Suite der Queen, Stützpunkt der Raumflotte,
High Tortuga
T abitha ließ unvermittelt die Gabel auf ihren Teller fallen und sah mit dämmerndem Verständnis von Bethany Anne zu Cheryl Lynn. »Die ›Schreckliche Pirat Roberts ‹ ist kein Schiff der Flotte?«
Bethany Anne unterbrach den Film und sah ihre Freundin an. »Sag mal, ist das dein Ernst oder verarschst du mich? «
Tabitha verzog das Gesicht und zuckte mit den Schultern. »Nun, ja. Ehrlich gesagt habe ich den Namen schon mal gehört, aber ich hatte den Film noch nicht gesehen. Immer, wenn jemand ihn erwähnte, dachte ich, er würde über ein Schiff reden. Vielleicht eins der Großkampfschiffe?«
Bethany Anne sah Tabitha mit einem belustigten Blick an. »Nein. Wie kann man nur darauf kommen?«
Die ehemalige Rangerin zuckte mit den Schultern und sah Hilfe suchend zu Cheryl Lynn hinüber. »Es klingt aber wie der Name eines Schiffes.«
Aber Cheryl Lynn schüttelte den Kopf. »Es ist ein ziemlich berühmter Film. Es gibt überall haufenweise Anspielungen darauf.«
Tabitha verschränkte die Arme und schmollte. »Aber nur, wenn man auf Liebesfilme steht.«
Bethany Anne hob einen Finger und versuchte, trotz ihrer Lachtränen verständlich zu sprechen, aber ADAM unterbrach sie, bevor sie sich genügend unter Kontrolle bekam, um einen passenden Kommentar abzugeben.
»Entschuldigt bitte die erneute Unterbrechung, meine Damen. Bethany Anne, Kael-ven möchte mit dir sprechen. Er sagt, es sei wichtig.«
Bethany Anne wischte sich ein letztes Mal über die Augen. »Es ist keine Unterbrechung, wenn es wichtig ist, ADAM. Verbinde ihn mit dem Raum.« Bethany Anne warf den anderen ein entschuldigendes Achselzucken zu. »Sieht ganz danach aus, als wäre unser Filmabend vorbei.«
Cheryl Lynn winkte die Entschuldigung ab. »Mach nur, es ist schon in Ordnung. Die Pflicht ruft halt und wir sind hier, damit wir uns um dieses Chaos kümmern.« Sie stand auf, um die Snacks vom Tisch aufzusammeln. »Wir hatten einen wirklich schönen Abend, nicht wahr, Tabitha?«
Tabitha schmollte. »Das ist nicht in Ordnung! Jetzt will ich wissen, wie der Film ausgeht.« Dann seufzte sie und stand auf, um Cheryl Lynn beim Aufräumen zu helfen. »Na schön. Ich werde ihn mir einfach später mit Achronyx ansehen.«
Kael-vens Gesicht ersetzte die Ansicht des Films und seine bedrückt klingende Stimme erklang aus dem vorderen Lautsprecher. »Sei gegrüßt, meine Königin. Es geht um unser vermisstes Aufklärungsschiff. Allerdings sind es keine guten Nachrichten.« Er schwieg einen Augenblick lang unentschlossen. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel ich über diese Verbindung sagen darf.«
»Keine Sorge, die Leitung ist sicher«, versicherte Bethany Anne ihm. Sie schwenkte ihren Zeigefinger auffordernd im Kreis, damit Kael-ven fortfuhr. »Also erzähl mir, welche Neuigkeiten so wichtig sind, ja?«
Kael-ven bewegte sich eindeutig unbehaglich in seinem Sitz hin und her. »Wir haben das Schiff geborgen oder genauer gesagt, den Kern, der davon übrig war. Aber die EI, sie … sie hatte einige beunruhigende Informationen.«
Bethany Anne runzelte die Stirn. »Was für beunruhigende Informationen?«
Kael-vens Mandibeln klickten schnell, und Bethany Anne hörte konzentriert zu, als er rasch einen ausführlichen Bericht über die Bergung der EI Loreley durch die Techniker abgab. »Wir haben sie trotz der Warnung extrahiert … natürlich unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen, und wir haben eine Schmierspur einer nicht identifizierbaren Substanz im Inneren des Kerns gefunden.«
