Kapitel 4

QBS G’laxix Sphaea, offener Weltraum

D ie G’laxix Sphaea verließ das Tor und glitt lautlos durch den interstellaren Raum zwischen den Systemen. Im Umkreis von Millionen von Kilometern gab es nichts und niemanden. ArchAngel hatte die Kontrolle über das Schiff inne, während die vierköpfige Besatzung die geborgene EI-Halterung in den Reinraum brachte, mit dem das Schiff speziell für diese Mission ausgestattet worden war und in dem die Konzentration der Partikel ständig überwacht wurde.

ArchAngel ließ die Halterung von der Antigrav-Palette auf dem mittleren Tisch abstellen und schickte die Palette zurück ins Lager.

Kael-ven und Kiel unterhielten sich angeregt, während die beiden Techniker die Schutzhülle mit aller Sorgfalt in mühevoller Kleinarbeit zerlegten, um an den EI-Kern im Inneren zu gelangen.

»Captain.« Mellor seufzte und warf Kael-ven einen genervten Blick zu. »Wenn ihr beide uns nur etwas Platz zum Arbeiten lassen würdet, dann könnten wir euch wesentlich schneller sagen, was mit Loreley los ist.« Er beugte sich wieder mit seinen Werkzeugen über den dunklen Würfel.

Der Yollin zwängte sich durch den minimalen Raum zwischen den Labortischen, um zu einem der Stühle zu gelangen, die für seine vierbeinige Gestalt gebaut worden waren und setzte sich mit einem leicht beleidigtem Gesichtsausdruck hin. »Ich bitte um Verzeihung.« Seine Mandibeln schnappten zusammen. »Und jetzt arbeitet gefälligst schneller.«

Der Kern des Erkundungsschiffs lag mittlerweile offen auf dem Tisch. Darum herum waren Werkzeuge und die verschiedensten Bauteile verstreut, die in Reichweite der beiden Techniker lagen.

Auch Kiel hatte sich auf einem Hocker an einem leeren Tisch niedergelassen, um nicht im Weg zu sein. »Glaubt ihr, ihr könnt sie wieder in Betrieb nehmen?«

Robinson sah den Yollin überrascht an und zuckte dann nachlässig mit den Schultern. »Aber selbstverständlich, Sir. Wir haben sie gebaut und wir können sie wieder in Gang bringen.«

Ihr Kollege lachte unterdrückt, als er an einer Schraube drehte, die er gelockert hatte. »Ihr wisst doch, dass sie stinksauer sein wird, wenn wir sie reaktivieren, oder? Ich hoffe, eure empfindlichen Offiziersohren lassen sich von rüden Worten nicht so leicht verletzen.«

Kael-Vens Mandibeln öffneten sich schockiert, aber er fand schnell wieder zu seiner Stimme zurück. »Willst du mich veräppeln? Denn dies impliziert Empfindungsfähigkeit oder zumindest die Möglichkeit dazu. Und ich dachte, nach Ricky Bobby …«

Robinson schüttelte nachdrücklich abwehrend ihren Kopf. »Keine Empfindungsfähigkeit, Captain. Man kann es als eine Art Überdruckventil ansehen. Den Prototypen der Aufklärungsschiffe fehlte es an Autonomie, um den Strapazen der eigenständigen und unabhängigen Erforschung des Weltraums gewachsen zu sein. Die meisten wurden innerhalb eines halben Jahres zerstört. Einige sendeten ständig falsche Pings zurück, was die Königin unendlich wütend machte, wenn sie dann kampfbereit am gemeldeten Ort eintraf und keine Kurtherianer zu finden waren.«

Mellor blickte grinsend auf. »Die Königin hat nach einer solchen Falschmeldung sogar einmal höchstpersönlich einen nahegelegenen Asteroiden direkt neben einem von den Aufklärern vernichtet. Ich habe das Video davon gesehen.«

