Will man die Geschichte oder besser die Überlieferung der Russischen Revolution mit einem Gebäude vergleichen, dann ist es eines mit vielen Rissen, notdürftig ausgebesserten Schäden, fehlenden oder abgetragenen Teilen und etlichen nachträglich eingefügten Zubauten. Es kann nicht überraschen, dass dieser Befund mit vielen Fragen verknüpft ist, die Lenins Wirken nach dem 3. April 1917 betreffen. War zum Beispiel Lenins Einfluss auf die Entwicklungen bis zum Oktober 1917 wirklich so zentral oder muss zumindest teilweise nicht auch der Macht des Zufalls die Verantwortung für den Gang der Dinge zugeschoben werden? Und wie steht es um den Aufstieg der Bolschewiki? Lag ihr Erfolg nicht auch an den Gegnern, die sich – wenn auch unfreiwillig – zu Wegbereitern des Oktoberumsturzes machten? Für viele steht die exzeptionelle Rolle Lenins für den Verlauf der Ereignisse im Revolutionsjahr 1917 so oder so außer Zweifel: »Ohne Lenins Intervention«, d. h. also ohne seinen beharrlichen Kurs in Richtung Aufstand, wäre, meint etwa der britische Russland-Experte Orlando Figes, die Machtergreifung vom Oktober 1917 »vermutlich niemals geschehen«.1
Die Beschäftigung mit dem Revolutionsjahr 1917 hat eine unüberschaubare Masse an Publikationen hervorgebracht, die sich den vielen unterschiedlichen Aspekten des Umsturzes zuwenden. Demgemäß, so hält etwa Karl Schlögel bei seinen »archäologischen« Erkundungen durch das »sowjetische Jahrhundert« fest, »ist unser Wissen über die Ereignisse ins Unendliche gewachsen«.2 Anlässlich des Zentenniums 1917/2017 und der daraus resultierenden Vielzahl an Buchneuerscheinungen wurde zunächst befürchtet, dass in Summe nur mehr Details zum Vorschein kämen, das Wesentliche jedoch bereits erzählt und analysiert sei.3 Tatsächlich aber bleiben manche Vorgänge rätselhaft oder splittet sich das, was darüber geschrieben wurde, in scheinbar völlig konträre Narrative auf.
Die Geschehnisse vom Februar 1917 bis zur Erhebung der Bolschewiki sind reich an geheimen Absprachen, Mauscheleien und Verschwörungen, tatsächlichen und konstruierten. Bis heute machen es die damit verbundenen Erzählungen den Historiker:innen mitunter schwer zu entscheiden, was tatsächlich als Komplott zu bezeichnen ist und was womöglich nur als solches dargestellt wurde oder fast zwangsläufig so erscheinen musste. Zum Überangebot an unterschiedlichen Machenschaften trat schließlich auch noch die vermeintliche Allgegenwart von Spionen und Spitzeln, ausländischen Agenten und Provokateuren. Das Russland des Ersten Weltkriegs war voll und ganz von einer hysterischen »spy mania« erfasst worden. Dass die Zarin als deutsche Spionin verdächtigt oder Kriegsminister Wladimir Suchomlinow wegen Verrats zugunsten Deutschlands verhaftet wurde, war sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Was immer an Gerüchten über die Illoyalität prominenter ebenso wie weniger bekannter Einzelpersonen ausgestreut wurde, hatte gute Chancen zu gedeihen. Das galt gerade auch für die Zeit nach der Februarrevolution. Verräter, Verschwörer und Putschisten warteten offenbar auf günstige Gelegenheiten, um das revolutionäre Russland zu Fall zu bringen. Untersuchungsrichter und Spionagechefs begaben sich auf ihre Spuren und die Presse machte sie auf allen Seiten aus. Das geradezu hypertroph betriebene Demaskieren und Entlarven von »Verführern« sollte dem Volk als Warnung davor dienen, sich gutgläubig und leichtfertig vermeintlichen Erlösern auszuliefern. Dieser Strategie bedienten sich im Prinzip alle politischen Kräfte. Volksfeinde konnten auf diese Weise geradezu beliebig benannt werden. Gegen Häme und Bloßstellung gefeit war unter diesen Vorzeichen kaum jemand, der im politischen Geschehen auf die eine oder andere Weise mitmischte. Lenin stand bereits ab dem Frühjahr 1917 im Mittelpunkt solcher Kampagnen und auch sein größter Gegenspieler in diesen Monaten, Alexander Kerenskij, landete wenig später am medialen Pranger. In beiden Fällen spielte der Vorwurf der Verschwörung eine zentrale Rolle.
Die Version, wonach Lenin als Spion in die Heimat kam, der im Auftrag Berlins das frühere Romanowimperium im Alleingang zum wehrlosen Opfer des deutschen Militarismus und Expansionismus degradierte, hat auch in unseren Tagen nicht ausgedient. Darstellungen, die ihn auf ein Werkzeug Wilhelms II. oder seines Generals Erich Ludendorff reduzieren und auf diese Weise suggerieren, er hätte die ihm angetragene und zweifellos gerne übernommene Rolle des – mutmaßlich großzügig gesponserten – Umstürzlers ohne Wenn und Aber der Regie Berlins überlassen, sind ebenfalls nicht vom Tisch. Die Dimension seiner Verstrickungen in deutsche Machenschaften und das Ausmaß jener Unterstützung des Hohenzollernreichs, deren genaue Wege sich nach mehr als hundert Jahren nur ansatzweise rekonstruieren lassen, ist freilich aus mehreren Gründen von Belang. Damit verbundene Fragen betreffen nicht nur die umstrittene Reputation des Revolutionsführers, die manche bis heute vehement verteidigen, sondern auch den Verlauf der Ereignisse ab Februar 1917 im Allgemeinen. Viele Namen und Pseudonyme sind dabei im Spiel. Drahtzieher und Handlanger, Hinter- und Mittelsmänner, Mitläufer und Profiteure – niemand aus der illustren Gruppe der Involvierten hatte später Interesse daran, die Hintergründe der ungewöhnlichen Partnerschaft zwischen dem Deutschen Reich und dem Bolschewikenführer vollständig zu enthüllen. Das Zweckbündnis sorgte dennoch für Gesprächsstoff und wirbelte bereits 1917 erheblich mehr Staub auf, als Lenin gedacht hatte. Die Causa erhitzte die Gemüter und sorgte für handfeste Skandale. Trotzdem wurde – zumindest in der Sowjetunion und ihren »Bruderstaaten« – das heikle Arrangement, das zwischen Lenin und Repräsentanten Deutschlands zustande kam, schon bald, d. h. nach der Konsolidierung der bolschewistischen Herrschaft, erfolgreich beschwiegen, jahrzehntelang. Umso reißerischer verkauften diverse Publikationen oder auch Dokumentarfilme im postsowjetischen Russland Lenins Kontakte zu Deutschland als Sensation. Diese wiederum wurde in den entscheidenden Beweis für eine neue Saga umgewandelt: Die Revolution war ein mit ausländischem Geld finanzierter Import einer verräterischen Clique, die Russland auf Grundlage einer westlichen Ideologie – des Marxismus – einem grausamen Experiment auslieferte und die Menschen in ein schreckliches Blutbad – den Bürgerkrieg – führte. Hauptzweck sei aber vor allem die vollständige Niederwerfung des ehemaligen Zarenreichs und seine anschließende Aufteilung unter den ausländischen Mächten gewesen. Der Erfolg der Bolschewiki, der Zuspruch, den sie im Herbst 1917 erfuhren, gründete sich lediglich auf Täuschungen. Die Machtergreifung und in weiterer Folge auch die Herrschaft von Lenins Partei spiegelte keinesfalls die tatsächliche Haltung der Bevölkerung wider usw. Der Denkmalsturz begann. Aus dem panegyrisch verehrten Revolutionsführer wurde der schlimmste Verbrecher, den das 20. Jahrhundert hervorgebracht hatte.4
Im sowjetischen Narrativ durfte Lenin – was Wunder – kein skrupelloser Intrigant und unpatriotischer Defätist sein, kein schamloser Verschwörer und bedenkenloser Verräter, der seine Heimat gewissermaßen verkaufte. Der Bolschewikenführer wurde vielmehr als Revolutionär vorgestellt, der die Umwälzung gemäß dem Willen des Volkes dekretierte, mit viel Überzeugungskraft Schwankende auf den »richtigen Weg« leitete und vor allem dank eines unvergleichlichen Charismas und genialen Weitblicks verwirklichte, was noch kurz zuvor als Utopie galt. Die Festigung solcher Sichtweisen bedurfte einiger Eingriffe, das »deutsche Gold« durfte es ebenso wenig geben wie Schriftstücke, die unangenehme Fragen herausforderten: Akten verschwanden entweder für immer oder landeten in besonderen Depots, andere wurden manipuliert und wieder andere einfach fabriziert. Zeitzeugen wiederum, die über gewisse Einblicke in angebliche oder tatsächliche »dunkle« Geschäfte verfügten, berichteten meist eher entlang ihrer Gesinnung und weniger im Dienst authentischer Schilderungen. Reicht die Quellenlage aus, um den bolschewistischen Umsturz vom Oktober bzw. November 1917 als »gekaufte Revolution« zu bezeichnen? Oder anders gefragt: Ließ sich Lenin kaufen?