Verblüfft lehnte Bethany Anne sich auf der Couch vor. »Im Inneren des Kerns? Wie ist das möglich?«
Der Yollin zuckte mit den Schultern. »Wir haben keine Ahnung, wie das Zeug dorthin gekommen ist, aber die Techniker behaupten, dass es von irgendjemandem absichtlich dort platziert worden sein muss. Mellor und Robinson haben die Substanz gründlich getestet, um ihren Verwendungszweck herauszufinden und sie scheinen sicher zu sein, dass sie auf irgendeine Weise aktiv ist.«
»AKTIV? Auf welche Weise?« Bethany Anne runzelte besorgt die Stirn. »Außer dem SSE-Team oder mir hätte eigentlich nichts und niemand in das innere Gehäuse gelangen können, ohne die Selbstzerstörung auszulösen.«
»Ich weiß nicht, was ich dir sonst noch sagen soll. Ich kann nur das wiederholen, was mir das Team erklärt hat. Wir haben die Substanz im Inneren des Gehäuses gefunden. Man konnte eine elektrische Aktivität bei ihr feststellen.« Nervös verlagerte der Yollin erneut sein Gewicht in seinem Sessel hin und her, sein besorgtes Stirnrunzeln entsprach dem ihren. »Es ist nur eine winzige Menge vorhanden, aber das reicht aus, um mir ernste Sorgen zu machen. Es könnte sich um Technologie handeln, aber das ist keine Technologie, wie wir sie kennen.«
Bethany Anne stützte ihre Ellbogen auf die Knie und tippte mit einem Finger gegen ihre Lippen, während sie über die Bedeutung der Information nachdachte. »Das ist beunruhigend. Und an der Stelle des Angriffs gab es keine Spuren irgendeiner anderen Technologie von Außenseitern, mit der man sie vergleichen könnte?«
Kael-ven schüttelte grimmig den Kopf. »Absolut gar nichts, leider. Aber das Erste, was mir dazu eingefallen ist, war die Möglichkeit, dass die Substanz ein Signal senden könnte . Du kannst sicher verstehen, warum ich vorsichtig bin und es vorerst vermieden habe nach High Tortuga zurückzukehren. Wir sind deswegen in ein System geflogen, das sehr abgelegen liegt. Ich möchte mich nicht näher an unsere Heimat heranwagen, bis ich absolut sicher bin, dass wir nicht verfolgt werden.«
Bethany Anne nickte zustimmend. Kurzzeitig abgelenkt, winkte sie Cheryl Lynn und Tabitha zum Abschied zu, die gerade zur Tür hinausgingen. Als sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den bedrückten Kommandanten. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen, Kael-ven. Bleibt einfach, wo ihr gerade seid. Ich schicke jemanden raus, der euch abholen kommt.«
Kael-ven nickte erleichtert. »Ich denke, das wäre das Beste. Ihr habt unsere Koordinaten.«
Bethany Anne lächelte kurz. »Die haben wir. Haltet die Ohren steif und passt gut auf euch auf. Eure Rückendeckung wird bald bei euch eintreffen.« Sie beendete den Anruf und machte sich sofort eilig auf den Weg in ihren begehbaren Kleiderschrank, um aus ihrem Filmabend-Outfit in etwas weniger Legeres zu wechseln, ehe sie zur Sicherheitsgrube ging, um die Rettungsaktion zu koordinieren. Währenddessen schickte sie in schneller Folge eine Reihe von Nachrichten los.
Sie ging durch den Kleiderschrank der Kinder und zögerte unschlüssig, bevor sie eine mentale Verbindung zu Michael öffnete. Für den Bruchteil einer Sekunde wünschte sie sich, sie hätte ihn doch weiterhin im Auge behalten, damit sie sichergehen konnte, dass er nicht gerade in einer gefährlichen Situation steckte, in der jede Ablenkung über Leben und Tod entscheiden konnte. Kannst du reden, ohne dass es dich gleich das Leben kostet?
Aber immer doch. Was kann ich für dich tun, meine Liebste?
