die protestantische Arbeitsethik ist nicht nur ein wesentlicher Faktor, der zu der auf sie folgenden Problematik der modernen Arbeitsgesellschaft führt,←323 | 324→ sondern sie markiert auch gegenüber der Zeit davor einen Einschnitt. Während das moderne Verständnis die Arbeit offenbar verabsolutieren kann, ist das Verständnis der Antike dem entgegengesetzt. Der eigentliche, freie Mensch ist hier dadurch definiert, dass er nicht arbeitet; dies haben in Griechenland die Handwerker und Sklaven zu tun. Nach Platon und Aristoteles ist die Handarbeit eines freien Mannes unwürdig, wenn er seine wahre Bildung in der Teilnahme am Leben der Polis und im Umgang mit der kontemplativen Philosophie erhalten soll.29 In unserer Spätmoderne denkt noch Hannah Arendt in ihrer Studie „Vita activa“ aus dem Jahr 1960 mit gewissen Einschränkungen in diesen Bahnen: Nicht die Arbeit beziehungsweise das Herstellen von Dingen, sondern das politische Handeln ist die vornehmste Tätigkeit des Menschen.30

In der Antike wird diese von Arendt aufgenommene Ansicht durch das Christentum verändert. Zwar ist Arbeit nach dem Sündenfall auch mit großer Last und unseligen Folgen verbunden, doch schon dem Menschen im Paradies ist die Arbeit gegeben, wenn er den Garten Eden behüten und bebauen soll. In den frühchristlichen Gemeinden gilt das Wort des 2. Thessalonicherbriefes (3,10) „Wer nicht arbeiten will, soll nicht essen“, das es übrigens bis in die „Stalin-Verfassung“ der Sowjetunion vom Dezember 1936 brachte: „Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und Ehrensache eines jeden arbeitsfähigen Bürgers nach dem Grundsatz ,Wer nicht arbeitet, soll nicht essen‘“. Doch nicht nur im frühen, sondern auch im mittelalterlichen Christentum wird die Arbeit geschätzt. „Ora et labora“, „bete und arbeite“ – dafür steht der Benediktinerorden, der weite Teile Europas kultiviert hat. Sogar der sogenannte Bettelorden der Franziskaner hat mit Franz von Assisi einen Gründer, der in seinem Testament die Mönche auf Arbeit verpflichtet. Selbst die Scholastik, also die mittelalterliche Schultheologie, die sich vom griechischen Wort für Muße und Bildung ableitet, nämlich scholé, versteht darunter eine geistige Tätigkeit, die grundsätzlich daneben eine körperliche Betätigung zulässt. Besonders im 14. und 15. Jahrhundert steigt dann die Arbeit – auch im Zuge der Ausbildung eines städtischen Bürgertums – im Ansehen. Doch noch in der frühen Neuzeit definieren sich Menschen nicht über ihre berufliche Arbeit, sondern ihre ständische Familienzugehörigkeit.31

Das ändert sich, wie soeben mit Max Weber gezeigt, unter religiösen Vorzeichen mit der protestantischen Arbeitsethik. Sowohl Martin Luther als auch Johan←324 | 325→nes Calvin meinen, dass der Mensch aus Glauben gerecht wird und nicht durch gute Werke selbst zu Gott kommt. Das schließt freilich keine Arbeit aus. Vielmehr gilt: Wer erfahren hat, dass Jesus Christus für einen im Glauben alles getan hat, der kann in der Liebe für den anderen nicht genug tun und wird darum seinen weltlichen Beruf als göttliche Berufung ausüben. Das Wort „Beruf“ ist von Luther geprägt. Allerdings streicht Luther ebenso heraus: Die Arbeit ist begrenzt, nämlich durch den Feiertag. Durch das Ruhen kann sich der Mensch seines Gottes gewiss sein. Warum? Weil Luther der Meinung ist, dass Gottes rechtfertigende Kreativität und damit sein alleiniges Schöpfertum32 uns besonders dann erreicht, wenn wir zur Ruhe kommen. Und so habe Luther, wird berichtet, als Melanchthon in seiner Gegenwart bei Tisch während des gemeinsamen Essens geschrieben habe, Melanchthon ermahnt: „Man dient Gott auch mit Ruhen, ja mit nichts mehr als Ruhen“33. – Nun, dass heute gerade der Feiertag immer mehr durch verkaufsfördernde Sonderregelungen eingeschränkt wird, in denen manche Menschen wiederum dessen eigentlichen Erholungswert erkennen, zeigt nicht nur die unheilsame Einebnung des Unterschieds von Alltag und Feiertag. Es verstärkt vielmehr auch die Frage, wie heute eine protestantische Arbeitsethik im Alltag aussehen könnte.

