Der Lebensgarten soll wieder blühen •
Wiederherstellung mit Gottes Hilfe •
Glaubensbasis • Unser Auftrag
In den nächsten Kapiteln werde ich Sie mitnehmen auf einen Wiederherstellungsweg, in dem der christliche Glaube mit einbezogen wird und Gottes Führung und Hilfe erlebt werden können. Zu Beginn greife ich erneut das Bild des zerstörten Lebensgartens auf, anschließend schildere ich die wichtigsten Glaubensinhalte, die den weiteren Schritten zugrunde liegen.
Der Lebensgarten, der so viel Unheil und Zerstörung erfahren hat, ist in einem erbärmlichen Zustand. Pflanzen sind niedergetrampelt, Bäume verdorrt, Unkraut hat sich breitgemacht. Nun soll er mit Gottes Hilfe wieder aufgebaut werden. Zuerst muss aller Unrat entdeckt und entsorgt, das überall wuchernde Unkraut gründlich entfernt werden. Die abgeknickten Pflanzen brauchen Fürsorge und Pflege, damit sie sich wieder aufrichten können. Schwache Baumstämme brauchen Halt und Stützen, um in Zukunft stark und gerade zu wachsen. An vielen Stellen wird neu gesät und gepflanzt. Dem Wurzelunkraut gilt besondere Sorgfalt, jede Wurzel muss erfasst und jedes Stück sorgfältig entfernt werden, damit es nicht von Neuem zu wachsen beginnt und die noch jungen Pflanzen verdrängt. Für diese Gartensanierung braucht es einen Experten, jemanden, der sich mit den Pflanzen auskennt, der weiß, was jedes Gewächs braucht und wie auch das Zertretene und Verkümmerte wieder gesund wachsen kann. Gott selbst wird sich dem Garten widmen, sich liebevoll um ihn kümmern. Er kann mehr erreichen als jeder andere.
Der zugemauerte, zerstörte Lebensgarten
Ich richte mein Auge auf sie zum Guten und bringe sie in dieses Land zurück. Ich baue sie auf und breche nicht ab, pflanze sie ein und reiße nicht aus. Und ich gebe ihnen ein Herz, mich zu erkennen, dass ich der Herr bin. Und sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein; denn sie werden mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren. (Jeremia 24,6–7 REÜ)
Durch Gottes Wirken wird der Garten erneuert, wieder aufgebaut und umgestaltet. Er wird wieder gedeihen, beginnen zu blühen, Früchte werden wachsen – er wird ein Zeichen von Gottes Liebe sein.
In der allgemeinen Traumatherapie finden wir Gedanken und Einflüsse aus den verschiedensten spirituellen1 Richtungen. Das Spektrum beginnt bei fernöstlichen Religionen, vor allem dem Buddhismus, und reicht bis zu Einflüssen aus dem Schamanismus2. Häufig werden Entspannungstechniken wie Qi Gong3 und Yoga4 eingesetzt, verschiedene Formen der Körpertherapie sind davon geprägt, der Begriff der „Achtsamkeit“ hat seinen Ursprung in der buddhistischen Meditationslehre, in Visualisierungsübungen werden imaginierte Helfer, z. B. die „innere Weisheit“, geschaffen.
Der christliche Glaube hat offensichtlich wenig Einfluss bekommen, wird häufig sogar eher kritisch gesehen. Der Religionspsychologe Michael Utsch schreibt dazu: „Oftmals wird Religiosität negativ als eine verkrustete, institutionelle und zwanghafte Form dargestellt, Spiritualität hingegen durchweg positiv als offen, erfahrungsstark und befreiend. Dabei wird übersehen, dass Spiritualität den Kern jeder Religion ausmacht …“5 Des Weiteren betont Utsch: „Bei der Auseinandersetzung mit existentiellen Krisen und bei traumatischem Stress gibt es keinen besseren Weg als den, die spirituellen Ressourcen beim Patienten zu aktivieren.“6 Auch Luise Reddemann betont in ihrem Buch, an Betroffene gerichtet: „Die Forschung zeigt, dass Menschen, die sich mit anderen verbunden fühlen, und solche, die eine spirituelle oder religiöse Orientierung haben, leichter mit einem Trauma fertig werden.“7 Dazu zitiert sie den amerikanischen Psychotherapeuten Milton Erickson: „Jeder Mensch ist ein Individuum. Die Psychotherapie sollte deshalb so definiert werden, dass sie der Einzigartigkeit der Bedürfnisse eines Individuums gerecht wird, statt den Menschen so zurechtzustutzen, dass er in das Prokrustesbett8 einer hypothetischen Theorie vom menschlichen Verhalten passt.“9 Und sie ermutigt alle Betroffenen: „Ihre Individualität und Ihre Grenzen sind Ihre Chancen, Ihre Ressource. Finden Sie die für Sie stimmige ‚Wahrheit‘ heraus und wenden Sie sie dann auch an!“10
Glaube und Religion umfassen und durchdringen das gesamte Leben eines gläubigen Menschen, prägen sein Denken, Fühlen und Handeln, bestimmen seine Werte und beeinflussen die Lebensgestaltung, eröffnen Möglichkeiten und Perspektiven. Christen dürfen ihren Wunsch äußern, dass ihr Glaube Teil der Trauma-Aufarbeitung sein soll!