Bethany Anne schmunzelte trotz der Dringlichkeit der Situation, als er ihr praktisch sofort antwortete. Sie wurde langsam wirklich ein bisschen mädchenhaft weich … Zumindest, wenn das bedeutete, dass ihr Herz ein wenig schneller schlug, weil die Stimme ihres Mannes ihr bestätigte, dass er noch in einem Stück war. Hey, Schatz. Wie läuft deine Jagd?
Michael klang nicht so aufgekratzt, wie sie erwartet hatte. Wir konnten anfangs einige Erfolge erzielen, aber dann ging es bergab.
Bethany Anne unterdrückte mannhaft ihre Freude über die Nachricht, dass ihre Basis in den nächsten sechs Monaten nicht nach gegrilltem Dinosaurier stinken würde. Es existierten keine ausreichenden Mengen an Curryketchup, BBQ- oder Steaksauce oder auch nur etwas annähernd Vergleichbarem hier auf High Tortuga, um ihr diese Vorstellung schmackhaft zu machen. Es tut mir leid, dass du nicht den Kampf bekommen hast, den du dir gewünscht hast. Über ihre geistige Verbindung spürte sie eine in ihm kurzzeitig aufwallende Gereiztheit. Ist bei dir alles in Ordnung?
Jetzt, wo Akio Peters große Schnauze mit seiner Hand hält, ist es das, versicherte Michael ihr. Ich muss dich allerdings fragen, warum du nicht daran gedacht hast, Peter die irrige Idee auszutreiben, dass er ein Komiker ist, als du ihm den gesunden Menschenverstand eingeprügelt hast.
Bethany Anne kicherte. Ja, nun. Das musst du eher John fragen. Ich habe Peters Ausbildung damals an die Jungs ausgelagert. Wenigstens hat Peter bessere Laune als Tabitha.
Ist sie immer noch sauer auf ihn?
Mmmhmm.
Michael stöhnte auf. Einerseits habe ich die Sachen, die bei der Jagd nicht klappen und andererseits Peter, der sich wie ein verblödeter Teenager verhält … Sagen wir einfach, dass ich verdammt froh sein werde, zu dir und den Kindern nach Hause zu kommen.
Bethany Anne erinnerte sich an den Grund, warum sie ihn überhaupt bei seinem Ausflug unterbrochen hatte. Da fühle ich mich hinsichtlich meiner Absicht deine Jagd abzukürzen, wesentlich besser. Denn es gibt hier eine neue Entwicklung. Das vermisste Aufklärungsschiff wurde geborgen und wir stehen da vor einem Problem.
Über ihre geistige Verbindung konnte sie Michaels Verwirrung deutlich spüren. Aber sie haben das Schiff gefunden? Das klingt nicht nach einem Problem.
Bethany Anne seufzte. Kael-vens Erkenntnisse waren wesentlich schlimmer als eine Komplikation bei der Suche. Die Loreley zu finden, war der einfache Teil. Was danach geschah, stellt dagegen ein riesiges Problem dar. Kael-ven hat den Kern ohne Schwierigkeiten an Bord der G’laxix Sphaea überführt, aber als sie die EI neu starteten, wurden sie von ihr gewarnt, dass sie manipuliert worden war. Jetzt befürchtet er, dass er verfolgt werden könnte.
Du schickst also jemanden los, um sie sicher zurückzuholen?
Bethany Anne warf einen kritischen Blick auf ihre Leggings und zuckte dann mit den Schultern. Anschließend wählte sie ein schwarzes Hemd, das sie unter ihre schwarze Weste zog. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um den Schuhkarton aus dem oberen Regal zu ziehen, den sie suchte. Mhmhm. Ich habe bereits den Befehl gegeben, eins der Großkampfschiffe zum Einsatz vorzubereiten.
Nur ein einziges?
Für den Augenblick wenigstens. Sie zog ihre plüschigen Hausstiefel aus und schob ihre Füße in ihre Stöckelschuhe. Viel besser. Ich sende auch Geleitschiffe aus und jede Art von Unterstützung, die sie brauchen. Das wird den Guardians etwas zu tun geben, selbst wenn nichts passiert.