Robinson lachte. »Oh, ja. Richtig, das hatte ich ganz vergessen.«

Kael-ven nickte verständnisvoll. »Das waren ein paar … amüsante Monate.«

Die Technikerin grinste breit. »Das war es ganz gewiss. Für dieses Modell haben wir deshalb mit ADAM und Achronyx zusammengearbeitet, um EIs zu entwickeln, die dem Druck standhalten können.« Sie zwinkerte Kael-ven zu. »Das Wortspiel habe ich absolut beabsichtigt. Wie dem auch sei. Die EIs mussten in der Lage sein, mehr zu tun, als nur eine Entscheidung auf der Grundlage einer Reihe von vorprogrammierten Antworten zu berechnen. Wir mussten ihnen die Fähigkeit verleihen, eigenständige Entscheidungen zu treffen, ohne sie dabei in den Status einer KI aufsteigen zu lassen. Das Endergebnis war eine Verbesserung des Standard-Algorithmus für die Persönlichkeit der EIs, die den Stress für die Systeme des Spähschiffs in einen bissigen Monolog umwandelt. Das ist Teil des Protokolls, das dafür sorgt, dass sie effizient funktionieren, während sie allein da draußen sind.«

»Sie sollten sich mal einen ihrer Berichte anhören, Captain.« Mellors Stimme wurde durch seine dicht über das Innere des Kerns gebeugte Position gedämpft. »Vielleicht waren die Kurtherianer ja nirgendwo anzutreffen, wo wir sie finden konnten, aber es war höllisch unterhaltsam, bei der Suche nach ihnen zuzuhören.«

Kael-ven nahm sich vor, bald ein paar der Berichte herunterzuladen, schon allein um zu sehen, ob die Techniker übertrieben. »Also, was ist jetzt mit Loreley? «

»Wir sind fast fertig«, teilte Robinson ihm mit.

Der Yollin beugte sich ungeduldig vor, um alles mitzubekommen.

Kiel stand auf, umrundete den Tisch und setzte sich neben Kael-ven, während die Techniker weiterhin ihre Arbeit verrichteten. »Was hältst du eigentlich von dem, was wir in diesem System vorgefunden haben?«

Sein Freund zuckte mit den Schultern. »Mich beunruhigt eher, was wir nicht gefunden haben. Irgendeine andere Partei war vor uns dort.«

»Du meinst, weil wir den Speicherkern des anderen Schiffes nicht finden konnten?«

Kael-ven nickte. »Wer auch immer es war, er hat den Kern des anderen Schiffes mitgenommen, aber unseren in Ruhe gelassen. Es stellt sich die Frage: Warum?«

Kiel grübelte kurz darüber nach. »Das ist beunruhigend. Meinst du, sie wussten, dass wir die Loreley aufspüren können, egal wohin sie sie auch gebracht hätten?«

Sein Freund zuckte erneut mit den Schultern, sah aber unruhig aus. »Ich wüsste nicht, was man sonst annehmen könnte.«

Kiels Aufregung wuchs. »Glaubst du, das andere Schiff war ein kurtherianisches?«

»Wer weiß das schon? Um das herauszufinden, müssen wir Loreley wieder zum Reden bringen.«

Der freiliegende Kern auf dem Tisch leuchtete genau in dem Augenblick auf, als er den Satz beendet hatte, und eine leicht raue weibliche Stimme ertönte.

»Systemcheck. Triebwerkssysteme … ausgefallen. Filterung der Luft … ausgefallen. Navigationssystem … auch ausgefallen? Torsprungantrieb … kritische Überlastung, ausgefallen …«

Sie atmeten alle erleichtert auf, da Loreley eindeutig wieder in Betrieb war.

»Wie übel am Arsch bin ich eigentlich?«, meckerte sie in einem verärgerten Tonfall.

»Schön, dass du wieder bei uns bist, Mädchen«, wandte Robinson sich fröhlich an sie.

»Es sieht im Augenblick nicht gerade gut aus, aber wir haben alles im Griff«, fügte Mellor beruhigend hinzu.

Die Lichter auf dem Würfel blinkten hektisch, während Loreley ihre Situation einschätzte. »Ich bin ja hier die reinste Katastrophe! Was zum Teufel ist mit mir passiert? Wo ist mein verdammter Körper hin?«

»Wir hatten gehofft, du könntest es uns sagen«, unterbrach Kael-ven ihre mürrische Litanei.