Bisher gibt es hauptsächlich amerikanische Studien, die sich mit der Heilkraft des Glaubens befasst haben und diese auch bestätigen. Dieses Buch schildert keine wissenschaftlich geprüften Ergebnisse, aber langjährige Erfahrungen, Aufarbeitungswege mit vielen Betroffenen. Die meisten haben von der Möglichkeit, ihren christlichen Glauben in die Gespräche einzubringen, ihre Hoffnung nicht nur auf die Selbstheilungskräfte, sondern auf Gott zu setzen und seine Gegenwart und sein Wirken auf dem Heilungsweg zu erleben, sehr profitiert. Von diesen Wiederherstellungswegen und ihren Möglichkeiten zu berichten ist mein Anliegen.
Im Lebensgarten blüht es wieder
Anna hatte schon viele Jahre nach Hilfe gesucht, sie war bei verschiedenen Psychologen und Therapeuten. Immer wieder hatte sie das Gefühl, in ihrem Christsein nicht wahrgenommen und akzeptiert zu werden. In der christlichen Therapie konnte ihre tiefe und vertrauensvolle Gottesbeziehung einbezogen werden, wodurch viele neue Entwicklungen möglich wurden.
Anna: „Früher musste ich in den Therapiegesprächen meine persönlichen Erfahrungen mit Gott ausklammern. Das war sehr schwierig, denn alles in meinem Leben hatte mit Gott zu tun. Was würde geschehen, wenn ich meiner Therapeutin erzählen würde, dass Gott zu mir spricht? Ich hatte große Angst, Schizophrenie oder religiösen Wahn diagnostiziert zu bekommen! Fragen, die mich sehr quälten, wie: ‚Wo war Gott? Warum ließ er es zu? …‘, konnte ich in diesem Rahmen nicht stellen. Einmal habe ich sogar einen Therapieabbruch erlebt: Ich hatte ein besonders positives Erlebnis mit Gott, von dem ich voll Begeisterung berichtete. Meine damalige Psychologin reagierte mit großem Unverständnis und Ablehnung und stellte mich schließlich vor die Wahl: Gott oder ihre Therapie. Das war für mich sehr schwer.
Ich habe gemerkt, dass mir eine gemeinsame Glaubensgrundlage sehr wichtig ist. Sie nimmt die Distanz zwischen Therapeut und Klient, Vertrauen ist eher möglich. In der christlichen Traumatherapie konnte ich authentisch sein und musste mich nicht ständig innerlich in Acht nehmen und überlegen, was ich sage konnte und was nicht. Ich wollte nicht nur eine Therapie, bei der zwar Ursachen aufgedeckt werden, ich dann aber doch auf meine eigene Kraft beschränkt bin. Es war mir wichtig, meine Lasten vor Jesus hinlegen und über Schuld und Vergebung sprechen zu können. Ich wünschte mir Heilung von Verletzungen und ich wollte Gott in diesem Prozess erfahren und spüren. Eigentlich suchte ich jemanden, der mir Gottes Herz zeigt und mir hilft, meines zu verstehen.“
Viele betroffene Christen wünschen sich, in ihrem Glauben ernst und angenommen zu werden. Bei der Aufarbeitung dieser schweren und herausfordernden Themen sehnen sie sich ganz besonders nach Sicherheit, Trost und Nähe, nach Hilfe und dem Wirken des lebendigen Gottes, an den sie glauben.
Fragen und Nöte, die Betroffene immer wieder bewegen, finden in der Gottesbeziehung Antworten oder zumindest ein Gegenüber: die Verzweiflung um die eigene Schuld, die Frage nach dem „Warum“ im Erleben des Leides, der Bedarf an Mut und Kraft, auch das Schwere auszuhalten und den Zustand des Zerbrochenseins zu ertragen, die Erfahrung, darin doch getragen zu werden, die Suche nach Hoffnung und schließlich die Einsamkeit, die sich nach Begegnung sehnt. Auch die Frage nach dem Sinn kann eigentlich nur in der Beziehung zu Gott und aufgrund der Perspektiven, die wir durch ihn und mit ihm haben, hoffnungsvolle Antworten finden.
Zugleich bedeutet jede Trauma-Aufarbeitung und Traumabegleitung eine Herausforderung, denn wir müssen uns der Realität des Bösen, der Zerstörung, des Verlustes und der Ohnmacht stellen. Lawrence J. Crabb betont in seinen Büchern, wie falsch die Auffassung sei, dass wir als Christen nur bestimmte Bedingungen erfüllen müssten, damit Gott seine Verheißungen wahrmache und wir ein Leben voller Glück, Reichtum und Harmonie leben könnten.11 Gott erfüllt nicht alle unsere Bedürfnisse und Wünsche so, wie wir uns das vorstellen. Aber gerade das, was uns quält, was schmerzt, was wir nicht verstehen, was Angst macht und schwer ist, darf in der Begegnung mit Gott Raum finden. Er ist und bleibt an unserer Seite, auch – oder gerade wenn manche Sehnsucht unerfüllt bleibt und die Realität schmerzhaft ist. Wir lernen, Gott immer mehr zu vertrauen und selbst in allem Schweren sein Mittragen, Mitleiden und so seine Liebe zu erleben, statt uns durch eigene Anstrengungen seinen Segen zu verdienen und einzufordern.