III. Taugt die Work-Life-Balance als Programm protestantischer Arbeitsethik?

Drei Aspekte erscheinen mir hier wichtig, die aufeinander aufbauen. Erster Aspekt: Das Anliegen der Work-Life-Balance ist gut nachvollziehbar. Doch ihre Konzeption ist problematisch. Zweiter Aspekt: Gute Arbeit hat mit der Möglichkeit von Kreativität zu tun; dies erscheint allerdings nur bedingt praktikabel. Dritter Aspekt: Ein normativ gehaltvolles und bild(ungs)theoretisch fundiertes Konzept von Anerkennung ist plausibel.

Zum ersten Aspekt. Das Anliegen der Work-Life-Balance zielt darauf ab, Arbeit so in das Leben zu integrieren, dass der Mensch mit sich selbst in einem relativen Einklang ist. Das ist verständlich und gut nachvollziehbar. Doch die Durchführung des Konzepts ist unzulänglich, da sich Arbeit und Leben nicht auf einer Ebene befinden und sachlich Arbeit eine soziale, sinnstiftende Funktion hat. Das heißt: Schon begrifflich lässt sich kein Gleichgewicht von Arbeit und←325 | 326→ Leben herbeiführen, weil es sich nicht um zwei Phänomene handelt, die auf einer Ebene verhandelt werden können. Denn die Arbeit ist ein Teil des Lebens und wird vom Leben umfasst.34 Zudem gilt mit der genannten Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“, die von der ebenfalls genannten DGB-Studie bestätigt wird: Arbeit ist entscheidend für den Einzelnen, um sich in der sozialen, sinnstiftenden Dimension seiner selbst zu vergewissern. Folglich kann es nicht, wie die Work-Life-Balance meint, darum gehen, in erster Linie mehr Freizeit zu fordern, sondern Arbeit als Chance wahrzunehmen: Nicht weniger, sondern bessere Arbeit ist zu fordern.35 Das schließt ganz protestantisch einerseits eine Hochschätzung des Feiertags und eine Begrenzung von Arbeit ein. Andererseits wird man so der protestantischen Einschätzung von Arbeit als Gottesdienst im Alltag der Welt gerecht, ohne dass die Forderung „Nicht weniger, sondern bessere Arbeit!“ als exklusiv protestantisch missverstanden werden muss. Doch was ist gute Arbeit?

Das führt zum zweiten Aspekt: Es ist die Kreativität, eine gewisse Muße und Bildung – scholé – mit der Möglichkeit, Einfälle zu haben, welche die Arbeit attraktiv und letztlich auch effizient machen, wie man mit Grünewalds genannter Studie „Die erschöpfte Gesellschaft“ sagen kann. Gute Arbeit hat danach Strukturen, die arbeitspsychologisch sog. „Flow“-Erfahrungen hervorbringen, also Zustände positiver Anspannung, bei denen Menschen schöpferisch mit ihrer Arbeit verschmelzen. Projektbegeisterung und Zeitoffenheit, Frei- und Übergangsphasen, Eigenverantwortung und Initiative, Entfaltungsmöglichkeiten, spielerische Erprobung und Weiterbildung lauten die Stichworte einer arbeitswissenschaftlichen Stoßrichtung, die sich zu den Vorgaben einer sozialistischen Planwirtschaft ebenso kritisch verhält wie zu kapitalistischen Arbeitskulturen, die einseitig an Formalisierung und Controlling interessiert sind.36 Das Problem ist: Kreativität hat nur bedingt etwas mit „normaler“ Arbeitswelt zu tun; und unklar erscheint es, wie man das ändern kann. Wenn die Kunst als Ort des Schöpferischen, des Kreativen unser Verständnis von Arbeit bestimmen soll, erscheint dies utopisch und extravagant. Hat das Kreative, Schöpferische nicht relativ wenig mit der normalen Arbeitswelt zu tun? Ist der Künstler – man denke nur an das regelmäßige und frühe Aufstehen – nicht die bis zur Karikatur überzeichenbare Alternative zum Erwerbstätigen der bürgerlich-kapitalistischen Arbeitswelt? Und selbst wenn es nicht so sein sollte: Wie könnte man in der kapitalistischen Arbeitswelt das Schöpferische verankern, wenn sie sich dagegen sträubt? Verschärft wird dies, wenn man daran denkt, dass←326 | 327→ ein wachsender Bevölkerungsteil nur noch darum kämpft, überhaupt Zugang zum Arbeitsmarkt zu haben, der dann wiederum seine Bedingungen diktieren kann. Die Berufungen auf einen jenseitigen, partikularreligiös zugänglichen Gott oder auch eine universale Moral ohne Motivation aus der Dynamik wirtschaftlicher Binnenverhältnissen wirken heute hier hilflos. Sie bleiben abstrakt und sind damit nicht im vorhin skizzierten Sinn normativ gehaltvoll. Doch – ist das alles?