»Ich überprüfe es.« Der Würfel verdunkelte sich für einen Moment. »Oh. Oh, verrrdaaaaammmmt! «

Loreleys Stimme sank um ein paar Oktaven und wurde mechanischer, je tiefer sie wurde.

»WARNUNG! HIER SPRICHT DIE EI Loreley. EXTRAHIEREN SIE MICH NICHT. WARNUNG!«

Kiel starrte Kael-ven an, sein Gesicht hatte sich zu einer Fratze des Entsetzens verzerrt. »Wir sind am Arsch

Schnellstraße, Colonnara

Der kastenförmige Frachttransporter war trotz seines Aussehens täuschend schnell. Das war auch gut so, denn der ganze Plan war in dem Moment in die Hose gegangen, als Racien die Dose mit den Gewürzen fallen ließ, wie sie es geplant hatten.

Das Kindermädchen hatte sich umgedreht und dann unerwartet irgendeinen Scheiß im Stil der verdammten Kaiserlichen Ranger abgezogen. Deshalb rannten sie jetzt um ihr Leben … und versuchten gleichzeitig sich die ansehnliche Beute nicht durch die Finger schlüpfen zu lassen, die ihnen die menschlichen Kinder einbringen würde.

F’roxans Mandibeln klickten leise, als sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit aus der riesigen Metropole fuhr. Soweit sie wusste, war Racien tot und die Kinder, die sie sich geschnappt hatten, jagten ihr verdammt viel Angst ein.

Es sollte doch nur ein unkomplizierter Überfall sein, um sich die Blagen zu greifen.

Keiner von ihnen hatte vorher bemerkt, dass das Kindermädchen eine Ixtali war.

Daher waren sie alle in Panik geraten, als die Kapuze der Ixtali zurückgefallen war. F’roxan, Dillar und Yax hatten sich die Kinder geschnappt und waren kopflos weggerannt, während sie Racien im Stich gelassen hatten, der sich allein gegen die Außerirdische wehren musste.

Die Ixtali, deren Name Phyrro lauten musste, da das Mädchen ihn gerufen hatte, hatte den Baka mit einem einzigen Schlag gegen die Kehle zu Fall gebracht. Ungeachtet dessen hatte F’roxan ihre Zielperson über eine gepanzerte Schulter geworfen und war in Richtung des Treffpunkts geflüchtet.

Racien war nicht da gewesen, als sie am vereinbarten Ort ankamen. Sie hatten so lange gewartet, wie sie sich getraut hatten – also nicht einmal eine Sekunde – und waren dann mit dem kleinen Frachttransporter, den sie zuvor für die improvisierte Entführung gestohlen hatten, aus dem Künstlerviertel in Richtung ihres Unterschlupfs gerast wie die blutsaugenden Flieger aus dem ausgedehnten Vulkansystem von Xanthar.

Sie warf einen Blick zurück auf die kleinen Menschen, die gefesselt zwischen Dillar und Yax nebeneinander auf dem Boden des Transporters lagen. Die beiden Schläger, die sie zur Unterstützung bei der Entführung angeheuert hatte, saßen auf Bänken zu beiden Seiten des geräumigen hinteren Bereichs und beobachteten die Kinder mit mehr oder weniger großem Misstrauen.

»Wo zum Teufel ist Racien?«, fluchte Yax. »Er hätte schon am Treffpunkt sein müssen, als wir mit dem Transporter eingetroffen sind.«

»Ich weiß es nicht«, gab F’roxan besorgt zu.

Dillar winkte abfällig mit der Hand. »Racien ist tot. Macht euch lieber nichts vor. Diese Ixtali hatte eine Klinge und sie wusste genau, wie man sie benutzt.«

»Das spielt keine Rolle. Ich werde seinen Anteil mit euch beiden teilen, wenn ihr mir helft, diesen Job zu Ende zu bringen«, knurrte die Yollin.