Nichts deutet darauf hin, dass Lenin sein Ziel aus den Augen verlor. Nach seiner Ankunft am Finnischen Bahnhof in Petrograd sollten die Bolschewiki umgehend das sogenannte Minimal- durch das Maximalprogramm der SDAPR ersetzen.5 Das bedeutete konkret: Lenin hakte einen Teil des Vor-Februar-Programms der Sozialdemokratie mit Reformforderungen für Arbeits- und Lohnfragen und dem Verlangen nach dem Gewähren von Bürger- und Freiheitsrechten ab. Alle diese Anliegen sah er im – wie er in den Aprilthesen meinte – »freiesten Land der Welt«, das er im revolutionären Russland erblickte, bereits erfüllt. Das Maximalprogramm aber, das im allgemeinen Teil des Parteiprogramms von 1903 dargelegt worden war und grundlegende sozialdemokratische Positionen abbildete, wie sie auch in anderen, üblicherweise zweiteiligen Programmen verankert waren, lief auf das Endziel hinaus. Das hieß de facto nichts anderes, als »praktisch mögliche« Schritte zur Verwirklichung des Sozialismus zu setzen – Vorstellungen, die sich nicht durch mitreißende Reden allein realisieren ließen.6 Zunächst bedurfte es entsprechender Aufklärungsarbeit und geeigneter Rahmenbedingungen. Lenin forderte die Bewaffnung der Arbeiter, sprach nach seinem Eintreffen in der russischen Hauptstadt unentwegt von einer Volksmiliz und war sich bei alledem der Bedeutung einer möglichst breiten Unterstützung durch die Soldaten bewusst. Es brauchte Agitation, aber auch genügend Gelder, um die erforderlichen Propagandamaßnahmen zu finanzieren. Tatsächlich übertrafen die Bolschewiki vor dem Hintergrund einer ab dem Frühjahr 1917 insgesamt prosperierenden »Zeitungslandschaft« in Sachen »Medienpropaganda« konkurrierende Parteien.7 Lenins Gefolgschaft verfügte, wie es schien, über ausreichende Mittel, um ihre in steigender Auflagezahl erscheinenden Presseerzeugnisse zu finanzieren. Abseits davon standen aber auch personelle Ressourcen zur Verfügung, beispielsweise für die Schaffung einer bolschewistischen Militärorganisation, der Lenin besonderes Interesse entgegenbrachte.8 Im Sommer 1917 hatte die Partei etwa 240.000 Mitglieder und konnte über 300.000 Exemplare ihrer mehr als 40 Zeitungen bzw. Zeitschriften drucken.9
So deutlich auch verschiedene Genossen gegenteilige Meinungen zu Lenins Plänen formulierten und es ganz offensichtlich an Gleichklang mangelte, setzte Lenin alle Hebel in Bewegung, um aus der Partei eine »Aktionseinheit« zu machen, die sich von seiner Entschlusskraft führen lassen sollte. Hier begegnete er, wie bereits gezeigt wurde, zunächst erheblichem Widerstand. In Anbetracht der bisherigen Parteigeschichte und Lenins altbekannten Überzeugungen, erscheint es manchen allerdings plausibel, die Differenzen, die sich zwischen seinen und den Positionen parteiinterner Kritiker auftaten, als nicht sehr gravierend zu sehen. Sie hätten sich demzufolge nur zu einem geringen Teil auf Inhaltliches bezogen und vielmehr Fragen der praktischen Vorgehensweise tangiert.10 Tatsächlich waren viele, ja fast alle Ansichten, die Lenin nach seiner Ankunft in Petrograd vertrat, aus seinen bisherigen Artikeln und Broschüren bekannt. Wirklich überraschend erschienen demgegenüber seine Forderung nach ersten konkreten Maßnahmen Richtung Sozialismus und seine Behauptung, wonach der Sowjet bereits über das Stadium eines herkömmlichen Parlamentarismus hinausgewachsen war.11 Auch wenn man sich dieser durchaus nachvollziehbaren Interpretation hinsichtlich eines zweifelhaften Neuigkeitswerts der Aprilthesen anschließt, machten sich in den Monaten vor dem Oktoberumsturz dennoch erhebliche Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Partei bemerkbar. Das Tempo Richtung Umsturz spielte dabei eine zentrale Rolle. Das bedeutet jedoch auch, dass es dieses plötzliche Umschalten vom Minimal- auf das Maximalprogramm war, das die Genossen irritierte. In unterschiedlichem Ausmaß, wie es scheint. Der Mehrheit von Lenins Anhängern, die, wie die Bolschewikin Jelena Stasowa später behauptete, sich schon am Tag nach der Verkündung der Thesen ihres Parteichefs von deren Radikalität erholte und sich ganz auf die Seite ihres Führers schlug,12 standen ein paar lautstarke Kritiker gegenüber. Es gab Genossen, meinte Lenin, die »Angst vor dem Kampf um die Macht« empfanden und geneigt waren, »diesen Kampf durch Resolutionen, Proteste und Kongresse zu ersetzen«.13 Die Partei, kommentierte Leo Trotzki, tickte anders als Lenin selbst: »Jeder neuen Situation paßte« sie sich »nur auf dem Weg innerer Krisen an«.14
Nach Lenins Heimkehr kamen seine Anhänger und mit ihnen ganz Russland jedenfalls nicht mehr zur Ruhe. Entgegen seinen Predigten von einer »geduldigen« Taktik, mit denen er die Kritik an seinen Thesen abzuschwächen versuchte, war das Ziel der Machtübernahme – vorgeblich durch das Proletariat und die sich ihm anschließende Bauernschaft – sofort allgegenwärtig.
Wenngleich der als Revolution der Massen gepriesene Umsturz im Oktober 1917 nur wenig bis gar nichts mit Sergej Eisensteins wuchtigen Filmszenen über das aufbegehrende Volk gemein hatte, waren die Bolschewiki zum Zeitpunkt der Machtergreifung nicht mehr jene eher marginale Gruppe, als die sie Lenin im April 1917 vorgefunden hatte. Das galt allerdings im Wesentlichen für urbane Zentren und vor allem für die zwei »Hauptstädte«, also Petrograd und Moskau. Primär dort erlebten die Bolschewiki einen bemerkenswerten Aufstieg. Die städtischen Massen spielten in diesem Zusammenhang eine aus Sicht der Bolschewiki aber nicht immer glückliche Rolle. Sie erwiesen sich als nur schwer kontrollierbare Akteure.
Die Resonanz auf die sogenannte Miljukow-Note vom 18. April 1917, in welcher der Außenminister der Provisorischen Regierung seine Befürwortung der Kriegsziele des untergegangenen Regimes zum Ausdruck brachte, verwies – ähnlich wie im Februar – auf die enorme Sprengkraft der Frage über Krieg oder Frieden. Ihre Bedeutung für die Existenz des neuen Regimes war essenziell. Vor diesem Hintergrund kam es zu bewaffneten Demonstrationen von Arbeitern und Soldaten, die sich der Formel des Sowjets nach einem Frieden ohne Annexionen und Kontributionen angeschlossen hatten. Sie forderten nun die Absetzung der bürgerlichen Minister und eine neue Revolutionsregierung. Einer der Hauptprotagonisten des Aufruhrs war der junge Offizier Theodor Linde, der im Februaraufstand eine wesentliche Rolle gespielt hatte, indem er Soldaten auf die Seite der Revolution zog. Linde aber opponierte durchaus nicht gegen eine Weiterführung des Krieges. Er empfand sich als »Patriot«. Im Zentrum stand nun die Frage, ob das revolutionäre Russland bereit sein würde, für jene »räuberischen« Ziele zu kämpfen, deretwegen die Großmächte 1914 ins Feld gezogen waren. Es ging also darum, den Krieg zwar nicht sofort zu beenden, aber dem Frieden eine »demokratische« Zielrichtung zu geben. Gebietsgewinne auf Kosten unterlegener Staaten gutzuheißen, schloss sich unter diesen Vorzeichen aus. Linde, der kurze Zeit später ironischerweise aufgrund seines deutschen Namens von Soldaten, die er zum Weiterkämpfen aufforderte, als vermeintlicher Spion gelyncht wurde, gehörte auch dem Exekutivkomitee des Petrogader Rates an.15 Dieses wiederum distanzierte sich von dem Protest, der in Anbetracht wütender Gegenmanifestationen von »Patrioten« zu blutigen Straßenkämpfen führte. Der seit Anbeginn der Revolution befürchtete Bürgerkrieg schien unvermeidlich. Die Einheiten General Lawr Kornilows, Kommandant der Petrograder Garnison, standen bereit, um die Unruhen zu beenden. Die Regierung scheute jedoch davor zurück, die Waffen gegen das Volk zu erheben, und der Rat sah sich veranlasst, die »Rettung der Revolution« durch die Unterstützung der Regierung herbeizuführen. Wollte man Chaos und weitere Gewalt verhindern, bot sich anscheinend nur dieser eine Ausweg an. So entstand eine Koalition, in der auch Repräsentanten der Räteparteien vertreten waren, und es etablierte sich jenes Motivations- und Handlungsmuster des Sowjets, das den Monaten vor dem Oktober 1917 seinen Stempel verlieh.