Ich komme zum dritten Aspekt: Ein normativ gehaltvolles Konzept von Anerkennung ist plausibel. Die Grundidee besagt: Der kapitalistische Arbeitsmarkt muss eine soziale Integration vollbringen; andernfalls verliert er die Akzeptanz, die er braucht, um zu funktionieren. Dann haben wir es aber nicht nur mit Arbeit, sondern auch mit deren Anerkennung zu tun. Dies schließt kontrafaktische Normen ein, die alternative Spielräume eröffnen. Das ist der Ansatz, den Axel Honneth, der Habermas-Nachfolger in der Frankfurter Schule seit seiner 1992 veröffentlichten und inzwischen in siebter Auflage erschienenen Habilitationsschrift „Kampf um Anerkennung“ vertritt. Dabei beruft sich Honneth besonders auf Hegel. Der Clou dieses Modells ist es, an die internen Dynamiken des Kapitalismus anzuknüpfen. Der Kern dieser im Einzelnen komplizierten Theorie ist einfach. Menschen im erwerbsfähigen Alter sollen arbeiten und haben dabei Anspruch auf einen gerechten Lohn und einen sinnvollen Arbeitsplatz. Wenn dies nicht der Fall ist, also der Lohn grundsätzlich zu niedrig oder – vielleicht sogar noch zugleich – die Arbeit sinnentleert ist, dann unterminiert das auf Dauer die wechselseitige Anerkennung in der Gesellschaft und sprengt damit letztlich das System. Der kapitalistische Arbeitsmarkt gehorcht also nicht nur wirtschaftlicher Effizienz. Er muss auch eine soziale Integration vollbringen, andernfalls verliert er seine Akzeptanz. Und darum gibt es grundsätzlich eine gesellschaftliche Tendenz auf die wechselseitige Anerkennung von Menschen. Dabei ist diese Anerkennung, so Honneth, in übergreifenden Zusammenhängen zu sehen, die sorgfältig austariert werden müssen und einen ständigen Kampf um Anerkennung einschließen. Konkret sind für Honneth soziale Asymmetrien der Ausgangspunkt. Doch soziale Ungleichheiten leben indirekt davon, dass sie nur dann akzeptiert werden, wenn sie als Übergangserscheinungen angesehen werden können. Soziale Ungleichheit wird nur dann nicht zu der Zerstörung gesellschaftlichen Zusammenhalts führen, wenn diese Ungleichheit als etwas annehmbar ist, was sich ändern lässt, und zwar mit dem nie ganz realisierbaren, aber darin orientierenden Ziel: Es ist←327 | 328→ eine wechselseitige Anerkennung anzustreben, von deren Normativität – ob nun bewusst oder unbewusst – eine Gesellschaft lebt.37

Wem das zu abstrakt oder zu utopisch erscheint, der kann an das Konzept der „Menschenwürde“ denken: Obwohl wir wissen, dass ständig auf der Welt die Menschenwürde verletzt wird und sie somit kontrafaktisch ist, halten wir an ihr fest und wollen sie faktisch keinem Menschen absprechen. Und auch das funktioniert nur in wechselseitiger Anerkennung, weil letztlich allein Menschen untereinander sich als Menschen anerkennen können.

Das auf Hegel zurückgehende Konzept der kontrafaktischen Anerkennung von Honneth wird lebhaft, auch international, diskutiert und erfreut sich seinerseits einer relativ breiten Anerkennung.38 Es gibt aber auch Kritik. Die wichtigsten Einsprüche finden sich in der Kritik der New Yorker Politikwissenschaftlerin Nancy Fraser. Sie meint: Honneth argumentiert „kulturalistisch“, verhindert so eine Umverteilungsdebatte (von oben nach unten) und spielt tendenziell die materiellen Aspekte der Arbeit herunter. Damit ist gemeint: Honneth würde mithilfe seines hegelianischen Ansatzes die Notwendigkeit aktiver Umverteilung überspielen, indem er den Anerkennungsbegriff kulturell so auflädt, dass dieser praktisch nichts mehr austrägt und die gegenständlichen Probleme der Arbeit zu kurz kommen. Auf diese Kritik hat Honneth geantwortet, dass für ihn gerade die Umverteilung von Geld eine Form von gesellschaftlicher Anerkennung ist und eine bloße Forderung nach Umverteilung zu simpel ist. Außerdem würde die in der Sphäre des Sozialen anzusiedelnde Anerkennung keineswegs das Materielle ausschließen, sondern voraussetzend einschließen.39