Dieser Ansatz einer christlichen Wegbegleitung ist geprägt von meinem persönlichen Glauben, den christlichen Werten, biblischen Zusagen und über allem der persönlichen Beziehung zu Gott und Jesus. Einen guten Einblick in die grundsätzlichen Aspekte der Gebetsseelsorge bietet das Buch „Ein neues Herz will ich euch geben“ von Dirk und Christa Lüling.
Nach der Bibel ist jeder Mensch Geschöpf Gottes, in seinem Ebenbild erschaffen, als Gegenüber, ausgelegt auf heile Beziehung zu Gott, mit sich selbst und den anderen Menschen. Durch Jesus sind Christen, die wie alle Menschen Fehler machen und Sünde auf sich geladen haben, gerecht gemacht und geheiligt.
Nicht weil der Mensch sich als liebenswert erweist, erfährt er Gottes Anerkennung und Wertschätzung, sondern weil Gott den Menschen liebt, erkennt dieser seinen wahren Wert. Die Liebe selbst wird zur heilsamen Voraussetzung und Grundlage ihres Lebens … Auf diese Weise müssen sie nicht fortwährend der Anerkennung nachjagen und ständig neue Bedingungen erfüllen, von denen sie ihr Glück und Heil abhängig machen, sondern sie können in der Gegenwart anfangen zu sein.12
Für mich ist Gott der, der alles erschaffen hat. Er steht über allem, er ist Anfang und Ende. Sein tiefstes Interesse gilt uns Menschen, jedem Einzelnen. Er ist ein Gott, der alles, was in mir ist, kennt und sieht – sowohl das, was ich offen zeige, als auch das, was in mir dunkel und verborgen ist. Er sagt „Ja“ zu mir, er liebt mich so, wie ich bin. Ich muss und kann nichts tun, damit er mich noch mehr liebt oder annimmt. Es geschieht allein aus Gnade, als Geschenk, aus seiner unermesslich großen Liebe, die er für mich hat. Er ist ein Gott voll Erbarmen, Barmherzigkeit und Geduld und zugleich ein mächtiger und großer Gott.
Jesus, wahrer Mensch und wahrer Gott
Inhalt des Evangeliums ist … die Zusage, dass Gott in dem Wirken, Sterben und Auferstehen Jesu Christi seine voraussetzungslose und bedingungslose Liebe erwiesen hat, die für die Glaubenden bleibende Grundlage und prägende Orientierung ihres gesamten Lebens und all ihrer personalen Beziehungen werden kann.13
Jesus ist für meine Schuld, für meine Verletzungen, für meine Schmerzen und Krankheiten ans Kreuz gegangen. Als wahrer Mensch hat er selbst gelitten, hat das, was unerträglich ist, freiwillig auf sich genommen. Er hat Ablehnung, Missbrauch, Verurteilung, Ohnmacht und Scham durchlebt.
Jesus kann verstehen, wie es einem Menschen geht, der schlimmste Dinge erfahren musste. Er kennt die tiefe Verzweiflung, in größter Not allein zu sein, absolute Verlassenheit zu spüren. So ruft er am Kreuz von Golgatha: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34). Und zugleich ist Jesus wahrer Gott, der die Macht der Sünde zerstört, die Last und die Folgen der Sünde auf sich geladen hat. Niemand muss in der Gefangenschaft seiner eigenen Sünden oder der Sünden, die an ihm geschehen sind, bleiben. Jesus ist gestorben, um unsere Schuld, unsere Verletzungen, unsere Schande, unseren Schmerz und unsere Verzweiflung zu tragen!
Jesus für mich
Er wurde verachtet und von den Menschen abgelehnt – ein Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut, jemand, vor dem man sein Gesicht verbirgt. Er war verachtet und bedeutete uns nichts. Dennoch: Er nahm unsere Krankheiten auf sich und trug unsere Schmerzen. Und wir dachten, er wäre von Gott geächtet, geschlagen und erniedrigt! Doch wegen unserer Vergehen wurde er durchbohrt, wegen unserer Übertretungen zerschlagen. Er wurde gestraft, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden wurden wir geheilt! (Jesaja 53,3–5)
Jesus hat den Tod überwunden, ist auferstanden und hat so über alle Finsternis und Dunkelheit gesiegt. Mit ihm und in ihm können auch wir seine Siegeskraft erleben. In ihm und durch ihn können wir ein Leben im Licht führen. Durch ihn ist Wiederherstellung und Heilung möglich. Er schenkt Leben, er erweckt zum Leben, er ist das Leben. Er ist an unserer Seite als Vertrauter und Freund.
Gotteskindschaft
Gott hat uns als Gegenüber erschaffen, er wünscht sich Beziehung zu uns. Das ist der eigentliche Grund, weshalb Jesus auf die Erde gekommen ist! In Jesus kommt Gott selbst auf die Welt, um seine Kinder mit sich zu versöhnen.