Die Frage, welche Rolle die Bolschewiki im Zuge der erwähnten Demonstrationen spielten, haben Historiker:innen unterschiedlich beantwortet. Die einen folgen Lenins Erklärung, wonach sich die Bolschewiki lediglich mit Aufrufen zu einer friedlichen Beteiligung ins Spiel brachten, die anderen sehen Aktionen zumindest von Teilen der Partei, die eher für eine Eskalation, wenn nicht gar für einen versuchten Umsturz sprechen. Lenin selbst habe demzufolge mit schwachen Entgegnungen und am Ende entlarvenden Erklärungen nach den Unruhen – vermutlich unbeabsichtigt – eingestanden, dass die Demonstrationen mehr waren als nur eine »friedliche Erkundung der feindlichen Kräfte«.16 Der Sturz der Provisorischen Regierung hätte damals aber aufgrund fehlender bolschewistischer Mehrheiten in den Sowjets – im Falle einer auf den Weg gebrachten Rätemacht – nicht jenen Triumpf für Lenins Partei ermöglicht, der im Oktober verbucht wurde. Lenin wusste das. Seine Partei war zu schwach in den Sowjets vertreten, um sich an die Spitze zu stellen. Daher müsse, riet er seinen Genossen, vorrangig Propaganda betrieben und die Provisorische Regierung demaskiert, d. h. ihr »Betrug« am Volk aufgedeckt werden.17 Kritikern erklärte er wortreich die Richtigkeit seiner Taktik, die er als besonnenes, aber energisches Stufenprogramm darstellte. Gleichzeitig war alles, was er in seinen Reden – u. a. vor den Soldaten des Ismailowo-Regiments – von sich gab, nichts anderes als ein Aufruf zum Handeln: Die Revolution müsse fortgesetzt, die ganze Macht dem Sowjet überlassen werden. Die Regierung der Kapitalisten führe den Krieg ansonsten unbeirrt weiter.18 Diese Art der »Aufklärung«, die seine Bolschewiki unter den »Massen« durchführen sollten, entsprach in Wirklichkeit der Rhetorik von Rädelsführern.
Tatsächlich sprechen schon Lenins Ansichten, die er vom Dezemberaufstand 1905 vertrat, für eine bewusste Instrumentalisierung der Straße. Die abwartende Haltung gegenüber den Demonstrationen im Frühjahr 1917 ging offenbar mit dem Kalkül einher, je nach Verlauf der Ereignisse zum Rückzug aufzufordern oder aber sich an die Spitze der Proteste zu stellen. Dass die gegen die Regierung gerichteten Parolen verfrüht in Umlauf gesetzt worden waren, gestand das ZK nach dem absehbaren Abflauen bzw. Scheitern der Unruhen ein.19 Erst vor diesem Hintergrund wurde schließlich die Notbremse gezogen und der Aufruhr nicht weiter vorangetrieben. Dass auch Niederlagen sinnvoll sein konnten und ein bewaffneter Aufstand selbst im Falle seines Scheiterns wertvolle Erfahrungen generierte sowie Bezugspunkt für weitere Erhebungen sein würde, hatte Lenin bereits als wichtige Lektion der ersten Russischen Revolution begriffen. Das bedeutete auch, dass die Massen »in starker Spannung und Kampfbereitschaft« gehalten werden mussten. Der revolutionäre Elan durfte nicht nachlassen – zumindest das war mit den Unruhen vom April erreicht.20
Immer mehr drängten nun die Zwänge des fortgeführten Krieges die nicht-bolschewistischen Sowjetparteien in eine unpopuläre Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie und jenen »Patrioten«, die nationale Ziele zur Leitlinie ihrer Politik gemacht hatten. Die Linke, die vor diesem Hintergrund teilweise tatsächlich begann, (national-)liberale Positionen zu vertreten, verband – eingedenk der Minderheit, in der sich das Proletariat in Russland befand – mit der Lenin’schen Haltung einen Bürgerkrieg im eigenen Land. In diesem wiederum rechneten sich die Räteparteien im Allgemeinen keine Aussichten auf Erfolg aus. Schon deswegen scheuten sie ihn. Nicht so Lenin, den ja auch die Perspektive eines Gemetzels im Weltmaßstab nicht abschreckte.
Interessanterweise wird immer wieder behauptet, dass Lenin oder die Bolschewiki den Frieden forderten. In den Aprilthesen ist davon aber nichts zu lesen – zumindest nicht als unmittelbare Konsequenz. Eine plumpe Friedenslosung wäre auch in Anbetracht all dessen, was Lenin zuvor gepredigt hatte, völlig absurd gewesen. Er erklärte lediglich der Unterstützung eines imperialistischen Krieges eine Absage, also jenes, den das Februarregime immer noch austrug, und er verknüpfte die Führung eines Krieges mit einigen Voraussetzungen: Übergang der Macht an das Proletariat und die ärmsten Teile der Bauernschaft, Verzicht auf Annexionen, Bruch mit den Interessen des Kapitals. Nur auf dieser Basis sei der Krieg ein wahrhaft revolutionärer und nur dann werde auch ein wahrhaft demokratischer Frieden möglich sein. Die Betonung des »demokratischen Friedens« verwies außerdem auf Lenins Diagnose weitgehend »entdemokratisierter« Gesellschaften unter den Bedingungen von Kriegsrecht und Ausnahmegesetzgebungen. Das hieß auch, dass sich solcherart ramponierte westliche Demokratien unter weiterhin wirksamen imperialistischen Bedingungen nicht von ihren Fesseln befreien könnten. Vielmehr würden sich dort autoritäre Regime festsetzen oder bestenfalls Pseudodemokratien weiterbestehen – als politische Entsprechung eines »entarteten« Kapitalismus.21
Wer also genauer hinsah, erkannte, dass sich Lenin nicht so recht darauf festlegte, was nach einer Machtübernahme durch Proletarier und Bauern passieren und ob Krieg oder Frieden auf die Menschen zukommen würde. Gleichzeitig behauptete er, dass lediglich eine große Revolution mit internationaler Reichweite das Ende des imperialistischen Krieges, den die Bourgeoisie ansonsten unverdrossen weiterführen werde, bringen könne. Das »Völkerringen« dauere bereits drei Jahre und werde, meinte er, vielleicht sogar zehn dauern, wenn man jetzt vor einer »schwierigen, harten Revolution« zurückschrecke.22
Martow traf es auf den Punkt, wenn er behauptete, dass es Lenin, als er im April nach Russland kam, nie um den Frieden an sich gegangen war, sondern immer nur um die Revolution, d. h. zunächst um einen bolschewistischen Umsturz. Und er hätte, meinte Martow weiter, für den Fall, dass die Provisorische Regierung oder sonst jemand dazu in der Lage gewesen wäre, Russland wirklich den Frieden zu bringen, seine Taktik schnell wieder umgestellt. Dann nämlich hätte er dem Proletariat weisgemacht, dass der Krieg verantwortungslos und vorschnell beendet worden sei – mit dem unverzeihlichen Defizit des Verzichts auf ein Bezwingen des deutschen Militarismus und dem Makel eines bürgerlichen Friedens.23 Martow durchschaute Lenin, und dieser hätte der Analyse seines früheren Weggefährten wahrscheinlich sogar zugestimmt.
Lenin strapazierte in allen seinen damaligen Texten und Reden das Bild von einer derart vertrackten Weltlage, dass – so seine Behauptung – nur ein Gewaltstreich in der Lage sein würde, den Gordischen Knoten zu zerschlagen und den imperialistischen Krieg zu beenden. Tatsächlich zeigte sich etwa durch die ablehnende, ja destruktive Haltung der Entente gegenüber einer sozialistischen Friedenskonferenz in Stockholm die schiere Unmöglichkeit eines Kriegsendes unter Beibehaltung bestehender Machtkonstellationen. Auch in der krisengeschüttelten und kriegsmüden Donaumonarchie, wo Außenminister Ottokar Czernin die Februarrevolution in Russland mit der Aussicht auf einen Separatfrieden verknüpfte, ließ man die Vertreter der SDAPÖ nur unter Aufsicht zu den Vorkonferenzen nach Schweden reisen – aus Misstrauen gleichermaßen wie in der tiefen Überzeugung, dass das Unterfangen fehlschlagen würde.24 Andere wiederum, wie etwa Albert Thomas, Émile Vandervelde oder Arthur Henderson, die aus Frankreich, Belgien und Großbritannien nach Russland kamen, verdeutlichten mit ihren Initiativen die tiefe Kluft innerhalb der internationalen Arbeiterorganisation. Die drei Sozialisten wandten sich marktschreierisch an ein potenziell »patriotisch« eingestelltes Publikum in Moskau, um für die Weiterführung des Krieges zu werben25 – Wasser auf den Mühlen Lenins! Gravierend wirkte sich das Scheitern der sozialistischen Friedenskonferenz in Stockholm vor allem auf den Petrograder Sowjet sowie die Provisorische Regierung aus. Sie hatten vergeblich versucht, über eine Revision der Kriegsziele zu einem allgemeinen Frieden zu gelangen. Die Politik der kleinen Schritte scheiterte und ließ die Machthaber in Russland de facto ohne einen Plan B zurück.26 Auch diese Entwicklung spielte Lenin in die Hände. Er rückte jetzt noch weiter von der ohnehin kleinen Gruppe der »Zimmerwalder« ab. Umso mehr widmete er sich seinen Plänen für eine Dritte Internationale.27 Der Umstand, dass im April 1917 die bereits seit Monaten drohende Spaltung der SPD zur Parteigründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) führte, nährte Lenins Hoffnung auf radikalere Entwicklungen in Deutschland außerdem zusätzlich. Die Unterstützung der »deutschen Brüder« bzw. ein Zusammenwirken mit ihnen hielt er für über die Maßen bedeutsam.