Meine Anfrage an Honneth ist etwas anders gelagert, wobei ich den Aspekt von Fraser aufgreife, wie es um die Aktivität der Veränderung steht: Mir scheint bei grundsätzlicher Zustimmung zu Honneth die Rückbindung an das Bewusstsein des Einzelnen etwas zu abstrakt. In Überbietung von Karl Marx und Jürgen Habermas nicht die revolutionäre Arbeiterklasse und nicht den kommunikativen Idealdiskurs als Subjekt der Veränderung zu identifizieren, wie Honneth es tut, hat etwas für sich. Doch woher soll das kreative Handeln stammen, das zur Veränderung führt? Auch Anerkennung ist nicht etwas, was sich über bloße Sozialität notwendig selbst verwirklicht. Es bedarf der Anbindung an die – intersubjektiv immer schon verflochtene – Individualität.←328 | 329→

Eine interessante Anregung bietet die Studie „Gesellschaft als imaginäre Institution“ aus dem Jahr 1971 des griechisch-französischen Philosophen Cornelius Castoriadis: Danach ist die Imagination, die Einbildungskraft des Menschen entscheidend, die immer wieder als Bildvermögen zum Entwurf einer Gegenwelt anreizt. Man darf hier allerdings auch nicht alles auf eine fast mythologisch aufgeladene Einbildungskraft setzen und alles Institutionelle als reaktionär verdächtigen, wozu bei Castoriadis die Tendenz besteht. Damit hätte man die faktische Vernunft des Institutionellen verfehlt.40

Ich möchte daher dafür plädieren, Honneths Anerkennungskonzept mit dem Hinweis auf Castoriadis bildtheoretisch an das Individuum zurückzubinden. Dann gilt: Die wechselseitige Anerkennung, auf die als kritischer Grenzbegriff die Gesellschaft sich entwickelt, lebt davon, dass Menschen aufgrund ihres Bildvermögens zum Entwurf einer realisierbaren Gegenwelt angereizt werden. Schlicht gesagt: Die Welt könnte anders, besser sein, und sie wäre es, wenn wir untereinander uns immer mehr dem Zustand annähern würden, einander anzuerkennen. Nicht zufällig, sondern aus sachlichen Gründen hängt das Wort „Einbildung“ mit dem der „Bildung“ zusammen. Bildung in umfassender – affektiver wie kognitiver – Weise sensibilisiert für Anerkennung und kann zu einem Medium derselben werden.41 Wechselseitige Wertschätzung unter Menschen gelingt grundsätzlich einfacher, wenn sie sich so weit kultiviert haben, dass sie achtsam ihre soziale Umwelt einbeziehen.42

Was folgt daraus? Protestantische Arbeitsethik kann in einem normativ gehaltvollen und bild(ungs)theoretisch fundierten Anerkennungskonzept ihren programmatischen Ausdruck finden. Zugespitzt gilt dann: Statt Work-Life-Balance ist formelhaft die „gebildete Anerkennung“ zu fordern. Letztere könnte man vielleicht übersetzt als „developed acknowledgement“ bezeichnen. Anerkennung als Leitbegriff einer protestantischen Arbeitsethik zu identifizieren, fällt grundsätz←329 | 330→lich nicht schwer: Nicht nur hat sich Hegel als Lutheraner verstanden, sondern es ist auch theologisch vielfach betont worden, dass Luthers Rechtfertigungslehre auf eine Anerkennungstheorie des Menschen in seinem Gottes-, Welt- und Selbstverhältnis hinausläuft, und zwar mit der Pointe: Im protestantischen Glauben wird realisiert, dass Gott die – grenzdialektisch darin stets kritisch auf ihn bezogene – Eigenständigkeit der Welt anerkennt, wie diese in Gott als ihrem Grenzbegriff vor Selbstverabsolutierungen geschützt wird. Theologisch ist daran der lutherische Ansatz, der zwischen Gott und Welt unterscheidet. In der Gegenwart hat dies – in Aufnahme von Einsichten, die Gerhard Ebeling vertreten hat – besonders der Bonner Sozialethiker Martin Honecker herausgestrichen: Danach befreit der christliche Glaube zur Weltlichkeit. Denn die Welt hat in sich die Tendenz, sich selbst zu verabsolutieren. Die zu ihrer wahren, relativen Weltlichkeit befreite Welt ist das Ziel evangelischer Sozialethik. Allerdings kann die Welt sich in kritischer Selbstbegrenzung auch selbst ethisch orientieren. Doch die Theologie hat eine besonders ausgeprägte, kritische Sensibilität für die Relativität der Welt. Was die Theologie letztlich für unser Leben positiv beisteuert, sind Motivationsimpulse für die Praxis, die allerdings selbst keiner (christlichen) Sondergruppenhermeneutik verpflichtet ist.43 Für eine protestantische Arbeitsethik in kirchlicher Verantwortung kann dies meines Erachtens bedeuten, in der Binnenlogik der Erwerbsgesellschaft an die kontrafaktischen Bedingungen anzuknüpfen, die dazu führen, dass Menschen in ihrer Arbeit anerkannt werden. Dabei spielt die protestantisch seit jeher hochgeschätzte und in ihrer Bedeutungsweite verstandene „Bildung“ eine maßgebliche Rolle.