Jesus erzählt von Gott Vater, seiner Liebe und Leidenschaft für uns. Am Kreuz hat er all das auf sich genommen, was uns von Gott getrennt hat. Gott will Gemeinschaft mit seinen Kindern. Zu ihm dürfen wir „Abba, Papa“ sagen und uns auf seinem Schoß bergen. Gottes Annahme und Liebe macht den Weg frei für Veränderung. Im Erkennen Gottes als dem himmlischen Vater, der er tatsächlich ist, liegt ungeheures Heilungspotenzial. In der engen Beziehung zu Gott können wir die eigene Identität entdecken, nämlich seine geliebten Königskinder zu sein. Jeder Mensch ist gewollt, geschaffen als Ebenbild Gottes, von ihm ins Leben gerufen. Wir gehören zu seiner Familie, egal welche Vergangenheit uns belastet. Dies bedeutet Achtung und vermittelt Wert.
Gottes Herzensanliegen ist, seinen geliebten Kindern zu helfen, sie zu trösten und sie in ihrer Zerbrochenheit wiederherzustellen.
Wenn Betroffene dies erkennen und für sich in Anspruch nehmen, bedeutet das eine unschätzbar wertvolle Grundlage für alle weiteren Schritte. Auf dem weiteren Heilungsweg wachsen durch die Begegnung und das Erleben der Liebe dieses Gottes Vertrauen und Hoffnung. Gott selbst wird immer mehr zum festen Fundament, auf dem dieser Mensch stehen kann.
Er heilt zerbrochene Herzen
Gott hat zugesagt, dass er heilen will: „Der Herr baut Jerusalem auf, die Zerstreuten Israels sammelt er. Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, er verbindet ihre Wunden“ (Psalm 147,3 REÜ). Traumata hinterlassen vielfältige Verletzungen, hinterlassen zerbrochene Herzen. Auf seine besondere und vollkommene Weise kann nur Gott die tiefen Herzenswunden versorgen, Veränderung und Heilung bewirken.
Dieser Prozess der inneren Heilung braucht Zeit. Ein Herz, das verletzt wurde, hat, um sich zu schützen, eine Mauer der Abwehr aufgebaut. Es ist verschlossen und hart. Dieses harte Herz wird während des Wiederherstellungswegs immer wieder von Gottes Liebe berührt, erwärmt und aufgeweicht, die Herzensmauer Stein für Stein abgetragen. Vergebungsprozesse und Umkehr finden statt. Mit Hilfe der intensiven, vertrauensvollen Beziehung zu Gott können Betroffene es wagen, alte Gedanken- und Verhaltensmuster neu zu überdenken, Lebenslügen zu entlarven und neue Wahrheiten zu entdecken. Gott selbst handelt in diesem Geschehen. „Er ist der Vater, der das Zerbrochene, Kaputte und Verletzte in unserer Seele nimmt, um daraus etwas Wertvolles zu formen.“14 Er trägt durch den Prozess der Aufarbeitung, verleiht Kraft, Schritte zu gehen, schenkt Erkenntnis, führt und leitet auf dem Weg. Er zeigt Gefangenschaften auf und zerbricht das Joch, unter das sich Betroffene begeben haben. Er schenkt Vergebung und macht frei von aller Schuld, immer wieder tröstet er und bewirkt weitere Heilung. Neue Wege eröffnen sich, die aus der bisherigen Enge herausführen. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31,9 L). „Gott schafft in den Trümmern des Zerbrochenen etwas Neues. Etwas, das vorher nicht da gewesen ist.“15
Der Heilige Geist, lebensspendende Kraft und Ratgeber
Der Heilige Geist ist lebensspendende Kraft. Am Anfang der Schöpfung schwebte der Geist Gottes über dem Chaos und daraus wurde Ordnung und Leben. Er will und kann auch im heutigen Chaos des Lebens wirken und Ordnung in das bringen, was zerbrochen und durcheinander ist. Als Lebensspender haucht er dem, was keinen Lebensmut mehr hat und ohne Lebenskraft am Boden liegt, dem, was vielleicht dem Tod näher als dem Leben scheint, neues Leben ein. Als Geist der Neuschöpfung ermöglicht er Veränderung und Umgestaltung. Er leitet durch diesen Prozess der Wiederherstellung, der im Anziehen und Einnehmen der neuen Identität als Königskind Gottes seine Vollendung findet.
Der Heilige Geist ist unser Ratgeber, er ist der, der spricht. Wir Wegbegleiter haben Zugang zu dem, der uns in alle Wahrheit führt (Johannes 16,13). Dieses Angebot dürfen wir jederzeit, gerade auch dann, wenn wir selbst nicht weiterwissen, in Anspruch nehmen. Wir hoffen und erwarten, dass er uns bei jeder Wegbegleitung führt, zeigt, welche Impulse wichtig sind und wo die Wurzeln der Probleme liegen könnten. Unsere Wahrnehmung ist gleichzeitig auf unser Gegenüber und auf ihn ausgerichtet: „Herr, was soll ich hier ansprechen? Was willst du hier tun?“ So erwarte ich, dass der Heilige Geist mein Reden, meine Fragen, meine Worte und meine Haltung im Gespräch mit den Betroffenen lenkt und leitet (siehe Markus 13,11).