Die beiden Schläger sahen sich an und grinsten.

»Das ist mehr als fair«, stimmte Yax zu.

Dillar nickte skeptisch zu den Kindern hinüber. »Solange die Eltern bezahlen.«

Alexis und Gabriel blieben ruhig. Sie waren für solche Situationen trainiert worden, und obwohl sie ein wenig Angst hatten, so wussten sie doch, dass sie bald gerettet werden würden.

Es war klug von dir, dein Armband-Holo fallenzulassen und Phyrro zu aktivieren , lobte Gabriel seine Schwester.

Tante Addix wird ihn benutzen, um unsere Peilsender zu orten , versicherte ihm Alexis.

Hast du Lust , die Bösewichte ein wenig aufzumischen, während wir auf sie warten?

Boshaft kicherte Alexis geistig. Ja, natürlich will ich das . »Du hättest Tante Addix wirklich nicht verärgern sollen«, verkündete sie ihren Entführern dann völlig sachlich.

Der Ganove auf der Bank links von ihnen funkelte sie giftig an. »Ich habe keine Angst vor einer dämlichen Ixtali.«

»Das solltest du aber«, stellte Gabriel lapidar fest. Er drehte seinen Kopf zu seiner Schwester. »Obwohl … wir sind nicht dazu gekommen, unser Video zu drehen. Wir können uns ein wenig davon inspirieren lassen, was Tante Addix mit ihnen machen wird, sobald sie uns einholt.«

Die drei Verbrecher lachten verächtlich.

»Sie wird uns ganz gewiss nicht einholen«, spottete F’roxan hämisch vom Fahrersitz aus. »Ihr Kinder solltet lieber hoffen, dass ihr euren Eltern genügend am Herzen liegt, damit sie das Lösegeld bezahlen, sonst seht ihr keinen von ihnen wieder.«

Sie wissen nicht, wer wir sind, merkte Alexis schadenfroh an. Das bedeutet, dass sie keine blasse Ahnung haben, was unweigerlich passieren wird.

Die Geschwister sahen sich verschmitzt an und stießen ein absichtlich schaurig klingendes Gelächter aus.

»Meinst du, es wird so sein wie damals, als sie den Ork mit einem Schwertstreich von der Leiste bis zur Kehle aufgeschlitzt hat?«, grübelte Gabriel laut.

»Ich gehe jede Wette ein, dass sie ihnen zuerst jeden Knochen im Körper bricht, dann ein wenig Zeit lässt, um zu heilen und das Ganze anschließend noch einmal wiederholt.« Alexis warf einen abschätzenden Blick auf die drei Kidnapper. »Ihr könnt doch nach einer Verletzung gleich auf der Stelle heilen, oder? Wenn nicht, möchte ich echt nicht in eurer Haut stecken.«

Die Entführer starrten sie erschreckt an, während Gabriel den Kopf wissend schüttelte. »Ich glaube nicht, dass sie dazu in der Lage sind, Schwesterherz. Ansonsten hätte ihr Freund es geschafft, zu ihnen zu stoßen. Dennoch«, er musterte F’roxan abschätzend, während er sprach, »ihre Anführerin ist eine Yollin. Wir wissen, dass die ordentlich Prügel einstecken können und sich davon erholen können, weil Mama Onkel Kael-ven ständig verprügelt und er nicht stirbt.«

»Oh, ja!« Alexis quietschte vor Aufregung fast. Dann kam ihr offenkundig ein Gedanke in den Sinn. »Oooh, ich frage mich, ob Tante Addix mit einem Faustschlag den Panzer eines Yollins genauso leicht durchschlagen kann wie Mami?«

F’roxan hörte mit wachsendem Entsetzen zu, wie die seltsamen Kinder laut hin und her überlegten und sich immer einfallsreichere Wege einfallen ließen, wie ihre sogenannte Ixtali-›Tante‹ ihre drei Entführer dazu bringen würde, sich zu wünschen, nie geboren worden zu sein.