Für die Kirche heißt das, dass sie mit ihren berechtigen Forderungen nach humaner Arbeit dann glaubwürdig ist, wenn sie selbst beispielhaft eine solche Kultur der Anerkennung immer mehr aus-bildet. Das schließt die Einsicht in die sinnstiftende Dimension von Arbeit und ihre Begrenzung durch den Feiertag ein.44 Und die Kirche sollte vor allem darauf drängen, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht erschwert, sondern erleichtert wird.

Für den Einzelnen bedeutet der vorgeschlagene Ansatz: Das Anliegen der Work-Life-Balance, die Arbeit so in das Leben zu integrieren, dass der Mensch mit sich in einem relativen Einklang ist, lässt sich nicht im Selbstoptimierungs←330 | 331→modell der Work-Life-Balance verwirklichen. Denn im menschlichen Leben kommt der Einzelne nur durch wechselseitige Anerkennung zu einer stimmigen Sozialität und zu einem positiven Selbst. Davon kann die Erwerbstätigkeit nicht getrennt werden. Man sollte sie daher nicht möglichst reduzieren, sondern besser gestalten (wollen). Nicht die selbstfixierte Work-Life-Balance, sondern die soziale und sinnvolle Bildung von Anerkennung kann im Wechselspiel von Alltag und Feiertag zum relativen Einklang des Menschen mit sich führen. Der Einzelne sollte sich daher für Berufsverhältnisse einsetzen, die auf wechselseitige Anerkennung abzielen. Und wenn letzteres nicht der Fall ist, sollte man sich so weiterbilden und verändern, dass es beruflich besser wird.

Religiös kann der Beitrag des Protestantismus zu einer „gebildeten Anerkennung“ in einer Kultivierung der – sich in der Bibel manifestierenden – Einbildungskraft bestehen, die grundsätzlich weder das Faktische einfach bejaht noch sich in jenseitige Sonderwelten flüchtet. Mit dem „Doppelgebot der Liebe“ und dem Symbol der Gottesebenbildlichkeit kann die Kirche die religiös inspirierte Anerkennung unter Menschen gut vermitteln.

Interessanterweise endet in dieser Fluchtlinie auch das anfangs vorgestellte Bilderbuch für Erwachsene „Jesus nimmt frei“: Als Jesus sich vor Gott anklagt, nicht gearbeitet zu haben, da antwortet ihm sein himmlischer Vater, indem er ihm zeigt, was alles passiert ist, als Jesus einen Tag frei hatte. Gerade das scheinbar paradoxe Doing nothing von Jesus hat bei den Menschen Aktivitäten hervorgerufen, die aus der Sicht Gottes gut sind. So haben etwa die Fischer, die zuvor auf Jesu direkte, wundertätige Hilfe angewiesen waren, erfolgreich selbst gefischt. Und Jesus erkennt: Das ist gut so. In diesem Urteil wird er wiederum von Gott anerkannt. Und das motiviert Jesus, sich wieder auf den nächsten Tag und seine Arbeit zu freuen. So verkörpert Jesus (auch auf dem Buch-Cover) in der Anschaulichkeit reflektierter Naivität die Wechselseitigkeit von Gott und Mensch, und zwar in der Freude an der Arbeit, welche die Muße kreativ und imaginativ einschließt.45 ←331 | 332→ ←332 | 333→


1 Allan, Nicholas: Jesus nimmt frei. Lahn: Limburg (zuerst engl., 1998) 1999 (ohne S.). Es handelt sich im Folgenden um die Probevorlesung meines Hallenser Habilitationsverfahrens, die ich nach der sehr positiven Rückmeldung von Hartmut Ruddies gern zu seiner Festschrift beisteuere.