In ihrem Buch „Hörendes Gebet“ schreiben die evangelischen Theologen Ursula und Manfred Schmidt: „Im Heiligen Geist nehmen der Vater und der Sohn Wohnung in uns (1. Johannes 14,23). Wenn man es sich recht überlegt, heißt das doch: Das Wort hat in uns Wohnung genommen. Und so spricht Gott nun zu uns sozusagen von innen heraus. Deshalb können wir ihn nun auch hören – und verstehen.“16
Der Heilige Geist vermittelt uns die Gegenwart, die Liebe, das Reden und Wirken von Gott Vater und Jesus. „Wir wissen, wie sehr Gott uns liebt, weil er uns den Heiligen Geist geschenkt hat, der unsere Herzen mit seiner Liebe erfüllt“ (Römer 5,5).
Gott hat uns als Gegenüber erwählt. Wir sind als Beziehungswesen geschaffen, zu ihm und miteinander. Die tiefsten Verletzungen und verheerendsten Zerstörungen sind aber gerade in Beziehungen geschehen, hier hat der größte Zerbruch stattgefunden. Die Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu anderen braucht Wiederherstellung.
„Verkrümmt in sich selbst“ bezeichnet Luther den Menschen, der aufgrund seiner eigenen Geschichte so niedergedrückt, verzweifelt und in sich gefangen ist, dass er weder Ausblick noch Hoffnung auf Veränderung hat. Er darf und soll sich wieder aufrichten, sich neu zu Gott hin ausrichten und in der Begegnung mit ihm sich selbst erkennen und finden. Darin geschieht Heilung. Betroffene erleben und erfahren Gottes bedingungslose Annahme. Sein Wirken berührt ihr Innerstes. Denken und Fühlen können sich verändern, tiefe Lebensüberzeugungen werden in Gottes Wahrheit verwandelt. Der Weg der Wiederherstellung bedeutet zugleich Heilung und Heiligung17.
Auch die Beziehung zu anderen soll erneuert werden. Betroffene müssen lernen, sich neu einzulassen, Beziehungen zu wagen und schließlich auch Vergebungs- und Versöhnungswege zu gehen. Sie brauchen neue und gute Erfahrungen, die nur durch echte und tiefe Gemeinschaft mit nahestehenden Menschen erlebt werden können. Gerade wir Christen sind herausgefordert, solche Beziehungen zu ermöglichen und tief verletzten Menschen mit liebevoller Annahme und offenem Herzen zu begegnen, sie aufzunehmen und mitzutragen. Als Wegbegleiter stehen wir in der Verantwortung, gute und gesunde Beziehungen zu den Betroffenen zu gestalten. Durch unseren eigenen Glauben offenbaren wir Gottes Vaterherz, entwickeln für unser Gegenüber eine Zukunftsperspektive, eine Vision, wie Gott wiederherstellen will, was sich verändern und wie Heilung geschehen kann. Wir wecken das Verlangen und die Sehnsucht, diesem Gott näherzukommen, die Hoffnung auf das, was durch seine Hilfe geschehen kann, und die Bereitschaft, selbst auf dieses Ziel zuzugehen.
Beten heißt „reden mit Gott und hören“
„Beten heißt reden mit Gott und hören“ – dieser Textabschnitt eines Kinderliedes begleitet mich schon lange. Gebet nicht als Pflichtübung der stillen Zeit, sondern als Beziehungserleben. „Darin besteht das entscheidende Kernstück der ‚Gottesebenbildlichkeit‘ des Menschen: Er ist zum Gegenüber, das heißt Gesprächspartner Gottes erschaffen, zum Hören und Antworten.“18
Im biblischen Buch Samuel lesen wir, wie Hannah sagt: „Ich bin sehr traurig und habe dem Herrn mein Herz ausgeschüttet“ (1. Samuel, 1,15). Vor Gott, vor Jesus kann ich alles sagen, was mich belastet, was mich bedrückt, worüber ich ärgerlich und wütend bin, was ich nicht verstehe und was ich mir ersehne. Ich kann es ihm hinhalten und auf seine Antwort warten. Auch im Gespräch können die Betroffenen vor Jesus ihr Herz ausschütten, zusammen können wir Jesus um Rat bitten und uns für sein Reden öffnen.
Dr. Arnd Kischkel, Arzt an der de’ignis-Klinik, beschreibt, wie wertvoll und wichtig ihm dieses Reden Gottes ist: „Weil er uns liebt und eine persönliche Beziehung zu uns haben will, redet er mit uns. Wir können Gott nicht sehen und nicht anfassen, aber wir können mit ihm reden und auf ihn hören – durch die Stimme des Heiligen Geistes. Für mich ist das Reden Gottes etwas ganz Kostbares, wodurch ich in besonderer Weise erfahre, dass Gott lebt und an mir persönlich interessiert ist. Im Hören auf Gottes Stimme merke ich, dass er mein Inneres kennt, dass er ganz genau versteht, was in mir vorgeht, und dass ich ihm nicht gleichgültig bin: Er sagt mir genau das, was ich wirklich brauche! Es ist nicht immer bequem, aber absolut heilsam und gut.“19
Viele Bibelstellen ermutigen uns, Gottes Reden zu suchen und zu erwarten:
Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir (Johannes 10, 27).
Wenn jemand unter euch Weisheit braucht, weil er wissen will, wie er nach Gottes Willen handeln soll, dann kann er Gott einfach darum bitten. Und Gott, der gerne hilft, wird ihm bestimmt antworten, ohne ihm Vorwürfe zu machen (Jakobus 1, 5).
