Im folgenden Sommer
UNSERE ZWEITE Woche für Familien mit homosexuellen Kindern war in vollem Gange. Die erste war so schnell ausgebucht gewesen, dass wir eine zweite eingeplant hatten, indem wir einfach die Saison verlängerten.
Tante Kate brachte interessierten Mädchen und Jungs die Feinheiten des Backens bei und Mädchen gingen Fliegenfischen mit Onkel Karl. Jesse unterrichtete das Einfangen von Kälbern mit dem Lasso und das Separieren einzelner Tiere von der Herde mit dem Pferd, und Sarah, die jetzt eine Brooks war, leitete einen Kurs für kreatives Schreiben. Sogar Dane unterrichtete und hatte den Abkalbestall für diese Woche in ein Atelier für Holzarbeiten verwandelt. Die Eltern genossen mittlerweile den täglichen Kaffeeklatsch mit dem psychologischen Berater. Das war Tante Kates Idee gewesen.
Zu unser aller Überraschung hatte eine Familie diese Woche gebucht, die schon seit drei Jahren zu uns gekommen war. Wir hatten nie gewusst, dass ihr Sohn schwul war.
Chase, inzwischen achtzehn, sprang am Sonntag aus dem Auto, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Wusste gar nicht, dass es in Montana überhaupt irgendwelche Schwule gibt“, sagte er gleich zu Anfang.
„Du schaust gerade einen an“, erwiderte ich lächelnd.
„Zwei“, sagte Dane, als er mir seinen Arm um die Schultern legte.
„Nie im Leben.“ Chase bekam Stielaugen, als er Dane anstarrte und ich musste loslachen.
„Schwule Cowboys und Soldaten. Ich kann`s einfach nicht glauben“, sagte Chase in gespieltem Horror. Dann wurde er ernst. „Also wirst du mir dieses Jahr etwas von den Armee-Rangern erzählen?“
„Ja, ich verspreche es“, sagte Dane.
Diese Unterhaltung fand statt als wir ein paar Abende später um das Lagerfeuer herumsaßen. Viele der Gäste waren zeitig zu Bett gegangen, weil sie am nächsten Tag in den Yellowstone Park fahren wollten, aber Chase und seine Eltern, plus Jesse und Sarah, Tante Kate und Onkel Karl und Dane und mir, waren geblieben. Am meisten redeten Dane und Chase. Chases Eltern stellten ein paar schwierige Fragen, aber am Ende des Gespräches schienen sie einverstanden mit Chases Entscheidung, sich freiwillig zu melden.
Allerdings schien niemand wirklich gehen zu wollen und so entwickelten sich mehrere kleinere Unterhaltungen gleichzeitig. Chases Vater legte noch einen Holzscheit aufs Feuer. Die Flammen schossen hoch und wir konnten die Gesichter der anderen im orangefarbenen Feuerschein sehen. Ich saß neben Dane auf dem Boden und lehnte mich gegen den Baumstamm, auf dem er saß. Sarah und Jesse und Chase saßen auf der anderen Seite neben mir auf dem Baumstamm.
„Also, ihr habt am 15. Mai geheiratet“, sagte Chase zu Sarah. „Mein Dad hat an diesem Tag seine fünfzigste schwule Hochzeit durchgeführt.“
Ich hatte ganz vergessen, dass Mr. Hayes ein Pastor war. Er erschien nie wie einer, wenn er mit uns zusammen war. Er flachste viel herum und ging den ganzen lieben langen Tag über Fliegenfischen, jeden Tag.
Aber Chases Kommentar erregte Danes Aufmerksamkeit.
„Du führst schwule Hochzeiten durch, Phil?“, fragte er Mr. Hayes.
„Es ist legal in Iowa“, erwidert er. „Und ich halte Zeremonien für Lebenspartner ab, die sich öffentlich das Jawort geben, in den Staaten, in denen das noch nicht der Fall ist.“
„Könntest du eine für Josh und mich abhalten?“
Gut, dass ich gerade saß, sonst wäre ich umgefallen. Ich starrte Dane an, aber er bemerkte es nicht. Er war ganz und gar auf Phils Antwort konzentriert.