Du könntest Peter mitschicken, um die Teams zu beaufsichtigen.
Bethany Anne bemerkte Michaels Besorgnis. Ich bin mir nicht sicher, ob das klug ist. Er ist ja anscheinend im Augenblick nicht sehr vernünftig. Die Streitereien zwischen ihm und Tabitha machen wohl beiden schwer zu schaffen.
Ich glaube, eine zeitweilige Trennung wird ihnen guttun , widersprach Michael. Etwas Abstand wird ihnen die Möglichkeit geben, einander zu vermissen.
Bethany Anne lächelte traurig. Oder sie können beschließen, dass sie sich überhaupt nicht vermissen.
Frachtraum des Transportpods, über dem Fluß,
High Tortuga
Bethany Anne trennte die Verbindung und Michael kehrte zu seinen beiden Begleitern zurück, die ihre Beine gemütlich aus den Frachttüren des Pods hängen ließen und angelten. »Es gibt eine Planänderung. Wir müssen zur Basis zurück.«
»War das Bethany Anne?«, erkundigte sich Akio neugierig.
Michael nickte zur Bestätigung knapp.
»Wie hat sie die Neuigkeiten über die Jagd aufgenommen?«
Michael sah Akio achselzuckend an. »Ich habe ihr die Wahrheit gesagt. Dass wir anfangs etwas Erfolg hatten, aber dass es danach steil bergab ging.«
Peter kicherte, als er erst nach unten, dann nach oben zeigte und die Hände ausbreitete. »Ja, in weitem Umkreis bergab und bergauf. Die Überreste von dem Viech waren so ziemlich über die gesamten Hügel verteilt.«
Akio ignorierte Peter. »Du hast Bethany Anne nicht erzählt, dass die Jagd bereits beendet ist«, stellte er unverblümt fest. »Das wird nicht gut für dich ausgehen.«
»Genau genommen ist sie ja auch noch nicht beendet«, konterte Michael spitzfindig. »Aber es besteht kein Grund, dies meiner Frau gerade jetzt zu sagen.«
Peter drehte sich zu Michael um und starrte ihm demonstrativ auf die Stirn. »Streich doch mal deine Haare etwas zur Seite, ja?«
Verständnislos runzelte Michael die Stirn. »Warum denn?«
»Damit ich das Mal sehen kann«, erklärte Peter mit todernstem Gesicht. »Du weißt schon, die Stelle dort, wo Bethany Anne …« Er zielte vielsagend mit seinem Finger und drückte ab.
Michael warf Akio einen Blick zu, der aber nur mit den Schultern zuckte. Dann starrte er Peter erneut völlig ungläubig und mehr als nur leicht besorgt an. »Dir ist doch wohl klar, dass ich dich einfach aus der Tür werfen könnte, während wir durch die Atmosphäre rasen und Akio würde kein Wort darüber verlieren, oder? Leidest du etwa unter Todessehnsucht?«
Der Pricolici brach in unbändiges Gelächter aus und drehte sich wieder um, um seine Leine einzuholen. »Nee, ich wollte nur feststellen, ob du noch im Urlaubsmodus bist.« Er rutschte von der offenen Tür zurück, um seine Beine in den Pod zu ziehen und stand auf.
Michael schüttelte den Kopf und lächelte. »Alexis und Gabriel werden von ihrer Einkaufstour für den Muttertag sicherlich schon zurückgekehrt sein und sie werden zweifellos meine Hilfe bei der Vorbereitung ihrer Überraschungen für Bethany Anne brauchen.«
Peter verzog das Gesicht. »Oh, schade. Ich habe die Zeit in reiner Männergesellschaft irgendwie ziemlich genossen, weißt du?«
»Ich muss auch William die Nachrichten von unserer Jagd beibringen.« Michael wiegte weise den Kopf. »Aber zu deinem Glück benötigt Kael-ven offenbar eine Eskorte nach Hause, um sich aus der Klemme zu befreien, in die er sich und seine Mannschaft gebracht hat.«
Peters spielerisches Lächeln verblasste augenblicklich. »Kael-ven steckt in Schwierigkeiten? Natürlich gehe ich mit. Falls sie gerade frei sind, lasse ich mich von Jians Team begleiten.« Er drehte sich um und verließ eilig das Abteil. Sie hörten ihn vom Gang zur Brücke aus rufen. »Ich bringe uns jetzt augenblicklich zum Stützpunkt zurück, Akio. Also zieh gefälligst deine Beine ins Innere des Pods, sofern du Wert darauf legst, sie weiterhin zu behalten.«
Akio kam mit mehr Anmut auf die Beine, als der Werwolf es geschafft hatte. »Er ist aber verdammt schnell darauf angesprungen. Was ist denn mit ihm los?«
»Liebe«, erwiderte Michael lakonisch.