Keine Frage, Teile der Bevölkerung im ehemaligen Zarenreich ließen sich für patriotische Parolen begeistern. Die Kraft und vor allem auch die Beständigkeit dieser Haltung bei gleichzeitiger Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse wurden aber wohl überschätzt – von Regierung und Rat gleichermaßen. Vor allem im Proletariat, aber auch unter den Soldaten, die das Februarregime vorgeblich von der verhassten Allmacht der Offiziere befreit hatte, setzten sich die Parolen der Bolschewiki mehr und mehr fest. Die Anzahl von Lenins Anhängerschaft nahm zu, im Petrograder Sowjet eroberte seine Partei im September 1917 die Mehrheit. Zweifellos spielte vieles, was sich innerhalb, aber auch außerhalb Russlands zwischen April und Oktober bzw. November 1917 ereignete, den Bolschewiki in die Hände. Aufseiten der Regierung und des Rates wurden Chancen nicht ergriffen oder fatale Allianzen gebildet. Unentschlossenheit und Zweifel überwogen, wo klare Entscheidungen vonnöten gewesen wären. Lenins Kompromisslosigkeit aber schien einem größer werdenden Bevölkerungsteil die fehlende Klarheit bieten zu können.
Lenin setzte auf griffige Botschaften. Der bolschewistische Slogan »Alle Macht den Sowjets!« ist untrennbar verbunden mit der Russischen Revolution. Er stammte allerdings nicht von Lenin, sondern war eine Schöpfung der »Straße«, skandiert von Demonstranten, die so den Forderungen nach einer Beseitigung der Provisorischen Regierung Nachdruck verliehen. Der Bolschewikenführer griff die einfache Formel auf und machte sie gleichsam zum Inbegriff bolschewistischer Politik. Die »Alleinherrschaft der Sowjets der Arbeiter-, Soldaten-, Bauern- usw. Deputierten im ganzen Land, von unten bis oben« forderte er freilich schon kurz nach seiner Ankunft in Petrograd.28 Gleichzeitig schränkte er ein, dass diese exklusive Macht nur dann zu verwirklichen sei, wenn der Sowjet sich zur Politik der Bolschewiki bekennen und die Unterstützung der Provisorischen Regierung beenden würde.29 So wurde, etwa in der Prawda »Alle Macht den Sowjets!« gefordert, um den Petrograder Rat gleichzeitig als Handlanger der Bourgeoisie darzustellen.30
Noch größere Vorbehalte galten den Bauern. Lenin brandmarkte ihre Haltung als »chauvinistisch«, um gleichzeitig davon zu sprechen, wie wichtig es sei, sie »zur Revolution zu drängen«.31 Ihre Beteiligung an einer weiteren Umwälzung hielt er für unverzichtbar. Um die Agrarbevölkerung zum Partner der Revolution zu machen, waren allerdings klare Perspektiven gefragt. Schon im Frühjahr 1917 begannen die Bauern, eigenmächtig Gutsherrenland in Besitz zunehmen – eine Entwicklung, die sich bis zum Sommer beschleunigte und schließlich immer größere Ausmaße annahm. Lenin hatte schon in den Aprilthesen die Nationalisierung des Bodens gefordert, um gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die Agrarbevölkerung gar nicht wüsste, was das bedeutete. Sie würde lediglich ihren primitiven Eigentümerinstinkten folgen. Aus dieser Einschätzung resultierte aber selbstverständlich nicht der Verzicht, die Bauern zu instrumentalisieren oder eine Verurteilung spontaner Landnahmen auszusprechen. Lenin sabotierte die Agrarpolitik der Provisorischen Regierung insofern, als er die Bauern dazu aufrief, sich den Grund und Boden noch vor den in Aussicht gestellten Beschlüssen der Konstituierenden Versammlung einzuverleiben. Er negierte zwar eine dadurch legitimierte Besitzergreifung im Sinne des Eigentums, verwies aber auf eine notwendige Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen, um Versorgungsengpässe abzuwehren. Außerdem konnte er damit argumentieren, dass niemand wusste, wann die Wahlen zur Konstituante nun wirklich stattfinden würden.32 Als Effekt dieser von den Bolschewiki gewissermaßen angeratenen und für rechtmäßig erklärten Selbstermächtigung fürchtete die Provisorische Regierung Chaos.
Die Ungeduld der Bauern wuchs aber auch ohne Zutun Dritter. Sie fühlten sich mit Ankündigungen und Zwischenlösungen abgespeist. So hatten sie sich die Revolution nicht vorgestellt. Die Politik des Landwirtschaftsministers und SR Viktor Tschernow, die er auf ein mehrstufiges Reformprogramm festlegte, war den nichtsozialistischen Koalitionspartnern in der Regierung andererseits zu »revolutionär«.33 Das Februarregime verlor vor diesem Hintergrund die Kontrolle über die Bauernschaft. »Nicht zuletzt auf dem Dorfe grub« sich die Provisorische Regierung »ihr eigenes Grab«.34 Darüber hinaus entfernten sich Linke SRy sukzessive vom Rest der Partei, eine Entwicklung, die schließlich in deren Sezession im Oktober 1917 gipfelte. Die Verankerung der Sozialisten-Revolutionäre in der Agrarbevölkerung war aber trotz dieser internen Probleme evident. Sie schlug sich dementsprechend in ihrer Dominanz in den Räten nieder. Die Bolschewiki blieben hingegen in den Bauernsowjets eine verschwindend kleine Gruppe.35
Ungeduld und Unzufriedenheit kennzeichneten aber auch die Stimmung anderer. Als ungestüm erwiesen sich vor allem die Kronstädter Matrosen sowie – nicht anders als bereits im Februar oder im April 1917 – die Bolschewiki des Wyborger Bezirkes. Lenin goss Öl ins Feuer, indem er ein drastisches Szenario heraufbeschwor. Bei seiner Rede im Verlauf des 1. Allrussischen Kongresses der Arbeiter- und Soldatendeputierten am 4. Juni 1917, an dem 105 Abgeordnete der Bolschewiki 285 Repräsentanten der PSR und 248 Vertretern der Menschewiki gegenüberstanden, sagte Lenin den anwesenden Sowjetvertretern bei einem Fortbestehen einer bürgerlichen Regierung das Ende der Räte voraus.36 Und er machte auf die Gefahr einer Konterrevolution aufmerksam. Es gehe, bekräftige er, um »Sein oder Nichtsein«37 und um klare Schritte, mit denen man sich von einer »reformistischen Demokratie unter einer kapitalistischen Regierung« distanzieren müsse. Eine militärische Offensive, für die sich vor allem Alexander Kerenskij als neuer Kriegsminister der Koalitionsregierung stark gemacht hatte, bezeichnete Lenin überdies zu Recht als »Wende in der gesamten russischen Revolution«, weil sie – so sein Argument – »die Fortsetzung des imperialistischen Völkermordens, der Vernichtung von Hunderttausenden, von Millionen Menschenleben« bedeute.38
Lenin, heißt es, habe mit seiner Rede vor dem Kongress und damit mit seinem ersten großen Auftritt vor einem gesamtrussischen Publikum – die Abgeordneten kamen aus verschiedenen Teilen des ehemaligen Zarenreichs – ein eher schwaches »Debüt« gegeben.39 Trotzdem blieb gerade diese Ansprache in Erinnerung. Warum? Lenin tat das, was er wie kein anderer beherrschte: Er widersprach allen anderen, und zwar so, dass keiner der Anwesenden davon unbeeindruckt blieb. Sein Vorredner, der Menschewik Iraklij Zereteli, der das Ministerium für Post- und Telegraphenwesen leitete, hatte – so Lenin – behauptet, »dass es in Russland keine politische Partei« gebe, die »sich bereit erklären würde, die gesamte Macht zu übernehmen«. Lenin konterte und antwortete, gefolgt von Beifall, aber auch Gelächter: »Doch! Keine einzige Partei kann das ablehnen, und unsere Partei lehnt das nicht ab: sie ist jeden Augenblick bereit, die gesamte Macht zu übernehmen!«40 Diese Aussage wurde später oft zitiert – als Beleg für den Machtanspruch der Bolschewiki oder besser Lenins Machtwillen, ungeachtet der zu diesem Zeitpunkt noch nachrangigen Stellung seiner Partei in den Räten. Damals aber erregte interessanterweise eine andere seiner Äußerungen noch größere Aufmerksamkeit: Die erste und wichtigste Aufgabe einer tatsächlich revolutionären Regierung, meinte er, wäre der sofortige Arrest von 50 Fabrikanten gewesen. Diese Behauptung gab jenen zu denken, die sich in ihrem Entgegenkommen gegenüber der Provisorischen Regierung ertappt fühlten, und auch jenen, die eine Revolution dieser Art fürchteten.41
Niemand hätte die Unvereinbarkeit der Positionen von Bolschewiki und »orthodoxen« Menschewiki in der Frage der Machtübernahme wahrscheinlich besser verkörpern können als Zereteli. Der Georgier war zutiefst überzeugt von der Notwendigkeit eines bürgerlichen Regimes und als einer der wichtigsten Architekten der Doppelherrschaft ständig damit beschäftigt, diese von Beginn an instabile Konstruktion vor dem Einsturz zu bewahren. Lenins Destruktivität war ihm zutiefst zuwider.