2 Haigis, Peter: „Gretchenfragen.“ In: Deutsches Pfarrerblatt 114, 09/2014, S. 491.

3 Eckert, Siegfried: 2017. Reformation statt Reförmchen. Gütersloher Verlagshaus: Gütersloh 2014, S. 7–14.

4 Nelting, Manfred: Burnout. Wenn die Maske zerbricht. Wie man Überbelastung erkennt und neue Wege geht. Goldmann Verlag: München 2014, S. 182 f. Vgl. exemplarisch aus der Fülle der Literatur zu den im Folgenden angesprochenen Themenfeldern: Heyl, Andreas von/Kemnitzer, Konstanze./Raschzok, Klaus. (Hg.): Salutogenese im Raum der Kirche. Ein Handbuch. Evangelische Verlagsanstalt: Leipzig 2015; Berndt, Christina: Resilienz. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. dtv Verlagsgesellschaft: München 82014; Heyl, Andreas von: Das Anti-Burnout-Buch für Pfarrerinnen und Pfarrer. Kreuz Verlag: Freiburg im Breisgau/Stuttgart 2011; Hillert, Andreas/ Marwitz, Michael: Die Burnout-Epidemie oder Brennt die Leistungsgesellschaft aus? C.H.Beck: München 2006; Rösing, Ina: Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und Kritik der internationalen Burnout-Forschung. Roland Asanger Verlag GmbH: Kröning 2003; Schmidbauer, Wolfgange: Helfersyndrom und Burnoutgefahr. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH: München/Jena 2002; Jacobs, Christoph: Salutogenese. Eine pastoralpsychologische Studie zu seelischer Gesundheit, Ressourcen und Umgang mit Belastung bei Seelsorgern. Echter Verlag: Würzburg 2000; Cherniss, Cary: Jenseits von Burnout und Praxisschock. Hilfen für Menschen in lehrenden, helfenden und beratenden Berufen. Beltz: Weinheim 1999; Flosdorf, Burkhard: Berufliche Belastung, Religiosität und Bewältigungsformen. Eine qualitative Untersuchung von Burnout und Sinnfragen bei Ordensfrauen in der Caritas. Echter: Würzburg 1998; Antonovsky, Aaron: Salutogenese. Zur Entmystifizierung von Gesundheit. dgvt-Verlag: Tübingen 1997; Abel, Peter: Burnout in der Seelsorge. Matthias-Grünewald: Ostfildern 1995; Schall, Traugott Ulrich: Erschöpft – müde – ausgebrannt. Überforderung und Resignation: vermeiden – vermindern – heilen. Echter: Würzburg 1993; Freudenberger, Herbert J./Richelson, Geraldine: Ausgebrannt. Die Krise der Erfolgreichen. Kindler Verlag: Berlin 1981.

5 Collatz, Annelen/Gudat, Karin: Work-Life-Balance. Praxis der Personalpsychologie, 2011, 1–7, [http://www.onleihe.de/static/content/hogrefe/20120321/978-3-8409-2326-5/v978-3-8409-2326-5.pdf (abgerufen am 11.09.2014)]; Hogarth, Terence/Bosworth, Derek: Future horizons for work-life balance, 2009, 1–11, [https://www.researchgate.net/publication/266268558_Future_Horizons_for_Work-life_Balance (abgerufen am 04.12.2014)].

6 Vgl. einführend zu den Phänomenen „Stress“ und „Burnout“ und auch grundlegend für alles Folgende: Vašek, Thomas: Work-Life-Bullshit. Warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre führt. Goldmann Verlag: München 2013, S. 187–199. Der Begriff „Stress“ geht auf den Wiener Mediziner H. Seyle zurück, der ihn entscheidend geprägt und ihn der Materialphysik entlehnt hat (vgl. Duden. Deutsches Universalwörterbuch, u. a. 62007, „Stress“). Im Jahr 1974 wurde der Begriff „Burnout“ von dem New Yorker Psychoanalytiker H. Freudenberger übernommen. Er bezeichnete damit den Erschöpfungszustand von Menschen mit „Helfersyndrom“. Im internationalen Diagnose-Klassifikationssystem ICD-10, wie es zwischen der Ärzteschaft und den Krankenkassen benutzt wird, ist „Burnout“ keine Behandlungsdiagnose, sondern allenfalls eine Zusatzdiagnose (vgl. Nelting, (cf. Anm. 4), S. 27 f., 31). Von „Stress“ und einer „Depression“ ist ein „Burnout“ im Einzelnen relativ schwer zu unterscheiden (vgl. Stock, Christian: Burnout. Erkennen und verhindern. Haufe-Lexware: Freiburg im Breisgau 2011, S. 6–14). Es gibt bisher noch keine verbindliche medizinische Definition für „Burnout“ (vgl. Kaschka, W. P. et al.: Burnout – a fashionable diagnosis. Dtsch. Arztebl Int., 2011, S. 781–787).