Das erklärte natürlich alles.
Gewerbliche Lagerhallen, Erste Stadt, Devon
Mark schüttelte die Hand des Mannes mit einem Lächeln. »Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Mr. Morrisey. Ich begleite Sie zum Eingang. Dieser Ort ist das reinste Labyrinth, wenn man den Weg nicht kennt.« Er führte den Mann hinaus und unterhielt sich noch weiter leise mit ihm, als sie sich entfernten.
Sabine, Ricole und Jacqueline warteten nur, bis sie hörten, dass Mark und ihr neuer Kunde außer Hörweite waren und brachen dann in aufgeregtes Gejohle aus.
Sabine hüpfte fröhlich auf der Stelle. »Unser erster Auftrag!«
Demon meldete sich von ihrem Nest auf der Fensterbank aus zu Wort, das sie aus den Decken gemacht hatte, die Sabine ihr an ihrem ersten Tag im Lagerhaus mitgebracht hatte. Ich verstehe nicht, warum unsere Dienste in Anspruch genommen werden sollen. Was genau will dieser Mann von uns?
Sabine begegnete den neugierigen bernsteinfarbenen Augen der Berglöwin mit einem Lächeln. »Wir sollen auf sein Geld aufpassen. Es sicher aufbewahren, bis sein Geschäft mit der anderen Firma abgeschlossen ist.«
Demon rollte sich auf den Rücken und musterte Sabine kopfüber. Ist das nicht die Funktion dieser Bank, von der du mir erzählt hast? Das Geld von allen wegzusperren? Sie legte verwirrt den Kopf zur Seite, als sie alle in Gelächter ausbrachen.
Mark kehrte ins Büro zurück und lachte ebenfalls, da er die ganze Unterhaltung mitgehört hatte. »Der jüngste Erfolg unseres Klienten hat seine Konkurrenten angespornt, das Geschäft zu sabotieren. Du weißt doch, wie korrupt dieser Planet ist. Morrisey hat uns daher beauftragt, dafür zu sorgen, dass der Zahlungsbetrag nicht gestohlen wird, bevor die Verhandlungen über den Vertrag abgeschlossen sind.«
Demons Schwanz zuckte ein paar Male und sie gähnte. Das klingt langweilig.
Jacqueline nickte geduldig. »Ja, stimmt schon. Aber es ist wenigstens eine Langeweile, bei der am Ende ein Gewinn für uns herausspringt. Das wiederum bedeutet, wir können diesen Laden hier am Laufen halten.«
Ricole blickte vom Feilen ihrer Krallen auf. »Wir sollten das feiern, indem wir uns endlich mal eine Auszeit gönnen und zu den Kämpfen gehen.«
Jacqueline nickte erneut. »Ja, das können wir gerne machen. Aber erst, nachdem wir den Job erledigt haben.«
Mark stolzierte zum Schreibtisch hinüber und ließ seinen Datenblock triumphierend vor seiner Partnerin fallen. »Wir haben sogar noch mehr Grund zum Feiern!«, rief er aus und setzte sich auf die Schreibtischplatte. »Ich habe uns einen weiteren Bonus gesichert, indem ich angeboten habe, als Vermittler für die Transaktion zu fungieren.«
Jacquelines Lächeln verblasste, als sie den Vertrag durchblätterte. »Dir ist doch wohl klar, dass jeder, der das Geschäft überprüfen will, unsere Beteiligung an dem Deal herausfinden kann, wenn wir diesen Vertrag hier unterschreiben. Man muss wirklich kein Genie sein, um sich auszurechnen, dass wir diejenigen sind, die das Geld sicher aufbewahren sollen.«