Dass es abseits der von der Mehrheit der Sowjets vertretenen Politik Mittel zu geben schien, um die Frage der Macht auf revolutionäre Art zu klären, bewiesen im Juni Aufstände in fast 30 hauptstädtischen Fabriken und durchaus bedrohlich wirkende Demonstrationen. Auslöser hierfür war das Vorgehen von Regierungskräften gegen die in der Villa des ehemaligen zarischen Innenministers Pjotr Durnowo residierenden Anarchisten gewesen. Dafür, dass den anarchistischen Unruhestiftern, die vor roher Gewaltanwendung nicht zurückscheuten, Einhalt geboten wurde, sprach sich auch der Großteil der Sowjetdelegierten aus. Was nun entstand, beschrieb Nikolaj Suchanow als einigermaßen undurchsichtiges Durcheinander, in dem auch die Bolschewiki relativ planlos wirkten, gleichzeitig jedoch zumindest teilweise nicht abgeneigt schienen, die Dinge einer Eskalation zuzutreiben.42 Tatsächlich gärte es in den Arbeitervierteln der Hauptstadt und bolschewistische Losungen waren allgegenwärtig – darunter die Forderungen nach der Machtübergabe an die Sowjets und nach der Absetzung der »kapitalistischen« Minister in der Provisorischen Regierung. Die Lage drohte außer Kontrolle zu geraten und gipfelte schließlich in einer Machtprobe zwischen dem Petrograder Sowjet und den Bolschewiki. Lenin zog die Reißleine, während Stalin die angekündigten Demonstrationen angeblich in ein handfesteres Kräftemessen überleiten wollte.43 Immerhin gaben sich die Vertreter jener bolschewistischen Militärorganisation, die in der Petrograder Garnison eingerichtet worden war, überzeugt, im Bedarfsfall an die 60.000 Mann bereitstellen zu können.44 Auch andere Parteien hatten die Bedeutung einer Kontrolle über die in der Hauptstadt stationierten Regimenter erkannt und unter ihnen agitiert. Am erfolgreichsten aber traten dort Lenins Anhänger auf. Sie begriffen, dass alles davon abhing, die Soldaten zu Verbündeten zu machen.45
Nikolaj Suchanow schätzte die Bolschewiki schon damals als militärisch potent genug ein, um den Aufstand zu wagen.46 Jetzt verfügte Lenin über Kräfte, die er sich 1905 nur herbeiwünschen hatte können. Eine offene Konfrontation hielt er aber für verfrüht und fürchtete eine Schwächung seiner Partei im Sowjet.47
Nicht alle Genossen verstanden, warum Lenin jetzt einen Rückzieher machte. In Anbetracht einer weiteren Rede, die Lenin vor dem 1. Sowjetkongress gehalten hatte, wollte sich dieses Verständnis erst recht nicht einstellen.48 Schwächelte er bei seinem Debüt, so kam dieser Vortrag einer Brandrede gleich. Lenin forderte den endgültigen Bruch mit den Kapitalisten und Bankiers im eigenen Land und warf der Regierung in Anspielung auf ihre Haltung gegenüber den Selbstbestimmungsbewegungen in Finnland und der Ukraine eine Annexionspolitik nach innen vor. Der einzige Ausweg aus dem Krieg sei die Revolution und ein unmissverständliches Lossagen von der »Kapitalistenklasse«. »Nur das ist Sozialismus«, schulmeisterte er die anwesenden Sowjetdelegierten, deren Kurs er als widersprüchlich und völlig verfehlt charakterisierte.49 Das Resultat der Umwälzung im Februar sei eine »Quasirepublik« mit denselben imperialistischen Zielsetzungen, wie sie die Zarenherrschaft verfolgt habe.50 Kein einziges Argument für die Politik, die der Sowjet und die Regierung vertraten, ließ er gelten – auch nicht die ins Treffen geführten Beschränkungen und Zwänge, wie sie etwa die dargestellte allumfassende Abhängigkeit von Großbritannien und Frankreich bedingte. Das Weiterführen des Bündnisses beschrieben die Verantwortlichen auf diese Weise als gleichsam alternativlos. Lenin hatte einen völlig anderen Blick auf die Dinge. Die fortgesetzte Bindung an die beiden Ententestaaten, das Festhalten an einer Allianz, die auf das Konto der zarischen Regierung ging, seien, entgegnete er, so hilfreich wie der »Strick« für »den Gehenkten«.51 Tatsächlich wuchs der Argwohn der Alliierten gegenüber den schwächelnden Verbündeten. Die Provisorische Regierung aber respektierte die Vorkriegsabsprachen und suchte ihr Heil in einer militärischen Offensive, von der sie sich neues Prestige und ein Wiedererlangen früherer Handlungsspielräume erhoffte. Nur so würde ein für Russland günstiger Frieden möglich sein.52
Seine »Brandrede« hielt Lenin zu einem Zeitpunkt, als Petrograd nur mehr eine Handbreit von einer blutigen Konfrontation entfernt war. Und ebenso wenig hatte gefehlt, den ursprünglich geplanten »bewaffneten Aufmarsch«, der nach außen als »friedlich« angekündigt wurde, tatsächlich durchzuführen.53 Jetzt war von einer Verschwörung bolschewistischer Abenteurer, einer versuchten Machtübernahme und von notwendigen Maßnahmen gegen die Bolschewiki die Rede.54 Die »bourgeoise Presse«, klagte etwa Anatolij Lunatscharskij, hatte schon Tage davor und in Anbetracht der am Sowjetkongress von Anfang an aggressiven Äußerungen der bolschewistischen Redner die Verhaftung Lenins, Trotzkis sowie weiterer Radikaler gefordert.55 Auf einer für den 18. Juni anberaumten Demonstration, die der Petrograder Rat organisiert hatte, zeigten die Bolschewiki dann ihre Stärke. An die 400.000 Menschen kamen, und die meisten von ihnen skandierten die Losung »Alle Macht den Räten!«.56 Am selben Tag berichtete die Prawda über als empörend bezeichnete Forderungen nach jenen militärischen Operationen der russischen Armee, die nun bereits anzulaufen begannen. Gleichzeitig, wurde in dem Blatt kritisiert, seien keinerlei ernst zu nehmende Schritte in Richtung eines allgemeinen Friedens gesetzt worden.57
Ebenfalls in der Prawda veröffentlicht und somit einem größeren Publikum zugänglich wurde Lenins »Brandrede« erst Ende Juni und Anfang Juli – in drei Teilen. Diese Periode wiederum deckte sich mit jener Aufregung über die von Kriegsminister Kerenskij in die Wege geleitete Offensive, welche die Regierung, aber auch den Sowjet in noch schlimmere Turbulenzen stürzte als die zuvor geschilderten Ereignisse.
An der Front stand eine Armee, deren Soldaten nicht mehr kämpfen wollten. Hunderttausende wurden schlecht ausgerüstet und mit wirren Befehlen in das gegnerische Feuer getrieben. Anfängliche Erfolge gegen österreichisch-ungarische Truppen hatten deutsche Einheiten zunichte gemacht. Ganz Galizien wurde nun wieder von den Mittelmächten kontrolliert. Die Offensive endete für Russland mit einem Fiasko, militärisch ebenso wie auf politischer Ebene. Der revolutionäre Defensismus der Räteparteien war ebenso gescheitert wie die nationale Politik der Konstitutionellen Demokraten, die sich immer weiter rechts positioniert hatten. Angesichts zugestandener Autonomierechte an die Rada, den nach der Februarrevolution installierten Zentralrat in Kiew, traten die Kadety aus der Regierung aus.58 Die Ankündigung der Ukrainer, eine eigene Armee bilden zu wollen, brachte das Fass zum Überlaufen. Die Erklärung Kiews, weitere Entscheide über die Stellung gegenüber dem »Mutterland« vom Zusammentritt der Konstituierenden Versammlung abhängig zu machen, hatte die Situation nicht entschärft.59 Die Koalition stand vor der Auflösung.60
Noch bevor Sondierungen für ein Nachfolgekabinett angekündigt wurden und Ministerpräsident Georgij Lwow seinen Posten zur Verfügung stellte, begannen die in der Hauptstadt stationierten revolutionären Soldaten immer heftiger auf einen Sturz der Provisorischen Regierung zu drängen.61 Hintergrund war die Verlegung eines Teils des 1. Maschinengewehrregiments an die Front. Der Abzug aus Petrograd betraf Soldaten, die sich ihrerseits als Schutztruppe der Revolution betrachteten. Die Provisorische Regierung aber empfand sich zunehmend als Geisel dieser Soldaten. Aus deren Perspektive aber bestätigten sich die Behauptungen der Bolschewiki, die die Regierung als konterrevolutionär bezeichneten. Das Szenario vom Juni wiederholte sich. Während sich die bolschewistische Militärorganisation wieder auf die Seite der Ungestümen stellte, plädierte das Zentralkomitee der Bolschewiki für Zurückhaltung. Die Sorge vor einer konterrevolutionären Provinz war groß, ein Aufstand unter diesen Bedingungen erschien als ein aussichtsloses Unterfangen. Das Beispiel der Pariser Kommune, die in Frankreich eine »Insel« geblieben war und in Anbetracht ihrer Isolation vom Rest des Landes schließlich gewaltsam zerschlagen wurde, riet zur Vorsicht. Lenin befand sich, als die Demonstrationen immer größere Ausmaße anzunehmen begannen und sich neben den Soldaten auch Arbeiter beteiligten, darüber hinaus gar nicht in Petrograd. Er war nach Finnland gefahren, zur Datscha von Wladimir Bontsch-Brujewitsch, seinem getreuen Genossen und Mitstreiter. Lenin hatte Erholung nötig. Er fühlte sich angeschlagen – angeblich.62