7 Vgl. Collatz/Gudat, (cf. Anm. 5). Vgl. auch die diagnostischen Erwägungen bei: Schindler, Jörg: Stadt, Land, Überfluss. Warum wir weniger brauchen als wir haben. S. Fischer Verlag: Frankfurt am Main 2014, S. 89–118.

8 Vgl. Vašek, (cf. Anm. 6), S. 48 f., 60; Strawe, Christoph: Arbeitszeit, Sozialzeit, Freizeit: Ein Beitrag zur Überwindung der Arbeitslosigkeit, 1994 [http://www.dreigliederung.de/essays/1994-12-001.html (abgerufen am 01.12.2014)].

9 Vgl. zur Einordnung: Empter, Stephan/Vehrkamp, Robert B.: Wirtschaftsstandort Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden 2006.

10 Vgl. Vašek, (cf. Anm. 6), 188 f. Wenn es um Überstunden geht, dann ist Deutschland in der Euro-Zone führend. Der Unterschied zwischen der tarifvertraglich beschlossenen und der tatsächlich geleisteten Wochenarbeitszeit ist nirgendwo in der Euro-Zone so groß wie in Deutschland, urteilte der EU-Sozialkommissar Lázló Andor im September 2014 (vgl. Schiltz, Ch. B./Bostel, S. von: „Deutsche machen die meisten Überstunden“. In: Die Welt vom 08.09.2014, S. 1).

11 Vgl. Nelting, (cf. Anm. 4), S. 43.

12 Vgl. Stock, (cf. Anm. 6), S. 15.

13 Vgl. Nelting, (cf. Anm. 4), S. 42 f.

14 Vgl. index-gute-arbeit.dgb.de (abgerufen am 05.12.2014).

15 Vgl. Schiltz/Bostel, (cf. Anm. 10), S. 1.

16 Vgl. mit Belegen zu den genannten Quellen und zu der Etymologie: Vašek, (cf. Anm. 6), S. 12 f., 30 f.; Forschung & Lehre 21 (7/2014), Arbeit und Leben, S. 535.

17 Vgl. Grünewald, Stephan: Die erschöpfte Gesellschaft. Warum Deutschland neu träumen muss. Campus Verlag: Frankfurt am Main 2013, S. 7–28, 106–156. Vgl. ähnlich auch: Nelting, (cf. Anm. 4), S. 167–201; Ehrenberg, Alain: Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart. Suhrkamp Verlag: Berlin 72008.

18 Vgl. grundsätzlich zu diesen Phänomenen auch: Kaube, Jürgen: Im Reformhaus. Zur Krise des Bildungssystems. zu Klampen Verlag: Völksen 2015, S. 7–35, 75–112; Lenzen, Dieter: Bildung statt Bologna! Ullstein Buchverlage GmbH: Berlin 2014, S. 41–103.

19 Vgl. Grünewald, (cf. Anm. 17), S. 106–118.

20 Vgl. Jahoda, Marie/Lazarsfeld, Paul F./ Zeisel, Hans: Die Arbeitslosen von Marienthal. Suhrkamp Verlag: Berlin 1975 (Neuauflage).

21 Vgl. mit Belegen: Clasmann, A.-B.: Hochmotiviert bei der Arbeit. In: Cellesche Zeitung vom 05.12.2014.

22 Vgl. Jünger, Ernst: Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt. Klett-Cotta: Stuttgart 1982, bes. S. 89–306; Vašek (cf. Anm. 6), S. 267–270.

23 Vgl. Honneth, Axel: „Die Pointe der Anerkennung. Eine Entgegnung auf die Entgegnung“. In: Fraser, Nancy/id. (Hrsg.): Umverteilung oder Anerkennung. Eine politisch-philosophische Kontroverse. Suhrkamp Verlag: Berlin 2003, S. 271–305. Vgl. zur Literatur der protestantischen Arbeitsethik (mit weiteren Literaturangaben): Brakelmann, Günther: Zur Arbeit geboren? Beiträge zu einer christlichen Arbeitsethik. SWI Verlag: Bochum 1988; Körtner, Ulrich H. J.: Evangelische Sozialethik. Grundlagen und Themenfelder. UTB Gmbh: Stuttgart 1999, S. 303–326; Oermann, Nils Ole: Anständig Geld verdienen? Eine protestantische Wirtschaftsethik. Verlag Herder: Freiburg im Breisgau 2014.