Mark zögerte. »Ähm, nein?«
Jacqueline deutete auf eine Textzeile auf dem Bildschirm. »Ja, schau doch einmal hier. Wir werden bei dem Geschäft namentlich als Geschäftspartei erwähnt.«
Mark las sich den Abschnitt genauer durch und runzelte dann die Stirn. »Wieso soll das dazu führen, dass unsere Beteiligung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird?«
Ricole ließ ihre Nagelfeile sinken und warf Mark einen ungläubigen Blick zu. Dann deutete sie mit dem Finger auf ihn. »Weil eben so das Gesetz lautet.« Ihre Augen verengten sich. »Hast du dich etwa nicht über das hier geltende Rechtssystem informiert?«
Mark zuckte nachlässig mit den Schultern. »Mir war nicht klar, dass es überhaupt ein anderes Gesetz gibt als das, was von Baba Yaga eingeführt wurde. Und ›Mach mich nicht wütend‹ geht nicht gerade besonders in die Einzelheiten.«
»Sie hat mehr getan als das.« Ricole warf Jacqueline einen mitfühlenden Blick zu. »Typisch Mann, stürmt wie ein wütender Stier blind vorwärts.«
»Mmhmm«, stimmte Sabine seufzend zu. »Männer.«
Mark schaute Jacqueline auffordernd an und rechnete damit, dass sie ihn verteidigte, aber sie schürzte nur die Lippen und schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, wir haben ein Geschäft zu führen und dazu gehört, dass wir das Umfeld kennen, in dem wir tätig sind. Baba Yaga hat Transparenzgesetze erlassen, um die Korruption einzudämmen und wir müssen uns an sie halten.«
Sabine rümpfte die Nase und zuckte mit den Schultern. »Dieser Geschäftsabschluss wird öffentlich bekannt, ebenso wie die Namen aller daran beteiligten Parteien. Wenn wir es unterschreiben, verwandeln wir uns in eine Zielscheibe.«
Demon wälzte sich auf den Bauch und stand auf. Ich habe kein Problem damit, eine Zielscheibe zu sein. Sie streckte sich mit steifen Vorderbeinen genüsslich und drehte sich dann um, damit sie ihr Gesicht in der Morgensonne wärmen konnte. Wir könnten uns doch einen Spaß daraus machen.
Mark klatschte begeistert in die Hände und zeigte auf die Berglöwin. »Das ist die richtige Einstellung! Jacqueline, wie lange dauert es, bis die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, nachdem wir unterschrieben haben?«
Jacqueline presste ihre Hände wie zum Gebet an ihre Stirn und seufzte. »Wahrscheinlich ein paar Stunden. Spätestens morgen früh, aber darauf würde ich mich nicht verlassen.«
Mark sah sie alle nacheinander an. »Ihr überseht hier unsere einzigartige Gelegenheit , meine Damen. Was ist die eine Sache, die uns bitter fehlt, seitdem wir hier gelandet sind?«
Jacqueline schnaubte spöttisch. »Ein freier Tag?«
Sabine hob anzüglich eine Augenbraue. »Uns mal richtig auszuschlafen?«
»Eine anständig gekochte Mahlzeit«, schlug Ricole überzeugt vor.
Mark verdrehte die Augen und warf frustriert die Hände hoch. »Ein Kampf ! Ein richtiger Kampf.«
Er begann auf und ab zu gehen, wobei er seine Worte mit ausdrucksvollen Gesten unterstrich.