Die Absenz des Bolschewikenführers in einer der heißesten Phase der Russischen Revolution ließ später Spielraum für alle möglichen Spekulationen, von denen die gewagtesten ein von Finnland aus koordiniertes Einvernehmen mit den heranrückenden deutschen Truppen suggerieren.63 Fest steht jedenfalls, dass er dort, wo der Aufruhr seinen Ausgang nahm, nicht Herr der Lage war, ja gar nicht sein konnte. Was aber in der Hauptstadt vor sich ging, strebte nun augenscheinlich wirklich jenem Aufstand zu, den Lenin erst kurz zuvor als verfrüht angesehen, gleichzeitig jedoch regelrecht herbeigeredet bzw. -geschrieben hatte. In der Arbeitersektion des Sowjets war es ausgerechnet Lew Kamenew, einer von Lenins schärfsten Kritikern und Gegner des Aprilkurses, der jetzt den »Aufstand offiziell sanktionierte«. Er schlug immerhin vor, den Massen eine Führung zu geben.64 Abseits davon bildete sich ein provisorisches Revolutionskomitee, dem der Bolschewik Nikolaj Semaschko von der Militärorganisation vorstand. Auf Grundlage seiner Order wurden nun Arbeiter und Soldaten mobilisiert. Viele waren bewaffnet. Unter ihnen befanden sich auch Rotgardisten, Angehörige von Arbeiterbrigaden, die sich im Februar zur Verteidigung der Fabriken gebildet hatten und mehrheitlich unter bolschewistischer Kontrolle standen.65 Die Stimmung war aggressiv, Schüsse fielen. Was fehlte, war nach wie vor ein Plan. Im Sowjet herrschte indessen Unklarheit über die weiteren Schritte, während die vor dem Taurischen Palais versammelte Menge »Alle Macht den Räten!« schrie. Die Situation war grotesk. Weil sich Gerüchte über eine neue Koalitionsregierung und damit ein fortgesetztes Entgegenkommen der Sowjetparteien gegenüber der »Bourgeoisie« verbreiteten, forderten einige Demonstranten die Verhaftung der Räteführer. Die Bolschewiki tendierten jetzt allem Anschein nach mehrheitlich dazu, sich nicht als Bremsblöcke der nunmehrigen revolutionären Welle zu erweisen. Lenin sollte daher aus Finnland zurückgeholt werden. Die Lage, teilte man ihm mit, sei außer Kontrolle, harte Gegenmaßnahmen der Regierung müssten befürchtet werden. In Wirklichkeit machte diese jedoch eine eher jämmerliche Figur, unmittelbare Gefahr schien von ihr nicht auszugehen. Einige Minister verschanzten sich im Gebäude des Generalstabs gegenüber vom Winterpalais, Kerenskij war in Richtung Front abgezogen.66 Noch dauerte es, bis loyale Truppen sich sammelten, um zur Verteidigung des Februarregimes auszurücken.67
Am Morgen des 4. Juli fuhr Lenin per Zug in die Hauptstadt.68 Wer, wenn nicht er, sollte jetzt klare Worte finden? Doch er fand sie nicht. Als sich die Kronstädter Matrosen vor dem Hauptquartier der Bolschewiki, der Villa Kscheschinskaja, versammelten, trat Lenin nur widerwillig auf den Balkon und speiste die aufgebrachte Meute mit nichtssagenden Floskeln ab. Er hielt seine Ansprache so kurz, weil er, wie er sich später rechtfertigte, krank gewesen war.69 Die Matrosen zogen jedenfalls mehr oder weniger unbefriedigt ab und vereinigten sich mit Tausenden von Arbeitern, die wieder zum Taurischen Palais zogen. Erneut kam es zu Gewaltakten. Hunderte wurden getötet oder verletzt. Maxim Gorki wurde zum Augenzeugen, empörte sich über das »Gesindel«, das die Straßen in Schlachtfelder verwandelte.70 Lenin wies später den Vorwurf zurück, die demonstrierenden Arbeiter und Soldaten oder die Bolschewiki seien hierfür verantwortlich gewesen. Seiner Ansicht nach gingen viele Opfer auf das Konto »provokatorische[r] Schüsse« rechter Gruppierungen.71
Vor dem Sitz des Sowjets kam es schließlich zu wüsten Szenen. Aufgebrachte Matrosen nahmen Viktor Tschernow als Geisel. Aus dieser misslichen Lage befreit wurde der Sozialist-Revolutionär ausgerechnet von Leo Trotzki, der seinerseits nicht wenig Mühe hatte, die Menge zu beruhigen und Tschernow ebenso wie sich selbst unbeschadet in Sicherheit zu bringen. Nikolaj Suchanow beschreibt in seinen Aufzeichnungen weitere Zwischenfälle, in denen die Rätevertreter ebenfalls mit den rauen Sitten des Volkes konfrontiert wurden: Soldaten drangen in das Palais ein, stellten die Delegierten zur Rede, forderten die Sowjetmacht und bedrohten gleichzeitig deren Exponenten. Die Empörung über einen Rat, der die Macht auch dann, wenn sie ihm angetragen wurde, nicht ergreifen wollte, konnte unschwer mit Lenins Tiraden gegen den Sowjet in Verbindung gebracht werden.72 Der Bolschewikenführer selbst hatte sich jetzt – krank oder nicht – höchstpersönlich zum Taurischen Palais begeben. Er wartete im Verborgenen ab. So schilderte es später der Petrograder Bolschewikenführer Fjodor Raskolnikow.73
Lenin bekam seinen Auftritt nicht. Weder, um sich im Namen der Sowjetmacht zu deren Führer zu erklären, noch, um sich nun doch offensiv an die Spitze größer werdender Demonstrationen zu stellen. Immerhin schlossen sich den Bolschewiki nun 8000 Soldaten der Peter-Paul-Festung an.74 Doch der Aufruhr ebbte ab, durch Zufälle, etwa einen Wolkenbruch, aber auch durch die Aktionen des Sowjets, der sich bemühte, die Gemüter abzukühlen. Nicht zuletzt trug die Desorganisiertheit der Bolschewiki zu einer Beruhigung der Lage bei. Lenin behauptete hingegen später, dass es seine Parteileute gewesen waren, die dazu aufriefen, die Demonstrationen abzubrechen.75 Der entscheidende Grund dafür, dass die revolutionären Energien schwanden, ist aber wohl in verschiedenen Meldungen über Lenins Verbindungen zu Deutschland zu finden. Diese Gerüchte schlugen ein wie eine Bombe. Loyale Einheiten setzten sich in Bewegung. Bis dahin war die Regierung so gut wie wehrlos gewesen. Jetzt galt die Empörung der Soldaten einem Mann, der, wie es schien, mit dem Feind kollaboriert hatte. Den Bolschewikenführer holten seine Kontakte mit Berlin ein. Schon im April hatte er den Sowjet um eine Art Personenschutz gebeten. Er wusste, dass viele Soldaten ihn regelrecht hassten. Berichte über seine Deutschlandkontakte gab es immerhin bereits seit seiner Ankunft in Petrograd. Angesichts der aktuellen Enthüllungen hatte er erst recht Gründe, sich schleunigst in Sicherheit zu bringen.76
Bei der Beschreibung der Juliereignisse folgten viele Historiker:innen den Darstellungen Nikolaj Suchanows. Auch die obigen Ausführungen orientieren sich zum Teil an dessen Schilderungen. Die Erzählung des Menschewiken und Internationalisten ist packend, entstammt aber, wie er selbst zugab, seinen »persönlichen Erinnerungen« über Ereignisse, die er als »außerordentlich verwickelt« bezeichnete.77 Er werde, stellte er seinem Bericht voran, »nicht die geringste Verpflichtung übernehmen, den Knoten zu entwirren«. Eine »richtige Darstellung« könne er nicht anbieten.78 Historiker:innen, meinte er, sollten sich später dieser Aufgabe widmen. Das taten diese zweifelsohne. Viele Fragen bleiben trotzdem ungeklärt. So gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Bolschewiki unter Umständen bereits im Juli 1917 jene Umwälzung herbeiführen wollten, zu der es dann schließlich erst ein paar Monate später kam. Die Annahme, es habe sich um eine geplante Aktion und einen quasi vorverlegten Oktoberumsturz gehandelt, widersprechen aber Lenins diesbezüglichen Aussagen. Die Diskussion über die Hintergründe der Juliereignisse konnte er damit jedenfalls nicht beenden. Steckte also tatsächlich ein gescheiterter Putschversuch der Bolschewiki hinter all dem oder handelte es sich »nur« um einen spontanen Aufruhr, der außer Kontrolle geriet? War es Zufall, dass Lenins »Brandrede« kurz vor den Ereignissen des Juli 1917 veröffentlicht wurde? Mussten in der Folge die wahren Absichten der Bolschewiki deshalb im Dunkeln bleiben, weil sie sich nicht eingestehen wollten, dass ihr womöglich bereits dritter Versuch einer Machtübernahme wieder misslungen war? Diente der ganze Aufwand wirklich nur dazu, die Sowjets zur Macht zu drängen? Haben allenfalls diejenigen recht, die uns quasi in allem einen Lenin vorführen, der seine Umsturzpläne geradezu servil mit dem deutschen Generalstab koordinierte und so die Erfolgschancen eines Umsturzes zu verbessern hoffte? War der »Juliputsch« demnach gescheitert, weil der Vormarsch der deutschen Truppen später erfolgte als ursprünglich von Ludendorff in Aussicht genommen wurde und so die Bolschewiki zur Hilflosigkeit verurteilte? Hatte also einfach das Timing zwischen Lenin und Ludendorff nicht gestimmt?79
Bei aller Bereitschaft zum Querdenken muss man Darstellungen, die eine direkte Absprache zwischen Lenin und der deutschen Generalität mit einem geplanten »Juliputsch« in Verbindung bringen, für ziemlich kühn halten. Vor allem fehlen hierfür die Belege. Dass andererseits die Frage der »deutschen Gefahr«, also die Angst vor einem Vordringen der Hohenzollerntruppen bis in die russische Hauptstadt, die weiteren Ereignisse bis zum Oktoberumsturz – und auch danach – erheblich beeinflusste, ist nicht von der Hand zu weisen. Dasselbe gilt für die Attraktivität, die ein deutscher Sieg just in Verbindung mit den Ereignissen in der russischen Hauptstadt für die Bolschewiki besaß. Trotzki, der später von einem »halben Aufstand« sprach, war das nur zu bewusst.80 Antibolschewistische Stimmen haben später diese Aussage als eine Art Schuldeingeständnis gewertet und auf die Vielzahl deutscher Agenten hingewiesen, die sich damals in Petrograd aufhielten und angeblich beste Kontakte zu Lenins Partei unterhielten.81