„Das würde ich liebend gerne, Dane. Ich wäre geehrt.“
Tante Kate, die sich mit Chases Mom über Teenager unterhielt, war plötzlich völlig fixiert auf dieses Gespräch. Tatsächlich waren alle still.
„Eine zweite Hochzeit“, rief meine Tante und wandte sich an meinen Onkel. „Unsere beiden Jungs verheiratet, Karl. Aber wann?“, wollte sie wissen.
„Kannst du die Mission Freitagabend durchziehen, Kate? Sind drei Tage Zeit genug?“ Dane hatte ein echtes Funkeln im Auge als er sie neckte.
„Ihr könnt die Zeremonie am Schwimmteich abhalten, bei Sonnenuntergang, so wie Jesse und ich es getan haben“, schlug Sarah vor.
„Zwischen Abendessen und Dessert“, stimmte Dane ihr zu. „Auf diese Weise ist das Abendessen schon mal erledigt -“
„Und das Dessert ist natürlich ein Kuchen“, unterbrach ihn Tante Kate. „Oh, das wird ganz entzückend werden.“
„Eine tolle Idee“, sagte Phil. Dann wandte er sich an Dane und mich. „Ich berate meine Paare immer, also besucht ihr Jungs mich morgen so um die Mittagszeit an meinem bevorzugten Angelplatz.“
„Wir werden da sein“, sagte Dane.
„Ihr bringt Mittagessen mit“, sagte Phil.
Ich hatte immer noch nichts gesagt und ich sagte auch nichts, bis alle nach drinnen gingen. Ihre Pläne für uns tönten bis zu Dane und mir als wir das Feuer löschten.
„Wir können einige der Dekorationen verwenden, die wir bei meiner und Jesses Hochzeit hatten. Das wäre wunderbar“, sagte Sarah.
„Wir werden natürlich alle Gäste einladen“, antwortete Tante Kate.
„Ich kann`s kaum abwarten, es allen zu erzählen“, sagte Chase.
Als ihre Stimmen verklangen, drehte ich mich zu Dane um. „Du hast noch nicht mal gesagt, dass du mich liebst.“
Er neigte sein Gesicht dem Meinen zu, so als ob er mich küssen wollte, aber stattdessen flüsterte er: „Es war nicht nur die Ranch, in die ich mich verliebt habe, als Jesse mir deine Briefe vorgelesen hat vor all diesen Jahren, Cowboy. Das habe ich auf dieser letzten Mission in Afghanistan erkannt. Zuerst dachte ich, es sei die Ranch, aber dann wusste ich, dass ich mich auch in dich verliebte und in deine Güte und Offenheit. Als ich dir dann schließlich begegnete, konnte ich nicht glauben, dass du noch immer so warst und mich außerdem auch noch akzeptiertest. Selbst als ich gebrochen war.
Ich hatte solche Angst, dass ich alles ruinieren würde, und das tat ich auch. Aber du hast mir eine zweite Chance gegeben und diese werde ich nicht verbocken. Ich liebe dich mit allem, was ich habe und ich verspreche, dass du das jeden Tag unseres gemeinsamen Lebens wissen wirst. Auf ewig.“
Nach diesen Worten viel mir nichts mehr ein, was ich hätte sagen können.
Also liefen Dane und ich am Freitagabend in den Hafen der Ehe ein. Wir waren nicht wirklich verheiratet, noch nicht. Aber wir schworen uns gegenseitig zu lieben und zu ehren bis das der Tod uns scheidet. Jesse stand mit Dane und Sarah neben mir. Meine Tante weinte und mein Onkel lächelte. Und gerade zum richtigen Zeitpunkt sank die Sonne über die Gallatins und verwandelte die Spitzen der Absarokas in ein pinkfarbenes Steinmeer und der erste Stern ging auf. Meine liebste Tageszeit.
AUF EWIG.