»Wir haben genau das Richtige getan, indem wir uns vorbereitet haben, bevor wir hier in etwas verwickelt wurden. Aber jetzt ist es an der Zeit, die Früchte dieser Vorbereitung zu ernten. Das Lagerhaus kann ausreichend gut verteidigt werden und wir verfügen über alle Waffen und Munition, die wir brauchen könnten. Also bereiten wir uns auf eine Belagerung vor, decken uns mit Lebensmitteln und Wasser ein, außerdem mit reichlich Schnaps und ein paar Kartenspielen. Dann lassen wir uns von jedem angreifen, der uns das Geld abnehmen will.«
Ricole lachte unterdrückt. »Also bunkern wir alles Lebensnotwendige, ja?«
Mark grinste und wackelte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen. »Du sagst es. Es wird wie eines von Eves Szenarios sein. Wir verkriechen uns hier und machen es uns richtig gemütlich, während die ahnungslosen Feinde anrücken, um über uns herzufallen.«
Sabine lächelte finster. »Nur dass wir diesen Planeten von mordenden Dieben befreien werden, anstatt gegen virtuelle Reality-Gebilde vorzugehen.«
»Und wir müssen nicht einmal nach ihnen suchen «, warf Ricole begeistert ein.
Jacqueline klopfte auf den Schreibtisch, während sie den Vorschlag durchdachte. »Weißt du, ich glaube, das ist vielleicht gar keine so schlechte Idee. Wir werden alle fünf nötig sein, um das Geld zu verteidigen, was bedeutet, dass wir alle ein bisschen Training bekommen. Okay. Wenn ihr alle damit einverstanden seid, dann bin ich es auch.«
»Ich bin dabei«, stimmte Sabine sofort zu.
Ricole grinste erwartungsvoll. »Passt mir. Wir sollten ein paar Fallen aufbauen, damit die Bösewichte in die richtigen Wege gedrängt werden.«
Jacqueline grinste ebenfalls, während sie auf ihre Freundin zeigte. »Das ist eine großartige Idee!« Sie wirbelte auf ihrem Stuhl herum und öffnete nach kurzem Zögern die unterste Schublade des Aktenschranks hinter ihr. »Aha! Ich wusste doch, dass der Kram hier drin steckt.« Sie drehte sich zurück zum Schreibtisch und schob Mark weg, um Platz für die Baupläne zu schaffen. »Wir haben uns in erster Linie gerade für diesen Ort entschieden, weil das Erdgeschoss ein regelrechtes Labyrinth bildet.«
Mark nickte enthusiastisch. »Wir verwandeln das Lagerhaus in ein Schlachtfeld mit Sprengfallen und allem Drum und Dran, das die Feinde verwirrt. Während sie desorientiert versuchen weiter zu uns vorzudringen, nutzen wir den Vorteil unserer geringeren Anzahl sowie unsere Kenntnis des Geländes, um sie uns nach und nach vorzuknöpfen und sie in kleinen Gruppen auszuschalten. Solange wir ein Schlupfloch in der Hinterhand behalten, durch das wir abhauen können, falls das Ganze den Bach runtergeht, ist alles in Butter. Egal, wie viele kommen.«
Demon setzte sich auf und begann, sich methodisch die Schnurrhaare zu säubern, wobei sie ihre perfekten Reißzähne zur Schau stellte. Die Gelegenheit für einen kleinen Imbiss ist auch nicht zu verachten.
Bei diesen Worten würgte Mark und schnappte nach Luft. »Nein, ich werde nicht zusehen, wie du genüsslich einen Skaine verputzt.« Er fuchtelte abwehrend mit den Händen. »Auf gar keinen Fall. Geh und such dir dein Essen woanders.«
Demon sprang von ihrem Hochsitz herunter. Mit hoch in die Luft gestreckter Nase tapste sie zu Mark hinüber und schnupperte abfällig. Wer will schon einen Skaine essen? Die sind doch alle wie das reinste Gummi. Überhaupt kein Geschmack dran. Sie warf geziert den Kopf zurück und schlenderte aus dem Zimmer, wobei sie auf dem Weg nur kurz innehielt, um ihre Wange an Sabines Hand zu drücken.
Mark warf seinen Partnern einen konsternierten Blick zu. »War das ein Scherz? Können Katzen überhaupt solche Scherze reißen?«
Er drehte sich um und starrte fassungslos zur Tür, durch die Demon gerade verschwunden war und sagte mit kläglicher Stimme: »Könnte mir bitte jemand versichern, dass das bloß ein Scherz von dieser verdammten Katze war?«
Hangar 014, Raumflottenstützpunkt, High Tortuga
Peter bahnte sich einen Weg durch das Gedränge unter dem Schiff und suchte nach Tabitha. Er wusste nicht, wie er ihr beibringen sollte, dass er nach seinem letzten Ausflug gleich wieder ins Weltall abreisen würde, aber er wollte auch nicht hier auf dem Stützpunkt bleiben.