Schließlich wurde es ihr zu viel, um die Spekulationen weiter zu ertragen. »Was zum Teufel lassen euch eure Eltern eigentlich schauen?«, schrie sie erbost über ihre Schulter. »Dillar, stopfe den kleinen Kröten das Maul.«

Der Mann stand folgsam auf und beugte sich vor, um Alexis zu knebeln. »So, das sollte dich zum Schweigen bringen«, murmelte er säuerlich.

»Du wirst auf ewig still sein, wenn meine Tante dir erst einmal die Zunge aus dem Kopf reißt und sie vor deinen Augen frisst«, versprach ihm Gabriel finster, als Dillar auf ihn zukam, um auch ihm ein Tuch in den Mund zu schieben.

Der Schläger ließ sich wieder schwer auf die Bank fallen und schüttelte den Kopf. »Was für eine abartige Fantasie die Kinder heutzutage doch haben.«

Die Zwillinge sahen sich an und kicherten. Was für eine Fantasie?

Alexis sah Gabriel zögernd an. Wir sollten etwas tun, um sie aufzuhalten. Ich habe eine Idee, aber ich weiß, dass wir es eigentlich nicht tun dürfen.

Gabriel verstand sofort. Es gab nicht allzu viele Dinge, die seine Schwester beunruhigten, aber die Regeln ihres Vaters zu brechen, gehörte sicherlich dazu. Ich glaube nicht, dass wir dieses Mal deswegen Ärger bekommen werden «, erwiderte er überzeugt.

Alexis übermittelte ihrem Bruder ein geistiges Schulterzucken. Na gut, dann. Das ist der Plan …

Südkontinent, High Tortuga

Peter hatte einen Vorsprung vor Michael und Akio, aber die beiden Vampire besaßen die Geschwindigkeit und die Kraft, ihn einzuholen, wenn sie sich ein wenig beeilten.

Vielleicht.

Peters extreme Entschlossenheit war wieder da und dieses Mal würde ihn kein Befehl auf den Boden zurückbringen.

»Ich vergesse immer, wie … enthusiastisch er in seiner Pricolici-Gestalt ist.« Michael lachte amüsiert, als er und Akio rannten, um Peter abzufangen. Sie schnappten sich ebenfalls jeweils ein dickes, zotteliges Haarbüschel und folgten Peters Kletterweg an der Flanke der Kreatur hoch.

»Wir könnten ihn sich ein bisschen austoben lassen«, schlug Akio vor. »Mit seinen Klauen und Zähnen allein kann er einer Bestie dieser Größe doch nicht viel anhaben, oder?«

Michael überlegte einen Moment lang. »Ich weiß es nicht. Wenn er beschließt, sich einzugraben, könnte er eine Menge Schaden anrichten. Dem Fleisch, meine ich.« Er begann, ein wenig schneller zu klettern.

Die Haut des riesigen Tieres kräuselte sich unter Peter und den beiden Vampiren, als wären sie Flöhe, die es versuchte abzuschütteln. Der Pricolici schwang sich nach oben und griff nach dem nächsten Fellbüschel, ehe es dem Monster gelang sich von der juckenden Irritation zu befreien.

Er hievte sich hoch, bis er auf dem Rücken des Tieres stand. Ein kurzer Blick nach unten zeigte ihm sowohl den schwindelerregenden Fall als auch Michael und Akio, die zügig an der Seite des Tieres hochkletterten.

Sein Kampfgebrüll ausstoßend stürmte er begeistert über den Rücken der Bestie entlang bis zu ihrem Kopf. Seine piksenden Klauen machten das Tier förmlich wahnsinnig. Erst schüttelte es sich wild, dann blieb es stehen, setzte sich plötzlich hin und hob einen seiner Hinterfüße, um die von Peter verursachten juckenden Stellen heftig zu kratzen.

Dieser sprang mit einem Satz aus dem Weg, als die riesigen Krallen herunterkamen und tiefe Furchen durch das Fell harkten. Er landete unsanft auf dem Hals des Tieres und sprang erneut, als die Krallen ihn auch dahin ein zweites Mal verfolgten.