Reden ist eine grundlegende Eigenschaft Gottes. Die Bibel beginnt im 1. Mose mit den Worten „Und Gott sprach“ (1. Mose 1,3).
Hier spiegelt sich nämlich eine Grundwahrheit über Gott: Gott handelt, indem er spricht. Gott spricht – nur deshalb existiert überhaupt etwas.20 Gottes Wesen besteht in der Kommunikation – also im Sich-Mitteilen, und das heißt: im Reden. … Gott kann nicht anders als sich mitteilen – denn das ist sein ureigenstes Wesen. Er kommuniziert in sich (und ‚existiert‘ darin als Dreieiniger Gott), und er erschafft die Schöpfung (mit dem Menschen als Krönung) mit einem Ziel: um sich mitzuteilen.21
Innere Jesusbegegnungen
Im Gespräch bitte ich oft, dass Gott selbst die betroffene Person berührt, jede einzelne Scherbe, jeden inneren Anteil findet und schmerzliche Erinnerungen heilt. Es ist ein tiefes Erlebnis, wenn die betreffende Person Gottes Gegenwart und sein Wirken in sich wahrnehmen kann.
Dieses Erkennen (im Geist) hat aber auch nichts mit psychologischer Sensibilität oder einem gefühlsmäßigen Empfinden zu tun, sondern ist von einer ganz eigenen, unverwechselbaren Art. Es handelt sich bei diesem Erkennen um eine Art innere Schau, eine Intuition einer bestimmten Realität. … Man kann es vielleicht als eine von innen her kommende, aber nach außen gerichtete Wahrnehmung, ein „Vernehmen“ der Wirklichkeit bezeichnen … Begleitet ist dieses Erkennen im Allgemeinen von einer tiefen inneren Gewissheit, dass das Erkannte so ist und nicht anders, ja, dass es gar nicht anders sein kann. Diese Gewissheit ist durch rationale Argumente nicht zu erschüttern; ihre Wurzeln reichen viel tiefer. Bei diesem „geistlichen“ Erkennen geht der Mensch bildlich gesprochen aus sich heraus und begegnet der Wirklichkeit des von Gott geschaffenen Seins. Er erkennt durch eine Art geistlicher Anteilhabe, oder andersherum formuliert: die Wirklichkeit „offenbart“ sich dem menschlichen Geist.22
In inneren Herzensbegegnungen mit Jesus erleben Betroffene, was Jesus sagt oder wie er handelt. Durch diese erfahrbare Gegenwart Christi geschehen besonders tiefe Berührung, Erkenntnis und Veränderung.23
So begegnet Jesus traumatisierten inneren Anteilen, die wie eingefroren in der Erinnerung sind. Betroffene können in inneren Bildern sehen, wie er einen traumatisierten Anteil dort heraus rettet, sodass dieser und somit die ganze Person verstehen kann, dass diese traumatische Situation vorbei ist. Anschließend erleben Betroffene und innere Anteile Trost, Reinigung, Heilung und weitere Begleitung durch Jesus selbst. Sie reden mit Jesus, stellen ihre Fragen, Jesus antwortet und hilft ihnen Zusammenhänge und Ursachen zu erkennen. „Was dabei geschieht, ist mehr als ein rein psychologischer Prozess: Durch solch eine Schau werden uns ‚die Augen geöffnet‘ für die Wirklichkeit Gottes – egal ob wir seine Anwesenheit in einer traumatischen Situation ‚sehen‘ oder wahrnehmen, wie er etwas Negatives zerstört.“24
JESUSBEGEGNUNGEN SIND ZUTIEFST HEILSAM
Jesus kennt jeden Menschen und jede einzelne Scherbe, die entstanden ist. Er weiß genau, was der betreffende Anteil braucht und wie er ihm begegnen kann. Jede Jesusbegegnung verläuft ganz individuell und einzigartig, entspricht dabei aber immer der Botschaft des Evangeliums. Nie habe ich erlebt, dass Jesus Grenzen überschreitet oder ungeduldig wird, immer darf die betreffende Person selbst entscheiden, welche Schritte sie gehen möchte und worauf sie sich einlassen kann.
Anna: „Jesus begegnete meinen Anteilen liebevoll und vorsichtig. Er achtete den Willen eines jeden inneren Kindes, ging über keine Grenze ungefragt, berührte nicht einfach ohne Erlaubnis. Er gab Würde mit großer Sanftheit, dies war unglaublich schön und bewegend … Im Rückblick waren das für mich besonders wertvolle Erfahrungen.“
Selbst wenn die Konfrontation mit dem Schmerz, den Lebenslügen und den früheren Situationen am Anfang des Gesprächs mit Anspannung und Angst verbunden ist, führt die Begegnung mit Jesus zur tiefen inneren Ruhe und dem Erleben von Frieden und Trost.
Dieses Geschehen ist zutiefst heilsam und ich kann über die dadurch ermöglichten weiteren Veränderungen nur staunen.
WIE KANN MAN JESUS BEGEGNEN?
