Aufstand im Westen
Auch der Ostteil der Stadt wurde künstlich aufgepäppelt zu Lasten der Entwicklung in anderen Landesteilen der DDR. Aber im Gegensatz zum Westteil der Stadt blieb es im Osten Ende der 60er ruhig. Die SED feierte Erfolge wie „Die Dauerleistungskuh Bojarin wurde geboren“ und hatte die Stasi, um oppositionelles Gedankengut zu unterdrücken. Im Westteil der Stadt hingegen brodelte es, Studenten waren auf der Straße. Sie wandten sich gegen den Vietnamkrieg, gegen gesellschaftliche Zwänge, verkrustete Strukturen und die vorherrschenden Moralvorstellungen: „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment.“ Polizei und BILD heizten die Stimmung auf. Der Student Benno Ohnesorg wurde im Juni 1967 bei einer Anti-Schah-Demonstration erschossen (Gedenkrelief vor der Deutschen Oper), der Studenten- und APO-Führer Rudi Dutschke im April 1968 niedergeschossen. Es entstanden Kommunen mit antibürgerlichem Lebensstil wie die Wielandkommune oder die Kommune 1, und es entstanden Untergrundbewegungen wie der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen - ein sozialer Umbruch kündigte sich an.
Eine neue Ostpolitik, die auch die Berliner Mauer durchlässiger machen sollte, führte Willy Brandt als Bundeskanzler (1969-1974, von 1957-1966 Regierender Bürgermeister von Berlin) herbei. 1971, in jenem Jahr, in dem Brandt den Friedensnobelpreis erhielt, konnte man erstmals wieder „nach drüben“ telefonieren. Darüber hinaus erleichterten neue Transitabkommen den Verkehr in die Bundesrepublik.
Kahlschlagsanierungen veränderten Mitte der 1970er die Zentren im Osten wie im Westen Berlins. Um der Wohnungsnot Herr zu werden, wurde auch an den Stadträndern fleißig gebaut, im Osten entstanden riesige Plattenbausiedlungen. So errichtete man beispielsweise in Marzahn ab 1976 62.000 Wohnungen, in Hellersdorf wurde ab 1980 Wohnraum für 90.000 Bürger geschaffen. Auch im Westen baute man Satellitenstädte wie die Gropiusstadt mit 18.500 Wohnungen (1962-1975) oder das Märkische Viertel mit 17.000 Wohnungen (1963-1974).