Kaiserliches Berlin

Industrialisierung und Bevölkerungszuzug prägten auch die zweite Hälfte des 19. Jh. Fast täglich entstanden neue Unternehmen und Industriebetriebe wie beispielsweise 1864 Schering. Die Zuwanderer kamen v. a. aus Schlesien und Osteuropa. 1871, in dem Jahr, als König Wilhelm I. - ein Soldat durch und durch - Deutscher Kaiser, Berlin zur Hauptstadt des Kaiserreichs und Bismarck Reichskanzler wurde, zählte man bereits 826.000 Einwohner. Zehn Jahre später erschien das erste Telefonbuch der Stadt (187 Einträge) und fuhr die erste Straßenbahn der Welt durch Berlin, damals „Elektrische“ genannt. 1883 wurde die DEG gegründet, aus der die AEG hervorging, fünf Jahre später mit dem BFC Germania der erste Fußballclub Deutschlands - er besteht noch heute. Rund um die Stadt, in Moabit, Wedding, im heutigen Kreuzberg und Neukölln, sprossen Mietskasernen empor, meist fünfstöckig, auf vier Seiten von Straßen umgeben und zusammengesetzt aus Waben von Hinterhäusern und Remisen. In diesen Mietskasernen lebten mehr schlecht als recht, vom feuchten Keller aufwärts, Hunderte von Familien. Private Küchen oder Toiletten gab es zu jener Zeit nicht. Zahlreiche Familien hausten in nur einem einzigen Zimmer, viele Arbeiter hatten nicht mal ein eigenes Bett - je nach Schicht wechselten sich diese sog. „Schlafgänger“ auf den Matratzen ab. Von Heinrich Zille stammt der dazu passende Satz: „Mit einer Wohnung kann man einen Menschen erschlagen.“