Die Bereitschaft, sein Herz zu öffnen und sich danach auszustrecken, von Jesus selbst zu hören, sind die einzigen Voraussetzungen, um Jesus zu begegnen. Äußere und innere Ruhe sind hilfreich. Es geht nicht darum, selbst etwas zu leisten – unnötiger Druck blockiert eher das Hören –, sondern einfach in Gottes Gegenwart zu kommen, zu sein und zu erwarten. Das, was wir hören, können wir überprüfen, indem wir es mit den Aussagen der Bibel und dem Wesen Gottes vergleichen.
So ist das Hören auf Gottes Stimme letztlich keine Methode, kein Rezept, sondern ein Beziehungsgeschehen! Es kann ganz leicht zwischen Gott und uns fließen, wenn die innere Verbindung zwischen uns offen und unser Herz aufnahmebereit ist. Es ist nicht kompliziert, sondern es geht eher um ein kindliches Vertrauen, eine Erwartungshaltung der Liebe und Hingabe an Gott. Je mehr wir dem Heiligen Geist in uns Raum geben, umso leichter können wir seine Stimme hören.25
Dieses innere Gebet beruht auf der Ich-Du-Beziehung, innere Gottesbegegnungen zu erleben ist ein ganz besonderer Schatz. Und doch wirkt Gott auf vielfältige und kreative Art und Weise, jeder Mensch darf seine eigene Form des Dialogs mit Gott finden.
Die Bibel – Quelle der Wahrheit
Die Bibel ist Quelle der Wahrheit, von Menschen geschrieben, von Gottes Geist inspiriert. Immer wieder fasziniert mich, dass man die Prinzipien der modernen Psychotherapie eigentlich schon als Wahrheiten und Ratschläge in der Bibel findet: Jesu Gespräche mit verletzten und sündigen Menschen sind von Achtung und Wertschätzung geprägt. Er holt sie einfühlsam ab, stellt treffende Fragen und führt sie zur Erkenntnis. Bereits Paulus fordert uns in seinen Briefen auf, die Gedanken zu überprüfen, da sie zu den entsprechenden Gefühlen und einem bestimmten Verhalten führen. Lügen sollen aufgedeckt, falsche Überzeugungen entlarvt und Gutes, nämlich Gottes Wahrheit, dagegengesetzt werden. Wir sollen alte Kleider, alte Muster, alte Verhaltensweisen ablegen und Neues anziehen und einüben. Die Bibel spricht von Trost, Schutz und Geborgenheit, von Jesus als dem guten Hirten, der das verletzte und verirrte Schaf versorgt. In der Transzendenz reichen wir über die eigenen Fähigkeiten hinaus. Letztendlich ist die Bibel eine Schatzkammer von Ressourcen: Jesus, das feste, auch in Stürmen sichere Lebensfundament; die Aufforderung und Ermutigung zur Freude, zum Tanz und Jubel; Einladungen, bei Gott Geborgenheit, Schutz, Trost und Hilfe zu finden; Orte zum Ausruhen, zum Sein-Dürfen, ohne leisten zu müssen; Möglichkeit, Lasten und Belastendes abzuladen; Freude an Gottes vielfältiger Schöpfung; … ; Orientierung, Hoffnung und Zukunft in und durch Gott.
Betroffene Christen sollen erleben, dass ihr Glaube Bestandteil ihres Aufarbeitungsweges sein kann und darf! Damit eröffnet sich ihnen, zusätzlich zu den sowieso schon sehr wertvollen Erkenntnissen und Hilfen der Traumatherapie, Raum für das Wirken und Handeln des lebendigen Gottes, Raum für seine Möglichkeiten und seine heilende Kraft. Der christliche Glaube stellt eine unermesslich wertvolle Ressource dar, gibt Stabilität, trägt durch schwere Zeiten und verleiht Hoffnung!
BETROFFENE CHRISTEN SOLLEN ERLEBEN, DASS IHR GLAUBE BESTANDTEIL IHRES AUFARBEITUNGSWEGES SEIN KANN UND DARF!
Ulrike beschreibt, was Jesu Wirken ihr auf dem Wiederherstellungsweg bedeutete:
„Es war für mich sehr wertvoll, dass Jesus als treuer Begleiter, als Beschützer an meiner Seite war, besonders in den herausfordernden Situationen, in denen ich mit dem Trauma konfrontiert war. Er war und ist mein sicherer Ort. Ohne ihn, glaube ich, wäre mein Aufarbeitungsweg sehr viel länger und bestimmt noch herausfordernder gewesen.
