Vorwort

Öffne dem Hungrigen dein Herz und hilf dem, der in Not ist. Dann wird dein Licht in der Dunkelheit aufleuchten und das, was dein Leben dunkel macht, wird hell wie der Mittag sein. Dann wird dich der Herr beständig leiten, und dir selbst in Dürrezeiten innere Zufriedenheit bewahren. Er wird deinen Körper erfrischen, sodass du einem soeben bewässerten Garten gleichst und bist wie eine nie versiegende Quelle. Deine Leute werden die Ruinen aus alter Zeit wieder aufbauen. Die Grundmauern vieler (vergangener) Generationen werdet ihr wieder errichten. Dann wird man euch folgendermaßen nennen: „Die die Risse ausbessern und die Straßen erneuern, um sie bewohnbar zu machen.“ (Jesaja 58,10–12)

Diese Bibelstelle ist mir im Laufe meines Lebens wieder und wieder begegnet. Sie wurde mir von anderen Menschen zugesprochen, ich habe sie im Gebet von Gott erhalten, sie ist zu einem Lebensauftrag geworden, sie stärkt und bestärkt mich.

Was haben die Worte aus Jesaja mit diesem Buch zu tun?

Menschen, die in ihrem Leben Traumata erlitten haben, erleben besondere Not. Trotz aller Bemühungen scheint ihr Leben nicht zu funktionieren. Viele sind aufgrund der schlimmen Erfahrungen ihrer Vergangenheit zerbrochen. Jesaja spricht von den Ruinen der alten Zeit, die wiederaufgebaut werden müssen. Ich nutze gern das Bild des zerbrochenen Kruges.

Der zerbrochene Krug

Gott hat jeden Menschen mit Liebe und Sorgfalt erdacht. Ähnlich wie ein Töpfer einen schönen Krug erschafft, hat er voller Kreativität und Begeisterung sein wertvolles Gefäß, den Menschen, gestaltet. Durch schlimme Erlebnisse hat dieses Gefäß Schaden erlitten. Risse überziehen die Oberfläche, haben sich oft tief eingegraben. Manchmal waren die Verletzungen so schwer, dass der Krug in viele Scherben zerbrochen ist.

Der Töpfer ist darüber sehr traurig, aber da er sein Gefäß kennt, weiß er, wie er es wiederherstellen kann. Er sammelt all die entstandenen Scherben, berührt sie mit seinen heilenden Händen und fügt sie liebevoll wieder zusammen. So kann aus dem, was zerbrochen war, wieder ein Ganzes, ein Neues werden. Auf diesem Wiederherstellungsweg braucht Gott Helfer, die bereit sind, diese Menschen mit ihm zusammen auf ihrem Weg zu begleiten.

Gottes Wort für Wegbegleiter

Dann wird man euch folgendermaßen nennen: „Die die Risse ausbessern und die Straßen erneuern, um sie bewohnbar zu machen.“ (Jesaja 58,12)

Wir Wegbegleiter sind beteiligt am Wiederaufbau der zerbrochenen Menschen. Wir dürfen mithelfen, die Risse auszubessern. Wir sollen den Betroffenen einen Weg aufzeigen, der für sie gehbar ist, der ihnen Hoffnung und neue Perspektiven vermittelt, einen Weg, auf dem sie Gott begegnen, einen Weg, der Heilung und Wiederherstellung bedeutet.

Löst die Fesseln der Gefangenen, nehmt das drückende Joch von ihrem Hals, gebt den Misshandelten die Freiheit und macht jeder Unterdrückung ein Ende! Ladet die Hungernden an euren Tisch, nehmt die Obdachlosen in euer Haus auf, gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen! (Jesaja 58,6–7 GN)

Diese Worte enthalten konkrete Aufträge:

„Löst die Fesseln der Gefangenen!“ Traumatisierte Menschen erleben sich als Gefangene: Gefangene ihrer Geschichte, Gefangene ihrer Gefühle und ihrer Lebensmuster, Gefangene der Lügen, die sie über sich glauben. Sie sind gefangen in sich selbst. Die Fesseln, die sie gefangen halten, gilt es zu entdecken, damit sie gelöst werden können.

„Nehmt das drückende Joch von ihrem Hals!“ Für Traumatisierte ist das Leben schwer, sie fühlen sich erdrückt von Traurigkeit, Schmerzen, Erinnerungen, Angst und Scham. Dieses Joch soll nicht länger auf ihrem Leben liegen, sie sollen erfahren, dass es Heilung, Trost und Erneuerung gibt.

„Gebt den Misshandelten die Freiheit!“ Auf vielfache Weise wurden Betroffene misshandelt, sie haben unzählige Verletzungen davongetragen, wurden ihrer Freiheit beraubt. Selbst wenn diese Geschehnisse schon lange zurückliegen, wirken sie weiter. Schritt für Schritt dürfen sie nun aus dem Opfer-Sein aussteigen und die Freiheit, zu der sie berufen sind, für sich in Anspruch nehmen.

„Macht jeder Unterdrückung ein Ende!“ Diese Menschen wurden nicht gehört, ihre Grenzen wurden nicht geachtet, ihr Wille wurde übergangen und ihr Leben bedroht. Diese Zeit ist vorbei, das sollen sie mit allem, was in ihnen ist, begreifen lernen. Da, wo noch Unterdrückung ist, muss diese wahrgenommen und beendet werden.

„Ladet die Hungernden an euren Tisch!“ Menschen, die nicht wissen, wohin in und mit ihrer Not, sollen bei uns einen Ort finden, an dem sie sein dürfen, an dem sie willkommen sind und Gottes Liebe, Trost und Annahme erfahren können.

„Gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen!“ Diejenigen, deren Äußeres und Inneres zerrissen ist, die sich entblößt und beschämt fühlen, beschmutzt von Worten und Taten, ihrer Würde beraubt, dürfen diese „Lumpen“ ablegen. Sie sollen neu gekleidet, wiederhergestellt und in ihren Stand als Kinder Gottes zurückversetzt werden.

„Helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen!“ Wachen wir auf und stehen denen in unserem Volk, in unserer Umgebung bei, die so sehr Hilfe brauchen! Unser Auftrag als Wegbegleiter ist, verletzte Menschen dorthin zu führen, wo sie Wiederherstellung und Heilung erleben können. Gott sehnt sich danach, dass seine Kinder bei ihm wieder gesunden können. Er sucht Menschen, die bereit sind, seine verletzten Kinder auf diesem Weg zu begleiten!

Mit diesem Buch lade ich ein, sich aufzumachen, mitzukommen auf diesem Weg der Wiederherstellung, sich einzulassen, Wegbegleiter zu werden und zu sein. Auch wenn diese Aufgabe häufig eine große Herausforderung darstellt, ist sie doch lohnend und bereichernd!

Ich hoffe, dass viele Leser sich hineinnehmen lassen in das, was in und durch unseren großen Gott möglich ist!

Kleinried, im August 2011

Ursula Roderus