Der Schmerz, mit dem ihn dieser Gedanke erfüllte, ließ ihn abrupt den Atem ausstoßen, während er den überfüllten Hangar nach seiner Liebsten absuchte. Das nagende Bauchgefühl, dass er und Tabitha in ihrer Beziehung auf dem absteigenden Ast waren, schien ihm manchmal ein echter körperlicher Schmerz zu sein. So wie in den letzten Wochen konnte es nicht weitergehen, aber er wollte das Boot nicht noch mehr ins Wanken bringen, als es durch Tabithas plötzlichen Sinneswandel ihm gegenüber ohnehin schon war.
Die Situation trieb ihn dazu, Risiken einzugehen, die Hitze des Augenblicks zu suchen, um sich darin zu verlieren und zu vergessen, dass sie ihm das Herz brach. Andererseits konnte sie ihre Beziehung zu ihm nicht beenden, wenn er nicht da war und es gab sicherlich keinen besseren Grund für eine Abwesenheit als einem Freund in Schwierigkeiten beistehen zu müssen, nicht wahr?
Tabitha fand ihn .
Sie tauchte plötzlich an seiner Seite auf und hakte sich in seinen Arm ein, während sie neben ihm Tritt fasste. »Hältst du nach jemandem Ausschau, mi amor?
Peters Herz zog sich vor Erleichterung zusammen. »Nur nach dir, Tabbie.« Er beugte seinen Kopf, um sie zu küssen. »Immer nur nach dir.«
Tabithas Wangen färbten sich überraschenderweise tiefrot. »Bethany Anne hat mir erzählt, dass du Kael-ven aus der Klemme helfen wirst. Ich wollte nur nicht, dass du abreist, ohne mich von dir zu verabschieden und dir zu sagen, dass mir unser Streit leid tut.«
Ihr Partner schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin derjenige, dem es leid tut. Ich hätte das Gewehr von vornherein annehmen sollen, denn es hat mir den Arsch gerettet.«
Tabitha blickte mit großen Augen zu ihm auf. »Scheiße, war es so richtig glorreich?«
Der Werwolf drückte lächelnd ihren Arm. »Du weißt doch, dass es das war, Süße. Ich wünschte, Michael hätte die Aufnahme eines Videos erlaubt. Ich bin direkt in das Maul von dem Ding gesprungen und habe es von innen erschossen.«
Tabitha zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Tatsächlich? Nun, diese Mission jetzt sollte etwas weniger dramatisch ausfallen als dein Erlebnis im Inneren eines Dinosauriers.«
Peter merkte, dass sie dachte, er würde übertreiben, aber er korrigierte sie nicht. »Bist du sicher, dass es dir wirklich recht ist, wenn ich gleich wieder abreise? Wenn du mich hier brauchst, kann ich jemanden finden, der meinen Platz einnimmt.«
Sie kämpfte gegen ihre Tränen und schniefte leicht. »Nein, kein Problem … und dass du mir das überhaupt anbietest, bedeutet mir so viel.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und nahm Peters Gesicht in ihre Hände, um ihn zu küssen. »Zieh los und rette unseren Freund. Die Pflicht geht immer vor und ich würde dich nie davon abhalten sie zu erfüllen.« Dann ließ sie ihn abrupt los und ging raschen Schrittes davon.
Peter grinste und rief ihr nach: »Du weißt doch, was man sagt, Schatz. Die Liebe wächst mit der Entfernung.«
Tabitha drehte sich wieder zu ihm um und lächelte schwach. »Ja, sicher … aber wenn du zu lange abwesend bist, wird mich keiner für die Folgen verantwortlich machen können.«
Sie ging ohne ein weiteres Wort davon und ließ Peter völlig verblüfft zurück. Er schüttelte seine Verwirrung ab und machte sich daran, den nächsten Punkt auf seiner Liste zu erledigen … er musste sein Team finden.