Trotzki stellte später interessanterweise die »Was wäre wenn«-Frage, als er mehr oder weniger bedauernd über den »verspäteten« Durchbruch deutscher Einheiten bei Tarnopol und seine Beinahe-Koinzidenz mit den Juliereignissen sinnierte. Hätte man die Demonstrationen hinausschieben können, hätten sie angesichts der deutschen Erfolge auch in der Provinz mit ungleich stärkerer Wucht stattgefunden – inklusive der Massenbewegung an der Front. Die Regierung wäre »politisch entblößt« worden, die Lage der Bolschewiki »in jeder Hinsicht vorteilhafter gewesen«. Aber: Eine »unmittelbare Machteroberung« wäre dennoch nicht möglich gewesen.82 Warum? Weil der »Stand des Bewußtseins der Volksmassen« noch nicht reif gewesen sei und die »Nabelschnur des Februar«, die das Proletariat mit den »Versöhnlern«, also den übrigen Räteparteien, »verband«, noch »nicht zerrissen« war.83 Das war derselbe Ton, den Lenin nach den Juliereignissen anschlug, um Vorwürfe hinsichtlich eines bolschewistischen Putschismus zurückzuweisen. An anderer Stelle heißt es dann aber bei Trotzki, dass die Bolschewiki den Zusammenbruch der russischen Offensive als gleichsam unausweichlich angenommen hatten und abwarteten, »was zu unternehmen« sei: »Die Berechnung«, meinte Trotzki, »war durchaus richtig. Jedoch besitzen die Ereignisse ihre eigene Logik, die nicht nach politischen Berechnungen fragt, und diesmal brach sie grausam über die Köpfe der Bolschewiki herein.«84 Folgt man den Ausführungen Trotzkis weiter, dann hatten sich die Bolschewiki einfach verzettelt, gleichzeitig aber im entscheidenden Moment verantwortlich gehandelt. Ohne die versuchte Lenkung der Demonstrationen durch sie wäre der »Aufstand« zu einer »Tragödie der Petrograder Kommune« geworden.85 Diese »Tragödie« hatte sich an der Front tatsächlich abgespielt. Der Gegenstoß der Mittelmächte am 5. Juli besiegelte das Debakel der Kerenskij-Offensive.86 Bis zu einer Million Soldaten der russischen Armee waren im Verlauf der militärischen Operationen getötet, verwundet oder gefangen genommen worden.87 Diese ungeheuren Verluste mit dem damit verbundenen kaum fassbaren menschlichen Leid wogen schwer. Das Februarregime hatte keine Trümpfe mehr in der Hand.
Es war Suchanow, der Hinweise auf einen sehr wohl von Lenin selbst initiierten bewaffneten Aufstand im Juli lieferte. Er berichtete von einem projektierten Triumvirat, bestehend aus dem Bolschewikenführer, Trotzki und Anatolij Lunatscharskij, das nach der Machtübernahme zum Einsatz kommen sollte. Als Kronzeugen hierfür benannte er Lunatscharskij. Dieser wiederum bezichtigte Suchanow später der falschen Wiedergabe seiner diesbezüglichen Bemerkungen. Einen Masterplan der Bolschewiki habe es nie gegeben. Es stand also Aussage gegen Aussage.88 Trotzdem fiel Lunatscharskijs Entgegnung am Ende zweideutig aus. Immerhin räumte er ein, dass eine erfolgreiche Machtübernahme des Sowjets im Juli den Bolschewiki den Weg an die Spitze erleichtert hätte.89
Auch sonst sprechen die Quellen oft keine eindeutige Sprache. Greifbare zeitgenössische Darstellungen über die Ereignisse sind in etlichen Details widersprüchlich und nicht selten parteiisch, weil sie in der Regel spezifische Interessen verfolgten oder von Propagandaabsichten durchdrungen waren. Pro oder contra, für oder wider die Bolschewiki: Nur sehr wenige Zeitgenossen qualifizierten sich als objektive Beobachter. Und wenn, dann verfügten sie kaum über den notwendigen Einblick in die damaligen Abläufe. Umso interessanter sind in Anbetracht dessen die Aussagen des Geheimdienstchefs B. V. Nikitin. Ungeachtet seiner unzweifelhaft tiefen Ablehnung der Bolschewiki und aller möglichen Anschuldigungen, die er ihnen gegenüber erhob, war er der Meinung, dass diese keinen Coup geplant hatten.90 Tatsächlich waren sie hin und her gerissen zwischen dem Drang zum Losschlagen und der Sorge um Loyalitäten, die immer noch dem Sowjet per se und nicht ihrer Partei galten.91
Wenn man nun davon ausgeht, dass die Protokolle jenes Parteitags der Bolschewiki, der nach den Ereignissen stattfand, ohne Retuschen geblieben sind, dann ist jedenfalls klar: Die Bolschewiki waren von den Demonstrationen überrumpelt worden und scheiterten daran, diese in einen Aufstand zu überführen. Wortreich beklagten die Genossen die begangenen Fehler und die offenkundigen Versäumnisse. Selbst im Falle eines erfolgreicheren Verlaufs wären ihnen außerdem keine Kommunikationsmittel zur Verfügung gestanden. Von der Provinz wären sie abgeschnitten geblieben. Lenin hatte sich womöglich deshalb so einsilbig auf dem Balkon der Villa Kscheschinskaja aus der Affäre gezogen, weil er sich all dieser Defizite bewusst war.92 Demgegenüber stand aber ein anderes Credo: »Zuerst stürzt man sich ins Gefecht, das Weitre wird sich finden.« Lenin orientierte sich immerhin seit dem Dezemberaufstand 1905 an diesem Ausspruch Napoleons.93 Demonstrationen, Streiks, Aufmärsche – all das führte vielleicht nicht gleich zum Erfolg, aber es verunsicherte die Staatsmacht und verursachte weitere Spannungen. Die Lage würde sich zuspitzen, und das war gut so.
Weniger erfreulich empfand Lenin aber wohl den Umstand, dass die Provisorische Regierung Maßnahmen gegen seine Person plante. Vorhandene Hinweise legen nahe, dass er bei seiner widerwilligen »Balkonrede« bereits über Befehle für seine beabsichtigte Verhaftung Bescheid wusste. Spitzel saßen überall und die Bolschewiki verfügten auch in den Ministerien über »Augen und Ohren«. So könnte also dieser Umstand dazu beigetragen haben, dass der Aufstand an Kraft verlor – weil Lenin als Anführer der »Putschisten« in die Defensive gedrängt wurde und ihm bewusst war, dass man ihn jagte.94 Andere wiederum meinen, der Bolschewikenführer sei noch früher über den Haftbefehl informiert gewesen bzw. habe diesen antizipiert. Deswegen sei er nach Finnland zu seinem Freund Bontsch-Brujewitsch gefahren und nicht, um sich auszukurieren. Lenin wusste demzufolge schon Ende Juni, dass sein Name auf einer Verhaftungsliste stand, und kam nur deswegen nach Petrograd zurück, weil die Entwicklungen seine Anwesenheit erforderten und ihn die Genossen in ihrer Ratlosigkeit zurückholten.95
Die Folgen der Unruhen waren in jedem Fall weitreichend, nicht zuletzt für Lenin selbst. Am 5. Juli lagen Zeitungsmeldungen über die »Spionage« des Bolschewikenführers vor, am 6. wurde der Haftbefehl ausgestellt. Zunächst tauchte Lenin in Petrograd unter, dann in einem kleinen Dorf in der Nähe der Newa-Metropole, bis er sich schließlich nach Finnland absetzte – mit abrasiertem Bart und einer Perücke unter der tief ins Gesicht gezogenen Schirmmütze. Die Erzählungen über seine Flucht sind voller Details über kargen Proviant – »drei kleine Gurken« –, verschiedene Wege und Umwege sowie Begleiter, deren mangelnder Orientierungssinn für allerlei Kalamitäten sorgte. Die Reise ins Exil war beschwerlich und bedurfte offenbar immer wieder der Improvisation – darunter auch eine neue Verkleidung, die Lenin das Auftragen von Gesichtsschminke abverlangte. Im August traf der Bolschewikenführer ins Helsinki ein.96
Angeblich hatte Lenin angesichts der verbreiteten Spionagevorwürfe ursprünglich dazu tendiert, sich einem Gerichtsverfahren zu stellen. Dann aber kamen ihm Zweifel an der vorprogrammierten Rolle eines Märtyrers. Er fürchtete, am Galgen zu enden oder erschossen zu werden. Einem fairen Prozess gab er keine Chance. Schließlich würde ihn das Gericht einer »Militärdiktatur« aburteilen.97
Lenins Flucht wurde nicht von allen Anhängern gebilligt. Angesichts der Repressionen, die nun einsetzten, mussten sie sich, heißt es, alleingelassen, wenn nicht verraten gefühlt haben. Die Prawda wurde verboten, das Redaktionsgebäude verwüstet und viele Bolschewiki landeten im Gefängnis, darunter Kamenew und Trotzki.98 Tatsächlich aber ist den Protokollen des Juliparteitags zu entnehmen, dass die damals versammelten Genossen nach anfänglichen Zweifeln Verständnis für Lenins Entscheidung zeigten. Nikolaj Bucharin beispielsweise machte darauf aufmerksam, dass bei einem Gerichtsverfahren Verbindungen von Lenin zu Parvus und Hanecki thematisiert würden. »Beweise mal, dass Parvus kein Spion ist!«, gab er zu bedenken.99
Maxim Gorki meinte angesichts der Geschehnisse und vor allem mit Blick auf den Spionageverdacht, der auf Lenin gefallen war: »Ich fürchte, Lenin ist da in eine miese Geschichte hineingeraten, er selbst ist natürlich in Ordnung, aber seine nächsten Genossen sind offenbar wirklich Gauner und Schurken.«100