24 Vgl. auch den Überblick: Müller, Hans-Peter: Max Weber. Eine Einführung in sein Werk. UTB GmbH: Stuttgart 2007, S. 76–106.

25 EG, S. 334; vgl. Vašek (cf. Anm. 6), S. 267–270.

26 Vgl. Weber, Max: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. C.H.Beck: München 22006, bes. S. 66–162; Müller, (cf. Anm. 24), S. 76–106; Lilienthal, Markus: „Interpretation. Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“. In: Gamm, Gerhard/Hetzel, Andreas/id.: Interpretationen. Hauptwerke der Sozialphilosophie. Reclam-Verlag: Ditzingen 2001, S. 94–107; Rohls, Jan: Protestantische Theologie der Neuzeit II. Das 20. Jahrhundert. Mohr Siebeck: Tübingen 1997, S. 124 f.

27 Vgl. so z. B.: Sennett, Richard: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin Verlag: Berlin 1998, S. 141 f.

28 Steinert, Heinz: Max Webers unwiderlegbare Fehlkonstruktionen: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Campus Verlag: Frankfurt am Main 2010.

29 Vgl. mit Belegen: Thielicke, Helmut: Theologische Ethik II/1. Mohr Siebeck: Tübingen 1959, S. 397 f.

30 Vgl. Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben. Piper Verlag: München 142014, bes. S, 7–32. 375–415.

31 Vgl. mit Belegen: Thielicke, (cf. Anm. 29), S. 396–402; Vašek, (cf. Anm. 6), S. 37–50.

32 Vgl. Althaus, Paul: Die Ethik Martin Luthers. Gütersloher Verl.-Haus G. Mohn: Gütersloh 1965, S. 105–108.

33 WA Br 5, S. 317, 340. Vgl. zu den Umständen und Überlieferungstraditionen: Althaus, (cf. Anm. 32), S. 108.

34 Vgl. so auch: Vašek, (cf. Anm. 6), S. 11–28.

35 Vgl. ibid.

36 Vgl. Grünewald, (cf. Anm. 17), S. 157–178.

37 Vgl. Honneth, Axel: Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Suhrkamp Verlag: Berlin 72012.

38 Vgl. Honneth, (cf. Anm. 37), S. 305–341.

39 Vgl. Fraser, Nancy/Honneth, Axel: Umverteilung oder Anerkennung. Eine politisch-philosophische Kontroverse. Suhrkamp Verlag: Berlin 42003.

40 Vgl. Castoriadis, Cornelius: Gesellschaft als imaginäre Institution. Entwurf einer politischen Philosophie. Suhrkamp Verlag: Berlin 41990, S. 9–15, 196–282, 559–609. Vgl. dazu: Gamm, Gerhard: „Interpretation. Cornelius Castoriadis: Gesellschaft als imaginäre Institution“. In: id./Hetzel/ Lilienthal, (siehe Anm. 26), S. 173–194).

41 Vgl. in dieser Fluchtlinie auch: Kumlehn, M./Klie, Th.: „Seh- und Spielarten der Dynamik des Unsichtbaren als Impulse (religiöser) Bildungsprozesse“. In: Stoellger, Philipp (Hrsg.): Un/sichtbar. Wie Bilder un/sichtbar machen. Königshausen u. Neumann: Würzburg 2014, S. 111–127.

42 Dies ist nicht als Plädoyer für einen „Akademisierungswahn“ zu verstehen ist (vgl. kritisch dazu: Nida-Rümelin, Julian: Der Akademisierungswahn. Zur Krise beruflicher und akademischer Bildung. edition Körber-Stiftung: Berlin 2014.

43 Vgl. Honecker, Martin: Einführung in die Theologische Ethik. de Gruyter: Berlin 1990. Inwiefern dies wiederum mit dem Bemühen persönlicher Spiritualität in Einklang zu bringen ist (vgl. etwa: Wilbers, Gregor: Sinnfindung im Beruf. J. Kamphausen Mediengruppe GmbH: Bielefeld 2005), bedürfte der ausführlichen Diskussion.

44 Vgl. Körtner, (cf. Anm. 23), S. 309–324; Barth, Karl: Kirchliche Dogmatik III/4. EVZ: Zürich 1957, S. 51–127, 538–744.

45 Vgl. Allan, (cf. Anm. 1).