Der Pricolici kletterte eilig zwischen den Ohren des Tieres hoch. Als es den Kopf daraufhin zu Boden neigte und ihn kräftig am Boden rieb, wich er in eines der Ohren aus und hielt sich dort grimmig entschlossen fest, als das Tier frenetisch den Kopf schüttelte, um den Quälgeist loszuwerden.

Dabei kam ihm plötzlich eine Idee und er nutzte seine Chance, als das Schütteln für einen kurzen Augenblick aufhörte. Er stürmte aus dem Ohr und erhaschte einen Blick auf Michael und Akio, die mühselig am Hals des Ungeheuers zu ihm krochen.

Alles in Butter! Ich sagte doch, ich habe das im Griff. Mir ist ein Plan eingefallen!

»Peter!«, brüllte Michael aus voller Kehle, obwohl es hoffnungslos war, sich über dem unaufhörlichen Donnergrollen und dem Grunzen der Bestie Gehör zu verschaffen.

Der Werwolf winkte nur und grinste, dann ließ er sich auf alle Viere fallen und verschwand im dichten Nackenfell des Tieres.

Michael und Akio schrien zur gleichen Zeit auf, als ihnen schließlich klar wurde, dass Peters sogenannter ›Plan‹ aus nichts weiter bestand, als dem Instinkt der Pricolici, allem, was auch nur im Entferntesten stärker war als sie selbst, die Kehle herauszureißen.

»Peter, NEIN!«

»BEISS ES NICHT! «

Ihre Warnung kam zu spät. Peter hatte seine Zähne bereits in den Hals des gigantischen Ungeheuers gebohrt. Zu seinem Pech zeigte sein Biss keine erkennbare Wirkung, außer dass er die wütende Bestie noch mehr verärgerte, was ihm die beiden erfahreneren Männer hätten sagen können, wenn er denn auf sie gehört hätte.

Als er zubiss, wälzte sich die Bestie herum und warf dann ihren riesigen Kopf in den Nacken. Peter wurde in die Luft geschleudert. Endlich, im denkbar ungünstigsten Moment, schien die Bestie den Pricolici zu bemerken, der gerade an ihrem Gesicht vorbeisegelte.

Michael hielt nicht inne, um die Gefahr zu bedenken. Er rutschte auf dem Rücken der Bestie herunter und kam gerade noch rechtzeitig wieder auf die Beine, um zu sehen, wie Peter im Schwalbensprung in das Maul der Bestie stürzte.

Der Patriarch seufzte resigniert. Dieser Dummkopf trug immer noch das breiteste selbstzufriedene Grinsen auf seiner blöden Schnauze …

Die Kiefer schnappten zu und Peter war verschwunden. Offenkundig um den Triumph darüber auszukosten, dass sie die lästige Kreatur, die sie gebissen hatte, endlich losgeworden war, wälzte sich die Bestie erneut über den Boden. Dabei faltete sich ihre Haut in Furchen, die dem unwegsamen Gelände ähnelten, das Michael und die anderen durchquert hatten, um auf die Hochebene zu gelangen.

Der Körper des Tieres schlug unter Michael und Akio regelrechte Wellen und sie mussten sich enorm anstrengen, um nicht den Halt zu verlieren, während sie Peter zu Hilfe eilten.

Schließlich ließ sich das Biest auf den Rücken fallen und benutzte den Boden, um sich gründlich zu kratzen. Das verschaffte den beiden Männern freie Bahn, um den Bauch und die Kehle hoch bis zum Maul zu rennen.

Michael erreichte den Hals zuerst und streckte eine Hand aus, um Akio hinter sich hochzuziehen. Die beiden wurden fast abgeworfen, als sich das Tier plötzlich bewegte, aber Michaels verbesserte Reaktionszeit bewahrte sie vor einem tiefen Sturz. Er schwang Akio hoch, der geschmeidig auf dem Kopf der Bestie landete und zog sich dann selbst hoch, gerade als die Bestie wieder auf die Beine kam.

Akio schüttelte den Kopf, als sie von oben hinunterschauten. »Also ehrlich, in welche Situationen der Junge sich immer bringt.«