1 Orlando Figes, Die Tragödie eines Volkes. Die Epoche der Russischen Revolution 1891 bis 1924, Berlin 2008, 482.
2 Karl Schlögel, Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt, München 2017, 59.
3 Vgl. Susanne Schattenberg, 1917 – Hundert Jahre Revolution und nur noch Langeweile?, in: Neue Politische Literatur 64/3 (2019), 481–511, 487.
4 Vgl. Akim Arutjunov, Dos’e bez retuši. Lenin. Ličnostnaja i političeskaja biografija, tom 1–2, Moskva 2002.
5 LW, Bd. 24, 269–272.
6 Ebd., 83 und 298–301.
7 Vgl. Lutz Häfner/Hannu Immonen, Russian Political parties in the Russian Revolution of 1917/18, in: Daniel Orlovsky (Hg), A Companion to the Russian Revolution, Hoboken 2020, 95–111, 107.
8 Nikolaj Suchanov, 1917. Tagebuch der russischen Revolution, München 1967, 393.
9 Vgl. Richard Pipes, Die Russische Revolution, Bd. 2: Die Macht der Bolschewiki, Berlin 1992, 129f.
10 Vgl. Lars Lih, All Power to the Soviets! Part 1: Biography of a slogan. https://johnriddell.com/2014/08/18/all-power-to-the-soviets-biography-of-a-slogan-by-lars-lih/ (31.3.2023).
11 Vgl. Lars Lih, Lenin and Bolshevism, in: Stephen Anthony Smith (Hg.), The Oxford Handbook of the History of Communism, Oxford 2017, 33–71, 65–67.
12 Vgl. Yuri Slezkine, The House of Government. A Saga of the Russian Revolution, Princeton 2017, 131.
13 Leo Trotzki, Geschichte der Russischen Revolution. Zweiter Teil: Oktoberrevolution (2), Frankfurt am Main 1982, 807
14 Ebd., 807.
15 Pipes, Die Russische Revolution, 115.
16 Zit. nach ebd., 21.
17 LW, Bd. 36, 426.
18 LW, Bd. 24, 93–95. Vgl. auch Manfred Hildermeier, Die Russische Revolution 1905–1921, Frankfurt am Main 1989, 158f.
19 Ebd.,120.
20 Vgl. Pipes, Revolution, 112.
21 Vgl. Neil Harding, Leninism, Houndmills/Basingstoke 1996, 268f.
22 LW, Bd. 24, 418.
23 I. G. Cereteli, Vospominanija o Fevral’skoj Revoljicii. Kniga pervaja, Paris 1963, 242.
24 Vgl. Francesco Marin, Die deutsch-österreichische Sozialdemokratie und die Friedensbestrebungen 1917, in: Andreas Gottsmann (Hg.), Karl I. (IV.). Der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, Wien 2007, 33–46.
25 Figes, Tragödie, 436f.
26 Vgl. Agnes Blänsdorf, Die Zweite Internationale und der Krieg. Die Diskussion über die internationale Zusammenarbeit der sozialistischen Parteien 1914–1917, Stuttgart 1979, 372f.
27 Vgl. Wolf-Dietrich Gutjahr, Revolution muss sein! Karl Radek. Die Biographie, Köln/Weimar/Wien 2012, 189–234.
28 LW, Bd. 24, 85.
29 Ebd., 199.
30 Ebd., 308, 326–329.
31 Ebd., 234f.
32 Ebd., 449–508.
33 Vgl. Hannu Immonen, Viktor Chernov in 1917: A Reappraisal, in: Revolutionary Russia 3/1 (2017), 55–77.
34 Hildermeier, Revolution, 204.
35 Ebd.,193–201.
36 Ebd.,174.
37 LW, Bd. 25, 5.
38 Ebd., 15.
39 Hildermeier, Revolution, 175.
40 LW, Bd. 25, 6.
41 Vgl. Revoljucionnaja Rossija. 1917 god v pis’mach A. Lunačarskogo i Ju. Martova, Moskva 2007, 205.
42 Suchanov, 1917, 394–400.
43 Figes, Tragödie, 422f.; Hildermeier, Revolution, 176.
44 Figes, Tragödie, 421.
45 Alexander Rabinowitch, Prelude to Revolution. The Petrograd Bolsheviks and the July 1917 Uprising, Bloomington 1968, 49–51.
46 Suchanov, 1917, 402.
47 Figes, Tragödie, 423. Vgl. dazu auch: Petrogradskij Sovet Rabočich i Soldatskich Deputatov v 1917 godu. Protokoly, stenogammy i otčety, resoljucii i postanovlenija obščich sobranij, sobranij sekcij, zasedanij Ispolnitel’nogo komiteta, Bjuro Ispolnitel’nogo komiteta i frakcij. Tom tretij. 6 maja–2 ijulja 1917 goda, Moskva 2002, 7f.
48 Die Rede wurde am 9. Juni gehalten.
49 LW, Bd. 25, 25.
50 Ebd., 26.
51 Ebd., 29.
52 Figes, Tragödie, 424.
53 Ebd., 421.
54 Vgl. Petrogradskij Sovet rabočich i soldatskich deputatov v 1917 godu. Protokoly, 299–305.
55 Revoljucionnaja Rossija. 1917 god v pis’mach, 208.
56 Figes, Tragödie, 423.
57 Pravda, 18. 6. 1917, 1.
58 Figes, Tragödie, 444; Hildermeier, Revolution, 180, 211f.
59 Hildermeier, Revolution, 180.
60 Suchanov, 1917, 416.
61 Helmut Altrichter, Russland 1917. Ein Land auf der Suche nach sich selbst, Paderborn 2017, 192.
62 Robert Service, Lenin. Eine Biographie, München 2000, 373.
63 Vgl. Eva Ingeborg Fleischhauer, Die Russische Revolution. Lenin und Ludendorff (1905–1917), Borsdorf 2017, 571–593.
64 Suchanov, 1917, 424.
65 Figes, Tragödie, 393.
66 Ebd., 454.
67 Ebd., 458.
68 Service, Lenin, 374.
69 LW, Bd. 25.
70 Figes, Tragödie, 454.
71 LW, Bd. 25, 205.
72 Vgl. Suchanov, 1917, 435–453.
73 Pipes, Revolution, 163.
74 Ebd.
75 LW, Bd. 25, 211.
76 I. G. Cereteli, Vospominanija o Fevral’skoj Revoljucii. Kniga pervaja, Paris 1963, 91.
77 Suchanov, 1917, 419.
78 Ebd., 419.
79 Vgl. Fleischhauer, Die Russische Revolution, 571–593. Zu den unterschiedlichen Sichtweisen über den sogenannten Juliputsch siehe: Figes, Tragödie, 461.
80 Leo Trotzki, Geschichte der Russischen Revolution. Zweiter Teil: Oktoberrevolution (1), Frankfurt am Main 1982, 459.
81 Vgl. B. V. Nikitine, The Fatal Years. Fresh Revelations on a Chapter of Underground History, Eastport 1977, 161.
82 Trotzki, Geschichte der Russischen Revolution (1), 468f.
83 Ebd., 462, 466.
84 Ebd., 466.
85 Ebd., 474.
86 Vgl. Hildermeier, Revolution, 173.
87 John Keegan, Der Erste Weltkrieg – Eine europäische Tragödie, Reinbek bei Hamburg 2004, 425.
88 Vgl. Suchanov, 1917, 472–474.
89 Cereteli, Vospominanija, 303f.
90 Nikitine, The Fatal Years, 161.
91 Vgl. dazu LW, Bd. 25, 210f.
92 Vgl. dazu: Protokoly s’’ezdov i konferencij vsesojuznoj Kommunističeskoj Partii (b). Šestoj S’’ezd RSDRP(b). Avgust 1917, Moskva 1934, v. a. 4–71.
93 Vgl. Pipes, Revolution, 110.
94 Vgl. dazu: Semion Lyandres, The Bolsheviks’ »German Gold« Revisited. An Inquiry into the 1917 Accusations, Pittsburgh 1995, 112.
95 Pipes, Revolution, 148f.
96 Service, Lenin, 378–386.
97 V. I. Lenin, Sočinenija, ijun’-sentjabr’ 1917. tom 25, Moskva 1949, 155f.
98 Vgl. Service, Lenin, 374–378.
99 Protokoly s’’ezdov i konferencij vsesojuznoj Kommunističeskoj Partii (b). Šestoj S’’ezd RSDRP(b). Avgust 1917, Moskva 1934, 35.
100 Zit. nach Figes, Tragödie, 461.