Er ist mir in meinen inneren Wunden begegnet, dort wo der Schmerz tief vergraben war. Er versorgte mich und meine Anteile. Er hat mit mir gemeinsam geweint und getrauert, gelacht und Rast gemacht. Manchmal lag ich innerlich erschöpft in einer Hängematte und er schaukelte mich hin und her. Er war der Einzige, der mich tief in meinem Herzen berühren und auch erlösen durfte und konnte. Vor ihm konnte ich ehrlich werden. Ihm ging es nicht darum, dass ich mich besser oder anders verhalte – er wollte mich trösten, befreien und innerlich mit mir selbst versöhnen. In die Arbeit mit den inneren Anteilen konnte er kommen und helfen. Er hat mir glaubhaft vermittelt, dass er mich und meine Anteile liebt und sich niemals von mir zurückzieht, wo andere mich so oft im Stich gelassen haben. Als ich meine ‚nicht so beliebten Anteile‘ betrachtete, hat er sich nicht aus dem Staub gemacht, obwohl ich verächtlich, trotzig, wütend, nach Rache gelüstend, ihm alles an den Kopf geschleudert habe, was vor lauter Schmerz aus mir herauskam. Jesus manipuliert nicht, setzt nicht unter Druck, verurteilt, beschimpft oder bestraft niemals. Bei ihm konnte ich das Alte loslassen, das ja nicht rückgängig gemacht werden kann. Und gerade dieses Loslassen war so wichtig – einen Ort zu haben, an dem ich die Schuld der anderen und auch meine eigene Schuld lassen kann. Ich erkannte, dass er sich um Gerechtigkeit kümmert und ich aufhören kann, um Gerechtigkeit zu kämpfen und zu schreien. Er ist der Friedefürst, bringt das Herz zur Ruhe, versöhnt mich mit meiner Geschichte und mir selbst. Diese Versöhnung bewirkt eine Sehnsucht: Man möchte wieder eine Person sein, man möchte alle seine Anteile integriert haben. Sie gehören ja zu mir – sie sind ich!
Ich bin sehr froh, diesen Weg so gegangen zu sein. Seitdem lebe ich und die Lebensfreude nimmt immer mehr zu!“
Sich auf Neues einlassen
Auf dem christlichen Wiederherstellungsweg ist das Wissen über Trauma und Dissoziation, über den hilfreichen Umgang mit Betroffenen ebenso wichtig wie der Glaube und Gottes Wirken.
Sicher ist diese Art der Trauma-Aufarbeitung für manche ungewöhnlich und wirkt fremd, fordert viele sogar heraus. Auch Jesus hat die Menschen herausgefordert. Er hat oft anders gehandelt, als von ihm erwartet wurde – denken wir nur daran, wie er mit der Prostituierten, die plötzlich hereinkam und seine Füße salbte, ganz einfühlsam und liebevoll umging.26 Auch heute geht es Jesus um die Menschen. Menschen, die so Schlimmes erlebt haben, sollen die Hilfe erfahren können, die sie dringend brauchen! Es geht um die traumatisierten Menschen, sie sollen Heilung erleben!
Jeder Wegbegleiter ist herausgefordert, seine Form der Wegbegleitung zu finden. Sie muss für ihn und die ihm anvertrauten Betroffenen stimmig sein. Lassen Sie sich dabei vom Heiligen Geist leiten und stellen Sie all Ihr Wissen, Ihre Erfahrung, Ihre speziellen Gaben und Fähigkeiten und auch Ihr Unvermögen ihm zur Verfügung!
Im Buch Jesaja geht es um die Berufung und den Auftrag des Propheten. Ist dieser Text nicht auch ein Auftrag Gottes an uns Wegbegleiter?
Der Geist des Herrn hat von mir Besitz ergriffen. Denn der Herr hat mich gesalbt und dadurch bevollmächtigt, den Armen gute Nachricht zu bringen. Er hat mich gesandt, den Verzweifelten neuen Mut zu machen, den Gefangenen zu verkünden: „Ihr seid frei! Eure Fesseln werden gelöst!“
Er hat mich gesandt, um das Jahr auszurufen, in dem der Herr sich seinem Volk gnädig zuwendet, um den Tag anzusagen, an dem unser Gott mit unseren Feinden abrechnen wird.
Die Weinenden soll ich trösten und allen Freude bringen, die in der Zionsstadt traurig sind. Sie sollen sich nicht mehr Erde auf den Kopf streuen und im Sack umhergehen, sondern sich für das Freudenfest schmücken und mit duftendem Öl salben; sie sollen nicht mehr verzweifeln, sondern Jubellieder singen. Die Leute werden sie mit prächtigen Bäumen vergleichen, mit einem Garten, den der Herr gepflanzt hat, um seine Herrlichkeit zu zeigen.
Ja, ihr werdet die zerstörten Städte wieder aufbauen, die über Generationen in Trümmern lagen …
Anstelle doppelter Schande und Schmach, die eure Feinde euch zugefügt haben, werdet ihr von deren Land einen doppelten Anteil bekommen und eure Freude wird kein Ende haben. Denn der Herr sagt: „Ich liebe Gerechtigkeit und hasse gemeinen Raub. Ich halte meinem Volk die Treue und belohne es für seine Leiden; ich schließe mit ihm einen unauflöslichen Bund und sage ihm für alle Zeiten meinen Schutz zu. Ihre Nachkommen werden bei allen Völkern bekannt und geachtet sein. Alle, die sie sehen, werden erkennen: Sie sind das Volk, das ich gesegnet habe.“
Wir freuen uns und jubeln über den Herrn, unseren Gott! Er umgibt uns mit seiner Hilfe wie mit einem Kleid, hüllt uns in seinen Schutz wie in einen Mantel. Wir sind fröhlich wie ein Bräutigam, der seinen Turban umbindet, wie eine Braut, die ihren Hochzeitsschmuck anlegt. Denn wie aus dem Boden die Saat keimt und wächst, so lässt der Herr, der mächtige Gott, unser Glück wachsen und mehrt unseren Ruhm bei allen Völkern. (Jesaja 61,1–11)